Birnbaum, Jürgen: Gastrointestinaler Sauerstofftransport und Laktatstoffwechsel während des normothermen kardiopulmonalen Bypasses beim Menschen

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Kapitel 3. Methodik

3.1. Patientengut

Die Durchführung dieser Studie wurde von der Ethikkommission der Charité befürwortet. Alle Patienten wurden ausführlich mit dem Ziel und den Methoden der Studie vertraut gemacht und eine schriftliche Einwilligungserklärung zur Teilnahme wurde eingeholt. Die Patienten wurden nach Sichtung der Krankenakten in Hinblick auf Ein- und Ausschlußkriterien nach ihrer Bereitschaft zur Teilnahme befragt und bei Einwilligung in die Studie eingeschlossen. Die Auswahl der Patienten erfolgte fortlaufend entsprechend des Operationsplanes.

3.1.1. Einschlußkriterien

3.1.2. Ausschlußkriterien

3.2. Spezielle Vorbereitung und Narkoseführung

Die gewohnte Dauermedikation der Patienten, insbesondere ACE-Hemmer und beta-Blocker, wurde bis zum Morgen der Operation weiter verabreicht. Die Prämedikation erfolgte oral mit Flunitrazepam und intravenös mit 50 mg Ranitidin. Ranitidin wurde perioperativ alle sechs Stunden in einer Dosis von 50 mg verabreicht ( siehe ). Nach Anlage eines venösen und arteriellen Zuganges wurde die Anästhesie mit Etomidate, Pancuronium und Sufentanil eingeleitet und mittels einer kontinuierlichen Infusion von Propofol (2 mg/kg/h) und Sufentanil (1 µg/kg/h) aufrechterhalten ( siehe ).

Nach Intubation erfolgte die kontrollierte Beatmung mit einem Luft-Sauerstoff-Gemisch. Die Patienten wurden normoventiliert. Eine Tonometermagensonde (NGS CATHETER, Tonometrics Inc., Worcester, Massachusetts, USA) wurde nasal eingeführt und mit physiologischer Kochsalzlösung luftfrei gefüllt. Zusätzlich zu einem dreilumigen Pulmonaliskatheter (rechte Vena jugularis interna) wurde ein 7,5-F-Thermodilutionskatheter (Opticath®, Fa. Abbott, Wiesbaden, Deutschland) unter Durchleuchtungskontrolle ebenfalls über die rechte Vena jugularis interna in eine der Lebervenen eingeführt. Dabei wurde auch die Lage der Tonometermagensonde kontrolliert. Ein dreilumiger zentraler Venenkatheter wurde über die rechte Vena subclavia eingeführt. Die Messung der Körpertemperatur erfolgte über einen Blasenkatheter.


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3.3. Kardiopulmonaler Bypass

Der normotherme kardiopulmonale Bypass wurde nichtpulsatil mittels Zentrifugalpumpen (Lifestream, St. Jude Medical, Minnesota, USA) und Kapillarmembranoxygenatoren (D 703, Fa. Dideco, Milano, Italien und Quadrox D, Fa. Jostra, Hirrlingen, Deutschland) durchgeführt. Angestrebt wurden dabei ein mittlerer arterieller Blutdruck (MAP)>50 mmHg und ein Pumpenfluß>2,4 l/min/m2. Das Maschinenpriming erfolgte mit ca. 1500 ml Volumen. Das Primingvolumen setzte sich wie folgt zusammen: Vollelektrolytlösung 500 ml, Hydroxyaethylstärke 10% 500 ml, Heparin 8000 IE, Aprotinin 50 000 IE/kg Körpergewicht (KG), Methylprednisolon 30 mg/kg KG ( siehe ). Die Myokardprotektion nach Aortenklemme erfolgte mittels kalter Kardioplegielösung nach Brettschneider.

Der Abgang vom Bypass erfolgte unter Vermeidung von Dopamin, da dies zu einer Steigerung der gastrointestinalen Durchblutung führt (DA1 -Rezeptoren). Postoperativ wurden die Patienten intubiert und beatmet auf die Intensivtherapiestation verlegt.

3.4. Meßprotokoll

Zu folgenden Zeitpunkten wurden die Probenentnahmen bzw. Messungen durchgeführt:

Präbypass

nach Narkoseeinleitung, und zwar jeweils 20 und 30 Minuten nach Beginn der ICG-Infusion

Bypass

nach Aortenklemme, und zwar jeweils 20 und 30 Minuten nach Beginn der ICG-Infusion

Postbypass

nach Ende des Bypasses, und zwar jeweils 20 und 30 Minuten nach Beginn der ICG-Infusion

ITS + 2 h

2 Stunden nach Aufnahme auf der Intensivtherapiestation, und zwar jeweils 20 und 30 Minuten nach Beginn der ICG-Infusion

ITS + 7 h

7 Stunden nach Aufnahme auf der Intensivtherapiestation, und zwar jeweils 20 und 30 Minuten nach Beginn der ICG-Infusion


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Die zwei im Abstand von 10 Minuten bestimmten Werte wurden jeweils gemittelt und zur weiteren Berechnung herangezogen.

3.5. Parameter

Folgende Parameter wurden zu den Zeitpunkten des Meßprotokolls ermittelt:

Die Messungen erfolgten jeweils in hämodynamisch stabilen Phasen.

Berechnet wurden daraus:

Systemischer Sauerstofftransport und -verbrauch, effektiver Leberblutfluß, gastrointestinaler Sauerstofftransport und -verbrauch sowie die Laktatproduktion des Gastrointestinaltraktes wurden auf die Körperoberfläche der Patienten bezogen.


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3.5.1. Körpertemperatur

Die Körpertemperatur wurde kontinuierlich vesikal über einen Blasenkatheter (Fa. Mallinckrodt, St. Louis, USA) gemessen. Diese Art der Temperaturmessung stellt die Standardmethode in unserer Klinik dar.

3.5.2. Hämodynamik

Der mittlere arterielle Blutdruck wurde über einen Katheter in der Arteria radialis gemessen. Die Messung des Herzzeitvolumens erfolgte über einen Pulmonalarterienkatheter nach der Thermodilutionsmethode ( siehe ). Die Injektattemperatur entsprach der Raumtemperatur. Drei Messungen wurden jeweils gemittelt. Während der Aortenklemmzeit wurde der Pumpenfluß der Herz-Lungen-Maschine anstelle der HZV-Bestimmung als hämodynamischer Parameter verwendet.

3.5.3. Bluthämoglobinkonzentration, Hämatokrit, arterielle, gemischtvenöse und lebervenöse Blutgase und Sauerstoffsättigung

Die Blutproben wurden streng anaerob aus den entsprechenden Kathetern entnommen und unmittelbar nach Entnahme analysiert (OSM 3 Hemoximeter, ABL 505 der Firma Radiometer, Kopenhagen, Dänemark). Die Konzentration der Hämoglobinderivate wird durch das Analysegerät gemessen, die Sauerstoffsättigung und der Hämatokrit werden vom Gerät berechnet. Das Meßprinzip beruht auf dem unterschiedlichen Absorptionsverhalten der Hämoglobinderivate bei sechs Wellenlängen (535, 560, 577, 622, 636 und 670 nm). Mit diesen Wellenlängen werden die Absorptionsmaxima der Hämoglobinderivate erfaßt, und die Sauerstoffsättigung wird wie folgt daraus berechnet:


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Dabei ist cHbO2 die Konzentration des oxygenierten Hämoglobins und cRHb die Konzentration des reduzierten Hämoglobins. Die Sauerstoffsättigung in % erhält man durch Multiplikation mit 100. Der Hämatokrit wird durch Multiplikation der Hämoglobinkonzentration mit einer Konstanten extrapoliert.

Während der Aortenklemmzeit erfolgte die arterielle Blutentnahme nach dem Oxygenator der Herz-Lungen-Maschine und die gemischtvenöse Blutentnahme vor dem Oxygenator.

3.5.4. Systemischer Sauerstofftransport und -verbrauch

Zur Berechnung des systemischen Sauerstofftransportes (DO2 sys) und des systemischen Sauerstoffverbrauches (VO2 sys) wurden folgende Gleichungen verwendet:

Der systemische Sauerstofftransport wird aus dem Produkt des Herzzeitvolumens (CO) und dem arteriellen Sauerstoffgehalt (caO2) berechnet.

Zur Berechnung des Sauerstoffgehaltes werden die Hämoglobinkonzentration des Blutes (Hb), die Sauerstoffsättigung des Blutes (SO2) und der Sauerstoffpartialdruck im Blut benötigt.

Ein Mol Hämoglobin mit dem Molekulargewicht 64450 enthält 4 Mol Häm mit einer Bindungskapazität von 4 Mol Sauerstoff (89,6 l), was einem Bindungskoeffizienten von 89600/64450 = 1,39 ml O2/g Hb entspricht. Bei der Berechnung des Sauerstoffgehaltes wurde in der vorliegenden Arbeit die Hüfnersche Zahl (1,34 ml O2/g Hb) benutzt, da ein Teil des an Häm gebundenen Eisens in Form von Hämochromogen vorliegt ( siehe ). Die maximale Sauerstoffbindungskapazität ist das Produkt aus dem Hämoglobingehalt des Blutes und der Hüfnerschen Zahl. Multipliziert man diese Sauerstoffbindungskapazität mit der Sauerstoffsättigung SO2, so erhält man den Sauerstoffgehalt, der dem chemisch gebundenen O2 entspricht.


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Da der Sauerstoff zu einem geringen Anteil auch physikalisch gelöst im Blut vorliegt, muß auch dieser Anteil in Betracht gezogen werden. Die Löslichkeit ist temperaturabhängig (0,0031 ml O2 / 100 ml Blut bei 37 °C) und wird vom Partialdruck des Sauerstoffes (pO2) beeinflußt.

Der Sauerstoffgehalt (cO2) berechnet sich aus der Summe von chemisch gebundenem und physikalisch gelöstem Sauerstoff:

Der Sauerstoffverbrauch entspricht gemäß dem umgekehrten Fick-Prinzip der Differenz aus arteriellem und gemischtvenösem Sauerstoffgehalt (cvO2) multipliziert mit dem Herzzeitvolumen.

3.5.5. Gastrointestinaler Sauerstofftransport und -verbrauch

Sauerstofftransport und Sauerstoffverbrauch erfolgen analog den Berechnungen für die systemischen Parameter.

Der Sauerstoffverbrauch entspricht der Differenz aus arteriellem und lebervenösem Sauerstoffgehalt, wobei hier der gesamte gastrointestinale Sauerstoffverbrauch in Bertracht gezogen wird.

Für die Berechnungen wird davon ausgegangen, daß Leberblutfluß und gastrointestinaler Blutfluß identisch sind.


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Der gastrointestinale Sauerstofftransport (DO2 GIT ) stellt analog den Berechnungen für den gesamten Organismus das Produkt von Leberblutfluß (HBF) und arteriellem Sauerstoffgehalt dar:

Der gastrointestinale Sauerstoffverbrauch (VO2 GIT) berechnet sich aus dem Produkt von Leberblutfluß und der Differenz von arteriellem und lebervenösem Sauerstoffgehalt (clvO2):

3.5.6. Arterielle und lebervenöse ICG-Konzentrationen

Vor, während und nach extrakorporaler Zirkulation wurde den Patienten ICG (ICG-PULSION, PULSION Medical Systems, München) infundiert. Zu Beginn wurde ein Bolus von 12 mg verabreicht und anschließend erfolgte eine Infusion mit einer Dosisrate von

1 mg/min in einer Konzentration von 1 mg/ml mittels einer Spritzenpumpe über einen Zeitraum von 30 Minuten. Dazu wurde eine geeichte Spritzenpumpe der Fa. IVAC, San Diego, USA benutzt.

Der Farbstoff wurde vor Licht geschützt (Aluminiumfolie, lichtundurchlässige Spritzen und Leitungen). Nach einer Äquilibrierungszeit von 20 Minuten wurden zweimal im Abstand von 10 Minuten gleichzeitig lebervenös, arteriell und gemischtvenös heparinisierte Blutproben zur Blutgas- und Laktatanalyse sowie zur Bestimmung der ICG-Konzentration entnommen ( siehe ). Während des kardiopulmonalen Bypasses erfolgten die Abnahmen lebervenös sowie vom arteriellen und venösen Schenkel der Herz-Lungen-Maschine.

Die Bestimmung der ICG-Konzentration erfolgte am Untersuchungstag spätestens nach der letzten Blutabnahme.


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Es wurden konfektionierte Entnahmeröhrchen (Li-Heparin Monovette 5 ml) zur Blutabnahme verwendet. Die Proben wurden 10 Minuten bei 4000 g zentrifugiert, der Überstand wurde in Einmalküvetten der Fa. Saarstedt (Schichtdicke d = 1 cm ) abpipettiert.

Zur Analyse wurde ein Shimadzu UV 2101 PC Spectrophotometer (Shimadzu Corporation, Kyoto, Japan) verwendet. Die Proben wurden mit einem Temperature Controlled Cell Holder TCC 260 (Shimadzu Corporation, Kyoto, Japan) auf einer Temperatur von 25°C gehalten.

Das Absorptionsmaximum für ICG im Serum oder Plasma liegt bei 800 nm. In den Blutproben, die nach der Bypassphase entnommen wurden, trat oft eine geringfügige Hämolyse auf, die für die Messung jedoch nicht von Bedeutung war, da Hämoglobin im Bereich von 800 nm keine relevante Extinktion verursacht. Auch der isosbestische Punkt liegt bei 800 nm, oxidiertes und reduziertes Hämoglobin haben hier die gleiche Extinktion.

Makroskopisch waren in den Proben oft Trübungen zu erkennen, die in den Leerproben eine nicht unwesentliche Zunahme der Extinktion bewirkten. Deshalb wurde die Extinktion von allen Proben sowohl bei 800 nm (E800) als auch bei 900 nm (E900) bestimmt. Indocyaningrün zeigt bei 900 nm keine Schwächung des durchtretenden Lichtes mehr. Die Extinktion wird hier allein durch die bei der ICG-Bestimmung zu eliminierende Trübung verursacht. Zwischen der durch Trübung verursachten Extinktion bei 800 und 900 nm besteht folgender Zusammenhang ( siehe ):

Somit kann also durch die zweite Messung der Trübungsfehler bei 800 nm eliminiert werden.

Die Messung erfolgte mit einer Spaltbreite von 2µm. Berechnet wurde die Indocyaningrün-Konzentration nach folgender Formel ( siehe ):


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Hierbei wurde E800 bereits für die Trübung korrigiert. Die Zahl 4,15 stellt einen Standardkonversionsfaktor dar, der durch eigene Verdünnungsreihen überprüft wurde.

3.5.7. Effektiver Leberblutfluß

In der vorliegenden Arbeit erfolgte die Bestimmung des effektiven Leberblutflusses mittels der kontinuierlichen Indocyaningrün-Clearance-Methode.

1945 wurde eine Methode zur indirekten Messung des Blutflusses in der Leber nach dem Fick-Prinzip beschrieben ( siehe ). Als Testsubstanz wurde Bromsulphtalein (BSP) verwendet.

Zur Berechnung des Blutflusses in einem Organ müssen die Konzentrationen einer Testsubstanz vor und nach dem Organ bekannt sein. Weiterhin muß bekannt sein, welche Menge der Testsubstanz pro Zeiteinheit von dem Organ aus dem Blutfluß extrahiert wird.

Die Berechnung ist nach folgender Gleichung möglich:

Weiter wird vorausgesetzt, daß die Testsubstanz nur in dem jeweiligen Organ aus dem Blut extrahiert wird. Infundiert man die Testsubstanz so lange intravenös, bis sich die Konzentation im venösen Blut nicht mehr ändert, besteht ein Steady state, das heißt, die Infusionsrate entspricht jetzt genau der Extraktionsrate, die damit auch bekannt ist.

Bezogen auf die Leber entspricht die Eingangskonzentration der Pfortaderkonzentration und aufgrund der fehlenden extrahepatischen Elimination auch der arteriellen Konzentration. Die Ausflußkonzentration ist die lebervenöse Konzentration. Dementsprechend werden für die Gewinnung der Blutproben arterielle und lebervenöse Katheter benötigt. Mit den jetzt bekannten Werten läßt sich der Plasmafluß (ICG löst sich im Plasma und wird auch im Plasma bestimmt) in der Leber nach folgender Formel berechnen:


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Dabei ist HPF der Plasmafluß in der Leber, I die Infusionsrate, ca die arterielle ICG-Konzentration (Arteria radialis) und clv die lebervenöse ICG-Konzentration.

Aus dem Leberplasmafluß läßt sich über den Hämatokrit (HK) der Leberblutfluß (HBF) berechnen:

Die Methode der Bestimmung des Leberblutflusses und der Leberfunktion unter Verwendung von Indocyaningrün wurde 1961 beschrieben ( siehe ).

Der Farbstoff Indocyaningrün wird nach Injektion rasch und vollständig an Plasmaproteine gebunden. ICG wird von den Hepatozyten durch die sinusoidale Leberzellmembran aufgenommen. Für diesen carriervermittelten Transport existieren Bindungsstellen für ICG an der Zellmembran. Auch eine Diffusion durch die Zellmembran mit folgender Bindung an intrazelluläre Akzeptorproteine kann nicht ausgeschlossen werden ( siehe ). ICG wird in der Leberzelle gespeichert und dann unverändert in die Galle sezerniert.

3.5.8. ICG-Extraktionsfraktion der Leber

Die Extraktionsfraktion der Leber ist ein Parameter für die Leberfunktion und bezeichnet den Anteil des Farbstoffes, der beim Durchfluß durch die Leber von dem Organ extrahiert und in die Galle ausgeschieden wird. Berechnet wird sie nach folgender Gleichung:


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Dabei sind ca und clv wiederum die arteriellen bzw. lebervenösen ICG-Konzentrationen.

In Studien konnte gezeigt werden, daß die Extraktionsfraktion bei gesunden Probanden etwa 0,61 beträgt und damit signifikant höher ist als bei leberkranken Patienten mit einer durchschnittlichen Extraktionsfraktion von 0,34. ( siehe ). Uusaro und Mitarbeiter fanden in einer klinischen Studie auf der Intensivtherapiestation, in der eine Kontrollgruppe mit Patienten nach Koronarbypass, mit ARDS, Pankreatitis oder Sepsis verglichen wurde, Extraktionsraten zwischen 54 und 79% ( siehe ). Insgesamt lag die ICG-Extraktion bei 73 ± 1%, bei Patienten nach Koronarbypass war sie am höchsten. Bei schweren Leberfunktionsstörungen wurde im Tierversuch ein Abfall der Extraktionsfraktion bis 0,1 gezeigt ( siehe ), gleich niedrige Werte ergaben sich auch in klinischen Studien ( siehe ). Die exkretorische Leberfunktion wurde auch bei Patienten im septischen Schock untersucht ( siehe ). Hier fand sich eine Extraktionsfraktion von 0,49 bei den septischen Patienten im Vergleich zu 0,78 bei Patienten ohne Sepsis.

3.5.9. Intramuraler pH der Magenschleimhaut (pHi )

Die Tonometrie wurde erstmals 1959 von Boda und Muranyi angewendet ( siehe ).

Grundlage der Anwendung zur Bestimmung des pHi ist ein CO2-Äquilibrium zwischen Mukosa und Inhalt des Tonometerballons. Unter der Annahme, daß die arterielle Bikarbonatkonzentration und die Bikarbonatkonzentration in der Mukosa gleich sind, kann mit Hilfe der Henderson-Hasselbalch-Gleichung der pHi der Magenschleimhaut berechnet werden ( siehe ).

Nach Plazierung des Ballontonometers im Magenlumen wird dessen distaler Ballon luftfrei mit physiologischer Kochsalzlösung gefüllt. Nach einer ausreichenden Äquilibrierungszeit gleicht sich der pCO2 im Ballon mit dem pCO2 der intraluminalen Flüssigkeit aus. Diese steht wiederum im Gleichgewicht mit dem pCO2 der Mukosa. In der aus dem Ballon entnommenen Probe wird die Kohlensäurespannung gemessen. Benutzt wurde dazu ein Blutgasanalysegerät (ABL 505, Fa. Radiometer, Kopenhagen, Dänemark). Der pHi kann nun unter Verwendung der simultan bestimmten arteriellen Bikarbonatkonzentration


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berechnet werden. Der ermittelte pCO2 wurde dazu entsprechend der Äquilibrierungszeit mittels eines von der Firma gelieferten Rechenschiebers korrigiert.

Der direkt mittels Mikroelektroden gemessene pH der Magenschleimhaut korreliert eng mit den durch die Tonometrie bestimmten Werten ( siehe ).

Zur Berechnung des pHi wurde folgende Gleichung benutzt:

Dabei ist alpha der Löslichkeitsquotient von CO2 im Plasma (alpha= 0,03).

Der Normalwert für den pHi liegt bei 7,39 ± 0,03, das 95% Konfidenzintervall reicht von 7,32 bis 7,44 ( siehe ).

Änderungen in der Sauerstoffversorgung der Magenmukosa korrelieren mit einer Änderung des pH-Wertes der Magenschleimhaut und können durch Bestimmung des pHi abgeschätzt werden ( siehe ).

Bei niedrigem pH im Magenlumen können hohe CO2-Konzentrationen im Magensaft vorliegen. CO2 kann einerseits aus dem Gewebe oder Blut in das Magenlumen gelangen oder andererseits durch die Reaktion von Magensäure mit sezerniertem Bikarbonat zu CO2 (Säurepufferung) entstehen. Durch H2-Blocker kann letzteres verhindert werden ( siehe ). Alle Studienpatienten erhielten zu diesem Zweck Ranitidin.

3.5.10. Arterielle, gemischtvenöse und lebervenöse Laktatkonzentrationen

Zur Bestimmung der Laktatkonzentrationen im Blut wurde ein YSI 2300 STAT PLUS Glukose- und Laktatanalysator der Firma Yellow Springs Instrument Inc., Yellow Springs, Ohio, USA, verwendet. Das Gerät ist mit einem Meßfühler ausgerüstet, der in einer Sonde


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eine Dreischichtmembran enthält. Die mittlere Schicht enthält immobilisierte L-Laktatoxidase. Bei der Reaktion des durch eine Membran diffundierten Substrates mit der Oxidase entsteht Wasserstoffperoxid, welches wiederum an einer Platinelektrode oxidiert wird. An der Elektrode freigesetzte Elektronen erzeugen einen Sondenstrom, der bei entstehendem Gleichgewicht der Wasserstoffperoxidkonzentration und damit der Laktatkonzentration proportional ist.

Die Blutproben wurden streng anaerob abgenommen und direkt nach Entnahme wurde die Laktatkonzentration bestimmt. Die mögliche maximale Abweichung des Meßergebnisses beträgt ± 2%. Das Gerät führt eine automatische Kalibrierung durch.

3.5.11. Gastrointestinale Laktatproduktion

Die Laktatproduktion des Gastrointestinaltraktes kann aus dem Leberblutfluß und der arteriellen und lebervenösen Laktatkonzentration berechnet werden:

Die Laktatproduktion oder Laktataufnahme des Gastrointestinaltraktes einschließlich der Leber stellt ein Maß für die Stoffwechselleistung der Leber und den Leberblutfluß dar. Bei Abfall der Leberfunktion oder des Leberblutflusses kommt es zu einem Abfall der Laktatclearance in der Leber und bei weiterem Abfall beginnt die Leber, Laktat zu produzieren ( siehe ). Allerdings kann die Leber in bezug auf die Laktatproduktion nicht isoliert betrachtet werden, da sich eine eventuelle Laktatproduktion oder Aufnahme im Darm in der vorliegenden Arbeit dem Nachweis entzieht. Im Tierversuch konnte beispielsweise eine Laktataufnahme durch den Darm beobachtet werden. ( siehe ). Man kann also nur von der gastrointestinalen Laktatproduktion sprechen. Dabei wird davon ausgegangen, daß gastrointestinaler Blutfluß und Leberblutfluß einander entsprechen.

Um den Anteil des Laktatflusses aus dem Gastrointestinaltrakt (gastrointestinaler Laktat-Efflux = lebervenöse Laktatkonzentration multipliziert mit dem effektiven Leberblutfluß) am systemischen Laktatfluß (systemischer Laktatflux = gemischtvenöse Laktatkonzentration


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multipliziert mit dem Herzminutenvolumen) zu bestimmen, wurde das Verhältnis aus gastrointestinalem Laktat-Efflux und systemischem Laktatflux bestimmt. Ein Ansteigen dieses Verhältnisses würde erklären, daß ein Ansteigen der gemischtvenösen Laktatkonzentration teilweise durch eine Laktatproduktion des Gastrointestinaltraktes (inklusive der Leber) bedingt ist.

3.6. Statistische Methoden

Die statistischen Methoden sind bei Sachs zusammengefaßt ( siehe ).

Die erhobenen Parameter für jeden Meßzeitpunkt wurden mittels deskriptiver statistischer Verfahren untersucht und in der vorliegenden Arbeit als Mittelwerte und Standardabweichungen angegeben.

Um Unterschiede der Meßwerte verschiedener Meßzeitpunkte herauszuarbeiten, wurde zunächst der Friedman-Test als verteilungsfreies Verfahren zum Vergleich mehrerer abhängiger Stichproben benutzt. Ein verteilungsfreies Verfahren wurde aufgrund der relativ kleinen Fallzahl gewählt.

Bei vorliegender Signifikanz erfolgte dann der Vergleich der Ausgangsdaten vor dem Bypass mit den Daten der folgenden Zeitpunkte unter Verwendung des Wilcoxon-Tests für paarige Stichproben.

Das Signifikanzniveau wurde nach Bonferroni korrigiert, da bei multipler Anwendung des Wilcoxon-Tests die gleiche Hypothese k mal überprüft wird. Bei jedem einzelnen Test muß daher die Irrtumswahrscheinlichkeit alpha kleiner gewählt werden, um zu gewährleisten, daß die globale Irrtumswahrscheinlichkeit gleich bleibt. Bei k Tests wird jeder einzelne Test zur Fehlerwahrscheinlichkeit alpha/k getestet.

Als Signifikanzniveau wurde ein p < 0,05 festgelegt. Signifikante Unterschiede wurden in den Tabellen und Abbildungen mit einem Stern (*) gekennzeichnet.


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Zur Datenauswertung und statistischen Analyse wurde das Softwarepaket "Statistical Package for the Social Sciences" (SPSS) verwendet.

3.6.1. Graphische Darstellungen

Zur graphischen Darstellung bestimmter Sachverhalte wurden Kistendiagramme (Boxplots) verwendet.

Mittels des Boxplots werden folgende Maßzahlen dargestellt:


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