Mencke, Thomas: Thema: “DNA-Polymorphismus des endothelialen leukozytären Adhäsionsmoleküls-1 bei Patienten (unter 50 Jahren) mit interventionsbedürftigen Koronararterienstenosen”

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Kapitel 5. Zusammenfassung

Die vorliegende Studie wurde zwischen September 1992 und Dezember 1995 an der medizinischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin, Charité durchgeführt. Diese Studie war Teil eines BMFT(Bundesministerium für Forschung und Technologie)-Projektes, welches Zusammenhänge zwischen gestörter Herz- und Gefäßfunktion untersuchte und an der I. Medizinischen Klinik stattfand. Insgesamt wurden 92 Patienten mit 50 Jahren oder jünger mit einer interventionspflichtigen Koronararteriensklerose auf einen möglichen DNA-Polymorphismus im endothelialen leukozytären Adhäsionsmolekül-1 (ELAM-1, E-Selektin) untersucht.

Die koronare Herzkrankheit ist die Manifestation der Arteriosklerose an den Koronararterien (Gross et al. 1996 siehe ). Die Entwicklung der arteriosklerotischen Läsionen ist durch alle zellulären Komponenten einer inflammatorisch-fibroproliferativen Antwort auf eine Schädigung charakterisiert (Fuster et al. 1996 siehe , Ross 1993 siehe ). Die Adhäsion von Monozyten an das Endothelium ist eines der ersten Veränderungen, die in arteriosklerotischen Läsionen auftreten (Fuster et al. 1996 siehe , Lusis et al. 1992 siehe , Ross 1993 siehe ). Das endotheliale leukozytäre Adhäsionsmolekül-1 (ELAM-1, E-Selektin) und die anderen beiden Selektine (P-Selektin, L-Selektin) vermitteln die Phase des “tether” bzw. “rolling” (“Halten” bzw. “Rollen”) der Adhäsionskaskade, bevor die eigentliche Adhäsion und Migration der Leukozyten in den subendothelialen Raum stattfindet (Tedder et al. 1995 siehe ). Der Nachweis vom ELAM-1 auf dem Endothelium über arteriosklerotischen Läsionen in menschlichen Koronararterien konnte mehrmals erbracht werden (Davies et al. 1993 siehe , Gallo 1995 siehe , Wal et al. 1992 siehe , Wood et al. 1993 siehe ).

Die Analyse der menschlichen DNA der Patienten erfolgte durch die Polymerasekettenreaktion (PCR), die Einzelstrang-Konformationspolymorphismus (SSCP)-Analyse und durch direkte Sequenzierung der PCR-Produkte. Asso-ziationsanalysen erfolgten mit folgenden Risikofaktoren: männliches Geschlecht, Myokardinfarkt in der Eigenanamnese, Familienanamnese einer koronaren Herzkrankheit (bei Eltern oder Geschwistern), Zigarettenrauchen, Hyperlipidämie (Hypercholesterinämie, Hypertriglyzeridämie), niedriges HDL-Cholesterin (<0,9 mmol/l bzw. <35 mg/dl), Diabetes mellitus, Adipositas und arterielle Hypertonie. Folgende Feststellungen können getroffen werden:

  1. Im ELAM-1-Gen sind drei DNA-Polymorphismen gefunden worden. In der 5´untranslatierten Region (5´UT) wurde ein Guanin zu Thymin Polymorphismus (G98T) entdeckt. Zwei Polymorphismen aus den anderen Domänen bzw. Bereichen führten zu einem entsprechenden Aminosäureaustausch: Ein Adenin zu Cytosin und ein Cytosin zu Thymin Polymorphismus in der Epidermalen Wachstumsfaktor(EGF)-Domäne bzw. in der Membran(TM)-Domäne. Die DNA-Mutation von Adenin zu Cytosin an Position 561 (A561C) in der EGF-Domäne resultierte in einem Aminosäureaustausch von Serin zu Arginin an Position 128 (Ser128Arg). In der TM-Domäne führte die DNA-Mutation von Cytosin zu Thymin an Position 1839 (C1839T) zu einem Ami-

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    nosäureaustausch von Leucin zu Phenylalanin an Position 554 (Leu554Phe). Über die möglichen strukturellen und/oder funktionellen Folgen der DNA-Polymorphismen kann nur spekuliert werden. Der Polymorphismus in der 5´UT-Region könnte regulatorische Funktionen alterieren. Eine veränderte Affinität bei der Bindung von Leukozyten bedingt möglicherweise der A561C-Polymorphismus in der EGF-Domäne. Der C1839T-Polymorphismus in der transmembrane(Membran)-Domäne könnte Einfluß auf die Verankerung der extrazellulären Domänen des Moleküls (Lektin-, EGF-, SCR-Domänen) in der Zellmembran der Endothelzelle haben.
  2. Beim Vergleich bezüglich der Häufigkeiten des Auftretens der gefundenen Polymorphismen in Abhängigkeit vom Alter (Vergleich der beiden Altersgruppen le50/>40 Jahre und le40 Jahre) ließ sich ein statistisch signifikanter (p=0,0393) Anstieg der Häufigkeit der Polymorphismen in der EGF-Domäne und in der 5´UT-Region bei den Patienten le40 Jahre nachweisen. Bei allen Patienten (n=92) wurden die G98T- und die A561C-Polymorphismen jeweils bei 28 Patienten beobachtet. In der TM-Domäne konnte eine Signifikanz nicht gezeigt werden (p=0,4808). 12 Patienten wiesen diesen Polymorphismus auf. Die Polymorphismen in der EGF-Domäne und in der 5´UT-Region sind mit einer frühzeitigen interventionspflichtigen Koronararteriosklerose assoziiert. Zukünftig sollte die DNA-Polymorphismusanalyse des ELAM-1(E-Selektin)-Gens bei weiteren Patientenaltersgruppen (<30 Jahre, >50 Jahre, >60 Jahre) erfolgen, um die Altersabhängigkeit weiter zu untersuchen.
  3. Der Vergleich bezüglich der Häufigkeiten des Auftretens der Polymorphismen in Abhängigkeit von den Risikofaktoren ergab für die Hypertriglyzerid-ämie und für die positive Familienanamnese eine statistisch signifikante Assoziation mit der A561C-Mutation in der EGF-Domäne und mit der G98T-Mutation in der 5´UT-Region. Die Polymorphismen des ELAM-1-Gens sind von den “klassischen” Risikofaktoren (Zigarettenrauchen, Hypercholesterinämie, Hypertonie, Diabetes mellitus, männliches Geschlecht) unabhängig. In Zukunft sollten DNA-Polymorphismusanalysen des ELAM-1-Gens von Familienangehörigen der Patienten erfolgen, die eine positive Familienanamnese haben. Auch sollte insbesondere die positive Assoziation mit einer Hypertriglyzeridämie nochmals untersucht werden.
  4. Die Häufigkeit des DNA-Polymorphismus in Abhängigkeit vom Ausmaß der Koronararterienstenosen erfolgte durch Vergleich von Ein- und Mehr(2- und 3-)-Gefäßerkrankungen. Es zeigte sich keine statistisch signifikante Assoziation mit den DNA-Polymorphismen.


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Zusammenfassend kann man feststellen, daß die Polymorphismen in der EGF-Domäne und in der 5´UT-Region mit einer frühzeitigen interventionspflichtigen Koronararteriensklerose unabhängig von den “klassischen” Risikofaktoren (Zigarettenrauchen, Hypercholesterinämie, Hypertonie, Diabetes mellitus, männliches Geschlecht) assoziiert sind. Eine positive Assoziation besteht zu einer positiven Familienanamnese und einer Hypertriglyzeridämie.
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Wed Jun 3 18:03:36 1998