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Um den Rahmen der Veränderungen zu verdeutlichen werden zunächst Zahlen aus der Charité Berlin (Campus Charité Mitte) angegeben, die dankenswerterweise von Herrn Prof. Bollmann, Funktionsbereich „Pränatale Diagnostik und Therapie“, und Frau Prof. Körner, „Institut für Medizinische Genetik“, zur Verfügung gestellt wurden.
Pränatale Diagnostik
In den letzten Jahren war ein Anstieg der Anzahl der pränatal-sonographisch untersuchten Patientinnen, der durchgeführten Ultraschalluntersuchungen und der invasiven Eingriffe zu verzeichnen (Tab. 14).
Tab. 14: Pränatale Untersuchungen und invasive Eingriffe im Funktionsbereich „Pränatale Diagnostik und Therapie“ der Charité, Campus Charité Mitte, 1995 bis 2000
Untersuchungen/ invasive Eingriffe |
1995 |
1996 |
1997 |
1998 |
1999 |
2000 |
|
Anzahl der Patientinnen |
3623 |
3911 |
4020 |
4226 |
4125 |
4394 |
|
Ultraschalluntersuchungen |
8718 |
10.000 |
11.000 |
13.000 |
12.375 |
9873 |
|
Invasive Eingriffe |
Total |
1322 |
1450 |
1609 |
1633 |
1556 |
k.A. |
Amniozentese |
660 |
821 |
900 |
1061 |
1034 |
918 |
|
Chordozentese |
443 |
415 |
460 |
341 |
326 |
227 |
|
Chorionzottenbiopsie |
83 |
126 |
114 |
100 |
97 |
125 |
|
Fruchtwasserauffüllungen |
43 |
21 |
46 |
11 |
7 |
12 |
|
Punktion von Körperhöhlen |
41 |
41 |
36 |
46 |
17 |
k.A. |
|
Intrauterine Transfusionen |
29 |
11 |
28 |
25 |
27 |
14 |
|
Kardiozentese |
6 |
4 |
4 |
k.A. |
3 |
22 |
Infolgedessen erhöhte sich die Zahl der Feten, bei denen sehr differenzierte und komplexe Befunde detailliert und zunehmend in früheren Schwangerschaftswochen beschrieben wurden. Demzufolge wird zunehmend eine sorgfältige Abklärung aller pränatalen Befunde gefordert (s.1.2).
Genetik
Bei etwa einem Drittel der Schwangeren, die im Funktionsbereich „Pränatale Diagnostik und Therapie“ der Charité, untersucht werden, wurde ein pränataler invasiver Eingriff mit dem Ziel einer zytogenetischen Untersuchung des entnommenen Materials durchgeführt. Indikation für invasive Eingriffe sind seit 1989 zunehmend mehr sonographisch diagnostizierte Fehlbildungen und pathologische Befunde der Feten, welche auf eine deutliche Verbesserung der Qualität des pränatalen Ultraschalls zurückzuführen sind. In dem Zeitraum davor stand die Altersindikation im Vordergrund.
Die zytogenetischen Untersuchungen wurden zu einem großen Teil am Institut für Medizinische Genetik der Charité durchgeführt. Einen Überblick über die Anzahl der zytogenetischen Untersuchungen an pränatal entnommenem Material von 1995 bis 2000 spiegelt die Tab. 15 wieder.
|
Tab. 15: Prä- und postnatal durchgeführte zytogenetische Untersuchungen im Institut für Medizinische Genetik der Charité (Campus Charité Mitte) von 1995 bis 2000
Zytogenetischen Untersuchungen |
1995 |
1996 |
1997 |
1998 |
1999 |
2000 |
|
Pränatal |
Fruchtwasser |
771 |
802 |
746 |
957 |
870 |
883 |
Fetalblut |
342 |
347 |
349 |
318 |
277 |
221 |
|
Chorionzotten |
71 |
114 |
99 |
109 |
103 |
125 |
|
Total |
1184 |
1263 |
1194 |
1384 |
1250 |
1229 |
|
Postnatal |
Lymphozyten |
515 |
624 |
411 |
437 |
312 |
309 |
Explantate (fetales Material) |
42 |
56 |
68 |
62 |
|||
Total |
1699 |
1887 |
1647 |
1877 |
1630 |
1600 |
Anhand der retrospektiven Studie zum Schwangerschaftsalter der Feten bei der Autopsie (s. 3.1) konnte gezeigt werden, dass sich der durchschnittliche Zeitpunkt der Beendigung der Schwangerschaften seit 1993 signifikant in frühere Wochen der Schwangerschaft verlagert hat (Abb. 19).
Abb. 19: Verteilung der Feten in den Schwangerschaftswochen zum Obduktionszeitpunkt innerhalb der drei Zeiträume | ||
Eine Autopsie wurde bei Feten vor Vollendung der 20. Schwangerschaftswoche in 24% der Fälle im Zeitraum A (1988-1992, n = 89), in 45% im Zeitraum B (1993-1997, n = 186) und in 48% im Zeitraum C (1998-2000, n = 157) durchgeführt. Der Anteil der Feten vor Vollendung der 20. Schwangerschaftswoche lag im Zeitraum B (1993-1997) und C (1998-2000) damit signifikant höher (p< 0.0001) als im Zeitraum A.
Organfehlbildungen, die in zahlreichen Autopsiefällen mehrere Organsysteme betrafen, lagen in folgender Häufigkeit vor: Fehlbildungen des zentralen Nervensystems (30%), des kardiovaskulären Systems (21%), des Urogenitaltraktes (14%), des Skelettsystems (9%) des Gastrointestinaltraktes (8%) und des Respirationstraktes (8%), (Tab. 16). In 63 Fällen kam es aufgrund von Veränderungen der Plazenta zur Beendigung der Schwangerschaft (z.B. Fetofetales Transfusionssyndrom, kurze Nabelschnur-Sequenz). In 79 Fällen wurden „weitere Befunde“ oder chromosomale Aberrationen ohne Nachweis von pathomorphologischen Befunden des Fetus diagnostiziert.
|
Tab. 16: Häufigkeit von Fehlbildungen (n) der untersuchten Organsysteme innerhalb der drei Zeiträume: Zeitraum A (1988-1992, 370 Autopsiefälle); Zeitraum B (1993-1997, 413 Autopsiefälle) und Zeitraum C (1998-2000, 328 Autopsiefälle)
Organsystem |
Zeitraum A (1988-92) |
Zeitraum B (1993-97) |
Zeitraum C (1998-2000) |
|||||
|
n |
% |
n |
% |
n |
% |
n |
% |
Zentrales Nervensystem |
419 |
30 |
168 |
41 |
159 |
27 |
92 |
23 |
Kardiovaskuläres System |
299 |
21 |
66 |
16 |
135 |
23 |
98 |
25 |
Urogenitaltrakt |
201 |
14 |
62 |
15 |
88 |
15 |
51 |
13 |
Skelettsystem |
127 |
9 |
33 |
8 |
53 |
9 |
41 |
10 |
Gastrointestinaltrakt |
116 |
8 |
29 |
7 |
53 |
9 |
34 |
9 |
Respirationstrakt |
90 |
8 |
16 |
4 |
41 |
7 |
33 |
8 |
Plazenta |
63 |
4 |
16 |
4 |
24 |
4 |
23 |
6 |
Weitere |
79 |
6 |
20 |
5 |
35 |
6 |
24 |
6 |
Total |
1394 |
100 |
410 |
100 |
588 |
100 |
396 |
100 |
Von insgesamt 105 ausgewerteten Autopsiefällen aus dem Jahre 2000 wurden 338 pränatale Diagnosen und 47 pränatale Verdachtsdiagnosen mit den Autopsiediagnosen verglichen (Tab. 17). Dabei zeigte sich, dass in 36% identische pränatale und autoptische Diagnosen und in 19% der pränatalen Diagnosen zusätzliche autoptische Befunde (Diagnosen) vorlagen. Der Anteil an pränatal-sonographisch falsch-negativen Diagnosen betrug 22% und an falsch-positiven Diagnosen hingegen 12%. 11% der pränatal-sonographisch erhobenen Diagnosen konnten autoptisch nicht mehr verifiziert werden.
Bei 5 Fällen war die pränatale Diagnostik wegen positiver zytogenetischer Befunde bzw. bereits pränatal diagnostizierter multipler Fehlbildungen inkomplett. In diesen Fällen wurden die autoptischen Diagnosen der pränatal nicht untersuchten Organe nicht ausgewertet.
Tab. 17: Ergebnis des Vergleichs autoptischer Diagnosen mit pränatalen Diagnosen und Verdachtsdiagnosen
Ergebnis des Vergleichs |
Anzahl der pränatalen und |
Anzahl der pränatalen Verdachtsdiagnosen |
Identisch (id) |
121 (36%) |
18 (26%) |
Zusätzliche Diagnosen (idz) |
64 (19%) |
10 (21%) |
Falsch-positiv (f-p) |
42 (12%) |
14 (30%) |
Falsch-negativ (f-n) |
75 (22%) |
1 (2%) |
Nicht verifizierbar (nv) |
36 (11%) |
4 (9%) |
Total |
338 (100%) |
47 (100%) |
Zieht man von den insgesamt betrachteten 338 pränatalen und autoptischen Diagnosen die 121 [Seite 40↓]identischen Diagnosen ab, so erhält man 217 divergente Diagnosen. In Analogie ergeben sich bei den 47 pränatalen Verdachtsdiagnosen durch Abzug der identischen 18 pränatalen Verdachtsdiagnosen und autoptischen Diagnosen 29 divergente Verdachtsdiagnosen und autoptische Diagnosen. Für diese wurden die Fehlerursachen entsprechend der in Material und Methode definierten Kategorien (s. 3.3) ausgewertet. Dabei zeigte sich, dass bei dem überwiegenden Anteil der zusätzlichen, falsch-positiven und falsch-negativen pränatalen Diagnosen die Ursachen auf physikalisch bedingte Grenzen der Erkennbarkeit bzw. Probleme der prinzipiellen Sichtbarkeit zurückzuführen sind (Tab. 18). Im Gegensatz dazu waren die Fehlerursachen der autoptisch nicht verifizierbaren pränatalen Diagnosen hauptsächlich ablauf- bzw. lagerungsbedingt (Kategorien III.3, III.4).
Tab. 18: Ergebnis des Vergleichs der pränataler und autoptischer Diagnosen (in Klammern pränatale Verdachtsdiagnosen) in Anhängigkeit von den Fehlerursachenkategorien
Fehlerursachen |
Ergebnis des Vergleichs |
|||||
Kategorie |
Kurzbezeichnung |
idz |
f-p |
f-n |
nv |
∑ |
I.1 |
Fachspezifische Befunddefinitionen |
1 |
6 |
7 |
||
II.2 |
Erkennbarkeitsgrenzen |
45 (8) |
23 (11) |
46 (1) |
114 (20) |
|
III.2 |
SSW-abhängige Befunddarstellbarkeit |
11 |
9 (2) |
18 |
38 (2) |
|
III.3 |
Form der Schwangerschaftsbeendigung |
8 |
8 |
|||
III.4 |
Zeit- und lagerungsbedingte Folgen |
28 (4) |
28 (4) |
|||
IV.1 |
Maternale Adipositas |
7 (2) |
3 (1) |
8 |
18 (3) |
|
IV.2 |
Fetaler Fruchtwassermangel |
1 |
3 |
4 |
||
Total |
64 (10) |
42 (14) |
75 (1) |
36 (4) |
217 (29) |
Für den Vergleich im Rahmen der vorliegenden retrospektiven Studie (Tab. 17 und Tab. 18) mußte ein Teil der Fehlerursachen (Kategorien I.2-I.4, II.1, II.3, III.1, IV.3-IV.4, V.2-V.3) nicht herangezogen werden. Bei einigen Faktoren handelt es sich um allgemeine fachspezifische und technische Aussagen (I.2-I.4 und II.1, s. 3.3). Qualität und Einstellung der eingesetzten Technik waren optimal (II.3; s. Tab. 6). Die Zeitdifferenz zwischen prä- und postmortaler Untersuchung war fast zu vernachlässigen (III.1, s.3.3), da nach Stellen der Abbruchdiagnose der induzierte Abort meist bereits nach wenigen Tagen erfolgte. Die ungünstige Lage des Fetus spielte für das Stellen der Abbruchdiagnose keine Rolle, da so lange geschallt wurde, bis die Befunde sichtbar waren (IV.4). Die Vertrautheit mit dem technischen System wurde vorausgesetzt (V.2, V.3). Feten mit intrauteriner Wachstumsretardierung wurden in der Studie nicht verglichen (IV.3; s. 3.3 Ausschlusskriterien).
Die häufigstenfalsch-negativen Diagnosen betrafen das Urogenitalsystem, das Skelettsystem und das respiratorische System (Tab. 19). Dabei ist festzustellen, dass die pränatal-sonographische Diagnostik einer Lungenhypoplasie generell und insbesondere in sehr frühen Schwangerschaftswochen noch ausgesprochen problematisch ist (Achrion et al. 1998, Chaoui et al. 1999).
| [Seite 41↓] |
Tab. 19: Anzahl der falsch-negativen pränatalen Diagnosen und ihre Fehlerursachen
Organsystem |
Autopsiediagnosen |
Zahl |
Fehlerursachen |
Zentrales Nervensystem |
Mikrophthalmie Mikrozephalus Dolichozephalus Anophthalmie |
3 2 1 1 |
Erkennbarkeitsgrenzen (II.2), SSW-abh.Befunddarstellbarkeit (III.2) SSW-abh. Befunddarstellbarkeit (III.2), fetaler FW-Mangel (IV.2) SSW-abh. Befunddarstellbarkeit (III.2) Erkennbarkeitsgrenzen (II.2) |
Kardiovaskuläres System |
Ventrikelseptumdefekt A. lusoria Ductus arteriosus-Agenesie Mitralklappenhypoplasie Aortenisthmusstenose |
3 1 1 1 1 |
Erkennbarkeitsgrenzen (II.2), maternale Adipositas (IV.1) Erkennbarkeitsgrenzen (II.2) Erkennbarkeitsgrenzen (II.2) Erkennbarkeitsgrenzen (II.2) Erkennbarkeitsgrenzen (II.2) |
Respirator.System |
Lungenhypoplasie |
9 |
Erkennbarkeitsgrenze (II.2), maternale Adipositas (IV.1) |
Gastrointestinales System |
Analatresie Dünndarmatresie Zystische Pankreasdysplasie Ösophagusatresie |
2 1 1 1 |
Erkennbarkeitsgrenzen (II.2) maternale Adipositas (IV.1) Erkennbarkeitsgrenzen (II.2) Erkennbarkeitsgrenzen (II.2) |
Urogenitalsystem |
Hufeisenniere, Nierenagenesie/ hypoplasie Beckenniere/ Doppelniere, Harnblasenhypoplasie, Urethrahypoplasie/ agenesie Multizyst. Nierendysplasie Hydronephrose, Ureterhypoplasie Uterushypoplasie Agenesie äußeres Genitale |
4 2/2 2/1 2 2/2 1 1 1 1 1 |
Erkennbarkeitsgrenzen (II.2) fetaler FW-Mangel (IV.2)/ Erkennbarkeitsgrenzen (II.2) Erkennbarkeitsgrenzen (II.2) Erkennbarkeitsgrenzen (II.2) Erkennbarkeitsgrenzen (II.2) Erkennbarkeitsgrenzen (II.2) Erkennbarkeitsgrenzen (II.2) Erkennbarkeitsgrenzen (II.2) Erkennbarkeitsgrenzen (II.2) Erkennbarkeitsgrenzen (II.2) |
Skelettsystem |
Hypoplasie untere Extremität Skoliose/ Brachydactylie Clavicula-/ Ulnahypoplasie Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte Postaxiale Hexadactylie Beckenfehlbildung/ Klumpfuß Syndactylie/ Kamptodactylie Aplasie 12. Rippe |
4 2/2 1/1 1 1 1/1 1/1 1 |
Erkennbarkeitsgrenzen (II.2), SSW-abh.Befunddarstellbarkeit (III.2) Erkennbarkeitsgrenzen (II.2) SSW-abhängige Befunddarstellbarkeit (III.2) Erkennbarkeitsgrenze (II.2) Erkennbarkeitsgrenze (II.2) Erkennbarkeitsgrenze (II.2)/ fetaler FW-Mangel (IV.2) Erkennbarkeitsgrenze (II.2) fetaler Fruchtwassermangel (IV.2) |
weitere |
Gaumenspalte, Thymushypoplasie, Zwerchfelldefekt, Situs inversus totalis |
4 2 1 1 |
Erkennbarkeitsgrenze (II.2) Erkennbarkeitsgrenze (II.2) SSW-abh. Befunddarstellbarkeit (III.2) Erkennbarkeitsgrenze (II.2) |
Total |
N=75 |
|
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Die häufigsten falsch-positiven Diagnosen waren im Bereich des kardiovaskulären Systems, des Urogenitalsystems und des zentralen Nervensystems nachzuweisen (Tab. 20). Im Bereich des kardiovaskulären Systems handelt es sich dabei in erster Linie um Herzscheidewanddefekte von Feten aus sehr frühen Schwangerschaftswochen (13.-19. Schwangerschaftswoche) bei eingeschränkter Diagnostik aufgrund physikalisch bedingter Grenzen bei der prinzipiellen Sichtbarkeit. Die letzten sonographischen Diagnosen erfolgten durchschnittlich 4-5 Tage vor dem Zeitpunkt der Schwangerschaftsbeendigung. Die Autopsie wurde durchschnittlich 2-3 Tage später durchgeführt.
Tab. 20: Anzahl der falsch-positiven pränatalen Diagnosen und ihre Fehlerursachen
Organsystem |
Pränatale Diagnosen |
Zahl |
Fehlerursachen |
Zentrales Nervensystem |
Kleinhirnwurmagenesie Holoprosenzephalie Enzephalozele Inienzephalus |
2 1 1 1 |
Erkennbarkeitsgrenzen (II.2) SSW-abh. Befunddarstellbarkeit (III.2) SSW-abh. Befunddarstellbarkeit (III.2) SSW-abh. Befunddarstellbarkeit (III.2) |
Kardiovaskuläres System |
VSD AVSD Rechter Aortenbogen TAC DORV |
9 2 1 1 1 |
Erkennbarkeitsgrenzen (II.2), III.2, IV.1 SSW-abh. Befunddarstellbarkeit (III.2) Maternale Adipositas (IV.1) Erkennbarkeitsgrenzen (II.2) SSW-abh. Befunddarstellbarkeit (III.2) |
Respiratorisches System |
Lungenhypoplasie |
4 |
Erkennbarkeitsgrenzen (II.2) |
Gastrointestinales System |
Darmduplikatur |
1 |
Erkennbarkeitsgrenzen (II.2) |
Urogenitalsystem |
Polyzyst. Nierendysplasie Nierenagenesie Multizyst. Nierendysplasie Nierenhypoplasie |
3 2 1 1 |
Fachspezifische Befunddefinition (I.1) Fetaler Fruchtwassermangel (IV.2), II.2 Erkennbarkeitsgrenzen (II.2) Fetaler FW-Mangel (IV.2) |
Skelettsystem |
Klumpfuß Lordose LWS |
2 1 |
Erkennbarkeitsgrenzen (II.2) SSW-abh. Befunddarstellbarkeit (III.2) |
Plazenta |
Blasenmole |
3 |
Fachspezifische Befunddefinition (I.1) |
weitere |
Thymushypoplasie Mesenterialzyste Thymusaplasie |
2 2 1 |
Erkennbarkeitsgrenzen (II.2) SSW-abh. Befunddarstellbarkeit (III.2) SSW-abh. Befunddarstellbarkeit (III.2) |
Total |
N=42 |
|
Die häufigsten pränatal-sonographischen Diagnosen, die pathologisch-anatomisch nicht mehr verifizierbar waren, betrafen vor allem das zentrale Nervensystem, wobei dies am häufigsten auf zeit- und lagerungsbedingte Faktoren zurückzuführen war.
An einem Fallbeispiel eines Fetus mit reno-hepato-pankreatischer Dysplasie und Situs inversus totalis soll gezeigt werden, wie relevant die Autopsie zur Diagnostik komplexer Fehlbildungsmuster sein kann (Tab. 21).
| [Seite 43↓] |
Tab. 21: Pränatal-sonographische und pathologisch-anatomische Diagnosen eines Fetus aus der 21. Schwangerschaftswoche, Z.n. vorzeitiger Schwangerschaftsbeendigung
Pränatalsonographische Diagnosen |
Autoptische Diagnosen |
Ergebnis des Vergleichs |
Fehlerursachen Kurzbezeichnung (Kategorie) |
(Zystische Nierendysplasie beidseits) |
Diffuse multizystische Nierendysplasie beidseits |
Identisch | |
(Lungenhypoplasie) |
Sekundäre Lungenhypoplasie |
Identisch | |
(Mitralklappendysplasie) |
Mitralklappendysplasie |
Identisch | |
Kritische Aortenklappenstenose |
Aortenklappenstenose |
Identisch | |
Beginnende Endokardfibroelastose |
Falsch-negativ |
Erkennbarkeitsgrenze (II.2) |
|
Situs inversus totalis |
Falsch-negativ |
Erkennbarkeitsgrenze (II.2) |
|
Dextropositio cordis |
Falsch-negativ |
Erkennbarkeitsgrenze (II.2) |
|
Zystische Pankreasdysplasie, Gallengangsmikrozysten, Portalfeldfibrose |
Falsch-negativ |
Erkennbarkeitsgrenze (II.2) |
|
Zweigelappte Milz |
Falsch-negativ |
Erkennbarkeitsgrenze (II.2) |
|
Reno-hepato-pankreatische Dysplasie/ Ivemark-Syndrom |
Trotz hochspezialisierter pränatal-sonographischer Technik mit der Diagnostik multipler und detaillierter Fehlbildungen, kann es in Einzelfällen problematisch sein, spezielle Fehlbildungen zu erkennen, z.B. einen Situs inversus totalis (Abb. 20a-d).
Abb. 20: Vergleich pränatal-sonographischer und autoptischer Befunde, 21. SSW. a: Pränatal-sonographischer Befund einer multizystischen Nierendysplasie beidseits, B-Bild. b: Autoptische Bestätigung der multizystischen Nierendysplasie beidseits. c: Thoraxsitus, Ansicht von kaudal, pränatal-sonographisch vermutete Sinistropositio cordis mit links liegender Aorta descendens, B-Bild. d: Thorakaler Situs bei Situs inversus totalis mit Dextropositio cordis und rechtem Aortenbogen. | ||
| [Seite 44↓] |
In den internationalen Richtlinien wird übereinstimmend darauf hingewiesen, dass die Autopsie von Feten bzw. perinatalen Todesfällen sowohl der Qualitätskontrolle der pränatalen Diagnostik bzw. Klinik dient als auch für eine genaue Fehlbildungsanalyse eine Voraussetzung darstellt. Zur adäquaten Wahl der Autopsietechnik finden sich in den internationalen Richtlinien der letzten Jahre Angaben (Tab. 22).
Tab. 22: Einschätzung der internationalen Richtlinien anhand der Kriterien des modernen Anforderungsspektrums an die Autopsie von Feten
Kriterien des Anforderungsspektrums |
Royal College of Pathologists (1993) |
National Advisory Board for CESDI (1993) |
SPPVorschlag (1994) |
ValdésDapena/ Kalousek/Huff (1997) |
Kalousek / Wilson (1998) |
Sheaff / Hopster (2001) |
|
A |
Adäquate Wahl der Autopsietechnik |
* |
* |
* |
+ |
+ |
+ |
B |
Qualitätskontrolle der pränatalen Diagnostik |
+ |
+ |
+ |
+ |
+ |
+ |
C |
Systematische Fehlbildungsanalyse |
+ |
+ |
+ |
+ |
+ |
+ |
D |
Korrespondierende Befunddarstellung (pränatal-postmortal) |
* |
* |
* |
* |
* |
* |
E |
Elektronische Befund- und Bilddokumentation |
+ |
+ |
+ |
* |
* |
+ |
F |
Einheitliche Nomenklatur der Diagnosen |
+ |
+ |
+ |
+ |
+ |
+ |
G |
Materialasservierung |
* |
* |
* |
* |
* |
* |
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Detaillierte Angaben zu Geräten und Instrumenten am Autopsiearbeitsplatz werden von Valdés-Dapena, Kalousek und Huff (1997) gemacht. Auf das Problem der korrespondierenden Befunddarstellung (pränatal-postmortal) weist explizid nur das Royal College of Pathologists (1993) hin.Über die Möglichkeit einer elektronischen Befund- und Bilddokumentation finden sich nur in den Richtlinien der Society of Pediatric Pathology (1994) Angaben. Die einheitliche Nomenklatur der Diagnosen wird in allen angegebenen internationalen Richtlinien diskutiert. In den Richtlinien finden sich genaue Angaben zur Asservierung von Organmaterial im Rahmen der Routine- und erweiterten Diagnostik. Spezielle Hinweise für eine langfristige und systematische Materialasservierung für spätere molekularzytogenetische Untersuchungen liegen nicht vor.
Nach den Richtlinien des Royal College of Pathologists (1993) sollte der Autopsiebericht als einfacher Standard in einem befundabhängigen flexiblen Format vorliegen und in elektronischer Form erstellt werden, falls das in dem entsprechendem Institut für Pathologie technisch möglich ist. Neben einer Qualitätskontrolle der pränatalen Diagnostik und einer systematischen Fehlbildungsanalyse, sollte eine einheitliche Nomenklatur der Hauptbefunde zur Kodierung erfolgen. Auf die Bedeutung der Zeitdauer der Erstellung des Autopsieberichtes wird detailliert hingewiesen. So sollte bereits nach 48 Stunden ein Erstbefund , nach 2-3 Wochen der Abschlussbericht und nach 4-6 Wochen einschließlich des neuropathologischen Befundes vorliegen.
Das von der Society of Pediatric Pathology (1994) vorgeschlagene Modell eines perinatalen Autopsieprotokolls beeinhaltet Vorschläge zur einheitlichen Durchführung von Autopsien von Feten und perinatalen Todesfällen. Ziel dieses Vorschlages ist, mit Hilfe eines Standardformates und unter Anwendung einer für die Kinderpathologie anerkannten Sektionsmethode (z.B. “Perinatal autopsy manual” von Valdés-Dapena und Huff, 1983) eine systematische Abklärung aller relevanten Befunde und deren Dokumentation, auch ausserhalb des Rahmens der Routine für Klinik, Lehre und Forschung.
Auf die Einbeziehung der genetischen Befunde, des postmortalen Radiogramms und des Plazentabefundes in den Autopsiebericht, weisen Valdés-Dapena, Kalousek und Huff (1997) hin.
Kalousek und Wilson (1998) weist besonders auf die Bedeutung der Pränatalbefunde unter Einbeziehung der Familienanamnese, mütterlicher Erkrankungen, spezieller Erkrankungen während der Schwangerschaft und der Laborparameter für die Autopsie hin. Weiterhin sollte der Zuschnitt der Plazenta und die Obduktion des Fetus am unfixierten Material wegen zytogenetischer, mikrobiologischer und biochemischer Untersuchungen erfolgen. Außerdem sollte der Transportweg des Materials unter Einhaltung der Kühlkette von kurzer Zeitdauer sein.
Shaff und Hopster (2001) gliedern in ihrem Handbuch über die postmortale Technik die Autopsie in Planung (einschließlich Anamnese der Patientin), Durchführung, Diskussion der postmortalen Befunde einschließlich des Plazentabefundes und Abschluss der Autopsie. Ein spezielles Vorgehen bei der Autopsie entsprechend dem Erhaltungszustand, dem Alter und der möglich vorliegenden Fehlbildungen des Fetus bzw. Totgeborenen wird anhand eines Entscheidungsschemas vorgeschlagen. Bei Feten mit einem Körpergewicht < 25 g wird eine longitudinale Sektionsmethode empfohlen.
Generell wird in den internationalen Richtlinien für die Autopsie von Feten bzw. perinatalen Todesfällen darauf hingewiesen, dass die Autopsien von einem erfahrenen Kinderpathologen, einem Pathologen mit Kompetenz auf dem Gebiet der Kinderpathologie oder unter Anleitung eines solchen Kollegen durchgeführt werden sollten.
Die Autopsieprotokolle weisen erhebliche Unterschiede hinsichtlich ihrer Form und Ausführlichkeit auf. Die Kriterien „Adäquate Wahl der Autopsietechnik“ (A) und „Materialasservierung“ (G) wurden nicht ausgewertet (s. 3.2).
Qualitätskontrolle der pränatalen Diagnostik (B)
Die Kenntnis bzw. Integration klinischer Befunde hat erhebliche Bedeutung für die gezielte, klinisch relevante Obduktion und Darstellung der postmortalen Befunde.
Es fanden sich 7 Protokolle ohne klinische Angaben, 6 Protokolle mit Angabe der klinischen Diagnose und 8 Protokolle mit ausführlichen klinischen Informationen (Anamnese, detaillierte Befunde).
Darüber hinaus wurden in erster Linie anamnestische Angaben zum Schwangerschaftsverlauf und zu Vorerkrankungen der Mutter dargestellt.
Systematische Fehlbildungsanalyse (C)
Durch die Autopsie wird geklärt, ob eine Fehlbildung isoliert vorliegt oder ein Teilsymptom multipler [Seite 46↓]Fehlbildungen ist.
Die Einordnung pathologischer Autopsiebefunde im Rahmen der fetalen Entwicklung hat für die pränatale Diagnostik und Differentialdiagnostik insofern Bedeutung, als somit pränatale Diagnosen bzw. Differentialdiagnosen retrospektiv neu eingeordnet werden können.
Eine mögliche Form der Darstellung dieses Zusammenhangs fand sich nur in einem Autopsieprotokollmuster. Hier wurden die klinisch-pathologischen den morphologischen Korrelaten zugeordnet.
Korrespondierende Befunddarstellung (D)
Wie bereits dargelegt wurde, ist für die klinische Relevanz der fetalpathologischen Dokumentation die Gegenüberstellung der interdisziplinären Befunde wichtig. In den meisten der untersuchten Protokolle ist die Gegenüberstellung von Befunden schon aufgrund ungenügender klinischer und anamnestischer Angaben nicht möglich.
Lediglich anhand pränataler Diagnosen, die in 14 Protokollen dokumentiert wurden, d.h. in 2/3 aller ausgewerteten Protokolle ist ein Vergleich mit den Befunden der Autopsie möglich (und in 3 Protokollen realisiert).
Eine solche Gegenüberstellung wird an einem Fallbeispiel des eigenen Untersuchungsmaterials veranschaulicht (s. 4.2, Abb. 20). Dabei ist anzumerken, dass die pathologischen Diagnosen neben der Bestätigung oder Nichtbestätigung der klinischen Diagnosen in vielen Fällen eine Präzisierung dieser Befunde darstellen, die für die sonographische Feindiagnostik und Aussage bei der Elternberatung von erheblicher Bedeutung sein können.
Neben dem Befund- und Diagnosenvergleich sind insbesondere fetale Maße und Gewichte durch die Fetalautopsie objektivierbar. Folgende interdisziplinär erhobenen biometrischen Werte sind vergleichbar (Anzahl dokumentierter Vergleiche in der Klammer):
Eine vergleichende Darstellung pränataler und postmortaler Messwerte ist in keinem der ausgewerteten Protokolle realisiert wurden. Es wurden keine pränatal erhobenen Maßzahlen in die Autopsiedokumentation aufgenommen. Der Vergleich mit altersentsprechenden Normwerten erfolgte nur in drei Protokollen.
Elektronische Befund- und Bilddokumentation (E)
In nur einem Fall wurde eine Datenbank zur Autopsiebefunddokumentation verwendet (Charité, Berlin). In den meisten Fällen (Tab. 23) wird die Struktur durch die Verwendung von Befunderfassungsbögen vorgegeben.
Tab. 23: Art und Weise der Befunderfassung
Art der Befunderfassung |
Anzahl der Protokolle |
Verwendung von Befunderfassungsbögen |
14 |
Verwendung von Datenbanken |
1 |
Keine Textvorgaben, aber einheitliche Strukturierung |
6 |
Die Bilddokumentation erfolgte in den Protokollen fast ausschließlich in Form von Fotografien makroskopischer Befunde. Fetogramme und Karyogramme wurden in keinem Autopsieprotokoll aufgenommen. Es fanden sich jedoch in 4 Fällen Angaben über die Anfertigung entsprechender Befunde. Mikroskopische Bilder fanden sich ebenfalls in keinem Protokoll.
Hinsichtlich der Integration von Bildern konnte folgendes festgestellt werden:
Historisch bedingt werden Autopsiebilder bevorzugt im Anhang dokumentiert.
| [Seite 47↓] |
Bilder pränatal-diagnostischer Untersuchungen waren in keinem der untersuchten Protokolle vorhanden. Voraussetzung hierfür wäre die Zugriffsmöglichkeit auf das entsprechende Bildarchiv.
Einheitliche Nomenklatur der Diagnosen (F)
Die Mehrzahl der untersuchten Autopsieprotokolle (57%) basiert auf standardisierten Erfassungsbögen. Die Vorgabe von alternativen Befunden, zwischen denen durch Markierung eine Zuordnung (Auswahl) getroffen werden muss, entspricht auch einer terminologischen Standardisierung. Allerdings lag diesen institutsinternen Standards kein anerkannter Standard zu Grunde. Erst durch konsequente Verwendung eines solchen Systems (z..B. SNOMED) könnten direkte statistische Auswertungen vorgenommen werden.
Die in den Protokollen verwendete Terminologie entsprach inhaltlich bereits im Wesentlichen derartigen Schlüsselsystemen, auch wenn dies nicht explizit ausgewiesen wurde. So orientierte sich beispielsweise die Bezeichnung der anatomischen Strukturen überwiegend an der Pariser Nomina Anatomica von 1955. Die Bezeichnung pathologischer Untersuchungsbefunde ist durch die gesetzliche Codierungspflicht durch den ICD 10 vereinheitlicht, wobei die Codierung für angeborene Fehlbildungen, Deformitäten und Chromosomenanomalien z.T. unbrauchbar ist.
Aus den klinischen Forderungen an die Autopsie eines Fetus lassen sich allgemeine Anforderungen an die Methodik der Autopsie und ihre Dokumentation ableiten, die nachfolgend in einem Anforderungskatalog zusammengestellt werden sollen.
Der Anforderungskatalog wird in Voraussetzungen, Autopsieplanung, -durchführung und Dokumentation gegliedert. Kursiv geschrieben sind die im Rahmen der vorliegenden Arbeit abgeleiteten Anforderungen, während die übrigen Anforderungen den gegenwärtigen Stand in der nationalen und internationalen Literatur repräsentieren.
Voraussetzungen
Autopsieplanung entsprechend pränataler Befunde
Durchführung einer gezielten Autopsie des Fetus
Elektronische Dokumentation im abschließenden Autopsiebericht
Bereitstellung des Autopsieberichtes/ Falldiskussion mit Klinikern
Der elektronische Autopsiebericht sollte allen beteiligten Ärzten so schnell wie möglich elektronisch zur Verfügung stehen. Im Zentrum der Diskussion sollte die Fehleranalyse bei diskrepanten Befunden stehen (Qualitätssicherung). Hierfür ist die gemeinsame Kategorisierung der Fehler (s. 3.3) anzustreben.
Vorschlag des Untersuchungsganges
Für eine Autopsie von Feten mit spezieller Fragestellung wird zur Entscheidungshilfe folgendes schrittweises Vorgehen vorgeschlagen (Abb. 21):
Abb. 21: Autopsiestrategie für Feten/ Plazentauntersuchung * Vogel 1996 ** SPP 1994 | ||
Bei Verdacht auf multiple Fehlbildungen des Fetus (z.B. syndromale Erkrankung, Disruption, Chromosomopathie, Sequenz, Entwicklungsfelddefekt) ist es erforderlich, natives Material (z.B. [Seite 49↓]Fibroblasten, Knorpelzellen) für eine zytogenetische Untersuchung zu entnehmen (Abb. 22). Am bereits formalinfixierten Material lässt sich eine In-situ-Hybridisierung oder DNA-Zytometrie durchführen.
Zur Abklärung einer intrauterinen Infektion (bakteriell, viral, mykotisch), können die Erreger an nativem Material (Körperflüssigkeiten oder Gewebe) in der Kultur oder z.T. an formalinfixiertem Material mittels Immunhistologie oder PCR nachgewiesen werden.
Für die Diagnostik von Stoffwechselerkrankungen müssen Gewebeproben des Fetus zur Durchführung entsprechender biochemischer Untersuchungen schockgefroren werden.
Bei pränataler Diagnose eines Tumors (im Rahmen einer syndromalen Erkrankung), sollte natives Tumormaterial für eine molekularpathologische Untersuchung zur Abklärung einer möglichen genetischen Aberration schockgefroren werden.
Abb. 22: Befundabhängige Materialentnahme/ -asservierung (Fetus/ Plazenta) | ||
ein befundabhängiges Vorgehen bei der Autopsie empfohlen (Abb. 23). Dabei ist es notwendig, bestimmte Veränderungen bereits in situ, vor der Organentnahme abzuklären.
Bei Fehlbildungen des zentralen Nervensystems, wie Hydrozephalus, Anenzephalus, Fehlbildungen des IV. Ventrikels oder Myelomeningozelen ist primär eine unterschiedliche Vorgehensweise in situ erforderlich: z.B. beim Hydrozephalus: Vorfixieren des Gehirns mit Formalininjektion durch die Fontanellen in die Ventrikel, beim Anenzephalus: komplette Entnahme und Einbettung der Area cerebrovasculosa, bei Fehlbildungen des IV. Ventrikels: Eröffnung der Halswirbelsäule und des Os occipitale von dorsal und bei einer Myelomeningozele : ovaläre Sektion der Zele mit proximalem und distalem Segment.
Beim diagnostischen Vorgehen am kardiovaskulären System ist es erforderlich, in situ eine atypische Herzposition sowie Herzfehler mit/ ohne pathologische Gefäßabgänge/-einmündungen und /-verläufe zu beurteilen. Die eigentliche Herzsektion, z.B. als Segmentanalyse nach Anderson, läßt sich sowohl in situ als auch am entnommenen Herz-Lungenpaket durchführen. Eine Herz/Gefäßsektion unter dem Stereomikroskop sollte ggf. bei Feten und grundsätzlich bei Embryonen durchgeführt werden. Bei sehr detaillierten Diagnosen (z.B. dem Nachweis einer ventrikulokoronaren Kommunikation) sollte das pathologische Segment, ggf. eine komplette Einbettung des Herzens mit anschließender Aufarbeitung in Serienschnitten erfolgen (Tennstedt et al. 2000a).
Bei Fehlbildungen im Bereich des Respirationstraktes, wie z.B. der Lungengewebesequestration müssen die Hals- und Thoraxorgane einschließlich der zu- und abfließenden Gefäße in situ präpariert werden. Dabei sollte besonders auf Äste aus der Aorta und zu den großen Venen geachtet werden. Nach Entnahme der Lungen lassen sich Lungenzysten/ eine zystische adenomatoide Malformation, [Seite 50↓]eine Lungenhypoplasie oder Larynxatresie gut beurteilen. Zur Abklärung zystischer Lungenveränderungen werden für Lokalisation und Ausdehnung Frontalschnitte beider Lungenflügel angefertigt und zur Typisierung der Erkrankung die Größe der Zysten bestimmt und Parallelschnitte für die Histologie entnommen. Für die Diagnose einer Lungenhypoplasie ist nach der Messung der Lungengewichte die Bestimmung des Lungen-Körpergewichts-Quotienten unerlässlich. Beim Vorliegen einer Larynxatresie sollte das entsprechende Larynxsegment quer eingebettet und aufgestuft werden.
In situ lassen sich im Bereich des Gastrointestinaltraktes Rotationsstörungen, Darmatresie/ Analatresie und Kloakenfehlbildung beurteilen. Bei einer Darmatresie erfolgt die Bestimmung der Lokalisation und dazugehörigen Gefäßversorgung. Für die mikroskopische Untersuchung sollte ein Gewebeblock aus atretischem Segment mit proximalem und distalem Übergang, bei einer Analatresie das atretische Segment mit proximalem Übergang aufgearbeitet werden. Bei einer Kloakenfehlbildung empfiehlt sich nach Sondierung unter dem Stereomikroskop ggf. die Entnahme eines Gewebeblockes von Harnblase, (Uterus/ Vagina) und Rektum.
Bei Fehlbildungen der Nieren und der ableitenden Harnwege sollten in situ die Nierengrößen, die Form des Nierenbeckens und die Durchgängigkeit des Ureterabgangs sowie die zu- und abführenden Gefäße untersucht werden. Beim Vorliegen von Zystennieren müssen Zystengröße, Lokalisation sowie Rinden-Markstruktur beurteilt werden. Für die Diagnose einer Ureterabgangsstenose / oder einer - Mündungsstenose in die Harnblase bzw. einer Urethrastenose sollten erst die Lichtungen sondiert werden (cave: Vasa aberrantia abklären), anschließend wird das Einbetten eines Gewebeblocks mit subpelvinem Ureterabgang oder -einmündung in die Harnblase oder bei einer Urethrastenose eines Gewebeblocks mit Urethra, Symphyse und angrenzenden Schambeinen und bei einer Prune-belly-Sequenz eines Gewebeblocks mit Harnblasenwand, Bauchdecke und Rückenmarksegment für die mikroskopische Untersuchung empfohlen.
Bei Verdacht auf eine Skelett dysplasie bei der Autopsie, sollten nach Anfertigung eines gezielten postmortalen Radiogramms, Femur, Rippe und ein befallener langer Röhrenknochen mit Ossifikation mikroskopisch untersucht werden.
Abb. 23: Befundabhängiges Vorgehen bei Fehlbildungen des Fetus | ||
| [Seite 51↓] |
Vergleich der Sektionsstrategien
Für die Diagnostik von Herzfehlbildungen können verschiedene Sektionsmethoden eingesetzt werden (s. 3.6).
Im folgenden Abschnitt wird dargestellt, worin die Unterschiede zwischen den Methoden und deren optimalen Einsatzgebieten liegen (Tab. 24).
Tab. 24: Unterschiedliche Sektionstechniken bei Herzfehlbildungen, Prinzip, Voraussetzungen und Ergebnisse
Lfd. Nr. |
Methode |
Prinzip |
Voraussetzungen |
Ergebnisse |
|
Vorteile |
Nachteile |
||||
1. |
Sequenzanalyse nach Anderson |
• Beurteilung der grundlegenden Segmente: |
• Herzen ca. ab 18. SSW |
• Einfach durchführbar |
• Für Anfänger schwieriger als „Berliner Methode“ |
2. |
„Berliner Methode“ |
• Beschreibung der Befunde konsequent in Richtung des angenommenen Blutstromes |
• Herzen ca. ab 18. SSW |
• Siehe Sequenzanalyse einfacher für „Anfänger“ |
• Makroskopisch sehr kleine Befunde nicht erfassbar |
3. |
Sektion entsprechend der Ultraschall-Vorzugsebene |
• Festlegung von Ultraschallschnittebenen, zu denen die Sektionsbefunde korrespondierend dargestellt werden sollen |
• Herzen ca. ab 17. SSW |
• Befunddarstellung in Korrelation zum Ultraschall für Kliniker verständlicher |
• Erfahrung notwendig |
4. |
Stereo-mikroskopische Sektion |
• Sektion direkt unter dem Stereomikroskop |
• Herzen bis ca. 18. SSW (Embryonen immer, detaillierte Befunde bei Feten) |
• Darstellung sehr kleiner, makroskopisch nicht mehr erfassbarer Befunde möglich |
• Abh. von angewendeter Methode (Lfd.Nr. 1,2,3) |
5. |
Mikroskopie/ Serienschnitte |
• Paraffineinbettung des gesamten Herzens |
• Herzen bis ca. 14. SSW; ggf. pathologisches Segment nach 14. SSW |
• Darstellung sehr kleiner, stereomikroskopisch nicht mehr erfassbarer Befunde möglich |
• keine systematische Befundbeschreibung |
Mit der Anderson’schen Segmentanalyse erfolgt eine Beurteilung der drei grundlegenden Segmente und ihrer Relation zueinander. Im Gegensatz zur Berliner Methode, bei der die Herzstrukturen in Richtung des angenommenen Blutstroms beschrieben werden, erfolgt keine Berücksichtigung von Messdaten und Zuständen, die infolge diagnostischer und therapeutischer [Seite 52↓]Eingriffe am malformierten Herzen zu erwarten sind. Bei Anwendung der speziellen Sektionstechnik nach Ultraschallbefunden mit Festlegung einer pathologisch-anatomischen Vorzugsschnittebene, kann nur eine korrelierende pathologisch-anatomische Schnittebene zum pränatalen Ultraschall präpariert werden (Abb. 24).
Abb. 24: Tricuspidalatresie mit Ventrikelseptumdefekt, 22. SSW. A: Pränatale Ultraschallschnittebene 1 (Vierkammerblick)-Schema. RA-rechtes Atrium, LA-linkes Atrium, RV-rechter Ventrikel, LV-linker Ventrikel, Ao-Aorta. B: Pränatale Ultraschallschnittebene 1 (Vierkammerblick)-B-Bild-Technik. VSD-Ventrikelseptumdefekt. C: Pathologisch-anatomisches Korrelat. IVS-interventrikuläres Septum. | ||
Die Durchführung einer speziellen Sektionstechnik mit Festlegung einer pränatal-sonographischen Vorzugsschnittebene ist aufgrund der festgelegten Schnittebenen im Ultraschall nur bei drei Ebenen (Vierkammerebene, Abgang der Aorta und des Trunkus pulmonalis) sinnvoll.
Durch Anwendung der stereomikroskopischen Sektionstechnik konnten im eigenen Untersuchungsmaterial bei kleinen Herzen detaillierte Befunde dargestellt werden. So gelang z.B. die Darstellung einer ventrikulo-koronaren Kommunikation zwischen rechtem Ventrikel und einem Ast der rechten Koronararterie mit Pulmonalklappenatresie bei intaktem interventrikulärem Septum bei einem Fetus aus der 17. Schwangerschaftswoche (Abb. 25).
Abb. 25: Ventrikulokoronare Kommunikation (VCC) zwischen einem Ast der rechten Koronararterie und dem rechten Ventrikel, 17. SSW. Stereomikroskop | ||
Abb. 26: Ventrikulokoronare Kommunikation zwischen dem rechten Ventrikel und der rechten Koronararterie, 14. SSW. Farbdoppler-Ultraschall. V-C-Fistula- ventrikulokoronare Fistel | ||
Bei sehr kleinen Herzen aus frühen Schwangerschaftswochen (bis ca. 14. SSW) sind pathologische Befunde, die pränatal-sonographisch erhoben wurden, z.T. makroskopisch nicht mehr darstellbar, so dass der Pathologe die Diagnose nur noch anhand der Ergebnisse der mikroskopischen Sektion stellen kann. Das lässt sich am folgenden Fall einer ventrikulo-koronaren Kommunikation zwischen dem rechtem Ventrikel und der rechten Koronararterie mit Pulmonalstenose bei Dysplasie der Valva pulmonalis und intaktem interventrikulärem Septum (14. SSW) darstellen (Abb. 26).
| [Seite 53↓] |
Makroskopisch konnte ein regelrecht im Thorax lokalisiertes und altersentsprechend großes Herz mit regelrechten Abgängen der großen Gefäße dargestellt werden (Abb. 27). Aorta und Trunkus pulmonalis wiesen identische Durchmesser auf (jeweils 3 mm).
Abb. 27: Fetales Herz mit einer Länge von 1,5 cm, 14. SSW. Aorta und Trunkus pulmonalis mit regelrechten Durchmessern, je 3 mm. Stereomikroskopische Aufnahme. AO-Aorta, TP-Truncus pulmonalis | ||
Abb. 28: Ventriulokoronare Kommunikation (VCC). Primitiver Gefäßkanal im rechten Ventrikel (HE, Vergr. 10:100) | ||
Die histologische Aufarbeitung zeigte ein spongiöses Myokard mit einem primitiven Gefäßkanal im rechten Ventrikel (Abb. 28) als morphologisches Korrelat für die im pränatalen Ultraschall angegebene ventrikulokoronare Kommunikation. Die Valva pulmonalis zeigte drei dysplastische Taschenklappen.
Optimale Wahl der Sektionsstrategie
Die Durchführung einer speziellen Sektionstechnik mit Festlegung einer pathologisch-anatomischen Vorzugsschnittebene sollte nur in ausgewählten repräsentativen Fällen für die Erstellung von Lehrmaterial erfolgen. Die Methode führt zu keiner besseren Diagnostik der Herzfehlbildung und da das Herz weitgehend zerstört wird, ist ein Teil der Befunde nach der Präparation nicht mehr darstellbar.
Für die Routineobduktion von Herzfehlbildungen wird eine optimale Wahl der Sektionsstrategie in Abhängigkeit von der Schwangerschaftswoche und der Herzgröße vorgeschlagen (Abb. 29).
| [Seite 54↓] |
Abb. 29: Sektionsstrategien für die Routineobduktion von Herzfehlbildungen. | ||
Diese Obduktionsstrategie muss relativiert werden, da sie einerseits einen guten Erhaltungszustand des Herzens voraussetzt, was besonders für die stereomikroskopische und mikroskopische Sektion von Bedeutung ist. Weiterhin spielt der Ausbildungsstand des Obduzenten eine Rolle, d.h. für weniger erfahrene Kollegen ist die „Berliner Methode“ einfacher durchzuführen. Die Auswahl der jeweiligen Sektionsstrategie wird nach der klinischen Fragestellung beeinflusst. D.h. z.B. die Anwendung der mikroskopischen Sektion mit der Anfertigung von Serienschnitten eines pathologischen Herzsegmentes zur Abklärung der klinischen Diagnose bzw. Verdachtsdiagnose.
Die beiden Pilotstudien zur Telepathologie (Autopsiestudie-online, Herzstudie-offline) zeigen, dass es prinzipiell möglich, diagnostische Probleme telepathologisch zu lösen. Die Qualität der übertragenen Bilder stellte in den durchgeführten Studien keine Schwierigkeit dar. Bei der Präsentation der Fälle sind jedoch Probleme zu lösen, deren sich die telepathologischen Partner erst bewusst werden müssen. Dies betrifft beispielsweise die anatomisch korrekte Zuordnung und Interpretation von Detailsaufnahmen.
Die Integration des Telepathologiesystems TPS in die Arbeitsabläufe der Fetalpathologie erwies sich als problemlos, da der Zugriff auf bereits vorhandene und genutzte technische Geräte, wie PC mit angeschlossenem Makroviewer und Stereomikroskop, möglich war.
Es war eine Einarbeitung in die TPS Software notwendig. Je nach Vertrautheit mit dem PC und Vorwissen variierte diese Einarbeitungszeit. Im Durchschnitt benötigten die Pathologen bis zum relativ sicheren Umgang mit dem System etwa 2-3 Wochen, bei einem täglichen Umgang mit dem System 1 bis 2 Stunden.
Im folgenden Abschnitt sollen die Ergebnisse aus der Untersuchung des Einflusses der Kompression auf die Bildqualität dargestellt werden. Als Ausgangsbilder wurden Bilder mit einer Auflösung von [Seite 55↓]1200 dpi verwendet. Das ist die Auflösung, welche im Ergebnis einer Auflösungsstudie (Wehrstedt, Dissertation 2001) ohne sichtbare Qualitätseinbußen bestimmt wurde. Die Dateigröße des Ausgangsbildes vor der Kompression betrug 4,6 MB.
Ergebnisse der Kompressionsverfahren
Die Ergebnisse werden als Summations-Grafiken und als Schwellenplots dargestellt.
JPEG-Kompression
Abb. 30: Kompressionsstudie JPEG PowerPoint-Präsentation, Summationsgrafik A: 0,5-fache Vergrößerung B: 3,5-fache Vergrößerung | ||
Die JPEG-Studie dauerte pro Vergrößerung mit je 10 Bildpaaren etwa 7 min. (individuelle Schwankung 4-10 min.). Die 50-Prozent-Schwelle wird laut Definition bei 1:100 in der 0,5-fachen Vergrößerung und 4 und bei 1:110 in der 3,5-fachen Vergrößerung festgelegt.
Abb. 31: Kompressionsstudie JPEG PowerPoint-Präsentation, Individuelle Schwellen A: 0,5-fache Vergrößerung B: 3,5-fache Vergrößerung | ||
Die individuellen Schwellen der Pathologen liegen größtenteils am unteren Ende der Kompressionsreihe. Die Ausnahmen werden von jüngeren Pathologen gebildet. Die Teilnehmer, die das Original zu einem sehr frühen Zeitpunkt erkennen sind nicht identisch. Die individuellen Schwellen der älteren Teilnehmer sind am unteren Ende der Kompressionsreihe zu finden.
| [Seite 56↓] |
WAVELET-Kompression
Abb. 32: Kompressionsstudie Wavelet PowerPoint-Präsentation, Summationsgrafik A: 0,5-fache Vergrößerung B: 3,5-fache Vergrößerung | ||
Die WAVELET-Studie dauerte pro Vergrößerung mit je 13 Bildpaaren etwa 10 min. (individuelle Schwankung 8-13 min.). Die 50-Prozent-Schwelle wird laut Definition bei 1:140 in der 0,5-fachen Vergrößerung, sowie bei 1:100 in der 3,5-fachen Vergrößerung festgelegt.
Abb. 33: Kompressionsstudie WAVELET PowerPoint-Präsentation, Individuelle Schwellen A: 0,5-fache Vergrößerung B: 3,5-fache Vergrößerung | ||
Die individuellen Schwellen sind verteilt über die gesamte Kompressionsreihe, jedoch sind es nicht immer die gleichen Teilnehmer, die das Original sehr früh erkennen. In der 3,5-fachen Vergrößerung gibt es zwei Teilnehmer, die bei jedem Bildpaar das Original erkannt haben, deshalb sind in dieser Vergrößerung nur die individuellen Schwellen von 18 Teilnehmern enthalten. Die individuellen Schwellen der Pathologen sind größtenteils am unteren Ende der Kompressionsreihe lokalisiert. Dort liegen auch die Schwellen der älteren Teilnehmer.
Vergleich der Kompressionsverfahren
In der vorliegenden Arbeit wurden die Kompressionsverfahren JPEG und WAVELET untersucht. Dabei lag der Schwerpunkt auf der Analyse der möglichen Kompressionsraten und dem dabei resultierenden Qualitätsverlust.
Für die Untersuchung wurde ein Ausgangsbild mit einer Dateigröße von 4,6 MB verwendet. Das JPEG-Verfahren erlaubte hierbei eine maximale Kompressionsrate von 1:170 (die Dateigröße war nach der Kompression 27 kB). Das WAVELET-Verfahren hingegen konnte das Ausgangsbild maximal mit einer Kompressionsrate von 1:5750 komprimieren (die Dateigröße betrug nach dieser Kompression 1 kB). In der Abbildung 34 werden die Bilder, die mit JPEG und WAVELET maximal komprimiert wurden, gegenüber gestellt (rechtes und linkes Bild). Die Abbildung 34 b zeigt ein Bild, [Seite 57↓]welches mit dem WAVELET-Verfahren mit einer Kompressionsrate von 1:170 komprimiert wurde (die Dateigröße war nach der Kompression 27 kB). Das entspricht der maximalen Kompression bei der JPEG-Kompression.
Abb. 34 a: 0,5-fache Vergrößerung; Maximale JPEG-Kompression (1:170) PSNR = 25,8 dB | ||
Abb. 34 b: 0,5-fache Vergrößerung; WAVELET-Kompression (1:170) PSNR = 39,5 | ||
Abb. 34 c: 0,5-fache Vergrößerung; Maximale WAVELET-Kompression (1:5750) PSNR = 23,2 | ||
Es ist erkennbar, dass mit den maximal komprimierten Bildern keine Diagnostik mehr möglich ist (rechtes und linkes Bild).
Der objektive Vergleich der beiden Kompressionsverfahren erfolgt auf der Grundlage der PSNR-Werte.
Abbildung 35.a verdeutlicht die Abnahme der Qualität (Parameter ist der PSNR-Wert) mit zunehmender Kompressionsrate bei beiden Verfahren. Jedoch fällt die Kurve bei der WAVELET-Kompression nicht so steil wie bei der JPEG-Kompression. Deshalb werden bei WAVELET erst bei höheren Kompressionsfaktoren zum JPEG-Algorithmus vergleichbare PSNR-Werte erreicht (Tab. 25). | ||
Tab. 25: Vergleich der Kompressionen von JPEG und WAVELET
PSNR |
Kompressionsrate |
|
(dB) |
JPEG |
WAVELET |
43 |
1:20 |
1:40 |
40 |
1:50 |
1:110 |
39 |
1:60 |
1:190 |
32 |
1:140 |
1:1000 |
In der Abbildung 35 b werden die Qualitätsstufen, nach denen man komprimieren konnte, den PSNR-Werten gegenüber gestellt. Dabei wird deutlich, dass die Qualitätsstufen des JPEG-Verfahrens deutlich besser ausfallen, als die Qualitätsstufen bei der WAVELET-Kompression (Tab. 26).
|
Tab. 26: Vergleich der Kompressionsraten der Qualitätsstufen von JPEG und WAVELET
Qualitätsstufe |
Kompressionsrate |
|
JPEG |
WAVELET |
|
1 |
1:170 |
1:5750 |
10 |
1:140 |
1:4600 |
20 |
1:110 |
1:3833 |
30 |
1:100 |
1:3066 |
40 |
1:80 |
1:2300 |
50 |
1:70 |
1:1533 |
60 |
1:60 |
1:1150 |
70 |
1:50 |
1:580 |
80 |
1:40 |
1:190 |
90 |
1:20 |
1:40 |
100 |
1:5 |
1:1,5 |
Das erklärt, warum die einzelnen Qualitätsstufen bei JPEG höhere PSNR-Werte aufweisen als bei WAVELET, da bei dem WAVELET-Verfahren die Qualitätsstufen sehr viel höhere Kompressionsraten erreichen (Tab. 27).
Tab. 27: Vergleich der 50-Prozent-Schwellen bei JPEG und WAVELET mit Angabe des PSNR-Wertes
|
0,5-fache Vergrößerung |
2-fache Vergrößerung |
3,5-fache Vergrößerung |
|||
Kompressionsrate |
PSNR |
Kompressionsrate |
PSNR |
Kompressionsrate |
PSNR |
|
JPEG |
1:100 |
38 dB |
1:100 |
38 dB |
1:110 |
36 dB |
WAVELET |
1:140 |
40 dB |
1:110 |
40,4 dB |
1:100 |
40,8 dB |
Abbildung 23 stellt die 50-Prozent-Schwellen für die einzelnen Ebenen für JPEG und WAVELET aus der Kompressionsstudie gegenüber, dabei wird zusätzlich das objektive Bildkriterium PSNR angegeben. Es zeigt sich, dass bei JPEG niedrigere PSNR-Werte akzeptiert werden, während bei der WAVELET-Kompression gleiche Kompressionsraten erreicht werden, die aber objektiv eine höhere Qualität aufweisen.
Mit Hilfe einer telepathologischen Anleitung des noch unerfahrenen Obduzenten im Sektionssaal durch einen erfahrenen Pathologen konnten alle 10 fetalen Sektionen schrittweise problemlos durchgeführt werden. Im Durchschnitt dauerte die Autopsie unter Nutzung des Telepathologiesystems etwa 60 min (25-110 min, s. Tab. 28). Die Anwesenheit eines Assistenten für die Bedienung der technischen Geräte war sehr hilfreich, aber nicht unbedingt notwendig. Ohne Assistenten muss man etwa mit einem 30%-igen Mehrbedarf an Zeit rechnen. Dies liegt an der Schwierigkeit, gleichzeitig zu demonstrieren und mit der Maus das System zu bedienen.
|
Tab. 28: Diagnosen und Dauer der Autopsien von Routinefällen unter Nutzung des TPS
Fall-Nr. |
Diagnose |
SSW |
Zeit (min) |
1 |
Schwere Wachstumsretardierung |
26. |
50 |
2 |
Trisomie 18 |
34. |
70 |
3 |
Trisomie 21 |
23. |
75 |
4 |
Spontanabort, Z.n. vorzeitigem Blasensprung |
23. |
30 |
5 |
Makrozephalie, Ventrikelseptumdefekt, Pulmonalklappenstenose |
23. |
85 |
6 |
Trisomie 18 |
15. |
25 |
7 |
Reno-hepato-pankreatische Dysplasie/ Ivemark-Syndrom |
21. |
110 |
8 |
Truncus arteriosus communis (Typ I), Hygroma colli |
19. |
70 |
9 |
Omphalocele, Zwerchfelldefekt, Lungenhypoplasie links, Ventrikelseptumdefekt |
21. |
65 |
10 |
Triploidie |
15. |
50 |
Bei der Online-Konsultation während der Autopsie wurden hauptsächlich dynamische Bilder übertragen. Dies ermöglichte eine Live-Diskussion zwischen dem Obduzenten und dem erfahrenen Pathologen am jeweils zu präparierenden Organ bzw. Organpaket unter der Vermittlung eines räumlichen Eindruckes. Es zeigte sich, dass mit Hilfe der Telepathologie ein wenig erfahrener Assistenzarzt einen erfahrenen Kollegen konsultieren kann, ohne dass dieser im Sektionssaal anwesend sein muss.
Die Anzahl der Bilder pro Falldatei lag zwischen 3 und 7, die Größe der Dateien zwischen 439 und 942 KB (Tab. 29).
Tab. 29: Praktikabilität: kürzeste Antwortzeit, Anzahl der Bilder, Größe der e-mail
Fall-Nr. |
Herzfehlbildung |
Rückfragen |
Minimale Antwortzeit (Tage) |
Anzahl der Bilder |
Größe der Falldatei in KB (komprimiert) |
1 |
IAA („Typ B“) |
Ja |
1 |
4 |
572 |
2 |
AVSD (Rastelli Typ a), |
Ja |
1 |
5 |
845 |
3 |
DORV |
Nein |
1 |
6 |
942 |
4 |
DORV |
Ja |
2 |
3 |
616 |
5 |
TGA |
Nein |
1 |
4 |
603 |
6 |
TOF |
Ja |
2 |
6 |
819 |
7 |
TGA |
Nein |
1 |
7 |
711 |
8 |
HLH |
Nein |
1 |
7 |
791 |
9 |
HLH |
Ja |
1 |
5 |
799 |
10 |
AOVS |
Nein |
1 |
3 |
439 |
| [Seite 60↓] |
Alle 10 dargestellten Herzfehler konnten diagnostiziert werden. Bei 5 Herzfehlbildungsfällen gab es seitens der Experten Rückfragen. Diese bezogen sich auf weitere spezielle Herzbefunde, die in der ursprünglichen Anfrage nicht erfasst waren und auf zusätzliche bildliche Darstellungen von pathologischen Befunden, die auf den präsentierten Bildern nicht problemlos erkennbar waren (Tab. 30). Die Ursachen hierfür lagen darin, dass einzelne pathologische Befunde primär vom Obduzenten nicht erkannt oder anders interpretiert wurden. Nach erneuter Text- und Bildbefundübermittlung der primär nicht vollständig lösbaren Fälle, konnten in allen Fällen abschließende Diagnosen gestellt werden, wobei die minimale Antwortzeit 1-2 Tage dauerte.
Tab. 30: Detaillierte Angaben zu den Rückfragen
Fall-Nr. |
Herzfehlbildung |
Rückfragen |
Anzahl der zusätzlichen Bilder |
1 |
IAA („Type B“) |
Morphologie der Aortenklappenklappe? Größe des linken Ventrikels? |
2 |
2 |
AVSD (Rastelli Type a), ASD (Type II) |
Determination des AVSD-Typs? Verbindung der Aortenausflußbahn mit LV oder RV? |
2 |
3 |
DORV |
Ist der VSD perimembranös? Liegt eine Ebstein’s Malformation vor? |
3 |
4 |
DORV |
Relation der Mitralklappe zum VSD? Vergleich der Größen des LV und RV? |
3 |
5 |
TGA |
Keine |
- |
6 |
TOF
|
Subpulmonale Stenose? Überreiten der Aorta? |
2 |
7 |
TGA
|
Keine |
- |
8 |
HLH |
Aortenisthmusstenose? Aortenatresie? |
2 |
9 |
HLH |
Morphologie des Vorhofseptums? Aortenisthmusstenose? |
1 |
10 |
AOVS |
Ursprung der Koronararterien? Morphologie der TV und PV? Morphologie des Foramen ovale? |
1 |
Die Auswertung der Fragebögen, die zu den telepathologischen Herzfallpräsentationen an die Experten mitgeschickt wurden, ergab:
Der zeitliche Aufwand pro Fall dauerte durchschnittlich 1-2 h. Er umfasste die Kompression der Herzbilder, die bei der Autopsie im Befunddokumentationssystem bereits gespeichert wurden, deren Kopie in die Powerpoint-Präsentation sowie die Zusammenstellung der Textbefunde. Da fetale Herzsektionen zeitlich aufwendig sind, fällt die Zeit für die Erstellung der telepathologischen Anfrage nicht so erheblich ins Gewicht, denn es entfallen das aufwendige Verpacken und der Postweg.
Die Struktur und die Inhalte der Powerpoint-Datei waren für alle konsultierten Experten verständlich. In etwa 1/3 der Fälle gab es seitens der Experten Rückfragen mit der Bitte weitere Informationen bzw. Bilder zu liefern. Nach Beantwortung der Rückfragen der Experten konnten alle Fälle abgeschlossen werden.
In der Tab. 31 werden die einzelnen Arbeitsschritte einer konventionellen und telepathologischen Konsultation gegenübergestellt. Dabei wird deutlich, dass die telepathologische Konsultation im Vergleich zur konventionellen Konsultation in einem deutlich kürzeren Zeitintervall abläuft.
Tab. 31: Vergleich der Arbeitsschritte bei konventioneller und telepathologischer Konsultation (online)
Arbeitsschritt |
Konventionell |
Telepathologisch |
|||
Bemerkung |
Zeitbedarf |
Bemerkung |
Zeitbedarf |
||
Befund und Materialversand |
Vorbereitung |
Anschreiben mit Fragestellung, Falldaten, Objektträger, Paraffinblöcke bzw. Organe/organpakete |
ca. 1-2 h |
Fet unter Makroskop/ Stereomikroskop bereit legen |
ca. 1-2 min |
Transport |
Postweg |
ca. 1-2 d |
elektronisch |
entfällt (live) |
|
Fallvorstellung |
schriftliche Form |
- |
Demonstration am Fetus/ Organ |
ca. 10 min bis 1 h |
|
Diagnostik |
Antwortschreiben |
ca. 1-2 d |
verbal online |
ca. 10 min |
|
Fallabschluss |
Diktat des Autopsieberichtes |
ca. 1 h |
elektronische Erfassung der Text und Bildbefunde mit abschließender Diagnose |
ca. 30 min |
|
Archivierung |
Ablage des Schriftwechsels und Bildmaterials |
ca. 10 min |
Speicherung in Falldatenbank |
ca. 1 min |
|
Σ |
|
ca. 2-4 Tage |
|
ca. 1-2 Stunden |
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