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2  Material & Methoden

2.1 Tiere

Zur Etablierung einer eigenständigen Zucht im Labor „Experimentelle Toxikologie und Ökologie“ der BASF AG Ludwigshafen wurden adulte Xenopus laevis (Daudin, 1803) aus dem Bestand des Zoologischen Instituts II der Universität Karlsruhe übernommen. Alle im Rahmen dieser Arbeit verwendeten Tiere entstammen dem oben angeführten Stamm und wurden eigens zu diesem Zweck gezüchtet.

Die Hälterung der adulten Tiere in Leitungswasser erfolgte in grauen 50 L-Kunststoffbecken bei Raumtemperatur und einer regelmäßigen Hell/Dunkel-Phase von jeweils 12 Stunden. Die Fütterung mit schwimmfähigem, vitaminisiertem Kronen Fish Koi- und Zierfischfutter (Kronen-Spezial Tiernahrung GmbH, Wesel) und anschließendem Wasserwechsel fand zwei Mal wöchentlich statt.

Die Haltung der Tiere und die Durchführung der Experimente mit X. laevis im Rahmen dieser Arbeit wurde von der Bezirksregierung Rheinland-Pfalz am 04. November 1998 unter dem Zeichen 177-07/983-2 gemäß § 8 Abs. 1 des Tierschutzgesetzes genehmigt.

Innerhalb einer Kooperation mit dem Bayerischen Landesamt für Wasserwirtschaft (LfW) war im Rahmen der vorliegenden Arbeit parallel zu X. laevis eine heimische Art Gegenstand der Untersuchungen. Die in dieser Vergleichsstudie verwendeten Grasfrösche (Rana temporaria Linné 1758) entstammten einem Teich auf dem Gelände der zum LfW gehörenden Versuchsstation Wielenbach. Entnahme, Transport und Verwendung der Raniden im Experiment sowie die behördliche Genehmigung der Untersuchung lagen in der Verantwortung des LfW.


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2.1.1  Zucht

2.1.1.1 Fertilisation in vivo

Medien und Chemikalien

Injektionslösung

HCG1

2000 Units/mL VE-Wasser2

(Sigma, Deisenhofen)

Hälterungsmedium

VE-Wasser

  

Meersalz

250 mg/L

(Preis Aquaristik, Bayerfeld)

Durchführung

Eine der Anzahl der vorgesehenen Zuchtpaare entsprechende Menge an 50 L-Glasaquarien wurde mit je 30 L des Hälterungsmediums befüllt und die Laichgitter sowie die Belüftung wurden in den Becken installiert.

Am Vorabend der in vivo-Fertilisation wurde in die Becken je ein Männchen gesetzt, dem zuvor 150 Units HCG in den Rückenlymphsack injiziert wurden. 24 Stunden später erhielten diese Männchen auf die gleiche Weise erneut jeweils 200 Units HCG und wurden zurück in die Becken verbracht. Anschließend wurden Weibchen entsprechender Anzahl jeweils 500 Units HCG appliziert und zu den Männchen gesetzt. Im Anschluss an diese Behandlung erfolgte über Nacht der Laichvorgang.

2.1.1.2 Fertilisation in vitro

Medien und Chemikalien

Injektionslösung

HCG

2000 Units/mL VE-Wasser

(Sigma, Deisenhofen)


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Ringer-Lösung, pH 7,2

NaCl

116 mM

(Merck, Darmstadt)

KCl

2,9 mM

(Merck, Darmstadt)

CaCl2

1,8 mM

(Riedel de Haën, Seelze)

Hepes3

5 mM

(Roth, Karlsruhe)

Cystein

(Sigma, Deisenhofen)

Barth-Hepes Medium (10x), pH 7,6

NaCl

88 mM

(Merck, Darmstadt)

KCl

1,0 mM

(Merck, Darmstadt)

NaHCO3

2,4 mM

(Riedel de Haën, Seelze)

MgSO4 x 7 H2O

0,82 mM

(Riedel de Haën, Seelze)

Ca(NO3) x 4 H2O

0,33 mM

(Riedel de Haën, Seelze)

CaCl2 x 6 H2O

0,41 mM

(Riedel de Haën, Seelze)

Hepes

10 mM

(Roth, Karlsruhe)

Zur Einstellung des pH-Wertes: NaOH, 10 N

Antibiotika:
Penicilin / Streptomycin (je 10 000 U Pen./ mL, 10 000 µL Strep./ mL, Boehringer, Ingelheim)

Ca(NO3) x 4 H2O und CaCl2 x 6 H2O wurden separat gelöst und anschließend zum Medium gegeben. Nach Einstellung des pH-Wertes wurde die Lösung autoklaviert und bei 4°C gelagert. Die Verdünnung zur Barth-Hepes-Gebrauchslösung (0,1x) erfolgte mit 1:2000 verdünnter Penicillin / Streptomycin-Lösung.

Durchführung

Dem Männchen wurden eine Woche vor der in vitro-Fertilisation 200 Units HCG in den Rückenlymphsack injiziert. Zur Präparation des Hodens am Tag der Fertilisation wurde das Tier zur Immobilisation zunächst wenige Minuten in Eiswasser getaucht, im Anschluß erfolgte die Dekapitation und die Öffnung des Bauchraums. Die entnommenen Hoden können zum sukzessiven Gebrauch bis zu einer Woche in Ringerlösung aufbewahrt werden (4°C). Etwa ein Fünftel eines Hodens wurde in 0,3 mL Ringerlösung gegeben und mit [Seite 20↓]Hilfe von Pinzetten sowie wiederholtem Aufziehen per Pipette zerkleinert, bis eine möglichst homogene Suspension entstand. Bei erhöhtem Bedarf an Hodensuspension war mit Ringerlösung in der Art zu verdünnen, dass für jede Petrischale mit Eiern (s. u.) 0,3 – 1 mL der Suspension zur Verfügung stand.

Wenige Weibchen wurden am Vorabend der Fertilisation mit einer Injektion von jeweils 600 Units HCG in den Rückenlymphsack vorbereitet. Am darauf folgenden Morgen wurden die Eier gewonnen: dazu wurden die Weibchen mit sanftem Druck abgestrichen und die erhaltenen Eier in einer oder mehreren Petrischalen aufgefangen.

Die Hodensuspension wurde gleichmäßig auf die Petrischalen verteilt, mit den Eiern vermischt und für drei Minuten bei Raumtemperatur inkubiert. Im Anschluss erfolgte die Überschichtung mit einem möglichst geringen Volumen 0,1 x Barth-Hepes-Mediums und eine Inkubation von 20 Minuten. Nach Abkippen des Mediums wurden die Eier mit einer Cysteinlösung (2%) überschichtet und 10 Minuten leicht geschüttelt, um die Gallerte zu entfernen.

Nachfolgend wurden die Eier gewaschen, indem sie in ein Becherglas mit vorgelegtem VE-Wasser überführt wurden. Die Eier sinken ab, der Überstand wurde verworfen. Nun wurde entlang der Wandung des Becherglases vorsichtig erneut VE-Wasser ins Gefäß gegossen, worauf die Eier aufwirbeln und anschließend wieder auf den Boden sinken. Dieses Prozedere wurde bei Bedarf so lange wiederholt, bis das zugegebene Wasser weitestgehend klar blieb. Abschließend wurden die Eier in 0,1 x Barth-Hepes-Medium aufgenommen und in Petrischalen bei leichter Belüftung gehältert.

Der Mediumswechsel erfolgte täglich, indem Keime mit normalem Entwicklungsverlauf mit Hilfe einer Kunststoffpipette in eine Petrischale mit frischem 0,1 x Barth-Hepes-Medium überführt wurden.

2.1.1.3 Hälterung von Kaulquappen und juvenilen Tieren

Die Aufzucht der Kaulquappen erfolgte in durch Meersalz (250 mg/L, Preis Aquaristik, Bayerfeld) auf die Osmolarität von Süßwasser eingestelltem, stetig belüfteten VE-Wasser in 50 L-Glasaquarien bei einer regelmäßigen Hell / Dunkel-Phase von jeweils 12 Stunden und einer Temperatur von 22°C. Die Fütterung der Tiere mit sera micron (sera GmbH, Heinsberg) wurde täglich durchgeführt, die Erneuerung des Hälterungsmediums fand drei Mal wöchentlich statt.

Sobald Tiere die Metamorphose abgeschlossen hatten, wurden sie von den Kaulquappen getrennt und in einem separaten Becken weiter aufgezo­[Seite 21↓]gen, um Kannibalismus aufgrund der nunmehr räuberischen Lebensweise der juvenilen Tiere auszuschließen. Die weitere Hälterung erfolgte analog der bereits beschriebenen Vorgehensweise für adulte Tiere.

2.1.2 Versuchsaufbau

2.1.2.1 Exposition während der Larvalentwicklung

Um den Einfluss, den im Umgebungsmedium präsente, potenziell endokrine Stoffe auf die Sexualdifferenzierung des Krallenfrosches in vivo nehmen, zu untersuchen, wurden die Tiere ab Stadium 42/43 während ihrer folgenden Larvalentwicklung bis zum Abschluss der Metamorphose in Gegenwart solcher Substanzen oder Substanzgemische gehalten.

Diese Expositionsexperimente fanden in einem Volumen von 10 L des Kaulquappenmediums statt. Je 25 Tiere wurden etwa drei Tage nach dem Schlüpfen der Larven aus der Gallerthülle des Eies vom Zuchtaquarium in ein Testbecken überführt (Stadium 42/43). Bei stetiger Belüftung, täglicher Fütterung (sera micron, abhängig vom Entwicklungsgrad der Tiere anfangs 200 , von Stadium 52 an 300 mg pro Becken) und drei Mal wöchentlichem Mediumswechsel mit anschließender Substanzzugabe erfolgte die Aufzucht der Kaulquappen. Die Becken befanden sich in einem Umgebungswasserbad, das eine konstante Temperierung des Experiments auf 23°C während der gesamten Versuchsdauer gewährleistete. Die Probennahme erfolgte individuell nach Abschluss der Metamorphose.

Da die zur Untersuchung herangezogenen Substanzen nur in unzureichendem Maß wasserlöslich sind, wurde die Lösung im Testmedium durch absoluten Ethanol vermittelt. Die Konzentration der Stammlösungen wurde so gewählt, dass die Einstellung der gewünschten Endkonzentration des Prüfstoffes im Testmedium durch 105fache Verdünnung bei der Zugabe des entsprechenden Alliquots der Stammlösung erfolgte. Um vermeintliche Ergebnisunterschiede durch den Einsatz des Lösungsvermittlers auszuschließen, wurden auch die Kontrollansätze mit dem gleichen Volumen Ethanol absolut behandelt.

Dies galt in entsprechender Weise auch für die im Folgenden beschriebenen Expositionsmodi, bei denen sich gegebenenfalls durch das abweichende Volumen der Testbecken auch die zuzugebende Menge an Stammlösung veränderte.


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Prüfsubstanzen & Konzentrationen

17β-Estradiol

10-7 / 10-8 M

(Sigma, Deisenhofen)

Ethinylestradiol

10-7 / 10-8 M

(Sigma, Deisenhofen)

Tamoxifen

10-7 M

(Sigma, Deisenhofen)

Testosteron

10-8 M

(Serva, Heidelberg)

Methyltestosteron

10-8 M

(Sigma, Deisenhofen)

Dihydrotestosteron

10-8 M

(Sigma, Deisenhofen)

p,p’ - DDE

10-8 M

(Riedel de Haën, Seelze)

Cyproteronacetat

10-8 M

(Sigma, Deisenhofen)

2.1.2.2 Exposition während und nach der Larvalentwicklung

Die Ausdifferenzierung von Testes bzw. Ovar zu funktionellen Geweben bis zum Erreichen der Geschlechtsreife nimmt ihren Anfang bereits vor der Metamorphose, findet in weiten Teilen aber während der juvenilen Phase statt.

Um Abweichungen von der normalen Entwicklung der Reproduktionsorgane durch die Gegenwart potenzieller Endokrine über diesen Zeitraum zu untersuchen, wurde die unter Punkt 2.1.2.1 beschriebene Exposition über die Metamorphose hinaus verlängert.

Die Tiere wurden nach dem Übergang ins juvenile Stadium in größere Becken überführt und in einem Volumen von 20 L des Kaulquappenmediums unter Beibehaltung der Substanzkonzentrationen bei zwei Mal wöchentlichem Wasserwechsel weiter gehältert. Die Bedingungen hinsichtlich der Beleuchtung blieben ebenfalls erhalten, während aufgrund der erfolgten Umstellung von Kiemen- auf Lungenatmung auf Belüftung verzichtet wurde und die Fütterung analog der Hälterung juveniler Tiere der neuen Lebensphase angepasst wurde.

Über einen Zeitraum von insgesamt 23 Monaten wurden die Tiere auf zwei verschiedene Weisen gegenüber den Prüfsubstanzen exponiert. Ein Teil der Testpopulation wurde den Substanzen seit Beginn der Kaulquappenentwicklung nach der bereits beschrieben Methode ausgesetzt, während für den anderen Teil der Tiere die Exposition erst nach Abschluss der Metamorphose in der oben aufgeführten Art und Weise begonnen und für die Dauer von einem Jahr bis zum Versuchsende aufrecht erhalten wurde. Am Ende des Experimentes konnten so Gruppen juveniler Frösche vergleichend untersucht werden, die im Laufe ihrer Entwicklung dauerhaft behandelt wur­[Seite 23↓]den bzw. erst nach einer Larvalentwicklung in Abwesenheit hormonell wirk­samer Substanzen im Umgebungsmedium mit solchen Stoffen in Kontakt kamen. Als Referenz wurden in parallelen Kontrollansätzen Tiere mitgeführt, die über den gesamten Testzeitraum keinerlei Behandlung mit Prüfsubstanzen erfuhren.

Prüfsubstanzen & Konzentrationen

17β-Estradiol

10-7 / 10-8 M

(Sigma, Deisenhofen)

Tamoxifen

10-7 / 10-8 M

(Sigma, Deisenhofen)

Testosteron

10-8 M

(Serva, Heidelberg)

Methyltestosteron

10-8 M

(Sigma, Deisenhofen)

p,p’ - DDE

10-8 / 10-9 M

(Riedel de Haën, Seelze)

2.1.2.3 Kurzzeitexposition juveniler Tiere

Die Erfassung unmittelbar nachweisbarer Auswirkungen einer kurzfristigen Exposition gegenüber potenziell hormonell wirksamen Stoffen steht im Vordergrund dieses Ansatzes.

Nach der oben dargestellten Methode gezüchtete und bis dahin unbehandelte juvenile Krallenfrösche wurden zu diesem Zweck in Gruppen von 10 bis 20 Tieren in mindestens 15 L Medium für wenige Tage gegenüber den Testsubstanzen oder Substanzgemischen bei Raumtemperatur exponiert. Überstieg die experimentelle Phase einen Zeitraum von drei Tagen, so erfolgte ein Mediumswechsel mit Erneuerung der Prüfstoffe. Von einer Fütterung während der Versuchsdauer wurde abgesehen.

Bei der Exposition gegenüber den angereicherten lipophilen Inhaltsstoffen natürlicher Medien wurden die Extrakte bei der Zugabe ins Testmedium 1:1000 verdünnt, so dass die Inhaltsstoffe in Konzentrationen vorlagen, die denen der Originalkonzentrationen in den Ausgangsmedien entsprachen.

Prüfsubstanzen & Konzentrationen

17β-Estradiol

10-7 / 10-8 M

(Sigma, Deisenhofen)

Extrakte komplexer Matrizes:
Mischungen Würm / Auslauf der Kläranlage Starnberg (Herstellung siehe Kapitel 2.6)


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2.1.2.4  Biomonitoring Starnberg

Neben der Charakterisierung des endokrinen Potenzials einer Substanz oder eines Substanzgemisches durch experimentelle Analysen im Labor besitzt die Etablierung einer Methodik, die Belastung von Oberflächengewässern mit hormonell wirksamen Substanzen direkt vor Ort einzuschätzen, eine herausragende Bedeutung.

In Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Landesamt für Wasserwirtschaft (LfW, Forschungsstation Wielenbach) erfolgte die Exposition von larvalen Xenopus laevis und dem heimischen Grasfrosch Rana temporaria gegenüber dem Auslauf der kommunalen Kläranlage Starnberg (Bayern), die aus dem zugehörigen Abwasserverband von acht Anliegergemeinden des Starnberger Sees gespeist wird. Der Anteil industrieller Abwässer am zur Klärung anstehenden Wasser ist gering. Die dreistufige Anlage entspricht dem gegenwärtigen technischen Stand und besitzt mit einer Kapazität von 100 000 Einwohnergleichwerten eine mittlere Größe. Die Einleitung des geklärten Abwassers erfolgt in einem Verhältnis von etwa 1:12 in ein lokales Fließgewässer, die Würm.

Die Exposition der Versuchstiere wurde in einem wettergeschützten Unterstand auf dem Gelände der Kläranlage in mehreren 50 L-Aquarien im Durchflussverfahren durchgeführt. Die Durchflussrate der Medien war so gewählt, dass innerhalb von zwei Tagen der komplette Beckeninhalt ausgetauscht wurde. Die Verwendung von Pumpsystemen, die einerseits Kläranlagenauslauf aus dem Schönungsteich der Anlage, andererseits Wasser der Würm zum Ort der Exposition förderten, erlaubte es, mit Hilfe einer Mischstation verschiedene Medien mit unterschiedlichen Anteilen von Auslauf und Würmwasser herzustellen. Dieser Aufbau bot die Möglichkeit, über eine Referenz mit originärem Würmwasser und einer, die realen Verhältnisse vor Ort repräsentierenden Mischung hinaus (ein Teil Auslauf, zwölf Teile Würm) zusätzlich noch einen Ansatz mit erhöhtem Anteil an Kläranlagenauslauf zu prüfen (ein Teil Auslauf, zwei Teile Würm).

Die Versuchsanordnung beinhaltete insgesamt 18 Becken, auf die die Behandlung der beiden Spezies gegenüber den drei genannten Medien in Triplikaten randomisiert verteilt wurde. Xenopus-Kaulquappen, die aus dem Laich von drei Elternpaaren erhalten und gepoolt wurden, wurden in den Stadien 42/43 in etwa gleichmäßiger Anzahl auf die entsprechenden Becken verteilt. Die Raniden wiesen bei Einsatz in die Testbecken Stadium 12 - 14 (nach Gosner 1960) auf. Es wurden etwa 250 Grasfrösche pro Mischung und Referenz exponiert.


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Die Versuchsbedingungen entsprachen weitgehend den natürlichen Umgebungsverhältnissen, die in notwendigem Maße auf die Bedürfnisse der Tiere angepasst wurden. So konnte auf eine Zufütterung mit sera micron (sera GmbH, Heinsberg) nicht vollständig verzichtet werden, weil das Nahrungsangebot, welches den Kaulquappen über die natürlichen Medien zugeführt wurde, nicht ausreichend war. Um eine gleichmäßige und ausreichende Sauerstoffversorgung zu gewährleisten, wurden alle Parallelansätze belüftet. Im Gegensatz zum heimischen Grasfrosch R. temporaria ist der Krallenfrosch X. laevis aufgrund seiner an moderatere Verhältnisse adaptierten Physiologie nicht in der Lage, bei den herrschenden Temperaturen eine normale Entwicklung zu vollziehen. Aus diesem Grund wurden die entsprechenden Becken mit Hilfe von Heizstäben auf 23°C temperiert. Aufbau und Betreuung der Versuchsanlage sowie die Tierversorgung über die Dauer des Experimentes wurden vom LfW geleistet.

Der gesamte Versuchszeitraum wurde von chemischen Analysen hinsichtlich ausgewählter Alkylphenole und Hormone begleitet, die von den bayerischen Projektpartnern vorgenommen wurde. Dazu wurden die Medien zur Bestimmung der Konzentrationen von Oktyl- und Nonylphenol durch die Firma GC-Analytik (Pöcking) mit Toluol extrahiert. Nach Einengung der Extrakte erfolgte die Aufnahme in Hexan, eine Aufreinigung über Kieselgel und nach erneuter Aufnahme in Toluol die Messung in einer Gaschromatographie-Massenspektrometer-Anlage (GC-MS, Hewlett-Packard). Die Analyse von 17β-Estradiol, Ethinylestradiol und Estron erfolgte analog unter Verwendung von Dichlormethan als Extraktionsflüssigkeit und wurde vom Bayerischen Landesamt für Wasserwirtschaft, Abteilung Schadstoffbewertung und Analytik (München), durchgeführt.

Die Probennahme erfolgte für X. laevis direkt nach Abschluss der Metamorphose, während die Raniden darüber hinaus für wenige Wochen in separaten Terrarien gehalten wurden. Um die Exposition aufrecht zu erhalten, wurden in diesen Terrarien kleine Wasserbereiche mit 3 L des entsprechenden Mediums eingerichtet, die täglich erneuert wurden. Diese Phase ermöglichte den Tieren eine Weiterentwicklung des Gonadengewebes, das zum Zeitpunkt der Metamorphose noch nicht hinreichend ausdifferenziert ist.


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2.2  Geschlechtsbestimmung

2.2.1 Lichtmikroskopie

Zur optischen Bestimmung des Geschlechtes von Kaulquappen oder juvenilen Tieren wurde nach dem Abtöten durch Sektion und Ausbohrung des Rückenmarkskanals die ventrale Seite geöffnet. Die Gonaden liegen der Niere auf und konnten unter dem Binokular (M8 Zoom-Stereo-Mikroskop, Wild, Heerbrugg, Schweiz) in Hoden bzw. Ovar unterschieden werden.

2.2.2 Histologie

Medien und Chemikalien

Fixiermedium nach Bouin:

15 Teile

gesättigte Pikrinsäurelösung

(Riedel de Haën, Seelze)

5 Teile

Formaldehydlösung (37%)

(Merck, Darmstadt)

1 Teil

Eisessig

(Merck, Darmstadt)

Die Bouinlösung wurde vor jedem Gebrauch frisch angesetzt.

Formalinlösung, 10%

(Hedinger, Stuttgart)

Entwässerung und Einbettung:

Ethanol 70%, 96%, absolut

(Merck, Darmstadt)

Xylol

(Baker, Deventer, Niederlande)

Paraffin

(Merck, Darmstadt)

HE-Färbung:

Hämatoxylin

(Merck, Darmstadt)

Eosin 1%

(Merck, Darmstadt)

Ethanol 70%

(Merck, Darmstadt)

Cordid-Balsam zum Eindecken

(Hecht-Mertens, Kiel)


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Durchführung

Der Präparation des Tieres schloss sich die Entnahme der Gonaden an, die aus Gründen der Größe und des damit verbundenen erleichterten Umgangs gemeinsam mit der Niere erfolgte. Das Gewebe wurde größenabhängig für 30 bis 60 Minuten in frisch angesetzter Bouinlösung fixiert und danach drei Mal für je 30 Minuten in Ethanol 70% gewaschen. Alternativ konnte das Gewebe auch durch Transfer in Formalinlösung (10%) fixiert werden. Letzteres erfolgte zur Vereinfachung des weiteren Vorgehens im Verlauf der Methodik in kleinen Plastikgitterboxen (TissueTek®, Sakura, Zoeterwoude, Niederlande), die direkt für die folgende Paraffinbehandlung verwendet werden konnten.

Die Entwässerung und Paraffineinbettung der Gewebestücke erfolgte in einer automatischen Einbettvorrichtung (Hypercenter, Shandon, Frankfurt/Main), wobei die Proben folgende Schritte durchliefen: Ethanol 70% 3 x 1 h, Ethanol 96%, Ethanol absolut 2 x 1,5 h sowie zwei abschließende Inkubationen in Xylol (je 1,5 h). Die auf diese Weise entwässerten Proben wurden nun für 1,5 h und 2 h sowie abschließend für mindestens 2 h bis zur weiteren Aufarbeitung in flüssiges Paraffin (60°C) überführt. Nach Entfernung der Plastikgitterboxen folgte die Paraffineinbettung, der sich eine 24 stündige Ruhephase anschloss, in der das Paraffin aushärtete.

Die Anfertigung der histologischen Gewebeschnitte in einer Dicke von etwa 2-3 µm erfolgte mit Hilfe eines Rotationsmikrotoms (RM 2030, Leica, Nußloch). Die frisch hergestellten Schnitte wurden auf einem warmen Wasserbad (43°C) für wenige Sekunden sanft gestreckt, um die beim Schneiden entstandene Stauchung aufzuheben, auf einen Objektträger aufgezogen und zum Trocknen für 24 h in einen Wärmeschrank (43-45°C) gestellt.

Nach einer Entparaffinierung der Schnitte durch eine fünf- und eine einminütige Inkubation in Xylol wurden die Proben durch Hydrierung in einer Reihe absteigender Ethanolkonzentrationen (Ethanol absolut, 96%, je 2 x 1 min, 70%, 30 sec) auf die Färbung vorbereitet.

Eine gängige Übersichtsfärbung in der Histologie ist die Hämatoxylin / Eosin-Färbung, die die Zellkerne blau und das Cytoplasma rot erscheinen lässt. Hierzu wurden die Schnitte in Hämatoxylin-Lösung inkubiert (7 min), zwei Mal kurz in fließendes Leitungswasser getaucht und zum differenzieren in HCl (0,5%) / Ethanol 70%-Lösung gestellt. Danach wurden die Schnitte für 5 min in fließendem Leitungswasser „gebläut“. Anschließend erfolgte der Transfer in wässrige Eosinlösung (0,5%, 2 min) und ein weiterer Differenzierungsschritt in Essigsäure (0,1%)

Zur Dehydrierung und Entalkoholisierung durchliefen die Schnitte nun folgende Behandlungen: Ethanol 70%, 96% (je 30 sec) und Ethanol absolut [Seite 28↓](1 min) sowie eine einminütige Inkubation in Xylol. Bis zur weiteren Verarbei­tung wurden die Schnitte in frisches Xylol überführt. Danach wurde auf die Präparate zum Eindecken ein Tropfen Cordid-Balsam gegeben, die Schnitte mit einem Deckgläschen versehen und getrocknet. Damit war die Herstellung der histologischen Schnittpräparate abgeschlossen. Die Begutachtung der Schnitte erfolgte unter dem Mikroskop Olympus BH-2 (Olympus Optical Co. GmbH, Hamburg).

2.3 Radioimmunoassay (RIA)

Durch die Kombination der Messung von Radioaktivität als eine der sensitivsten Methoden zur Bestimmung quantitativ geringer Substanzmengen einerseits und immunologischer Spezifität andererseits, bietet der RIA die Möglichkeit, auch kleinste Stoffkonzentrationen in einem Ansatz nachzuweisen (Vecsei 1978; Wood & Sokolowski 1981). Er wurde in den vorliegenden Untersuchungen zur Analyse des Gehalts an Sexualsteroiden in Kaulquappen verschiedenen Entwicklungsstadiums eingesetzt, wobei sowohl das Estrogen 17β-Estradiol als auch Androgene (Gesamtgehalt an Testosteron und Dihydrotestosteron) bestimmt wurden.

Das Prinzip des RIA beruht darauf, dass die verwendeten, hochspezifischen polyklonalen Antikörper mit gleicher Affinität und unabhängig von der radioaktiven Markierung an das entsprechende Antigen binden. Sind nun in Gegenwart des Antikörpers eine definierte Menge an markiertem Hormon und eine unbekannte Menge an zu bestimmendem Hormon aus einer Probe vorhanden, so treten diese in Kompetition um die spezifische Bindung. Der, im Szintillationszähler messbare Anteil von radioaktivem Hormon an den gebundenen Antigenen ist umso kleiner, je höher der Hormongehalt in der zu untersuchenden Probe ist. Ungebundenes Hormon wird durch eine Aktivkohlefällung entfernt und hat daher für die anschließende Messung keine Bedeutung. Aus dem Abgleich mit einer parallel erstellten Eichkurve lässt sich auf diese Weise der Steroidgehalt eines Ansatzes quantitativ bestimmen.

Medien und Chemikalien

Steroid-Extraktion:

Aquadest

 

Dichlormethan

(Roth, Karlsruhe)

Ethanol, 5%

(Merck, Darmstadt)


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RIA für Estradiol:

17β-Estradiol

(Sigma, Deisenhofen)

Ethanol, absolut

(Merck, Darmstadt)

Ethanol, 5%

(Merck, Darmstadt)

17β-Estradiol-Antiserum aus Kaninchen

(Sigma, Deisenhofen)

[3H]- 17β-Estradiol

 

(spez. Aktivität ca. 50 Ci / mmol, Amersham, Braunschweig)

Aktivkohle Norit A

(Merck, Darmstadt)

Dextran 7000 D

(Sigma, Deisenhofen)

Puffer für E2-RIA:

Tris-HCl, pH 8

0,05 M

(Roth, Karlsruhe)

NaCl

0,1 M

(Merck, Darmstadt)

NaN3

0,1 %

(Sigma, Deisenhofen)

Gelatine

0,1 %

(Sigma, Deisenhofen)

RIA für Testosteron:

Testosteron

(Sigma, Deisenhofen)

Ethanol, absolut

(Merck, Darmstadt)

Ethanol, 5%

(Merck, Darmstadt)

Testosteron-Antikörper*

 

[3H]-Testosteron

 

(spez. Aktivität ca. 50 Ci / mmol, Amersham, Braunschweig)

Aktivkohle Norit A

(Merck, Darmstadt)

Dextran 7000 D

(Sigma, Deisenhofen)

PBS-Puffer für T-RIA (mit HCl auf pH 4,7 einzustellen):

NaCl

8 g

(Merck, Darmstadt)

KCl

0,2 g

(Merck, Darmstadt)

Na2HPO4

1,44 g

(Sigma, Deisenhofen)

KH2PO4

0,24 g

(Sigma, Deisenhofen)

Aquadest

add. 1 L

 


[Seite 30↓]

Durchführung

Die für die Bestimmung des Steroidgehaltes herangezogenen Proben wurden abhängig vom Entwicklungsgrad der Tiere in der folgenden Weise differenziert erstellt. Zwei Tage nach Befruchtung erfolgte die erste Probenahme, die Tiere der Stadien 20 ± 5 noch vor dem Schlupf aus der Eihülle umfasste. Bei dieser wie bei den folgenden Probenahmen (Stadium 38, 41, 44, 46 und 48) wurden die Tiere gepoolt, um eine ausreichende Probenmenge (ca. 200 mg Körpergewicht) für die Bestimmung der Steroide zu gewährleisten. In den Stadien 50, 52 und 54 wurden je sechs Tiere pro Stadium untersucht. So bald der Differenzierungsfortschritt eine Unterscheidung des Geschlechtes unter dem Stereomikroskop zuließ (Stadien 56, 58, 60, 62, 64, 66 und zwei Monate nach Beendigung der Metamorphose), erfolgte die Ermittlung des Steroidgehaltes für je sechs männliche und weibliche Tiere pro Probenahme.

Um die Steroide zu extrahieren, wurde das Probenmaterial in einem Glasgefäß zunächst mechanisch zerkleinert. Anschließend wurden je 1 mL Aquadest und 8 mL Dichlormethan zugegeben, worauf die Proben für 1 h unter leichtem Schütteln inkubiert wurden. Die Steroide gingen hierbei in die organische Phase über, die während der gesamten Inkubationsdauer von Wasser überschichtet blieb. Um die Phasen in der Folge zu trennen, wurden zunächst der Großteil des wässrigen Überstands und eventuell vorhandene Reste des Probenmaterials mit Hilfe einer Wasserstrahlpumpe vorsichtig abgezogen. Eine etwa halbstündige Inkubation bei –70°C liess den verbliebenen Anteil der wässrigen Phase gefrieren und ermöglichte eine einfache Überführung der nach wie vor flüssigen, organischen Phase in ein neues Glasgefäß. Nach Verdunstung des Dichlormethans bei Raumtemperatur (Abzug) wurden die erhaltenen Steroide in jeweils 1 mL Ethanol (50%) pro Probe aufgenommen (nach Kloas et al. 1997).

Die Durchführung des RIA zur Ermittlung des 17β-Estradiolgehalts in den Kaulquappenproben erfolgte nach folgender Vorgehensweise: Zur Erstellung der für die Analyse notwendigen Eichkurve wurde vorbereitend eine Konzentrationsreihe (0, 10, 25, 50, 100, 250, 500, 1000 und 5000 pg / 100 µL) von Standards (je 100 µL) des unmarkierten Hormons im entsprechenden Puffer hergestellt. Nach Zugabe von je 100 µL Ethanol (5%) zu den Standards wurden diese im Anschluß gemeinsam mit den zu untersuchenden Proben (200 µL) im RIA analysiert.

Die Antikörper wurden mit dem Tris-HCl-Puffer 1:10 verdünnt. Von dieser Lösung wurden je 500 µL zu den Proben gegeben, die im Anschluss für 30 min bei Raumtemperatur inkubiert wurden. Nach Zugabe von je 100 µL [Seite 31↓]des [3H]-markierten Estradiols (4 000 cpm4) folgte eine erneute Inkubationsphase für 60 min bei 37°C, an die sich eine Kühlperiode von 15 min bei 4°C anschloss. Zu diesem Zeitpunkt wurden je 200 µL vorgekühlter Dextran (0,05%)-Aktivkohle (0,5%)-Suspension zu den Ansätzen pipettiert, die dann für 10 min auf Eis gestellt wurden. Nach 15 minütiger Zentrifugation (2000 g, 4°C) konnte der Überstand verworfen und der verbliebene Teil im Flüssigkeitsszintillationszähler (LSC, Tri Carb 300, Packard) gemessen werden.

Abweichend von der Durchführung des RIA für 17β-Estradiol wurde den unter Verwendung des PBS-Puffers in den gleichen Konzentrationen und Volumina hergestellten Verdünnungen der Testosteronstandards 200 µL Ethanol 5% beigefügt und ein Probenvolumen von 300 µL verwendet. Nach Zugabe von je 100 µL des markierten Testosterons (4 000 cpm) wurden die Proben mit je 400 µL der entsprechenden Antikörperlösung versetzt und für vier Stunden auf Eis inkubiert. Im Anschluss wurden je 100 µL Dextran (0,05%)-Aktivkohle (0,5%)-Suspension zu den Ansätzen pipettiert, die danach zentrifugiert wurden (2000 g, 4°C). Nach Verwerfen des Überstands konnte der verbliebene Teil im LSC gemessen werden.

Die Berechnung des Hormongehalts in den Proben erfolgte anhand der auf Basis der Standards parallel erstellten Eichkurve.

2.4 Reverse Transcriptase - Polymerase Chain Reaction

Die Reverse Transcriptase – Polymerase Chain Reaction (RT-PCR) zeichnet sich durch die Verbindung zweier Techniken aus. Dem Umschreiben von mRNA in komplementäre cDNA durch die reverse Transkription wird eine expotentielle Amplifikation dieser cDNA durch die Polymerase Chain Reaction nachgeschaltet, wodurch insgesamt ein Nachweisniveau erreicht wird, das die Sensitivität bekannter RNA-Blot-Techniken deutlich übertrifft (Byrne et al. 1988, Wang et al. 1989) und damit die Untersuchung geringster mRNA-Mengen ermöglicht.

Der erste Schritt einer RT-PCR besteht darin, die mRNA der zu untersuchenden Zellen (oder Gewebe) zu isolieren. Hierzu wurde mittels einer [Seite 32↓]phenolischen Extraktion zunächst die gesamte RNA aus einer homogenisierten Zell- oder Gewebesuspension gewonnen. Die spezifische Verarbeitung von ausschließlich mRNA im weiteren Reaktionsverlauf wurde vom anschließenden Schritt, der RT, geleistet, die im folgenden Abschnitt beschrieben wird. Zuvor erfolgte die Ermittlung des vorliegende RNA-Gehalts durch die photometrische Bestimmung der Extinktion der RNA-Lösung bei einer Wellenlänge von λ = 260 nm. Anhand dieses Wertes wurde die RNA-Lösung auf die für den Einsatz in der RT gewünschte Konzentration eingestellt.

Der zentrale, funktionelle Bestandteil einer RT ist das Enzym Reverse Transcriptase, welches in der Lage ist, anhand einer vorhandenen mRNA-Matrize komplementär cDNA zu synthetisieren. Solche Enzyme finden sich in sog. Retro-Viren, die dieses Potential nutzen, um ihre eigene, als mRNA vorliegende Erbinformation in DNA umzuschreiben, welche in dieser Form ins Genom des Wirts integriert werden kann. Die hier verwendete Reverse Transcriptase stammt aus dem Avian Myeloblastosis Virus. Unter geeigneten Bedingungen leistet die RT die Erststrangsynthese der der anschließenden PCR zu Grunde liegenden cDNA. Dazu sind neben einer einsträngigen mRNA-Matrize die Desoxynucleosidtriphosphate (dNTPs) als Bausteine der cDNA sowie ein Primer notwendig. Dieser Oligo(dT)-Primer ist in einer Weise konzipiert, die ihn an das Poly(A)-Ende der mRNA binden und somit als spezifische Ansatzstelle für die Transcriptase dienen lässt, die ausgehend von diesem Punkt die cDNA in 5’ → 3’ - Richtung synthetisiert.

Diese cDNA kommt als Basis für die Polymerase Chain Reaction (PCR) zum Einsatz. Die PCR gehört zu den molekularbiologischen Methoden, die die Wissenschaft in den vergangenen Jahrzehnten entscheidend voran gebracht haben, weil sie die Möglichkeit bietet, Sequenzen geringster DNA-Mengen innerhalb kurzer Zeit auf ein detektierbares Niveau zu verstärken. Im Zentrum dieser Technik steht die exponentielle Amplifikation eines spezifischen DNA-Stückes (Amplicon) durch den Umstand, dass erstellte Kopien in nachfolgenden Reaktionsschritten als weitere Vorlagen zur Vervielfältigung der betreffenden Sequenz zur Verfügung zu stehen. Realisiert wird dieser Effekt durch eine wiederkehrende, zyklusartige Abfolge dreier Temperaturschritte und der damit verbundenen Abläufe im Reaktionsgefäß. Eine Denaturierungsphase bei 90° bis 94°C bewirkt das Aufschmelzen doppelsträngiger DNA und schafft durch die Trennung der komplementären Basenstränge die Voraussetzung für die Anlagerung spezifischer Oligonucleotid-Sequenzen, sogenannter Primer, welche im zweiten Temperaturschritt der Reaktion erfolgt. In dieser Annealing-Periode zwischen 50° und 62°C erhalten die Primer die Gelegenheit, sich ihrer Konstruktion gemäß spezifisch an jene Stellen der Vorlage zu hybridisieren, die das Amplicon begrenzen. Im abschließenden Temperaturschritt findet die Elongation statt. Bei 72°C ver­[Seite 33↓]längert die Polymerase, ausgehend vom 3’-Ende der gebundenen Primer und unter Verwendung der bereits genannten dNTPS den Strang in der Art, dass ein neu synthetisiertes DNA-Molekül entsteht, dessen Sequenz komplementär zur Matrize ist. Die erhaltene DNA wird nun im folgenden Denaturierungsschritt erneut aufgeschmolzen und ihrerseits als Vorlage in weiteren Reaktionszyklen verwendet. Einen wichtigen Beitrag zur Praktikabilität der Methode liefert die Nutzung von hitzeresistenten Polymerasen, deren erster Vertreter aus dem Bakterium Thermus aquaticus isoliert wurde (Chien et al. 1976). Diese Taq-Polymerase erhält ihre Funktionaliät auch über den Denaturierungsschritt hinaus und muss nicht zu Beginn eines jeden Zyklus erneuert werden.

Die Analyse der PCR-Produkte umfasst zwei Stufen. Zunächst erfolgt die elektrophoretische Auftrennung durch ein Agarosegel (1,5%). Hier macht man sich die negative Ladung des Zucker-Phosphat-Rückgrates der DNA zu Nutze, die ein Wandern der DNA hin zum positiven Pol eines elektrischen Feldes bewirkt. Der geschwindigkeitsbestimmende Schritt dieser Bewegung durch das Gel ist die Länge des DNA-Stückes, was eine Differenzierung der PCR-Produkte hinsichtlich der Anzahl ihrer Basenpaare zulässt. Die Detektion der auf diese Weise entstandenen Banden wurde durch im Gel enthaltenes Ethidiumbromid vermittelt. Diese planar gebauten Moleküle interkalieren in die Zwischenräume der DNA-Basen und emittieren bei Anregung mittels UV-Strahlung ihrerseits Licht. Durch dieses Vorgehen kann einerseits beurteilt werden, ob die Größe des Amplifikates im Bereich der Erwartung liegt, zum Andern lässt die Intensität der Banden, die durch semiquantitative Densitometrie mit Hilfe einer entsprechenden Software analysierbar ist, Rückschlüsse auf die ursprünglich in der Probe vorhandene RNA-Menge zu.

Um sicher zu gehen, dass Differenzen in der Intensität der resultierenden Banden untersuchter Biomarker tatsächlich auf Unterschiede der entsprechenden mRNA-Mengen in den Proben zurückzuführen sind, wurde ein interner Standard mitgeführt. Ein solches, sogenanntes „housekeeping gene“, dessen gleichmäßige Transkription in den Zellen durch exogene Faktoren unbeeinflusst bleibt, ist der Elongationsfaktor 1α (Dostal et al. 1994). Dieser, parallel amplifizierte, interne Standard ermöglicht es, ungleiche mRNA-Fracht aufgrund systemimmanenter Ungenauigkeit der photometrischen RNA-Messung und/oder vermeintlicher Degradation von mRNA auszuschließen bzw. bei der densitometrischen Quantifizierung zu berücksichtigen.

Der Nachweis, dass die Sequenz des Amplifikates mit der beabsichtigten übereinstimmt, lässt sich durch eine Sequenzanalyse führen. Diese kann derzeit nicht im eigenen Labor durchgeführt wurden, weshalb die aus dem [Seite 34↓]Gel eluierte DNA zur Überprüfung der Basenfolge in ein entsprechendes Auftragslabor (Seglab, Göttingen) gesendet wurde.

2.4.1 RNA-Isolierung

Medien und Chemikalien

Trizol®-Reagenz

(Gibco BRL, Eggenstein)

Chloroform

(Roth, Karlsruhe)

Isopropanol

(Roth, Karlsruhe)

Ethanol 70%

(Merck,Darmstadt)

Aquabidest

 

DEPC (Diethylpyrocarbonat)

(Roth, Karlsruhe)

Durchführung

Das zu untersuchende Gewebe, hier in erster Linie Lebergewebe, für den Versuchsteil zur Untersuchung der Biomarker-Level während der Larvalentwicklung auch Gesamtkaulquappen, wurde unverzüglich nach der Probennahme durch flüssigen Stickstoff oder Trockeneis schockgefroren und bis unmittelbar vor Beginn der RNA-Extraktion bei –80°C gelagert, um eine Degradation der mRNA zu vermeiden.

Zu Beginn der Aufarbeitung wurden zu den Proben je 500 µL Trizol®-Reagenz gegeben. Daraufhin erfolgte die Homogenisierung mit Hilfe eines Ultra-Turrax (IKA Labortechnik, Janke & Kunkel GmbH, Staufen), bis eine einheitliche Suspension vorlag. Der Ultra-turrax war vor der erneuten Verwendung in einem neuen Probengefäß in drei Lösungen (Ethanol 50%, Aquabidest, Ethanol 96%) gründlich zu spülen, um die Kontamination von Folgeproben durch Verschleppung von Anteilen der vorhergehenden zu vermeiden. Waren alle Proben homogenisiert, wurden je 100 µL Chloroform zugegeben. Nach dreiminütiger Inkubation und anschließendem Vortexen erfolgte der erste Zentrifugationsschritt (15 min, 12 000 rpm, 4°C) in einer kühlbaren Tischzentrifuge (Biofuge fresco, Heraeus Instruments GmbH, Hanau). Die resultierenden, klaren Überstände wurden in gleichmäßigen Volumina (200-250 µL) für alle Proben in neue Reaktionsgefäße überführt. Zu diesen wurde eine dem enthaltenen Probenvolumen identische Menge Isopropanol gegeben, der gründlichen Durchmischung schloss sich eine Inkubationsphase auf Eis (10 min) an. Nach der folgenden Zentrifugation (10 min, 12 000 rpm, 4°C) wurde der Überstand verworfen und zu den erhaltenen Pellets wurden je [Seite 35↓]200 µL, bei –20°C gelagerten Ethanols (70%), gegeben. Dieser Waschschritt wurde durch das Aufwirbeln der Pellets vervollständigt. Eine erneute Zentrifugation der Proben (7 min, 12 000 rpm, 4°C) ging dem Verwerfen des Alkohols und dem anschließenden Trocknen des Pellets (10 - 15 min, 37°C) voraus. Abschließend wurden die Pellets abhängig von der Größe der Pellets in 10-100 µL DEPC-behandeltem Aquabidest (0,01%, autoklaviert) aufgenommen.

Zur Bestimmung der Gesamt-RNA-Konzentration wurde die Extinktion eines 1:100 verdünnten Alliquots der Lösung bei einer Wellenlänge von λ = 260 nm unter Verwendung von Quarzküvetten (Hellma, Mühlheim/Baden) in einem UV/VIS-Spectrophotometer (Lambda 2, Perkin-Elmer, Rodgau-Jügesheim) bestimmt. Ausgehend von diesem Wert wurde die RNA-Lösung mit DEPC-behandeltem Aquabidest (0,01%, autoklaviert) auf eine Konzentration von 0,125 µg/µL verdünnt.

2.4.2 Reverse Transkription (RT)

Medien und Chemikalien

RNA-Lösung (0,125 µg/µL)

 

Aquabidest, autoklaviert

 

dNTP Mix

(dATP, dGTP, dCTP, dTTP, je 10 mM)

(Finnzymes OY, Espoo, Finnland)

AMV-RT (20 units/µL)

(Biometra Göttingen)

AMV-RT-Puffer, 10x

(Biometra Göttingen)

 

Zusammensetzung:

Tris-HCl (pH 8,3)

250 mM

 

KCl

500 mM

 

MgCl2

50 mM

 

Dithiothreitol (DTT)

20 mM

Poly-(dT)-Primer (393 nmol/mL)

(Intron, Kaltenbrunn, Schweiz)

Sequenz: 5’ CCT GAA TTC TAG AGC TCA (T)10 3’

Durchführung

In RNAse-freien und autoklavierten 200 µL Reaktionsgefäßen (Roth, Karlsruhe) wurden je 8 µL der aus der Isolierung erhaltenen RNA-Lösung (0,125 µg/µL) vorgelegt. Hierzu wurden je 12 µL eines ersten Premixes pipettiert, der pro Probe je 3 µL Poly-(dT)-Primer (10 pmol/µL) und 9 µL Aquabidest [Seite 36↓](autoklaviert) enthielt. Diese Ansätze wurden gevortext, abzentrifugiert und im Thermocycler (T1 Thermocycler, Biometra, Göttingen) zunächst für 3’ bei 70°C inkubiert, um das Aufschmelzen der RNA und die anschließende spezifische Primerhybridisierung am Poly(A)-Terminus der mRNA bei der folgenden Abkühlung auf 4°C zu realisieren. Zu den Proben wurden nun je 10 µL des Premix II gegeben. Dieser beinhaltete pro Ansatz neben 5 µL Aquabidest (autoklaviert), 3 µL AMV-RT-Puffer (10x) und 1,5 µL der dNTP-Lösung auch 10 units des reaktionsrelevanten Enzyms, der AMV-RT. Die anschließende Inkubation im Thermocycler (1h, 37°C) hatte die Erststrangsynthese der cDNA zur Folge. In einem abschließenden Schritt wurden die Ansätze für 2 min auf 90°C erhitzt, um die AMV-RT und verbliebene RNA-Typen zu denaturieren. Die erhaltene cDNA-Lösung wurde bis zu ihrer weiteren Verwendung in der PCR bei -20°C gelagert.

2.4.3 Polymerase Chain Reaction (PCR)

Medien und Chemikalien

cDNA-Lösung

 

Aquabidest, autoklaviert

 

dNTP Mix

(dATP, dGTP, dCTP, dTTP, je 10 mM)

(Finnzymes OY, Espoo, Finnland)

Taq-Polymerase (4 units/µL)

(AGS, Heidelberg)

Taq-Polymerase-Puffer, 10x

(AGS, Heidelberg)

 

Zusammensetzung:

Tris-HCl (pH 8,55)

20 mM

 

(NH4)2SO4

16 mM

 

MgCl2

1 mM

Primer zur Amplifikation eines housekeeping genes von Xenopus laevis

Elongationsfaktor 1α (EF)5

Primer forward (445 nmol/mL)

(Intron, Kaltenbrunn, Schweiz)

Sequenz: 5’ TGC CAA TTG TTG ACA TGA TCC C 3’

Primer reverse (492 nmol/mL)

(Intron, Kaltenbrunn, Schweiz)

Sequenz: 5’ TAC TAT TAA ACT CTG ATG GCC 3’

Länge des Amplifikates: 285 bp


[Seite 37↓]

Primer zur Amplifikation verschiedener Biomarker von Xenopus laevis

Retinol binding protein (RBP)

Primer forward (530 nmol/mL)

(Intron, Kaltenbrunn, Schweiz)

Sequenz: 5’ ATT AAT TGC CTT GGG GTT CC 3’

Primer reverse (490 nmol/mL)

(Intron, Kaltenbrunn, Schweiz)

Sequenz: 5’ TGG CTA GAG CCC CAT GAT AC 3’

Länge des Amplifikates: 323 bp

Vitellogenin, Vg-A2-Gen (VG)

Primer forward (447 nmol/mL)

(Intron, Kaltenbrunn, Schweiz)

Sequenz: 5’ CGG CTA TAT CAA ACT TTT TGG C 3’

Primer reverse (316 nmol/mL)

(Intron, Kaltenbrunn, Schweiz)

Sequenz: 5’ GTT TTC TTG TTG AAA TGG AGG C 3’

Länge des Amplifikates: 529 bp

Estrogen Rezeptor (ER)

Primer forward (428 nmol/mL)

(Intron, Kaltenbrunn, Schweiz)

Sequenz: 5’ ATT TCG CAT GAT GAG GTT ACG 3’

Primer reverse (450 nmol/mL)

(Intron, Kaltenbrunn, Schweiz)

Sequenz: 5’ TAG TGG TAG GTG GAC TCC GG 3’

Länge des Amplifikates: 407 bp

Androgen Rezeptor (AR)

Primer forward (0,1 nmol/µL)

(Biometra, Göttingen)

Sequenz: 5’ GAG GAA ATG TTA TGA AGC TGG G 3’

Primer reverse (0,1 nmol/µL)

(Biometra, Göttingen)

Sequenz: 5’ ACG GTC ATT TGG TCG CTT AC 3’

Länge des Amplifikates: 363 bp

Durchführung

Aus Gründen der Praktikabilität wurden alle zur Verwendung anstehenden Primer vor Gebrauch auf eine Konzentration von 0,1 nmol/µL verdünnt.

Die grundlegende Vorgehensweise für die Vorbereitung einer Polymerase Chain Reaction (PCR) begann mit dem Vorlegen des gewünschten cDNA-Volumens in autoklavierte 200 µL Reaktionsgefäße (Roth, Karlsruhe). [Seite 38↓]Durch die Zugabe des Premixes wurden Puffer, dNTPs, Primer forward, Primer reverse und Taq-Polymerase in den notwendigen Konzentrationen im Endvolumen von 25 µL des Ansatzes eingestellt. Die anteiligen Volumina der jeweiligen Komponenten in den Ansätzen für die verschiedenen Biomarker sind Tabelle 2.1 zu entnehmen.

Tab. 2.1:
Volumina der Einzelbestandteile eines PCR-Ansatzes für ein Reaktionsgefäß bei Amplifikation verschiedener Biomarker (EF = Elongations-faktor 1α, RBP = retinol binding protein, VG = Vitellogenin, ER = Estrogen Rezeptor, AR = Androgen Rezeptor)

 

EF

RBP

VG

ER

AR

cDNA

3 µL

3 µL

3 µL

5 µL

5 µL

Aquabidest

18,7 µL

18,7 µL

18,7 µL

16,7 µL

16,7 µL

Taq-Puffer, 10x

2,5 µL

2,5 µL

2,5 µL

2,5 µL

2,5 µL

dNTPs

0,2 µL

0,2 µL

0,2 µL

0,2 µL

0,2 µL

Primer forward

0,2 µL

0,2 µL

0,2 µL

0,2 µL

0,2 µL

Pirmer reverse

0,2 µL

0,2 µL

0,2 µL

0,2 µL

0,2 µL

Taq-Polymerase

0,2 µL

0,2 µL

0,2 µL

0,2 µL

0,2 µL

Waren alle erforderlichen Reaktionselemente im Gefäß vereint, wurden diese durch Vortexen gründlich gemischt und durch kurze Zentrifugation in die Gefäßspitze gebracht.

Im Anschluss erfolgte die Überführung in den Thermocycler (T1 Thermocycler, Biometra, Göttingen), in dem die zyklische Ansteuerung der für Denaturierung, Annealing und Elongation geeigneten Temperaturen in einer für jeden Biomarker separat optimierten Weise stattfand (Tab. 2.2). Vor dem Beginn der eigentlichen Amplifikationszyklen sorgte eine vorgeschaltete Denaturierungsphase für den gleichmäßigen Schmelzzustand aller Proben zum Reaktionsstart. Nach dem ersten Denaturierungs-, Annealing- und Elongationsschritt wurden diese drei Phasen gemäß den Angaben in Tabelle XX mehrfach wiederholt, ehe eine zweiminütige Periode im Bereich des Temperaturoptimums der Taq-Polymerase bei 72°C dem Enzym ermöglichte, im Laufe der PCR eventuell nicht vollständig verlängerte Stränge zu ergänzen. Mit diesem Schritt war die PCR-Reaktion beendet, die Proben wurden automatisch auf 10°C abgekühlt und konnten aus dem Thermocycler entnommen werden. Bis zum Auftrag auf ein Agarosegel (1,5%) erfolgte die Lagerung der Amplifikate bei -20°C.


[Seite 39↓]

Tab. 2.2:
Ablauf einer PCR hinsichtlich Temperaturfolge und Dauer der Einzelschritte zur Amplifikation verschiedener Biomarker (EF = Elon-gationsfaktor 1α, RBP = retinol binding protein, VG = Vitellogenin, ER = Estrogen Rezeptor, AR = Androgen Rezeptor)

 

EF

RBP

VG

ER

AR

1. Denaturierung

94°C, 1’

94°C, 1’

94°C, 1’

94°C, 1’

94°C, 1’

2. Denaturierung

94°C, 1’

94°C, 1’

94°C, 1’

94°C, 1’

94°C, 1’

3. Annealing

60°C, 1’

61°C, 1’

59°C, 1’

60°C, 1’

60°C, 1’

4. Elongation

72°C, 1’

72°C, 1’

72°C, 1’

72°C, 1’

72°C, 1’

Rücksprünge (⇒ 2.)

21

22

35

37

37

5.Schlußschritt

72°C, 2’

72°C, 2’

72°C, 2’

72°C, 2’

72°C, 2’

6. Endtemperatur

10°C

10°C

10°C

10°C

10°C

2.4.4 Gelelektrophorese

Medien und Chemikalien

PCR-Produkt

  

TAE-Puffer, 50x

  
 

Tris6

242,0 g

(Roth, Karlsruhe)

 

NaEDTA7

18,6 g

(Roth, Karlsruhe)

 

Eisessig

57,1 mL

(Riedel de Haën, Seelze)

 

Aquabidest,

add. 1 L

 

Agarose SFR, biotechnology grade

(Amresco, Solon/Ohio, US)

Ethidiumbromidlösung (1%)

(Roth, Karlsruhe)

5x DNA Blue runTM

(Hybaid-AGS, Heidelberg)

BioLadder 100

(Hybaid, Heidelberg)


[Seite 40↓]

Durchführung

Zur Analyse der Amplifikate wurde mit Hilfe der Gelelektrophorese die Länge und relative Menge der PCR-Produkte bestimmt. Hierzu wurde mit 1x TAE-Puffer unter Beimischung von 0,1‰ Ethidiumbromidlösung ein Agarosegel (1,5%) hergestellt. Auf dieses wurden die Proben aufgetragen und in einer Horizontalgelelektrophoresekammer (Agagel Midi-Wide, Biometra, Göttingen) bei einer Spannung von etwa 60 V für ca. eine halbe Stunde aufgetrennt, wobei eine Differenzierung der PCR-Produkte nach ihrer Größe erfolgte. Um eine Aussage über die Länge der Amplifikate treffen zu können, wurde in jedem Lauf parallel zu den Proben ein Bioladder mitgeführt, der ein Gemisch verschiedener DNA-Moleküle definierter Basenpaarzahl (von 100 bis 1000 bp) zum Vergleich der Laufweiten beinhaltet. Im Anschluß wurde das Agarosegel auf einen UV-Leuchttisch (Bioblock Scientific, Illkirch, Frankreich) verbracht und einer Wellenlänge von λ = 254 nm ausgesetzt, wodurch das enthaltene Ethidiumbromid zur Fluoreszenz angeregt wurde. Aufgrund seiner planaren Struktur war das Ethidiumbromid in der Lage, in die Zwischenräume der gleichfalls planaren Basen der DNA zu interkalieren, wodurch es zu einer Anreicherung des Ethidiumbromids und damit einer Erhöhung des Fluoreszenzgrades im Bereich der DNA kam, die mit der vorhandenen Menge des Amplicons korrelierte. Um die auf diese Weise dargestellten Banden und ihre Intensität zu dokumentieren, wurde das Gel mit Hilfe einer Videokamera (TK-1070 E, JVC) und einer bildgebenden Software (StudioDC10plus, Pinnacle Systems, Braunschweig) in ein EDV-verwertbares Format gewandelt. Eine anschließende Auswertung durch ein geeignetes Computerprogramm (GelScan Professional V 4.0, BioSciTec, Marburg) erlaubte die densitometrische Erfassung der Intensität der differenzierten Banden und dadurch eine semiquantitative Analyse der mRNA-Mengen im Probengewebe.

2.4.5 Sequenzierung

Um zu überprüfen, ob die Basenfolge des PCR-Produktes mit der gewünschten übereinstimmt, wurde das Amplifikat einer Sequenzanalyse unterzogen.

Hierzu wurde die Bande mit dem Skalpell unter UV-Licht aus dem Gel geschnitten und die amplifizierte DNA mit Hilfe des QIAquick Gel Extraktion Kit (Quiagen, Hilden) aus dem Agarosestück eluiert. In dieser Form vorliegend wurde das Amplifikat an ein Sequenzierlabor (Seqlab, Göttingen) verschickt. Dort konnte mit Hilfe der Taq-Cycle-Sequenzierung, die analog zur Didesoxymethode (Sanger et al. 1977) arbeitet, die Basenfolge des PCR-Produkts ermittelt wurden.


[Seite 41↓]

2.5  Radio Rezeptor Assay (RARA)

Der Radiorezeptorassay (RARA) bietet durch die Verwendung radioaktiv markierter Liganden, deren biologische Bindungsaktivität durch diese Markierung unbeeinflusst bleibt, die Möglichkeit, spezifische Rezeptoren zu untersuchen. Zu nennen sind kinetische Versuche zur Assoziation und Dissoziation sowie Sättigungsexperimente, die eine Charakterisierung eines Rezeptors und des Bindungsverhaltens des entsprechenden Liganden zulassen. Darüber hinaus bietet diese Methode die Option, durch Kompetitionsexperimente das Potenzial einer Substanz oder eines Substanzgemisches, den natürlichen Liganden von seinem Rezeptor zu verdrängen, zu beurteilen.

Hierzu wird der radioaktiv markierte Ligand (Radioligand) in einer Konzentration eingesetzt, die dem Bereich seiner Dissoziationskonstanten (KD-Wert) entspricht. Dieser Wert gibt die in Sättigungsexperimenten durch Scatchard-Analyse (Scatchard 1949) ermittelte Konzentration an, bei der statistisch die Hälfte aller spezifischen Rezeptoren durch den Radioliganden besetzt sind. Wird nun ein unmarkierter Ligand (Kompetitor) in steigenden Konzentrationen zugegeben, so findet eine Verdrängungsreaktion statt, die durch eine abnehmende Bindung des Radioliganden an den Rezeptor dokumentierbar ist. Auf diese Weise kann indirekt die Wechselwirkung von unmarkierten Substanzen oder Substanzgemischen mit diesem Rezeptor charakterisiert werden.

Die abnehmende Bindung des Radioliganden in Abhängigkeit der Konzentration des unmarkierten Liganden, wird in Prozent der spezifischen Bindung des Radioliganden ohne Kompetitor in einer Kompetitionskurve dargestellt. Durch eine Linearisierung dieser Kompetitionskurve über eine logit-log-Transformation lässt sich der IC50-Wert („inhibiting concentration 50%“) berechnen. Dieser Transformation liegt die Formel logit (P) = ln (P/1-P) zu Grunde, wobei P dem prozentualen Anteil der spezifischen Bindung des unmarkierten Liganden am Ausgangswert (Basis = 1) entspricht. Die Dar­stellung dieser Umformung erfolgt im logit/log-Plot. Die Einführung einer Regressionsgeraden erlaubt die Berechnung von logit = 0 (P = 0,5) und damit des IC50-Wertes. Dieser IC50-Wert gibt die statistisch ermittelte Konzentration des unmarkierten Liganden wieder, bei der 50% des spezifisch gebundenen Radioliganden durch den unmarkierten Liganden vom Rezeptor verdrängt worden sind. Der Quotient der IC50-Werte von exogenem zu natürlichem Ligand wird als relative Bindungsaffinität (RBA) bezeichnet und stellt ein Maß für das Bindungspotenzial von Substanzen oder Substanzgemischen an den [Seite 42↓]untersuchten Rezeptor dar, das in Äquivalenten des natürlichen Liganden angegeben wird.

Auf Basis der Charakterisierung des Estrogenrezeptors von Xenopus laevis (Lutz & Kloas 1999) wurde der RARA im Rahmen dieser Arbeit dazu verwendet, das Vermögen der lipophilen Inhaltsstoffe, die aus komplexen Matrizes wie z.B. Wasserproben aus der Umwelt extrahiert wurden, zu analysieren, an diesen Hormonrezeptor zu binden. Die Bindung an den ER ist die Voraussetzung dafür, dass auch biologische Wirkungen auf das Hormonsystem hervorgerufen werden können.

Medien und Chemikalien

Extrakte komplexer Matrizes (vgl. 2.6 Extraktion)

Tris-HCl-Puffer (direkt vor Gebrauch frisch anzusetzen):

 

Tris-HCl

20 mM

(Boehringer, Ingelheim)

 

Saccharose

250 mM

(Merck, Darmstadt)

 

Na2-Molybdat

10 mM

(Merck, Darmstadt)

 

Dithiothreitol (DTT)

5 mM

(Boehringer, Ingelheim)

Aktivkohlesuspension:

 

Tris-HCl-Puffer

20 mM

 
 

Aktivkohle Norit A, 4-7 µm

3,75 %

(Boehringer, Ingelheim)

 

Dextran T 70

0,375 %

(Roth, Karlsruhe)

Hormonlösung (radioaktiv):

 

[3H]-17β-Estradiol, 51 Ci/mmol

(Amersham, Braunschweig)

 

Ethanol, 5%

(Merck, Darmstadt)

Szintillationscocktail Ultima Gold

(Canberra-Packard, Frankfurt)

Durchführung

Zwei frisch entnommene Xenopus-Leberhälften wurden unverzüglich in eiskalten Tris-HCl-Puffer überführt und gewogen. Der anschließenden mechanischen Zerkleinerung der Leber folgten zwei Waschschritte mit wiederum eiskaltem Tris-HCl-Puffer zur Blutentfernung, worauf die Leberstücke im gleichen Puffer aufgenommen (6 mL/g Gewebe) und mit Hilfe eines motorbetrie­[Seite 43↓]benen Teflon-Pistills (Braun, Melsungen) in einem Glasplottergefäß bei 1000 U/min in 10-15 Wiederholungen homogenisiert wurden.

In einem ersten Zentrifugationsschritt wurde die Suspension zunächst 15 min bei 12 000 g und 4°C zentrifugiert (Centrikon T-124, Rotor 12.24, Kontron, Neufahrn), ehe der Transfer des Überstandes (ohne die Lipidfrak­tion) in die Ultrazentrifuge erfolgte (Ultrazentrifuge TGA, Kontron, Neufahrn), in der dieser für eine Stunde bei 100 000 g und 4°C verblieb. Die gewünschten cytosolischen Estrogenrezeptoren waren im Überstand dieser abschließenden Zentrifugation enthalten, welcher zur weiteren Verwendung abgezogen wurde. Die Untersuchungen des Kompetitionsverhaltens wurden in separaten Wiederholungen mit dem Cytosol von je drei Männchen und Weibchen durchgeführt.

Die im Rahmen der Kompetitionsstudien verwendeten Inkubationsansätze enthielten jeweils 25 µL [3H]-17β-Estradiol zur Einstellung einer Endkonzentration von 15 nM im Ansatz, 150 µL Puffer, 100 µL Lebercytosol und 10 µL Probengut. Als Probengut wurden parallel zu einer Konzentrationsreihe von 10-9 bis 10-3 M unmarkierten 17β-Estradiols eine Verdünnungsreihe des 1 000fach angereicherten Extraktes inkubiert, die auf die 0,7x, 3,5x, 17,5x bzw. 35x Konzentrierungsstufe des Ausgangsmediums eingestellt wurde. Dies erlaubte einen Vergleich des kompetitiven Verdrängungspotentials der Extraktinhaltsstoffe mit dem des natürlichen Liganden.

Die Inkubation der Ansätze erfolgte für 24 h bei 4°C. Danach wurden je 300 µL Aktivkohlesuspension zu den Proben gegeben und gevortext, um rezeptorgebundene Estrogene von frei in der Lösung vorhandenen abzutrennen. Letztere wurden von der Aktivkohle absorbiert und in einem Zentrifugationsschritt (3 750 g, 15 min) abgetrennt. Ein 300 µL Aliquot des Überstandes wurde zu 3 mL Szintillationscocktail gegeben und zur Messung in einen Flüssigkeitsszintillationszähler (LSC, Tri Carb 300, Packard) gebracht.

Die Menge an hormonartigen Inhaltsstoffen des Extraktes mit Bindungsfähigkeit zum Estrogenrezeptor wurde auf folgende Weise berechnet. Aus den Kompetitionsdaten der 17β-Estradiol-Referenzkonzentra-tionen (10-9 – 10-5 M) wurde nach Transformation in einen logit-log-Plot eine Regressionsgerade erstellt. Der Schittpunkt dieser Geraden mit der x-Achse gibt den IC50-Wert für den natürlichen Liganden 17β-Estradiol an. Der IC50-Wert stellt die rechnerisch ermittelte Konzentration dar, bei der die Hälfte des gebundenen radioaktiven Liganden durch nicht markiertes 17β-Estradiol verdrängt wurde.

Parallel zur Konzentrationsreihe des 17β-Estradiol wurden verschiedenen Anreicherungsstufen der natürlichen Medien auf ihr Verdrängungspotenzial hin untersucht. Dazu wurden die zunächst 1 000 fach angereicherten Extrakte (siehe Kapitel 2.6) 1 : 50, 1 : 10, 1 : 2 und unverdünnt im RARA ein­[Seite 44↓]gesetzt. Durch die Verdünnung im experimentellen Ansatz ergaben sich hieraus Konzentrierungsstufen von 0,7x; 3,5x; 17,5x und 35x. Analog zu dem für den natürlichen Liganden beschriebenen Vorgehen wurde für die Extrakte der Konzentrierungsfaktor berechnet, bei dem die Hälfte aller Rezeptoren aufgrund der Verdrängung durch die Inhaltsstoffe des Extraktes nicht mehr mit dem radioaktiven Liganden besetzt sind. Der Quotient von IC50-Wert des 17β-Estradiols und dem errechneten Konzentrationsfaktor gibt das Potenzial der Extrakte in Estradioläquivalenten an, mit dem die enthaltenen Substanzen an den cytosolischen Estrogenrezeptor der Leber von Xenopus laevis binden können.

2.6 Extraktion

Um die Inhaltsstoffe komplexer Matrizes auf ein Konzentrationsniveau anzureichern, das eine Prüfung in den bereits beschriebenen Bioassays zuließ und darüber hinaus den Versuch zu unternehmen, eine einfachere, aber ebenso verlässliche Alternative zu aufwändigen Freilanduntersuchungen anzubieten, wurden Extrakte der auch anderweitig im Rahmen dieser Arbeit untersuchten Medien angefertigt und zur Analyse herangezogen.

Im Fokus des Interesses standen lipophile Stoffe, deren Anreichung über eine C18-Festphasenextraktion möglich ist. Die langkettigen, aliphatischen Reste des Sorbens halten beim Durchlauf eines Mediums hydrophobe Substanzen zurück, die im Anschluss eluiert und so für den weiteren Einsatz in experimentellen Untersuchungen verfügbar gemacht werden können.


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Medien und Chemikalien

Proben von Oberflächengewässsern

 

Bakerbond spe glas columns

mit PTFE-Fritten, 8 mL, 2 g C18

(Baker, Deventer, Niederlande)

Chromabond C18ec Polypropylensäulen

70 mL, 10g Sorbens

(Macherey & Nagel, Düren)

Methanol, gradient grade

(Merck, Darmstadt)

Wasser, HPLC grade

(Merck, Darmstadt)

Ethanol, gradient grade

(Merck, Darmstadt)

Durchführung

Das Probenvolumen des zu extrahierenden Mediums lag abhängig von der notwenigen Extraktmenge für das Experiment, in dem diese untersucht werden sollten, bei 2 oder 100 L. Für die 2 L-Proben wurden Bakerbondsäulen benutzt, während die Extraktion des größeren Volumens mit Chromabond-Säulen durchgeführt wurde. Vor dem Probenkontakt wurden die Säulen mit Methanol konditioniert. Nach einem abschließenden Waschschritt mit Wasser war die Vorbereitung der Kartuschen für die Extraktion beendet.

Die Proben wurden mit einer Durchflussrate von etwa 10 mL/min auf die Säulen gegeben. Um den Durchfluss zu unterstützen und zu beschleunigen, saßen die Säulen einer Unterdruckkammer (Column Processor spe 12G, Baker, Deventer, Niederlande) auf. Nachdem das gesamte Probenvolumen die Kartusche passiert hatte, erfolgte ein abschließender Spülschritt mit Wasser und die Trocknung des Sorbens unter einem Stickstoffstrom.

Mit Hilfe von Methanol wurden die lipophilen Bestandteile vom C18-Trägermaterial eluiert und in einem Glasgefäß aufgenommen. Die auf diese Weise erhaltenen Extrakte wurden mit Stickstoff abgeblasen und so bis zur Trockenheit eingeengt. Die Wiederaufnahme der Substanzen in dem für den Einsatz in Bioassays geeigneten Träger Ethanol erfolgte unter anoxischen Bedingungen. Hierzu wurde den Proben in Stickstoffatmosphäre (Microflow Anaerobic System Mk 2, MDH, Andover, GB) ein Volumen des Alkohols zugegeben, das so gewählt war, dass sich nach dem Lösen der Extrakte eine 1000fache Anreicherung der lipophilen Inhaltsstoffe in Bezug auf das Ausgangsmedium einstellte. Ein optimaler Wiederlösungsgrad der extrahierten Substanzen wurde durch zweitägiges Schütteln bei etwa 200 rpm sichergestellt. Die Lagerung der Extrakte erfolgte bei 4°C.


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2.7  Statistik

Die Untersuchung der ermittelten Daten auf signifikante Unterschiede wurde mit Hilfe der statistischen Software SPSS (Statistical Package for the Social Sciences, Version 9.0.1, SPSS Inc., Chicago, USA) durchgeführt. Es wurden dazu folgende statistische Testverfahren angewandt:

In den Versuchen der vorliegenden Arbeit wurden stets mehrere Teilgruppen im Rahmen eines Experimentes untersucht. Als Voraussetzung für den Vergleich von zwei dieser Gruppen auf signifikante Unterschiede wurde zunächst der Kruskal-Wallis-Test angewendet (Kruskal & Wallis 1952). Dieses Verfahren prüft, ob die zu untersuchenden Gruppen einer Grundgesamtheit entstammen und damit, ob die Untersuchung auf signifikante Unterschiede zwischen einzelnen Gruppen zulässig ist.

Zum direkten Vergleich zweier Gruppen auf Signifikanzen wurde der parameterfreie U-Test nach Mann-Whitney herangezogen (Weber 1986).


Fußnoten und Endnoten

1 humanes Choringonadotropin

2 vollständig entionisiertes Wasser, Leitfähigkeit ≤ 2 µS/cm

3 N-(2-hydroxyethyl)piperazin-N´-(2-ethansulfonsäure)

* dankenswerterweise zur Verfügung gestellt von:
Dr. Christiane Maser-Gluth, Pharmakologisches Institut, Universität Heidelberg

4 counts per minute

5 Sequenzen des internen Standards aus: Dosch et al. (1997)

6 Tris(Hydroxymethyl)aminomethan

7 EDTA = Ethylendiamintetraacetat



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30.01.2004