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6.  Zusammenfassung

Die Rahmenbedingungen für die Autopsie von Feten haben sich in den letzten Jahren radikal verändert. Zwei Entwicklungen sind dabei von entscheidender Bedeutung:

  1. Die Verfeinerung der Ultraschalltechniken erlaubt dem Pränataldiagnostiker eine morphologische Diagnostik, die zuvor eine unbestrittene Domäne der Pathologie war.
  2. Für immer mehr Fehlbildungen werden genetische Ursachen gefunden.

Im Kontext hat sich eine rasante Entwicklung der Disziplinen „Pränatale Diagnostik“ und „Humangenetik“ ereignet. So erscheinen aus der Sicht des Pathologen immer detailliertere Fragen der Kliniker. Durch die Dopplersonographie sind die Pränataldiagnostiker darüber hinaus in die Lage versetzt worden, eine funktionelle Diagnostik zu betreiben, die dem Pathologen so nicht möglich ist.

Es besteht die Gefahr, dass Pränataldiagnostiker und Genetiker die Autopsie nur als Bestätigung pränataler Befunde oder nach vollständiger genetischer Klärung der Ursachen von Fehlbildungen als überflüssig ansehen.

Dem steht gegenüber, dass sich die Autopsie im gleichen Zeitabschnitt so gut wie nicht verändert hat.

Eine aktuelle Standortbestimmung der Autopsie von Feten, wie mit dieser Arbeit vorgelegt, erscheint deshalb dringend notwendig. Dies geschieht mit folgenden Zielen:

  1. Darstellung der veränderten Forderungen an die Autopsie von Feten und Untersuchung des Autopsiestandards an universitären Instituten,
  2. Vorgabe eines Anforderungskataloges für die Planung, Durchführung und Dokumentation einer klinisch orientierten Autopsie von Feten sowie
  3. die Realisierbarkeit des Anforderungskataloges in der Praxis unter Nutzung informationstechnischer Methoden (z.B. der Telepathologie).

Zur Erfassung der aktuellen Forderungen an die Autopsie von Feten sowie des Status quo an den Universitäten, erfolgten:

Wegen der zentralen Bedeutung der Autopsie für die Qualitätssicherung in der pränatalen Diagnostik wurde weiterhin

Zu den Einsatzmöglichkeiten der Telepathologie in der Fetalpathologie wurden drei Studien durchgeführt:

Der Anteil der Feten, die vor Vollendung der 20. Schwangerschaftswoche zur Autopsie ins Institut für Pathologie der Charité gelangten, hat sich von 1988 (24%) bis 2000 (48%) ziemlich genau verdoppelt. Dies hat sowohl Konsequenzen für die eingesetzte Technik (Stereomikroskop, Videotechnik) als auch für die Sektionsstrategie (z.B. die Aufarbeitung in Serienschnitten).

Für den Vergleich von pränataler und autoptischer Diagnostik wurde eine Kategorisierung erarbeitet, die Diskrepanzen auf fachspezifische, technische, zeit­ und ablaufabhängige, fallspezifische sowie subjektive Faktoren zurückzuführen erlaubt.

Die besonders kritischen falsch­positiven Befunde ließen sich alle auf technisch oder entwicklungsbedingte Erkennbarkeitsgrenzen zurückführen.

Die Autopsieprotokolle deutscher universitärer Institute widerspiegeln die aktuellen Forderungen der Pränatalmediziner kaum. Dies betrifft insbesondere die Ausnutzung pränataler Befunde (auch von US­Bildern) für die Autopsieplanung und die fehlende elektronische Bereitstellung der Autopsieprotokolle.

Der vorgeschlagene Anforderungskatalog geht mit folgenden Forderungen über die bisher übliche Form der Autopsie hinaus:

Die Telepathologie kann entscheidend zur Lösung von diagnostischen Problemen in der Fetalpathologie beitragen. In einer Serie von 10 Sektionen aus dem laufenden Routineeingang durch einen noch unerfahrenen Obduzenten wurde nachgewiesen, dass die telepathologisch erfolgte Anleitung der konventionellen Unterweisung nicht nachsteht, wenn die Grundtechnik der Autopsie beherrscht wird. Für 10 seltene Herzfehlbildungen konnte telepathologisch eine zweite Meinung erfolgreich eingeholt werden. Die Konsultationszeiten können dadurch von 2­4 Tagen auf 1­2 Stunden reduziert werden.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Entwicklung der Kinderpathologie in Deutschland in den letzten Jahren nicht so verlaufen ist, wie es angesichts der in der vorliegenden Arbeit dargelegten klinischen Forderungen notwendig gewesen wäre.

Die Arbeit fordert deshalb eine klinisch orientierte Autopsie von Feten, um die gestiegenen Anforderungen erfüllen zu können. Wenn es nicht gelingt, die Qualität der Autopsie von Feten in der Bundesrepublik Deutschland auf das von der Klinik geforderte Niveau zu heben, wird die Autopsie bedeutungslos werden.

Neben dem Einsatz moderner Technik nicht zuletzt für die Kommunikation mit den Pränatalmedizinern sind eine adäquate Autopsiestrategie, die vorausschauende Asservierung von Material und die Nutzung der Telepathologie als essentiell zu fordern.


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22.06.2005