↓51 |
Zusätzlich zu den Patienten aus der vorhergehenden Studie untersuchten wir im selben Zeitraum in einer zweiten Gruppe Säuglinge mit einem Gewicht unter 10 kg Gewicht, die aufeinanderfolgend mit Hilfe des kardiopulmonalen Bypasses an angeborenen Herzfehlern operiert wurden, jedoch unter zusätzlicher Anwendung des tiefen hypothermen Kreislaufstillstandes. Auch bei diesen Patienten wurde mittels einer Ultraschalluntersuchung der Nieren und der harnableitenden Organe sowie einer routinemäßigen Bestimmung des Kreatinins im Serum eine Nierenerkrankung ausgeschlossen.
↓52 |
Der Ablauf der Anästhesie und Kardiotechnik wurde analog zu dem oben Beschriebenem durchgeführt, mit dem Unterschied, daß die Herz-Lungen-Maschine nach Erreichen einer tiefen Hypothermie angehalten wurde und die Kanülen entfernt wurden. Nach einer Korrektur des Herzfehlers in hypothermem Kreislaufstillstand wurde die Maschine wieder angefahren.
Hämodynamische Untersuchungen und Analysen zur Beurteilung der Nierenfunktion wurden wie oben beschrieben durchgeführt und drei verschiedenen Zeitperioden zugeordnet:
1. Meßperiode: |
Narkoseeinleitung |
→ Start der Herz-Lungen-Maschine |
2. Meßperiode: |
Ende der Aortenklemmzeit |
→ Stop der Herz-Lungen-Maschine |
(Reperfusionsphase) | ||
3. Meßperiode: |
Stop der Herz-Lungen-Maschine |
→ 4 Stunden postoperativ |
↓53 |
Die Daten wurden der Patientengruppe mit tiefem hypothermem Kreislaufstillstand oder der Vergleichsgruppe ohne Kreislaufstillstand zugeordnet und wie oben beschrieben statistisch ausgewertet.
Es wurden, inklusive der 37 schon oben ausgewerteten Patienten, insgesamt 44 Patienten mit einem Gewicht unter 10 kg, die an angeborenen Herzfehlern mittels kardiopulmonalem Bypass operiert wurden, in die Studie eingeschlossen.
Sieben Patienten wurden im Vergleich zu den bekannten 37 Patienten unter zusätzlicher Anwendung des tiefen hypothermen Kreislaufstillstandes operiert (Tabellen 2.1 und 2.2). Fünf Patienten von diesen überlebten die Operation bis 24 Stunden postoperativ.
↓54 |
Es gab zwischen den beiden Patientengruppen keine statistischen Differenzen beim Alter und Körpergewicht (Tabelle 2.2).
Tabelle 2.1: Operationen mit tiefem hypothermen Kreislaufstillstand (n = 7)
Diagnosen |
Patientenanzahl |
Art der Operation |
Hypoplastisches Linksherz-Syndrom |
5 |
Norwood-I-OP (n = 2) oder |
Totale Lungenvenenfehlmündung |
2 |
Korrektur |
Tabelle 2.2: Demographische und Operationsdaten
Operationen mit Kreislaufstillstand |
Operationen ohne Kreislaufstillstand |
p-Wert |
|||
Alter (Monate) |
2,4 |
(0,1 – 4,1) |
3,4 |
(0,2 – 17,0) |
n. s. |
Körpergewicht (kg) |
3,9 |
(3,1 – 4,7) |
4,4 |
(2,62 – 9,9) |
n. s. |
Bypasszeit (min) |
164 |
(137 – 191) |
106 |
(44 – 479) |
0,024 |
Aortenklemmzeit* (min) |
59 |
(17 – 121) | |||
Kreislaufstillstandszeit (min) |
58 |
(40 – 90) | |||
Rektale Körpertemperatur in der Aortenklemmperiode (°C) |
25,6 |
(13,3 – 31,8) |
31,3 |
(18,0 – 36,7) |
< 0,001 |
Blutfluß des CPB (ml/min/kg) |
172 |
(143 – 238) |
189 |
(115 – 277) |
n. s. |
↓55 |
Patienten, die unter tiefem hypothermem Kreislaufstillstand operiert wurden, hatten längere extrakorporale Perfusionszeiten und niedrigere Körperkerntemperaturen, während sich die Werte des Perfusionsflusses der Herz-Lungen-Maschine zwischen den Patienten der beiden Gruppen nicht unterschieden (Tabelle 2.2).
Verglichen mit den präoperativen Basiswerten erhöhte sich die Diurese während der extrakorporalen Zirkulation in beiden Gruppen (p < 0,05) wobei sich die Gruppen jedoch nicht voneinander unterschieden (Abbildung 2.1). Die Kreatinin-Clearance zeigte keine statistisch signifikanten Unterschiede im Vergleich zu den präoperativen Basiswerten oder zwischen den Patientengruppen (Abbildung 2.1).
Abbildung 2.1: Diurese und Kreatinin-Clearance bei Patienten mit und ohne tiefem hypothermem Kreislaufstillstand | ||
CPB = kardiopulmonaler Bypass.Die Daten sind als Mittelwert und S.E.M. angegeben. Diurese und Kreatinin-Clearance unterschieden sich nicht signifikant zwischen den Patienten mit und ohne Kreislaufstillstand (p > 0,05). |
↓56 |
Präoperativ hatte keiner der Patienten der beiden Gruppen eine erhöhte Albuminurie oder eine erhöhte Enzymaktivität der N-Acetyl-β-D-Glucosaminidase im Urin.
In der Reperfusionsphase und nach dem Ende des kardiopulmonalen Bypasses waren die Albuminwerte im Urin im Vergleich zu den Basalwerten in beiden Gruppen signifikant erhöht. Während der Reperfusion und nach Beendigung des kardiopulmonalen Bypasses entwickelten von den Patienten, die unter tiefem hypothermem Kreislaufstillstand operiert wurden, mehr Patienten eine pathologische Albuminurie mit einer signifikanten Erhöhung der Albuminwerte als aus der Patientengruppe ohne Kreislaufstillstand (Tabelle 2.3; Abbildung 2.2).
Die gleichen Ergebnisse wurden bei den Messungen der Enzymaktivität der N-Acetyl-β-D-Glucosaminidase im Urin noch nicht in der Reperfusionsphase jedoch nach Beendigung des kardiopulmonalen Bypasses festgestellt (Tabelle 2.3; Abbildung 2.2).
↓57 |
Tabelle 2.3: Nierenfunktion bei Patienten mit und ohne tiefem hypothermem Kreislaufstillstand
Operationen mit Kreislaufstillstand |
Operationen ohne Kreislaufstillstand |
p-Wert |
|||
Anzahl der Patienten mit pathologischer Albuminurie | |||||
vor CPB |
0/6 |
(0 %) |
0/30 |
(0 %) |
n. s. |
Reperfusion |
3/5 |
(60 %) |
6/32 |
(19 %) |
0,045 |
nach CPB |
3/6 |
(50 %) |
5/37 |
(14 %) |
0,035 |
Anzahl der Patienten mit pathologisch erhöhter renaler Enzymaktivität von N-Acetyl-β-Glucosaminidase | |||||
vor CPB |
0/6 |
(0 %) |
0/30 |
(0 %) |
n. s. |
Reperfusion |
3/5 |
(60 %) |
7/32 |
(22 %) |
n. s. |
nach CPB |
5/6 |
(83 %) |
6/37 |
(16 %) |
0,0004 |
Anzahl der anurischen Patienten | |||||
vor CPB * |
2/7 |
(28 %) |
7/37 |
(19 %) |
n. s. |
Reperfusion |
2/7 |
(29 %) |
3/35 |
(9 %) |
n. s. |
nach CPB |
1/7 |
(14 %) |
0/37 |
(0 %) |
n. s. |
Abbildung 2.2: Albumin und N-Acetyl-ß-D-Glucosaminidase im Urin bei Patienten mit und ohne Kreislaufstillstand | ||
CPB = kardiopulmonaler Bypass. Die Daten sind als Mittelwert und S.E.M. angegeben. Während der Reperfusion war die Albuminurie in der Kreislaufstillstandsgruppe signifikant höher, ebenso Albumin und N-Acetyl-ß-D-Glucosaminidase im Urin nach dem kardiopulmonalen Bypass (* p < 0,05). |
Sechs Patienten, die unter hypothermem Kreislaufstillstand operiert wurden, erhielten postoperativ eine Peritonealdialyse. Zwei von ihnen entwickelten ein akutes Nierenversagen und verstarben innerhalb der ersten 24 Stunden postoperativ.
↓58 |
Die Blutviskosität war bei den Patienten mit Kreislaufstillstand in der Reperfusionsperiode signifikant höher als bei den übrigen Patienten ohne Kreislaufstillstand. Auch präoperativ und 4 Stunden postoperativ war sie tendenziell höher als bei den Patienten mit Kreislaufstillstand.
Die Plasmaviskosität war bei den Patienten mit Kreislaufstillstand tendenziell höher als bei den übrigen Patienten, jedoch nicht signifikant. In den anderen Perioden waren keine Unterschiede zwischen den Patientengruppen festzustellen.
Die Patienten mit Kreislaufstillstand hatten eine signifikant niedrigere Erythrozytenaggregation während der Reperfusionsphase und 4 Stunden postoperativ als die Vergleichsgruppe. Auch zeigte sich präoperativ ein gleicher Trend, jedoch ohne Signifikanz.
↓59 |
Die Messungen des kolloidosmotischen Druckes ließen in beiden Patientengruppen keine bedeutsamen Unterschiede erkennen.
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