Die Modellanstalt. Über den Aufbau einer "modernen Krüppelfürsorge" 1905-1933.
Medizinische Fakultät - Universitätsklinikum Charité
Das Oskar-Helene-Heim für die Heilung und Erziehung gebrechlicher Kinder war eine der bekanntesten Gesundheitseinrichtungen in der Zeit der Weimarer Republik. Die Modellein-richtung für den Aufbau einer „modernen Krüppelfürsorge“ sollte den Weg für die Etablie-rung des neuen medizinischen Faches Orthopädie ebnen. Ziel der Therapie war stets die Er-werbsbefähigung der Patienten. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges wurde die dort praktizierte Kombination aus medizinischer Behandlung, Schulung und Berufsausbildung körperbehin-derter Kinder zur Grundlage der „Kriegskrüppelfürsorge“ erhoben. Das Buch beschreibt den Alltag der Patienten, der von spektakulären, oft experimentellen Be-handlungsmethoden ebenso bestimmt wurde wie von den sonderpädagogischen Konzepten des Erziehungsdirektors Hans Würtz. Anhand einer sozialhistorischen Biographie des Ortho-päden Konrad Biesalski und der Auswertung von Patientenakten sowie von Bild- und Text-quellen einer beispiellosen Öffentlichkeitsarbeit wird der Aufbau eines Fürsorgezweiges nachgezeichnet, der bis heute als Ursprung der Rehabilitation gilt. Die Disziplinierung der Kinder blieb nicht auf den Raum der Anstalt begrenzt. In Diaserien, Kinofilmen, Wanderaus-stellungen und Flugblättern wurden die Insassen der Berliner Modellanstalt vorgeführt. An ih-rem Beispiel sollte der wirtschaftliche Nutzen eines Individuums für die Gesellschaft zu ei-nem Kriterium erhoben werden, das ab 1933 zu einer vitalen Gefahr für behinderte Menschen wurde.
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Anmerkungen
Teilw. zugl.: Berlin, Humboldt-Univ., Diss., 2003