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Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden mehrere Studien zusammengefasst. Einen Überblick dieser Untersuchungen gibt Tabelle 5.
Tab. 5: Übersicht der in der Arbeit vorliegenden Studien
Lfd. Nr. |
Bezeichnung |
Ziel |
Anzahl |
Zeitraum |
Publikation |
1 |
Studie zum Alter der Feten bei der Autopsie |
Veränderung der klinischen Forderungen |
1111 |
1988-2000 |
[Tennstedt et al. 2001a] * |
2 |
Auswertung von Autopsieprotokollen dt. Universitätsinstitute |
Einschätzung des aktuellen Standes der Autopsiedokumentation |
21 Protokolle |
1998 | |
3 |
Methodischer Vergleich von sonographischer und autoptischer Diagnostik |
Kategorisierung der Ursachen differenter pränataler und autoptischer Befunde |
105 |
2000 ** | |
4 |
Autopsiestudie zur Evaluierung der Telepathologie (online) |
Einschätzung der Eignung der Telepathologie für den Einsatz bei der Obduktion von Feten |
10 |
2000 |
[Wehrstedt et al. 2000b] |
5 |
Herzstudie zur Evaluierung der Telepathologie (offline) |
Einschätzung der Eignung der Telepathologie für das Einholen einer zweiten Meinung (Expertendiagnose) für seltene Herzfehlbildungen |
10 |
2000 |
[Tennstedt et al. 2000b] |
6 |
Kompressionsstudie zur Bildqualität |
Untersuchung der Auswirkung der Kompression auf die Bildqualität |
20 Teilnehmer |
2001 |
Um aus dem in der Einleitung dargestellten, veränderten klinischen Forderungen einen Anforderungskatalog an eine moderne Autopsie von Feten ableiten zu können, wurden zwei Wege beschritten. Einmal wurden im Rahmen einer retrospektiven Studie zum Schwangerschaftsalter des Fetus bei der Autopsie die Veränderungen der letzten Jahre analysiert. Zusätzlich wird durch Auswertung des relevanten internationalen Schriftgutes erörtert, inwieweit die genannten klinischen Forderungen (s. 1.2) in Deutschland und international Eingang in die Planung und Durchführung der Autopsien von Feten gefunden haben.
Alter der Feten bei der Autopsie
In Rahmen einer Fallstudie im Institut für Pathologie der Charité wurden die wesentlichen Entwicklungen des Schwangerschaftsalters der Feten zum Zeitpunkt der Autopsie und der organspezifischen Fehlbildungsdiagnosen in den letzten Jahren analysiert (Tennstedt et al. 2001).
Material
Es wurden während des Zeitraums 1988 bis 2000 im Institut für Pathologie der Charité 1111 Feten und Totgeborene (78% indizierte Aborte, 16% spontane Aborte und 6% Totgeborene; zwischen der 12. und 40. Schwangerschaftswoche) mit pränatal diagnostizierten Fehlbildungen und chromosomalen Aberrationen geboren bzw. ausgestoßen.
Um den Wandel während dieses Zeitraumes darstellen zu können, wurden drei Zeiträume gebildet: Zeitraum A (1988-1992, n = 370), Zeitraum B (1993-1997, n = 413) und Zeitraum C (1998-2000, n = 328).
Auswertung
Alle sezierten Feten vor Vollendung der 20. Schwangerschaftswoche (n = 432) wurden betrachtet, um [Seite 15↓]auswerten zu können, ob in den letzten Jahren eine Vorverlagerung des Zeitpunktes in frühere Schwangerschaftswochen stattgefunden hat.
Weiterhin wurden die Häufigkeiten der untersuchten Organsysteme bestimmt. In zahlreichen Fällen waren mehrere Organsysteme betroffen, so dass Mehrfachzählungen für einen Autopsiefall möglich waren.
Internationale Autopsierichtlinien
Die kulturellen und juristischen Rahmenbedingungen für die Autopsie von Feten sind weltweit unterschiedlich. Als Maßstab müssen deshalb die Richtlinien der international zuständigen Gesellschaften und für die Bedingungen in Deutschland die Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Pathologie gelten.
Für den englischsprachigen Sprachraum liegen mehrere Richtlinien zur einheitlichen Durchführung von Autopsien des Feten bzw. von perinatalen Todesfällen vor (Royal College of Pathologists guidelines 1993; National Advisory Board for CESDI 1993; Society of Pediatric Pathology 1994; Valdés-Dapena/ Kalousek/ Huff 1997; Kalousek/ Wilson 1998; Sheaff/ Hopster 2001, basierend auf den Richtlinien des Royal College of Pathologists 1993).
Für den deutschsprachigen Raum liegen Richtlinien für die Standard-Autopsie von perinatalen Todesfällen vor (Eßbach 1961, Kloos und Vogel 1974, Böhm 1984).
Demgegenüber gibt es bisher keinen Vorschlag für die Standard-Autopsie eines Feten im deutschsprachigen Raum.
Die Einschätzung der international gültigen Richtlinien für die Durchführung von Autopsien des Fetus hinsichtlich der aktuellen klinische Forderungen erfolgte anhand der Überprüfung der in der Einleitung (s. 1.2) abgeleiteten Kriterien (A-G).
Einbezogene Universitätsinstitute
Im Rahmen der Arbeit wurden die 33 pathologischen Institute deutscher Universitäten angeschrieben und es wurde um die Zusendung der aktuell verwendeten und verfügbaren Vordrucke bzw. Musterprotokolle für die Autopsiedokumentation von Feten gebeten. Es erfolgte von 28 Instituten eine Rückmeldung. Das entspricht 85% aller deutschen pathologischen Universitätsinstitute. Insgesamt waren 21 Protokolle (75 % der ausgewerteten Rückmeldungen) aufgrund ihrer Antwortschreiben, beigefügten Befunderfassungsbögen und Autopsieprotokolle auswertbar. Die Protokollierung fetaler Autopsien in den 7 weiteren pathologischen Instituten orientierte sich an keinem spezifischen Ordnungsprinzip. Deshalb konnten die entsprechenden Protokolle nicht anhand der in der Einleitung (s. 1.2) definierten Kriterien (A-G) analysiert werden.
Kriterien zur Einschätzung der Protokolle
Im Rahmen der Auswertung der Musterprotokolle wurde eingeschätzt, in wieweit die in der Einleitung (s. 1.2) abgeleiteten Kriterien (A-G) Berücksichtigung fanden.
Da von zahlreichen der angeschriebenen pathologischen Institute keine exakten Angaben zur Verwendung einer adäquaten Autopsietechnik (A) vorliegen, konnte dieses Kriterium nicht ausgewertet werden. Die Asservierung von Material (G) wurde ebenfalls nicht ausgewertet, da sie häufig im Zusammenhang mit Forschungsaktivitäten zusätzlich (nicht standardmäßig) erfolgt.
Für alle anderen Kriterien (B-F) wurden die folgenden Fragen in den Mittelpunkt der Auswertung gestellt:
Ziel des systematische Vergleichs der Möglichkeiten und Grenzen der eingesetzten fachspezifischen diagnostischen Methoden von bildgebender Pränatalmedizin und Pathologie ist es, die Ursachen [Seite 16↓]falsch-postiver, falsch-negativer, inkompletter, nicht verifizierbarer und nicht wertbarer Diagnosen zu kategorisieren. Im Zentrum der Untersuchung stehen falsch-postive und falsch-negative Diagnosen und deren Bedeutung für Pränatalmediziner und Pathologen. Dies dient einerseits der Untersuchung und Darstellung systematischer Unterschiede sowie deren Bewusstmachung bei den Beteiligten und andererseits der Kenntlichmachung von Problemfeldern, die durch bessere Organisation, bessere Technik oder intensivere Schulung beeinflussbar sind.
Kategorisierung von Fehlerursachen
Nachfolgend wird eine Kategorisierung der Ursachen von Fehlern vorgeschlagen:
I. Fachspezifische Faktoren:
1. Unterschiedliche Definitionen von Diagnosen
2. Unterschiedliche Ziele und unterschiedliches Ausmaß der Untersuchung
3. Erfassung vitaler Funktionen und dynamischer Vorgänge nur pränatal möglich
4. Erhebung pathologisch-anatomischer Organbefunde nur postmortal möglich
II. Technische Faktoren:
1. Unterschiedliche technische Verfahren erlauben unterschiedliche Spektren von Diagnosen
2. Physikalisch bedingte Grenzen bei der Erkennbarkeit bzw. prinzipiellen Sichtbarkeit
3. Qualität der eingesetzten Technik, Einstellung der eingesetzten Technik
III. Zeit- und ablaufabhängige Faktoren:
1. Pränatale und postmortale Untersuchung zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Schwangerschaft
2. Befunde und ihre Darstellbarkeit sind von der Schwangerschaftswoche abhängig
3. Beeinflussung der pathologischen Befunde durch die Form der Schwangerschaftsbeendigung
4. Zeit- und Lagerungsbedingungen zwischen Schwangerschaftsbeendigung und Autopsie
IV. Fallspezifische Faktoren
1. Adipositas (maternal)
2. Fruchtwassermenge (fetal)
3. Intrauterine Wachstumsretardierung (fetal)
4. Lage des Feten (fetal)
V. Subjektive Faktoren:
1. Erfahrungsstand und Ausbildung der Untersucher
2. Tagesform, Zeitpotential
3. Vertrautheit mit dem technischen System
Hypothesen zur retrospektiven Studie
Um im Rahmen der retrospektiven Studie zu einer Zuordnung der Fehlerursachen in die vorgeschlagenen Kategorien zu gelangen, wird die Gültigkeit der in Tab. 6 angegebenen Hypothesen vorausgesetzt. Ihre Gültigkeit läßt sich aus den technischen, organisatorischen und medizinischen Rahmenbedingungen ableiten (Grundlage der Annahme). Da es sich um eine retrospektive Studie handelt, kann die Gültigkeit nicht im Einzelfall nachgewiesen werden.
|
Tab. 6: Hypothesen zur Auswertung der retrospektiven Studie.
Charakterisierung des Vergleichs pränatal-sonographischer und pathologisch-anatomischer Diagnosen
Das Ergebnis des Vergleichs der pränatal-sonographischen und pathologisch-anatomischen Diagnosen (Diagnosen und Verdachtsdiagnosen), wird in 5 Gruppen untergliedert (Tab. 7).
Tab. 7: Charakterisierung des Vergleichs von pränatal-sonographischen und pathologisch-anatomischen Diagnosen
Lfd. Nr |
Charakterisierung des Vergleichs
|
Abkürzung |
Erläuterung |
1 |
Identisch |
id |
Vollständige Übereinstimmung von pränatal-sonographischer und pathologisch-anatomischer Diagnose |
2 |
Identisch und zusätzliche Diagnose |
idz |
Vollständige Übereinstimmung und zusätzlich pathologisch-anatomisch nähere Einordnung der Fehlbildung (Subtypisierung) |
3 |
Falsch-positiv |
f-p |
Keine Übereinstimmung („falsch-positive“ pränatal-sonographische Diagnose) |
4 |
Falsch-negativ |
f-n |
Keine Übereinstimmung („falsch-negativer“ pränatal-sonographischer Befund) |
5 |
Inkomplette Diagnose |
ik |
Im Ultraschall bewusst nicht untersuchte Organe, -systeme (wegen bereits pränatal-sonographisch nachgewiesene multiple Fehlbildungen oder/ und zytogenetischen Befundes |
6 |
Nicht verifizierbar |
nv |
Pränatal-sonographische Diagnose morphologisch nicht verifizierbar (wegen Autolyse, artefizieller Defekte etc.) |
| [Seite 19↓] |
Untersuchungsmaterial
Als Untersuchungsmaterial dienten 105 fetale Autopsiefälle (induzierte Aborte, Spontanaborte und Totgeborene) von insgesamt 195 durchgeführten Autopsiefällen (s.1.1.1) aus dem Jahr 2000, die alle pränatal-sonographisch auf Fehlbildungen hin untersucht wurden. Dabei handelt es sich um Feten zwischen der 13. und 36. Schwangerschaftswoche, wobei der Anteil an Autopsiefällen bis einschließlich zur 24. Schwangerschaftswoche bei 85% liegt (89 Fälle).
Ausschlußkriterien für die vorliegende Studie waren:
Parameter für den Vergleich
Zum Vergleich herangezogen wurden:
Es erfolgte kein Vergleich von:
Allgemeine Anforderungen
Die Autopsie von Feten kann nicht an einem Arbeitsplatz für eine Erwachsenensektion durchgeführt werden. Die Etablierung eines entsprechenden Arbeitsplatzes mit allen notwendigen Hilfsmitteln ist dafür notwendig:
In der nachfolgenden Tabelle (Tab. 8) sind die notwendigen Bestandteile eines solchen Arbeitsplatzes für die Autopsie von Feten aufgelistet.
|
Tab. 8: Bestandteile eines Arbeitsplatzes für die Autopsie von Feten
Lfd. Nr. |
Bestandteil |
Erläuterung |
EDV-technischer Anschluss |
1 |
Separater kleiner Sektionstisch |
Autopsie wird überwiegend im Sitzen durchgeführt, Präparation schwieriger Befunde sehr zeitaufwendig |
nein |
2 |
Spezielles feines Sektionsbesteck |
Präparation kleiner und differenzierter Befunde |
nein |
3 |
Makroskop mit TV-Kamera und Ausschnittsvergrößerung (Zoom) |
Bilddokumentation während der Autopsie, Gesamtaufnahme, Teilansichten |
an PC |
4 |
Stereomikroskop mit TV-Kamera |
Dokumentation von Organbefunden, insbesondere Herzfehlbildungen |
an PC |
5 |
Feinwaage |
Zur Bestimmung der Organgewichte |
an PC |
6 |
PC mit Befunddatenbank (netzwerkfähig) |
PC muß alle notwendigen Schnittstellen zum Anschluss der o.g. Geräte besitzen. Das eingesetzte Programm muss neben der Befunddatenbank auch die Einbindung aller externen Geräte (Stereomikroskop, Makroskop, Feinwaage) ermöglichen |
an LAN |
7 |
Programm zum Zugriff auf pränatale Befunde |
Klinische Information zur Festlegung der Autopsiestrategie |
an Datenbank pränataler Befunde |
8 |
Maßstäbe |
Zur nachträglichen Bestimmung von Längen in Bildern muss wegen der Zoommöglichkeit ein geeigneter Maßstab abgebildet werden |
nein |
Realisierung
Die konkrete Realisierung eines solchen Arbeitsplatzes wird in (Abb. 5 und Tab. 9) dargestellt.
| [Seite 21↓] |
Abb. 3: Schema eines Arbeitsplatzes für Fetalautopsien | ||
Tab. 9: Technische Komponenten des Arbeitsplatzes
System |
Komponente |
Modell, Bemerkungen |
Makroviewer
|
Zoom |
12-fach Zoom, stufenlos |
Kamera |
1-CCD Videokamera, 470 Linien |
|
Videoausgang |
RGB, S-VHS, Composite |
|
Stereomikroskop
|
Zoom-Objektiv |
Zoom Stufe 0.7 bis 7, stufenlos |
Kamera |
Sony 3 CCD 930 P |
|
Videoausgang |
RGB, S-VHS, Composite |
|
PC |
Betriebssystem |
Windows NT 4.0 |
Arbeitsspeicher |
64 MB |
|
Festplatte |
6 GB |
|
Grafikkarte |
Viper V7 |
|
Framegrabber |
Meteor PCI Frame Grabber , Matrox Co. Kanada |
|
Videokonferenzkarte |
Winnov Videum |
|
Netzkarte |
3Com PCI |
|
Monitor |
Belinea 17“; 16 Mio. Farben, 800x600 Pixel; 85 Hz Bildwiederholfrequenz |
Alle im direkten Zusammenhang mit Autopsien erzielten Ergebnisse werden direkt oder indirekt durch die Nutzung dieses Arbeitsplatzes möglich.
| [Seite 22↓] |
Vor der Autopsie eines Fetus informiert sich der Obduzent online am PC im Labor der Pathologie über alle pränatal erhobenen Befunde und Ultraschallbilder. Während der Autopsie des Fetus werden die morphologischen Befunde mit dem Makroskop und Stereomikroskop dokumentiert. Zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt die Erfassung der Histologie am Lichtmikroskop. Nach Abschluss der Obduktion liegt ein digitalisiertes Autopsieprotokoll mit den relevanten Bilddokumenten der pathomorphologischen Befunde vor.
Die Telepathologie kann zum Einholen einer zweiten Meinung in Problemfällen während der Sektion des Fetus selbst, beim Zuschnitt der Organe und bei der histologischen Diagnostik eingesetzt werden.
Unter Telepathologie versteht man das Erbringen einer pathologischen diagnostischen Leistung über eine räumliche Distanz unter Nutzung der Telekommunikation.
Grundsätzlich kann man zwischen „Telediagnostik“ (Stellen einer Diagnose über die Distanz) und dem „Einholen einer zweiten Meinung“ unterscheiden. Bekanntestes Beispiel für die Telediagnostik ist die Schnellschnittdiagnostik durch einen erfahrenen Pathologen. Der Zuschnitt und die Anfertigung der histologischen Schnitte erfolgen beim Operateur, bei dem üblicherweise auch ein fernsteuerbares Mikroskop mit Fernsehkamera eingesetzt werden.
Das Einholen einer zweiten Meinung ist gerade für schwierige Tumoren weit verbreitet. Man unterscheidet zwischen „Zeitgleicher Konsultation“ (Prinzip online) und „Zeitversetzter Konsultation“ (Prinzip offline).
Zeitgleiche Konsultation (online)
Hierbei sind beide Partner direkt miteinander verbunden, können per Videokonferenz miteinander kommunizieren und bei der Steuerung des Mikroskops, der Bildaufnahme oder Kursorsteuerung interagieren (Abb. 4). Dies entspricht konventionell dem gleichzeitigen Mikroskopieren an einem Mikroskop mit zwei separaten Einblickmöglichkeiten.
Abb. 4: Zeitgleiche Konsultation (online) | ||
Zeitversetzte Konsultation (offline)
Hierbei stellt ein Partner alle relevanten Daten zu einem Fall zusammen (klinische Daten, Vorbefunde, Übersichtsbilder, Detailaufnahmen usw.) und versendet diesen Fall elektronisch (gewissermaßen per e-mail) an den Kollegen. Der kann den Fall nach Erhalt jederzeit öffnen, ansehen und eine Diagnose abgeben (Abb. 5).Er kann hierbei natürlich weder das Mikroskop des anfragenden Pathologen fernsteuern noch mit ihm live kommunizieren. Dies entspricht konventionell dem Versenden eines Falles (einschließlich der Präparate bzw. Blöckchen) an einen Fachkollegen.
| [Seite 23↓] |
Abb. 5: Zeitversetzte Konsultation (offline) | ||
Einsatzmöglichkeiten moderner Telepathologiesysteme in der Fetalpathologie
Moderne Telepathologiesysteme unterstützen beide Verfahrensweisen sowie deren Mischung im Rahmen der Bearbeitung eines Falles.
Im Rahmen der Fetalpathologie ist eine zeitgleiche Konsultation erforderlich für die
Die zeitversetzte Konsultation ist sinnvoll einsetzbar für die
Demonstration seltener Befunde mit dem Ziel ihrer Einordnung und das
Einholen einer zweiten Meinung für histologische Befunde.
Am Institut für Pathologie der Charité werden telepathologische Lösungen seit mehreren Jahren entwickelt und in der Routine eingesetzt. Ein Ergebnis ist die gemeinsame Entwicklung des kommerziellen Systems TPS durch das Institut für Pathologie, die Universitätsfrauenklinik („Funktionsbereich pränatale Diagnostik und Therapie“) und die Leica Microsystems Wetzlar GmbH (Hufnagl et al.).
Technischer Aufbau
Der Einsatz der Telepathologie in der Routine erfordert die Berücksichtigung juristischer und datenschutztechnischer Gesichtspunkte, insbesondere dann, wenn juristisch selbständige Einrichtungen beteiligt sind. Auch muss durch eine Archivierung der relevanten Bilder dafür gesorgt werden, dass eine lückenlose Dokumentation erfolgt.
Das TPS (Abb. 6) beinhaltet eine Mikroskop-/ Makroskopfernsteuerung, die es erlaubt,
| [Seite 24↓] |
Abb. 6: Technisches Schema TPS | ||
Die Kommunikation zwischen TPS-Systemen ist über Internet, LAN und gebündelte ISDN-Leitungen möglich.
Eigenschaften
Den Routineeinsatz des TPS ermöglichen die nachfolgend aufgeführten Merkmale:
Jedes aufgenommene Bild kann bei Bedarf mit Annotationen (Symbolen/ Anmerkungen) versehen und in das Bildarchiv übernommen werden (Abb. 7)
| [Seite 25↓] |
Abb. 7: Oberfläche des TPS während des Einholens einer zweiten Meinung am Mikroskop | ||
Alle gespeicherten Bilder können in einer Bildgalerie angezeigt werden und sind automatisch mit der zugehörigen Objektivvergrößerung gekennzeichnet. Bei der Diskussion von Befunden am Bild kann der Kursor wechselseitig von beiden Partnern zur Markierung wichtiger Befunde im Rahmen der Diskussion genutzt werden.
Integration des TPS in den Fetalautopsiearbeitsplatz
Wie im Abschnitt 3.4 dargestellt, sind die wesentlichen technischen Elemente eines Telepathologiesystems bereits im Fetalautopsiearbeitsplatz enthalten. Ergänzt werden müssen ein Videokonferenzsystem und die notwendige Software Es werden hierfür das Winnov-TV-Video-Konferenz System und das TPS genutzt. Da alle wesentlichen Geräte (Stereomikroskop, Makroskop) bereits über eine Videokamera verfügen, können sie für das Telepathologiesystem unmittelbar genutzt werden.
Für das Erreichen hoher Übertragungsgeschwindigkeiten ist die Dateigröße der Bilder entscheidend. Die wichtigste Methode zur Reduktion der Dateigröße ist die Bildkompression. Im Rahmen der vorliegenden Studie werden die beiden wichtigsten Algorithmen zur Bildkompression, das JPEG- und das WAVELET-Verfahren, miteinander verglichen. Das Ziel besteht in der Bestimmung von Grenzwerten für die Komprimierungsrate, deren Überschreitung zu sichtbaren Qualitätseinbußen für den Pathologen führt (Wehrstedt, Dissertation 2001).
Mit beiden Verfahren können sehr hohe Kompressionsraten erreicht werden. Dabei kann allerdings die Qualität des komprimierten Bildes durch Bildung von Artefakten entscheidend beeinträchtigt werden. Der Einfluss der Kompression auf die Bildqualität beruht bei allen Kompressionsverfahren bei gleicher Kompressionsrate auf der Bildgröße, dem Bildinhalt, und den einzelnen Frequenzanteilen im vorliegenden Bild (Persons et al. 1997).
Die Kompressionsrate ist als Quotient aus der Dateigröße des Originalbildes und der Dateigröße des komprimierten Bildes definiert:
Sie wird mit 1:x angegeben und x wird dabei als Kompressionsfaktor bezeichnet.
Für die Versuche wurden die spezifischen Algorithmen der Firma LuraTech Gesellschaft für Luft- und Raumfahrttechnologie & Multimedia mbH verwendet. Diese Algorithmen sind in die [Seite 26↓]Bildbearbeitungssoftware LuraWave-SmartCompress Version 2.2 integriert. Mit diesem Programm wurden alle Kompressionen (JPEG und WAVELET) durchgeführt.
Die subjektive Schwelle (50-Prozent-Schwelle) der Versuchsteilnehmer, die die präsentierten Bilder bewertet haben, wird wie folgt definiert:
Zur Durchführung der einzelnen Versuchsreihen wurde ein Präparat ausgewählt, welches exemplarisch für makroskopische Organe typische Merkmale aufweist (drei-dimensionales Objekt, Oberflächenreflexion, typisches Oberflächenrelief etc.). Bei dem gewählten Präparat handelte es sich um ein formalinfixiertes fetales Herz mit hypoplastischem Linksherzkomplex eines altersentsprechend entwickelten Feten aus der 22. Schwangerschaftswoche.
Die folgende Abbildung (Abb. 8) illustriert schematisch den Versuchsablauf von der Präparateauswahl bis hin zur Fotographie des stereomikroskopischen Bildes.
Abb. 8: Versuchsablauf 1. Präparatauswahl und Präparation 2. Bildaufnahme (Übersichtsbild bis Detailaufnahme) 3. Fotographie des stereomikroskopischen Bildes | ||
Die Diabelichtung wurde mit einem Olympus Teleconverter 2X-A vorgenommen. Es erfolgten Aufnahmen bei unterschiedlichen Vergrößerungen, wobei das Übersichtsbild einer 0,5-fachen und das Detailbild einer 3,5-fachen Vergrößerung entspricht.
Für die objektive Beurteilung des Qualitätsunterschiedes zwischen Original und komprimiertem Bild wird das Spitzenwert-Signal-Rausch-Verhältnis (Peak signal to noise ratio = PSNR) herangezogen. Dieser Wert beschreibt -einfach ausgedrückt- die Differenz der Bildmatrix von Originalbild und reduziertem Referenzbild. Dabei ist es wichtig, dass beide Bilder die gleiche Auflösung (identische Breite und Höhe) besitzen. Das ergibt sich aus den folgenden Termen:
Maximum Absolute Error |
(MAE) |
(1) |
|
Mean Square Error |
(MSE) |
(2) |
|
Root Mean Square Error |
(RMS) |
(3) |
|
Signal to Noise Ratio |
(SNR) |
(4) |
|
Peak Signal to Noise Ratio |
(PSNR) |
(5) |
| [Seite 27↓] |
Die Bildmatrizen der zu vergleichenden Bilder wurden Pixel für Pixel untersucht. D.h. ein Pixel der Matrix des Originalbildes wird mit dem adäquaten Pixel des Referenzbildes verglichen. Die Einheit des PSNR-Wertes ist Dezibel (dB).
Der PSNR-Wert dient der objektiven Messung der Qualitätsverluste bei verlustbehafteten Kompressionen. Hohe Werte stehen für einen geringen Unterschied zwischen Original und komprimiertem Bild, also für eine Kompression mit geringem Qualitätsverlust.
JPEG- und WAVELET-Verfahren
Das JPEG-Verfahren beruht auf der diskreten Cosinus-Transformation, die das Bild in kleine Blöcke unterteilt, dadurch jedoch schon bei niedrigen Kompressionsraten die typischen, deutlich sichtbaren Blockartefakte im Bildmaterial hervorruft (s. Abb. 9 b)
Abb. 9 a: Originalbild | ||
Abb. 9 b: JPEG-Bild mit typischen Blockartefakten | ||
Mit der WAVELET - Kompression lassen sich sehr hohe Kompressionsraten erzielen (bis zu 1:5000); die benötigten Rechenzeiten sind dabei abhängig von der Leistung des verwendeten Computers (Eikelboom et al; 2000). Momentan existiert noch kein WAVELET – Standard. Der hier untersuchte Kompressionsalgorithmus verwendet sogenannte Bitplane-Codings, welche die Arbeitsgänge der Bildanalyse per „Diskrete Wavelet-Transformation“ (DWT) mit der Quantisierung und Codierung der Information vereinen. DWT hat gegenüber der bei der JPEG-Kompression verwendeten DCT den Vorteil, dass das Bild nicht in kleine Blöcke unterteilt wird, wodurch die JPEG-typischen Blockartefakte vermieden werden. Bei der WAVELET - Kompression wird das Bild sukzessiv in Anteile mit unterschiedlicher Auflösung der einzelnen Bildstrukturen in Hochpass- (feine Details) und Tiefpassanteile (grobe Strukturen) zerlegt. Nach der Transformation werden die einzelnen Bildanteile effektiv codiert, so dass zuerst die Grobdaten des Bildes übertragen werden, gefolgt von weiteren Detailinformationen. Abb. 10 b-c zeigt Bilder mit für WAVELET typischen Artefakten.
| [Seite 28↓] |
Abb. 10 a: Originalbild | ||
Abb. 10 b: WAVELET mittlerer Qualität | ||
Abb. 10 c: WAVELET geringster Qualität | ||
Kompressionsstufen bei der JPEG-Kompression
SmartCompress erlaubt JPEG-Kompressionen in Qualitätsstufen (Q) von 1 bis 100. Q 100 bedeutet sehr gute Qualität des komprimierten Bildes und Q 1 bedeutet höchste Kompression bei sehr schlechter Qualität (SmartCompress 2.2, Professional Edition, 2000).
Für die Untersuchungen wurde das Ausgangsbild auf Grundlage der Qualitätsstufen in Zehnerschritten von Q 1 bis 100 (1, 10, 20, ... , 100) komprimiert, dabei entstanden Bilder mit folgenden Dateigrößen (Tab. 10):
Tab. 10: Durch JPEG-Kompression entstandene Bilder
Qualitätsstufe (JPEG) |
1 |
10 |
20 |
30 |
40 |
50 |
60 |
70 |
80 |
90 |
100 |
Dateigröße (kB) |
27 |
32 |
42 |
46 |
57 |
66 |
77 |
92 |
115 |
250 |
860 |
Kompressionsrate |
1:170 |
1:140 |
1:110 |
1:100 |
1:80 |
1:70 |
1:60 |
1:50 |
1:40 |
1:20 |
1:5 |
Kompressionsstufen bei der WAVELET-Kompression
SmartCompress erlaubt WAVELET-Kompressionen mit unterschiedlichen Zielstellungen. So kann nach Qualitätsstufen von 1 bis 100 komprimiert werden, oder es können Kompressionsraten von 1:1 bis zu 1:1000 festgelegt oder nach der zu erzielenden Dateigröße komprimiert werden.
Für den Vergleich der Kompressionsmethoden (JPEG vs. WAVELET) wurden die WAVELET-Bilder mit zwei verschiedenen Zielstellungen erzeugt:
| [Seite 29↓] |
Tab. 11: Durch WAVELET-Kompression entstandene Bilder
Qualitätsstufe (WAVELET)* |
1 |
10 |
20 |
30 |
40 |
50 |
60 |
70 |
80 |
90 |
100 |
||||||||||
Dateigröße (kB) |
0,8 |
1 |
1,2 |
1,5 |
2 |
3 |
4 |
8 |
24 |
27 |
32 |
42 |
46 |
57 |
66 |
77 |
92 |
115 |
250 |
860 |
900 |
Kompressionsrate |
1:5750 |
1:4600 |
1:3833 |
1:3066 |
1:2300 |
1:1533 |
1:1150 |
1:580 |
1:190 |
1:170 |
1:140 |
1:110 |
1:100 |
1:80 |
1:70 |
1:60 |
1:50 |
1:40 |
1:20 |
1:5 |
1:5 |
Präsentation der Bilder im Rahmen der Studie
Die entstandenen Kompressionsbilder (insgesamt 11 JPEG- und 21 WAVELET-Bilder pro Ebene) wurden in PowerPoint-Präsentationen eingearbeitet. Die Anordnung von Originalbild und Testbild erfolgte randomisiert (Abb. 11).
Abb. 11: PowerPoint Präsentation der Kompressionsreihen | ||
Die Darstellung der PowerPoint-Präsentation erfolgte an einem 21“ Monitor mit einer Auflösung von 1600 x 1200 dpi und einer Bildwiederholfrequenz von 85 Hz. Die beiden präsentierten Bilder (Original und Testbild) wurden mit einer Größe von 13 cm (Höhe) x 20 cm (Breite) dargestellt.
Es beteiligten sich insgesamt 30 Teilnehmer (20 Teilnehmer pro Ebene). Dies waren 7 Pathologen, von denen zwei älter als 40 Jahre waren, und Nichtpathologen (Naturwissenschaftler und Studenten). Das Alter der Teilnehmer lag zwischen 20 und 60 Jahre.
Für alle Teilnehmer wurden gleiche Bedingungen geschaffen: gleicher Monitor ohne Veränderung der Einstellungen und gleichbleibende Umfeldbedingungen. Der Abstand zum Monitor variierte individuell zwischen 30 bis 50 cm.
Die Versuchsteilnehmer mussten die gleichzeitig präsentierten Bilder bewerten und die Ergebnisse in einen Fragebogen eintragen (Abb. 11).
Anhand einer Studie von 10 Autopsien an Feten wird das Telepathologiesystem auf grundsätzliche Tauglichkeit, Qualität und Aufwand, Geschwindigkeit und Benutzerfreundlichkeit getestet.
Nachfolgend wird schematisch der Ablauf einer telepathologischen Konsultation zwischen einem Pathologen in Ausbildung und einem erfahrenen Pathologen bei der Autopsie eines Fetus dargestellt (Abb. 12).
| [Seite 30↓] |
Abb. 12: Ablauf einer telepathologischen Live-Konsultation per Videokonferenz während der Autopsie eines Fetus zwischen einem unerfahrenen Obduzenten und einem erfahrenen Pathologen | ||
Für diese Untersuchung wurden 10 Routinefälle eines Monats aus dem Sektionsgut des Instituts für Pathologie der Charité herangezogen. Die Fälle sind mit interner Sektionsnummer, Alter des Feten und Diagnose in Tab. 12 übersichtlich dargestellt.
Tab. 12: Autopsiefälle eines Monats (sequentiell der Routine entnommen)
Fall-Nr. |
Diagnose |
SSW |
1 |
Schwere Wachstumsretardierung |
26. |
2 |
Trisomie 18 |
34. |
3 |
Trisomie 21 |
23. |
4 |
Spontanabort, Z.n. vorzeitigem Blasensprung |
23. |
5 |
Makrozephalie, Ventrikelseptumdefekt, Pulmonalklappenstenose |
23. |
6 |
Trisomie 18 |
15. |
7 |
Reno-hepato-pankreatische Dysplasie/ Ivemark-Syndrom |
21. |
8 |
Truncus arteriosus communis (Typ I), Hygroma colli |
19. |
9 |
Omphalocele, Zwerchfelldefekt, Lungenhypoplasie links, Ventrikelseptumdefekt |
21. |
10 |
Triploidie |
15. |
Die Fetalsektionen wurde von einem wenig erfahrenen Assistenzarzt und einem technischen Assistenten durchgeführt. Ein erfahrener Kinderpathologe war per Telekonferenz zugeschaltet. Alle Arbeitsschritte (Fallannahme, Sektion, Fallpräsentation etc.) wurden mit dem konsultierten Kollegen besprochen. Dieser konnte die gesamte Sektion telepathologisch verfolgen.
Im Zentrum der Studie stand die Analyse der Routinetauglichkeit der telepathologischen Sicherstellung der Qualität bei der Sektion eines Feten.
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Die diagnostische Einordnung seltener Fehlbildungen und Auffälligkeiten eines Fetus ist selbst für erfahrene Pathologen oft problematisch. In diesen speziellen Fällen ist das Einholen einer zweiten Meinung von Experten notwendig. Das kann prinzipiell durch das Versenden der Falldaten per e-mail (offline) oder/ und durch eine Live-Video-Demonstration der Befunde (online) erfolgen (Abb. 13). In der vorliegenden Studie erfolgte die Konsultation ausschließlich offline.
Abb. 13: Verknüpfung von online und offline bei der Lösung eines Falls zwischen erfahrenem Pathologen und Experten | ||
Die Diagnostik von Herzfehlern nimmt aufgrund der relativ großen Anzahl an obduzierten Feten mit Herzfehlern (ca. 20-30 Fälle pro Jahr) sowie des differenzierten Spektrums innerhalb der Herzfehler eine bedeutende Stellung ein (Tennstedt et al. 1999). In einzelnen Fällen komplexer Herzfehler kann es erforderlich sein, eine Video-live-Demonstration des Herzbefundes durchzuführen (Abb. 14).
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Abb. 14: Demonstration eines Herzbefundes am Stereomikroskop (Telepathologiesystem TPS) | ||
Im Rahmen der hier präsentierten Studie über 10 Fälle mit unterschiedlichen komplexen Herzfehlern wurde allerdings ausschließlich der Einsatz der Telepathologie offline getestet. Dies geschah mit dem Ziel, zu klären, ob auf diesem Weg grundsätzlich eine Verbesserung der Diagnostik von Herzfehlern möglich ist und welche Anforderungen an Bildqualität, Bildgröße, Bildattribute, Bildanzahl, Bildauswahl/ Befundansicht usw. zu stellen sind.
Fälle
Als Untersuchungsmaterial dienten 10 formalinfixierte Herzen mit unterschiedlichen komplexen Malformationen von 9 Feten zwischen der 21. und 24. Schwangerschaftswoche und einem 3 Tage alten Neugeborenen, die im Institut für Pathologie der Charité obduziert wurden (Tab. 13).
Tab. 13: Liste der Fälle mit Herzfehlbildungen (Herzstudie - Telepathologie)
Fall-Nr. |
Herzfehlbildung |
Extrakardiale Fehlbildung/ Stigmata |
Chromosomale Anomalie |
Schwanger-schaftswoche/ Alter |
1 |
Unterbrochener Aortenbogen („Typ B“), |
Dysmorphiezeichen, Thymusaplasie |
Mikrodeletion 22q11.2 |
22 |
2 |
Atrioventrikularseptumdefekt (Rastelli Typ a), |
Dysmorphiezeichen |
47, XY,+21 |
23 |
3 |
Double outlet right ventricle, perimembranöser Ventrikelseptumdefekt, muskulärer Ventrikelseptumdefekt |
Keine |
Keine |
22 |
4 |
Double outlet right ventricle, perimembranöser Ventrikelseptumdefekt |
Dysmorphiezeichen |
47, XY,+18 |
24 |
5 |
Komplette Transposition der großen Arterien, |
Keine |
Keine |
22 |
6 |
Fallotsche Tetralogie, |
Dysmorphiezeichen, Thymusaplasie |
Mikrodeletion 22q11.2 |
21 |
7 |
Komplette Transposition der großen Arterien, Pulmonalatresie, |
Dysmorphiezeichen, |
47, XY, +13 |
22 |
8 |
Hypoplastischer Linksherzkomplex, |
Keine |
Keine |
22 |
9 |
Hypoplastischer Linksherzkomplex, |
Keine |
Keine |
Lebendgeboren |
10 |
Aortenklappenstenose, |
Keine |
Keine |
22 |
Bildaufnahme
Die Herzen lagen bereits präpariert und fixiert vor. Die pathologischen Befunde wurden als stereomikroskopische Digitalbilder aufgenommen und in ihrer Größe reduziert (JPEG-Kompression mit Photoshop, 50% Qualitätsstufe-mittlere Qualität) gespeichert. Dazu wurde das System TPS Version 1.5 benutzt (s. 3.5.2).
Wir beschränkten uns auf die Aufnahme von statischen Bildern. Dies erschwerte die Darstellung der Befunde an überwiegend kleinen Herzen, da ein räumlicher Eindruck, den dynamische Bilder [Seite 33↓]vermitteln können, in unbewegten Momentaufnahmen nur schwer erreicht wird. Bei der Darstellung der Fehlbildungen beschränkten wir uns auf die Aufnahme pathologischer Details.
Aufbau einer Fallanfrage
Anschließend erfolgte die Aufbereitung der Falldaten und Bilder in Form von PowerPoint-Präsentationen (Abb. 15 bis Abb. 17). Alle Fallanfragen wurden in einer einheitlichen Struktur erstellt, um dem Konsultationspartner die Arbeit so einfach wie möglich zu machen:
Diese Struktur ist ein Vorschlag, um das Einholen einer zweiten Meinung für fetale Herzfehler zu standardisieren. Wenn sich die Struktur in der Praxis bewährt, könnte sie als Standard für Telepathologiesysteme vorgeschlagen werden.
Orientierung in den Bildern
Das Herz wird zu Beginn der Bildserie in einer Übersichtsaufnahme mit Maßstab dargestellt. Anatomische Herz- und Gefäßstrukturen sowie pathologische Befunde werden mit Annotationen versehen (Abb. 17). Dafür werden international übliche Abkürzungen für anatomische und pathomorphologische Termini verwendet. Ein Vorschlag für einen derartigen Katalog wurde gerade publiziert (Tennstedt et al. 2000b)
Abb. 15: Telepathologischer Fall, Anfrage und allgemeine Falldaten | ||
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Abb. 16: Befundübersicht und Messprotokoll | ||
Abb. 17: Befundpräsentation mit Annotation und Maßstab | ||
Studiendesign
Neben der eigentlichen Fallanfrage wurden Benutzerhinweise zur Handhabung der Fallpräsentationen sowie ein Fragebogen versandt. Im Fragebogen sollten Bildqualität, Verständlichkeit, Handhabung und die allgemeine Zufriedenheit mit der vorliegenden Form der Fallanfrage bewertet werden. Der zeitliche Aufwand der Erstellung einer telepathologischen Anfrage lag pro Fall durchschnittlich bei 1-2 h. Diese Zeit umfasst die Bildauswahl, die Annotation in den Bildern, die Kompression der Bilder, das Einfügen in die Powerpoint-Präsentation sowie die Eingabe der klinischen Daten und der Fallanfrage. Die Falldateien wurden als e-mail-Attach (jeweils zwei Fälle pro Woche) an 5 Experten aus 4 Ländern (Deutschland, England, Österreich und Niederlande) verschickt.
Herzfehler können mit verschiedenen Methoden seziert werden: a) nach der Anderson’schen Segmentanalyse/ modifiziert nach der Berliner Methode, b) nach einer speziellen Sektionstechnik entsprechend der Ultraschallbefunde mit Festlegung einer pathologisch-anatomischen [Seite 35↓]Vorzugsschnittebene, c) stereomikroskopisch oder d) mikroskopisch nach Einbettung und Aufarbeitung in Serienschnitten (Tennstedt et al. 2000a).
Bereits 1893 beschreibt Virchow sein Dissektionsschema des Herzens (s. Einleitung), was unter den heutigen Bedingungen in der Fetal- und Kinderpathologie aber nicht angewendet werden kann.
Nachfolgend wird auf die heute möglichen Sektionstechniken eingegangen, die es im Rahmen einer Sektionsstrategie in der Routinediagnostik gezielt zu nutzen gilt.
Sequenzanalyse nach Anderson
Die segmentale sequentielle Analyse des malformierten Herzens nach Anderson (Anderson et al. 1984) basiert auf Arbeiten von Van Praagh (1964, 1972, 1977, 1982), De la Cruz und Nadal-Ginard (1972), Kirklin et al. (1973) und Shinebourne et al. (1976) und ermöglicht die Klärung der atrioventrikulären und ventrikuloarteriellen Verbindungen und der Lagebeziehungen der einzelnen Anteile zueinander. Die Grundlage der vollständigen Definition einer kardiovaskulären Fehlbildung ist dabei die pathologisch-anatomische Identifizierung der einzelnen Segmente des Herzens, d.h. der Vorhöfe, Ventrikel und der systemarteriellen großen Gefäße (konotrunkal) und ihrer Relationen zueinander.
Zuvor haben Pernkopf und Wirtinger (1933) den geraden Herzschlauch in 5 einzelne Abschnitte unterteilt: 1. Sinus venosus, 2. Atrium commune, 3. Ventriculus communis, 4. Bulbus cordis und 5. Truncus arteriosus. Die Ansicht einer Trennung von Bulbo-Truncus von Pernkopf und Wirtinger wurde später nicht anerkannt. Untersuchungen von Doerr (1955) zeigten, dass der Bulbus und Truncus als eine Einheit betrachtet werden müssen.
Diese Segmente sind durch anatomische Merkmale, sowohl am gesunden, als auch am malformierten Herzen charakterisiert. Die morphologische Darstellung des Herzens erfolgt unter der Berücksichtigung dieser segmentalen Gliederung und ihrer Verbindungen, wobei die Verbindungen (Konnektionen) ebenfalls strukturiert sind.
Modifikation nach der Berliner Methode
Zwei Modifikationen charakterisieren die Berliner Methode.
Spezielle Sektionstechnik nach Ultraschallbefunden
Diese Methode basiert auf klinisch festgelegten vereinfachten Schnittebenen zur Sonoanatomie des Herzens im pränatalen Ultraschall nach Chaoui (Chaoui et al. 1991a). Hierbei werden Aussagen zur Morphologie und Hämodynamik des Herzens gemacht. Herzlänge, Herzgröße, Vierkammerblick und große Gefäße können beurteilt werden. Es existieren insgesamt acht Schnittebenen, wobei sich pathologische Herzbefunde anhand von drei Schnittebenen (Vierkammerebene, Abgang der Aorta und des Trunkus pulmonalis) im wesentlichen diagnostizieren lassen, so dass die restlichen fünf Schnittebenen (Querschnitte der großen Gefäße, Tangentialschnitte durch Aortenbogen, Isthmus aortae und Pulmonalisstamm, Aortenbogen, linksventrikulärer und rechtsventrikulärer Einfluss- und Ausflusstrakt) der Ergänzung und Bestätigung der erhobenen Befunde dienen.
Nach Festlegung einer pathologisch-anatomischen Vorzugsschnittebene, kann das Herz so präpariert werden, dass ein pathologisch-anatomisches Korrelat nur zu einer der Ultraschallschnittebene erstellt werden kann.
Stereomikroskopische Sektion
Die stereomikroskopische Sektion sollte bei sehr kleinen Herzen (bis zur ca. 18. SSW) erfolgen. Das Herz kann entsprechend der Sequenzanalyse nach Anders’son oder modifiziert nach der Berliner Methode seziert werden. Hierzu ist ein entsprechend „Mikrochirurgisches“ Instrumentarium für die Präparation notwendig. Folgendes Vorgehen kann empfohlen werden: Zu Beginn der Sektion sollte das Blut aus dem Herzen mit kaltem Wasser gespült werden. Anschließend kann das Herz mit Jores-Lösung I (Herbeta-Arzneimittel) für die Präparation und Asservierung fixiert werden. Sehr kleine [Seite 36↓]Herzen von Embryonen und Feten (Länge von 3,5-6 mm) lassen sich gut schwimmend in Alkohol sezieren (Coerdt et al. 1988).
Mikroskopische Sektion
Die mikroskopische Sektion nach Einbettung und Aufarbeitung in Serienschnitten ist eine Methode, die in speziellen Fällen bei sehr kleinen Herzen (Herzlänge unter 10 mm, bis ca. 14. SSW), für die Diagnostik angewendet werden kann.
Das betrifft besonders solche Herzen mit pathologischen Befunden, die makroskopisch nicht mehr diagnostiziert werden können (z.B. die Darstellung intramyokardialer Veränderungen). Ein mögliches Vorgehen ist z.B. das vollständige Einbetten des formalinfixierten Herzens mit Aufarbeitung in Serienschnitten (ca. 200-600, abhängig von der jeweiligen pränatalen Diagnose/ Verdachtsdiagnose) von der Spitze zur Basis (Abb. 18). Dieses Prinzip lehnt sich ursprünglich an alte Methoden der Embryologen, die Embryone anhand von Serienschnitten untersuchten.
Abb. 18: Schema zur mikroskopischen Sektionstechnik nach Einbettung und Aufarbeitung in Serienschnitten bei intramyokardialen Befunden sehr kleiner Herzen (α< 10 mm) | ||
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