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2.  Material und Methoden

2.1 Studiendesign

In der vorliegenden Studie wurde am linken Kniegelenk von 36 ausgewachsenen weiblichen Merinoschafen eine offene vordere Kreuzbandersatzplastik vorgenommen. Als Transplantat diente ein freies Sehnentransplantat des Musculus flexor digitorum superficialis. Das Transplantat wurde femoral und tibial mit einer biodegradierbaren poly-(D,L-lactid) (PDLLA) Interferenzschraube auf Höhe des Gelenkspaltes fixiert. Postoperativ wurden nach standardisierten Protokollen Röntgenverlaufskontrollen und in-vivo Fluoreszenzmarkierungen vorgenommen. Die Tiere wurden 2-3 Tage vor und bis zu jeweils 8 Tagen nach dem operativen Eingriff in unserer tierexperimentellen Einrichtung untergebracht. Die übrige Zeit waren die Tiere auf einem Außengelände der Charité in einem Stall mit freier Auslaufmöglichkeit untergebracht. Vor der Tötung erfolgte eine MRT Untersuchung des operierten Kniegelenkes. Nach der Explantation wurden die Kreuzbandrekonstruktionen biomechanisch getestet. Abschließend wurden die hier im weiteren vorgestellten histologischen Untersuchungen durchgeführt. Von meinen Mitdoktoranden wurden spezielle Fragestellungen zur Biomechanik der Kreuzbandrekonstruktion, zum Degradationsverhalten des PDLLA-Interferenzschraubenimplantats, zum Ablauf der Knochen-Sehnen-Heilung (120) und der Aussagekraft der MRT bezüglich der Transplantateinheilung (122) untersucht.

Die Studie wurde mit Genehmigung der staatlichen Tierversuchskommission durchgeführt und durch Mittel der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert. Während des gesamten Versuchszeitraumes befanden sich die Tiere unter tierärztlicher und tierpflegerischer Kontrolle der tierexperimentellen Abteilung der Charité/ Campus-Virchow.

2.2 Tiermodell und Standzeiten

Um eine möglichst große klinische Relevanz unserer Untersuchungen zu gewährleisten, mußte ein Großtiermodell gewählt werden. Das Schaf eignet sich aufgrund seiner Größe ideal als Versuchstier und wurde von vielen Arbeitsgruppen aus dem Gebiet der Kreuzbandchirurgie bereits erfolgreich verwendet (93,127).


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Für den Tierversuch wurden weibliche Merinoschafe mit einem durchschnittlichen Körpergewicht von 51,4 ( ± 8,7) kg verwendet. Diese wurden über einen eingetragenen Züchter bezogen. Um eine Beeinflussung der Transplantateinheilung durch eine noch aktive Wachstumsfuge auszuschließen, wurden die Tiere vor Versuchsbeginn geröntgt und entsprechend selektiert.

Abbildung 6: Versuchstiere in der tierexperimentellen Abteilung der Humboldt-Universität zu Berlin, Charité, Campus Virchow.

Im Vergleich zum Menschen besitzen Schafe nur sehr dünne und flächige Hamstringsehnen, die zur Rekonstruktion des VKB nicht geeignet sind. Daher wurde als Transplantat die Sehne des ipsilateralen Musculus flexor digitorum superficialis verwendet (Hunt et al, nicht publizierte Daten).

Abbildung 7: Anatomische Studie am Hinterlauf des Schafes. Markiert sind die sich beim Schaf nur sehr dünn und flächig darstellenden Sehnenanteile der Mm. semitendinosus und gracilis (), sowie M. semimembranosus ( # ). In der Studie wurde daher die Sehne des M. flexor digitorum superficialis verwendet, die von der Achillessehne () umhüllt wird.


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Die Schafe wurden in sechs Gruppen à sechs Tieren aufgeteilt. Es wurden postoperative Standzeiten von 6, 9, 12, 24, 52 und 104 Wochen festgelegt.

Aus der Literatur und Arbeiten anderer Projektgruppen ist bekannt, daß das Transplantatremodelling und die Transplantateinheilung nach 24 Wochen weitgehend abgeschlossen ist. Hinsichtlich eines in der Praxis immer wieder geforderten frühzeitigsten Beginn von physiotherapeutischen Übungsbehandlungen, war für uns von Interesse, Daten über die biomechanische Belastbarkeit und die dazu korrelierenden biologischen Umbauprozesse des Transplantats in der frühen Einheilungsphase nach VKB-Ersatz zu erhalten. Dazu wurden biomechanische Testungen zur Ermittlung der Bandlaxizität und Ausrißfestigkeit durchgeführt Die Standzeiten von 52 und 104 Wochen sollten Aufschluß darüber geben, ob in dieser späten Phase noch Umbauprozesse im Sinne eines späten Remodellings im Transplantat stattfinden.

Tabelle 1: Übersicht der verschiedenen Versuchsgruppen und ihre Standzeiten, sowie die vorgenommenen Untersuchungen (natives VKB und die Flexorsehne wurden randomisiert von der nicht operierten Gegenseite entnommen)

 

Anzahl

der

Tiere

Bio-

mechanische

Testungen

Knochen-

Band-

Heilung

Band-

heilung

Schrauben-

degradation

Kontrollgruppen

 

natives VKB

(-)

  

9

 

Flexorsehne

(-)

  

6

 

Standzeiten

 

6 Wochen

6

6

6

5

6

9 Wochen

6

6

6

5

6

12 Wochen

6

6

6

5

6

26 Wochen

6

6

6

5

6

52 Wochen

6

5

5

5

5

104 Wochen

6

6

6

5

6


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2.3  Operatives Vorgehen

2.3.1 Prämedikation, Narkose und Analgesie

Zur Sedierung wurden über eine in die V. jugularis externa eingebrachte Venenverweilkanüle1 zunächst 1000 mg Thiopental2 (aufgelöst in 20 ml Aqua dest.) verabreicht. Nun wurden die Tiere an beiden Hinterläufen von der Hüfte bis kurz über den Huf rasiert und gereinigt. Mit einer Ohrmarke wurden die Tiere zur Gruppenzuteilung markiert. Anschließend wurden die Tiere an beiden Vorderläufen sowie dem rechten Hinterlauf auf dem OP- Tisch in rechter Seitenlage fixiert. Zum intraoperativen Monitoring wurde den sedierten Tieren drei EKG- Elektroden auf der Brusthaut festgenäht.

Nach erneuter Gabe von ca. 1000 mg Thiopental ( aufgelöst in 20 ml Aqua dest.) konnten die Tiere mit Hilfe eines Laryngoskop mit langem geradem Spatel (nach Foregger) und einem Oxford-Tubus, Größe 8.0, intubiert werden. Zuletzt wurde ein Magenkatheter gelegt.

Die Tiere wurden intraoperativ durch einen Narkosegerät3 mit einem durchschnittlich Minutenvolumen von 7 Litern beatmet. Zugeführt wurde ein Gemisch aus Stickoxydul und Sauerstoff im Verhältnis 3 : 2 und 1-2% Isoflurananteil. Während der Operation erhielten die Tiere über den zentralen Zugang isotonische Kochsalzlösung infundiert. Zur Antibioseprophylaxe wurden 2,2 g Augmentan®4 als Einmalgabe verabreicht.

Zur Schmerzprophylaxe bekamen die Tiere postoperativ ein Gemisch aus 1250 mg Novaminsulfon5 und 50 mg Tramadol6 über drei Tage intramuskulär injiziert.


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2.3.2  Operative Phase

Das operative Vorgehen erfolgte nach herkömmlichen sterilen Regeln. Nach sterilem Abwaschen mit Polyvidonjodlösung7und Abdecken des linken Hinterlaufes wurde zunächst das Flexorsehnentransplantat gewonnen. Über einen longitudinalen Hautschnitt am linken Hinterlauf wurden die bindegewebigen Verschiebeschichten bis auf die Sehne des M. flexor digitorum longus durchtrennt. Diese umschließt die Sehne des M. flexor digitorum superficialis mantelförmig. Die Sehne des M. flexor digitorum longus wurde der Länge nach durchtrennt und das Transplantat nun unter Zuhilfenahme von zwei Overholt-Zangen mobilisiert. Nun wurde ein 7 - 9 cm langes und 0,5 - 0,8 cm breites Stück aus ihr scharf herausgetrennt, so daß stets ein Teil der ursprünglichen Sehne intakt blieb. Abschließend wurde die Wunde schichtweise mit Vicryl® 3/0 und Ethilon II ® 3/0 wieder verschlossen. In jedes Ende des gewonnen Transplantats wurde mit einer 1,5 - fachen Kirchheim-Kessler Sehnennaht ein kräftiger Haltefaden aus Vicryl CT® 1/0 Faden geschlungen und dieser auf seine Ausrißfestigkeit geprüft. Das fertig präparierte Transplantat wurde dann in einer mit physiologischer Kochsalzlösung getränkten Mullkompressen feucht gehalten.

Abbildung 8: Prüfung der Ausrißfestigkeit der eingebrachten 1,5 fachen Kirchheim-Kessler Sehnennaht.

2.3.3 Kreuzbandersatz

Über einen 12 - 15 cm langen Hautschnitt medial des Lig. Patellae wurde nach Durchtrennung der Verschiebeschichten und Einkerbung des M. vastus medialis die Gelenkkapsel eröffnet. Anschließend konnte die Patella nach lateral luxiert werden und der Gelenkraum dargestellt werden. Der Hoffa`sche Fettkörper wurde dabei unter Erhaltung des Lig. transversum genus durchtrennt. Nun wurde das vordere Kreuzband [Seite 29↓]herausgetrennt und die Insertionsstellen mit dem scharfen Löffel debridiert. Um ein späteres Impingement des Transplantates an der lateralen Notchwange zu vermeiden, wurde hier die Fossa intercondylaris (Notch) mit einem kleinen (5 mm) Meißel erweitert.

Zur Verankerung des Transplantates wurden femoral und tibial, jeweils im Bereich der alten Bandansätze, 3,5 mm große bikortikale Bohrkanäle gebohrt. Anschließend wurde femoral auf 6 mm, bis 25 mm tief, aufgebohrt. Tibial wurde der Bohrkanal komplett bis durch die Gegenkortikalis auf 6 mm aufgebohrt. Nach Aufweitung der Bohrlöcher mit einem 7 mm großen Dilatator zur Verdichtung der Spongiosa und Entgratung mit einer groben Feile, wurde jetzt das Transplantat mit Hilfe eines Ösendrahtes über seine Haltefäden in die Bohrkanäle eingefädelt und durch die Haut ausgeführt. Zur Streckung der Sehnenfibrillen wurde das Transplantat in-situ mit 60 Nm für ca. 1 min. vorgespannt (113).

Abbildung 9: Vorspannung des Transplantates mit 60 Nm für ca. für 1 min.

Danach wurde es unter Zugspannung zunächst femoral, dann tibial mit je einer 8 x 23mm großen bioresorbierbaren Interferenzschraube (Sysorb®8) verankert. Nach dem Entfernen der Haltefäden erfolgte der Kapselsverschluß mit Vicryl® SH 1/09 und der schichtweise Wundverschluß.


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Abbildung 10: Schematische Darstellung des VKB-Ersatzes mittels Flexorsehne und Verankerung mit resorbierbaren Interferenzschrauben auf Gelenkniveau ( aus Weiler et al. 2002 (121) )

2.4 Explantation

Nach 6, 9, 12, 24, 52 und 104 Wochen wurden jeweils 6 Schafe getötet. Dazu wurde den Tieren eine Venenverweilkanüle in die V. jugularis externa gelegt und zunächst 0,5 ml Thiopental (1000 mg Thiopental aufgelöst in 20 ml aqua dest.) zur Sedierung verabreicht. Nach Applikation von 40-60 ml Kaliumchlorid10 trat der Tod durch Herzstillstand ein.

Anschließend wurden beide Kniegelenke in toto explantiert. Nach sterilem Abpunktieren der Synovialflüssigkeit wurde die Kniegelenkskapsel eröffnet. Der Binnenraum wurde makroskopisch hinsichtlich Entzündungszeichen (Gefäßinjektionen der Synovialis, Gelenkergußbildung und Synovialishyperthrophie), sowie der Ausbildung einer neuen synovialen Hüllschicht um das Transplantat beurteilt und photographisch dokumentiert. Für etwaige sich später stellende Fragestellungen bezüglich entzündlicher Reaktion auf das bioresorbierbare Implantat wurden routinemäßig Synoviaabstriche angefertigt, die inguinalen Lymphknoten sowie Synovialisproben entnommen.


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Nun wurden die Kniegelenke nach entsprechender Präparation und Einbettung der femoralen und tibialen Knochenenden in einer Materialtestmaschine (Zwick UPM 145511) biomechanisch getestet. Es wurde die anterior-posteriore Translation im Schubladentest sowie die Ausrißfestigkeit des Kreuzbandersatzes ermittelt (121). Nach der biomechanischen Testung wurde das vordere Kreuzband scharf reseziert. In den Gruppen mit kurzer Standzeit (6 und 9 Wochen) kam es beim Ausreistest zu einem intraligamentären Versagen des Kreuzbandersatzes, sodaß nur 5 Tiere pro Gruppe ausgewertet werden konnten. Durch den weiteren Verlust eines Tieres in der 52 Wochen Gruppe wurden in die spätere histologische Auswertung aus jeder Gruppe auch nur je 5 Tiere in die histologische Auswertung übernommen (siehe auch Tabelle 1). Weiterhin wurden als Kontrollgruppen randomisiert insgesamt 9 native vordere Kreuzbänder, sowie 6 Flexorsehnen der nicht operierten Gegenseite als Transplantat zum Zeitpunkt Null entnommen.

2.5 Histologische Aufarbeitung

Zur Herstellung von histologischen Präparaten wurde das bei der Explantation entnommene Gewebe zunächst für mindestens 48 Stunden in 5% Formalinlösung12 fixiert. Anschließend wurden Proben des mittleren Drittels in längs und quer zum Faserverlauf geschnittene Portionen geteilt und über 18 Stunden lang automatisch entwässert13 . Zuletzt wurde das Gewebe in Paraffin14 eingebettet und mit einem Mikrotom15 3-4 µm dünne Serienschnitte angefertigt. Diese wurden für die konventionelle Lichtmikroskopie auf unbehandelte, für die immunhistologischen Färbungen auf silanisierte16 Objektträger17aufgezogen.


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2.6  Konventionelle Färbungen

Als Übersichtsfärbungen wurden die Färbung mit Haematoxylin18 und Eosin19 (H&E), sowie die Trichromfärbung nach Masson-Goldner gewählt. Mit Hilfe der H&E Färbung lassen sich Zellen differenziert darstellen und unterscheiden. Die Masson-Goldner Trichromfärbung ermöglicht die Beurteilung der Extrazellulärmatrix und die Differenzierung von Kollagenfibrillen und Epithelgewebe (hier: synoviale Oberfläche).

2.7 Immunhistologie

2.7.1 Theorie der Immunhistologie

Immunhistochemische Färbemethoden ermöglichen es antigene Strukturen (Epitope) von Zellen und Gewebsabschnitten durch spezifische Antikörper nachzuweisen und zu identifizieren.

In der Immunhistochemie werden fast ausschließlich IgG und IgM verwendet. Seit der ersten Verwendung fluoreszenzfarbstoffmarkierter Antikörper durch Coons 1941 (33) wurde die Sensitivität und Spezifität immer weiter verbessert. Heute werden spezifische Antikörper eingesetzt, die durch Isotope, partikuläres Material (z.B. Erythrozyten), Fluoreszenzfarbstoffe oder Enzyme markiert sind und so dargestellt werden können. Als wesentliche Voraussetzung für die Wertigkeit der Methoden und Untersuchungen sind die Spezifität der verwendeten Antikörper für das zu markierende Antigen, sowie die Stabilität der nachzuweisenden antigenen Strukturen. Diese hängt sowohl von der chemischen Natur des Antigens, als auch von der Vorbehandlung (Fixierung, Einbettmedium, Färbeprotokoll) ab. Grundsätzlich unterscheidet man polyklonale und monoklonale Antikörper (21,36).


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Polyklonale Antikörper

Polyklonale Antikörperpräparationen entstammen von verschiedenen B-Lymphozyten (Plasmazellen) und sind somit heterogen (bezüglich ihres Antigen-Bindungsspektrums). Sie reagieren mit verschiedenen Epitopen des Antigens gegen das sie gebildet wurden. Somit wird die Sensitivität und Reaktivität der Färbemethode erhöht, da mehrere Bindungsstellen des Antigens erkannt und besetzt werden. Sie haben jedoch den Nachteil, durch Kreuzreaktionen mit ähnlichen antigenen Determinanten, falsch positive Ergebnisse zu erzeugen.

Monoklonale Antikörper

Monoklonale Antikörperpräparationen stammen von einem einzigen B-Zell-Klon. Diese Zellklone werden durch Fusion einer antigenspezifischen Plasmazelle und einer nicht-sekretorischen Myelomzelle gewonnen. Die B-Lymphozyten sind in der Lage spezifische Antikörper zu produzieren, während die Myelomzellen für die Stabilität, Langlebigkeit und Kultivierbarkeit des Hybrids sorgen. Durch klonale Vermehrung können theoretisch unendlich viele Antikörper produziert werden. Alle Antikörper eines Plasmazellklons sind immunchemisch identisch, homogen und reagieren nur gegen ein spezifisches Epitop des Antigens, gegen das sie produziert wurden. Somit haben monoklonale Antikörper eine sehr hohe Antigen-Spezifität. Bei zerstörter oder strukturell veränderter antigener Determinante (durch die Präparation: Temperatur, pH-Wert, Fixierung, usw.) kann es jedoch zu falsch negativen Ergebnissen kommen und damit zu einer verminderten Sensitivität der monoklonalen Antikörper.

2.8 Immunhistochemische Färbungen

Alle Serienschnitte für die immunhistochemischen Färbungen wurden zunächst in Xylol entparaffiniert, in der absteigenden Alkoholreihe hydriert und in Pufferlösung20 feucht [Seite 34↓]gehalten. Eine unspezifische Hintergrundfärbung wurde durch eine 20 minütige Applikation von equinem Normalserum21 bei Raumtemperatur weitgehend unterdrückt.

2.8.1 Immunhistologische Darstellung der Revaskularisierung

Zur Detektion von Endothelzellen neugebildeter Gefäßkapillaren wurden Querschnitte zunächst nach der Entparaffinierung und Hydrierung mit 0,1% Proteinase-Lösung22 für 10 Minuten bei 37°C vorbehandelt, um die antigenen Epitope zu demaskieren. Anschließend wurde die Schnitte ausgiebig in TBS-Pufferlösung gespült und das Normalserum appliziert. Nach 20 Minuten wurden das Normalserum von den Schnitten abgegossen und ohne zu spülen mit einem polyklonalen F.VIII/ v. Willebrandt-Antikörper23 in einer Verdünnung von 1:200 bei 4°C über Nacht im Kühlschrank inkubiert.

2.8.2 Immunhistologische Darstellung der Myofibroblasten

Myofibroblasten (MFB) können aufgrund ihres Gehalts an α-smooth-muscle Aktin, mit Hilfe eines monoklonalen Antikörpers (anti-ASMA-Antikörper24) markiert und immunhistochemisch dargestellt werden. Hierfür wurden ausschließlich Längsschnitte verwendet. Die entparaffinierten und hydrierten Präparate wurden keiner Vorbehandlung unterzogen und konnten direkt nach 20 minütiger Applikation mit Normalserum mit dem anti-ASMA-Antikörper, in einer Verdünnung von 1:20, bei 4°C über Nacht inkubiert werden.

Am Folgetag wurden bei allen Präparaten (F.VIII und ASMA) nach zweimaliger Spülung in TBS-Puffer bei Raumtemperatur für 30 Minuten ein biotinylierter Sekundärantikörper25aufgetragen. Nach erneutem Waschen in TBS-Puffer, wurde das Gewebe für weitere 50 Minuten mit einem Avidin-Biotin-Komplex26, gekoppelt mit [Seite 35↓]alkalischer Phosphatase als Reporterenzym, inkubiert. Als Substrat diente Neufuchsin27, welches durch die alkalischen Phosphatase zu einem roten Chromogen reduziert wird und somit die markierten Strukturen rot färbt. Die Zellkerne wurden mit Methylgrün28 gegengefärbt, die Präparate entwässert und abschließend mit einem Xylol-löslichen Einschlußmedium29eingedeckt.

Zur Bestimmung einer unspezifischen Hintergrundfärbung aufgrund unspezifischer Bindungstellen wurden bei allen immunhistochemischen Färbungen Negativ-Kontrollpräparate mit Pufferlösung statt mit Antikörperlösung inkubiert. Alle Inkubationen wurden in einer feuchten Kammer durchgeführt. Als Positivkontrollen dienten bei der Färbung mit F.VIII/ v. Willebrandt-Antikörper Präparate von gut vaskularisierter Schafshaut, bei der Färbung mit α-smooth-muscle Aktin-Antikörpern wurden die glatten Gefäßmuskelzellen als interne Positivkontrolle herangezogen.

2.9 Auswertung und Datenanalyse

Für die histologische Befundung wurde auf die Methoden der herkömmlichen Durchlichtmikroskopie und der Polarisationsmikroskopie zurückgegriffen. Alle histologischen Präparate wurden an einem konventionellen Mikroskop30 untersucht. Für die Durchlichtmikroskopie der nach H&E und Masson-Goldner gefärbten Präparate wurden Objektive mit 1,6 x, 2,5 x, 5 x, 10 x, 20 x und 40 x Vergrößerung verwendet. Für die Polarisatiosmikroskopie wurden zwei zusätzliche Polarisationsfilter in den Lichtgang zwischengeschaltet. Wegen des hierdurch vermehrt absorbierten Lichtes kamen hier nur Objektive bis zur 20 x Vergrößerung zur Anwendung. Die Dokumentation der histologischen Befunde der Durchlicht- und Polarisationsmikroskopie erfolgte mit einem Belichtungsautomaten31 zur automatischen Belichtung von Kleinbildfilmen und über das digitale Bildanalysesystem.


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2.9.1  Konventionelle Lichtmikroskopie

Mit Hilfe der konventionellen Lichtmikroskopie werden die Schnittpräparate nach vorheriger Färbung in verschiedenen Vergrößerungen analysiert. Durch die Anwendung verschiedener Farbstoffe werden die verschiedenen Gewebearten, entsprechend ihrer physikochemischen Eigenschaften, unterschiedlich angefärbt und können voneinander abgegrenzt werden. Hierdurch lassen sich Aussagen über die feingewebliche Zusammensetzung der Präparate treffen.

2.9.1.1 Zellcharakterisierung und morphologisches Erscheinungsbild

Nach oben genannter histologischer Aufarbeitung wurden in je 2 H&E gefärbten Längsschnitten fünf zufällig gewählte Gesichtsfelder bei 200facher Vergrößerung in regelmäßigen Intervallen pro Schnitt evaluiert und die mittlere Zelldichte/ mm² ermittelt. Weiterhin wurde die morphologische Erscheinungsform (spindelförmig, ovoid, rund) der Zellen dokumentiert.

2.9.1.2 Revaskularisierung:

Die immunhistologische Analyse der Revaskularisierung wurde in je 2 Querschnitten der verschiedenen Präparate durchgeführt. Hierzu wurde zunächst in den konventionell gefärbten Schnitten (H&E und Masson-Goldner-Trichrom) die Grenze zwischen der synovialen Oberfläche und dem eigentlichen kollagenen Bandgewebe ermittelt. In folgenden Serienschnitten konnte dann nach immunhistologischer Anfärbung des Gefäßendothels mit anti-v. Willebrandt-Faktor (F. VIII) eine Unterteilung des Querschnittes in eine subsynoviale (unmittelbar angrenzend an die synoviale Deckzellschicht), eine intermediäre und zentrale Schicht erfolgen. Dazu wurde jeweils der Mittelpunkt jedes Querschnittes festgelegt und die Strecke zwischen der Grenzschicht von Synovia und Bandgewebe bis zum Mittelpunkt gedrittelt.


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Abbildung 11: Darstellung der Unterteilung der Quersschnittpräparate in eine subsynoviale, eine intermediäre und eine zentrale Zone zur Quantifizierung der Gefäßdichte und –verteilung (aus Unterhauser et al 2003 (115)).

In jedem Präparat wurden subsynovial und intermediär fünf, sowie zentral drei repräsentative Gesichtsfelder ausgewählt, die Anzahl von Gefäßquerschnitten pro Gesichtsfeld (je 0.06 mm²) im Zählnetz ermittelt und die mittlere Anzahl an Gefäßquerschnitten/ mm² errechnet. Jeder positiv angefärbte Gefäßanschnitt wurde in die Kalkulation mit einbezogen.

2.9.1.3 Myofibroblasten

Zur immunhistologischen Darstellung ASMA-exprimierender Myofibroblasten wurden ebenfalls je 2 Präparate im Längsschnitt mit anti-α-smooth-muscle Aktin gefärbt und ausgezählt. Jede Zelle mit unklarer Immunreaktivität wurde aus den Zählungen ausgeschlossen. Perizyten und Myofibroblasten wurden aufgrund ihrer morphologischen Erscheinungsform wie Zellform, Lage im Verhältnis zu Gefäßen und ihre Verteilung zwischen den Kollagenfasern voneinander unterschieden (40). Zwar konnten bereits in den frühen Heilungsphase nach 6, 9 und 12 Wochen vereinzelte Myofibroblasten morphologisch klar identifiziert werden (siehe Abbildung 26), jedoch [Seite 38↓]gab es immer wieder Präparate in denen, aufgrund der in dieser Frühphase noch nicht erfolgten Trennung von Gefäßen und Kollagenfasern, Perizyten und Myofibroblasten nicht klar von einander zu unterschieden waren.

Aus diesem Grunde wurde die Auswertung der Myofibroblastendichte und –verteilung erst nach 24 Wochen durchgeführt, da hier die Gefäße mit begleitenden Perizyten durch bindegewebige Septen von den Kollagenfasern mit enthaltenen Myofibroblasten klar getrennt wurden (siehe auch Abbildung 27).

In je 5 Gesichtsfeldern pro Schnitt wurde die Anzahl der ASMA-positiven Myofibroblasten sowie ASMA-negative Fibroblasten ermittelt und der prozentuale Anteil an Myofibroblasten pro mm² errechnet.

2.9.2 Polarisationsmikroskopie

Die Polarisationsmikroskopie ist eine optische Methode, die Aussagen über die Ordnung von Molekülverbänden und über die strukturelle Beschaffenheit der Präparate ermöglicht. Hierbei wird das von einer Lichtquelle ausgesendete, in allen Achsen schwingende, diffuse Licht durch eine in den Lichtgang eingebrachte Folie, den Polarisator, zerlegt. Dabei entsteht ein außerordentlicher, d.h. nur in definierten Achsen schwingender Lichtstrahl und ein ordentlicher, d.h. in alle übrigen Schwingungsebenen schwingender Strahl. Der Polarisator läßt nur den außerordentlichen Strahl passieren, der übrige diffus streuende ordentliche Strahl wird durch Reflexion eliminiert. Trifft nun das in einer definierten Achse strahlende Licht auf gleichsinnig ausgerichtete Molekülverbände, wird die Lichtachse durch diese gleichsinnig gedreht. Eine in den weiteren Lichtgang eingebrachte Folie, der Analysator, läßt nun verstärkt das in der definierten Drehachse schwingende Licht hindurch. Hierdurch leuchten Strukturen, die das Licht durch gleichsame Ausrichtung gleichsinnig drehen, heller auf und lassen das zu untersuchende Präparat plastisch erscheinen.

2.9.2.1 Kollagencrimp

Mit Hilfe der Polarisationsmikroskopie können Aussagen über die Kollagentertiärstruktur getroffen werden. Zur Ermittlung der Kollagenfibrillenfrequenz, dem sogenannten “Kollagencrimp”, wurden die Schnitte unter polarisiertem Licht mit [Seite 39↓]einer kalibrierten Skala vermessen. In je 10 Gesichtsfeldern eines Präparates wurde die mittlere Kollagenfibrillenfrequenz pro mm errechnet.

2.10 Statistische Auswertung

Alle histologischen Analysen und Zellzählungen wurden von zwei unabhängigen Untersuchern überprüft. Die Variabilität der Ergebnisse eines Untersuchers lag bei 10,3 %, die zwischen den Untersuchern bei 12,8 %.

Zur statistischen Datenanalyse wurde zunächst die Datenverteilung mittels Kolmogorov-Smirnov Test durchgeführt. Bei fehlender Normalverteilung wurden statistische Vergleiche der verschiedenen Gruppen über die Zeit und Vergleiche innerhalb einer Gruppe mit dem Mann-Whitney-U Wilcoxon rank sum Test durchgeführt.


Fußnoten und Endnoten

1 Venflon 2®, BOC Ohmeda AB, Helsingborg Schweden

2 Trapanal® Byk Gulden Lomberg Chem. Fabrik GmbH, Konstanz, Deutschland

3 Servo Ventilator 900 D, Siemens-Elema, Schweden

4 SmithKline Beechham Pharma GmbH, München, Deutschland

5 Novaminsulfon-ratiopharm® 2,5 Injektionslösung, ratiopharm GmbH, Ulm, Deutschland

6 Tramal® 100 Injektionslösung, Grünenthal GmbH,Achen, Deutschland

7 Braunol 2000, B. Braun Melsungen AG, Melsungen, Deutschland

8 Sulzer Orthopeadics Ltd.,Baar, Schweiz

9 Ethicon, Norderstedt, Deutschland

10 Kaliumchlorid 7,45% Braun, B. Braun Melsungen AG, Melsungen, Deutschland

11 Materialprüfmaschiene Zwick 1455, Ulm, Deutschland

12 Formaldehyd, E. Merck 64271 Darmstadt

13 Hi-Tec® Gewebeeinbettautomat “1500“ Typ DDm-P800, 35418 Busek

14 Paraplast Plus® Tissue Embedding Medium, Sherwood Medical Co. St. Louis, Mo USA

15 Leica RM 2035, Leica Instruments GmbH 69226 Nußloch

16  (3-Aminopropyltriethoxysilan, Sigma-Aldrich® Chemie GmbH 82041 Deisenhofen)

17 (Super Frost®, Menzel-Gläser Deutschland)

18 (Harris Haemalaun)

19 (Eosin Y Solution Aqueous, Sigma Diagnostics St.Louis Missouri 63178 USA)

20 Tris-Puffer TBS, Herstellung siehe Anhang

21 (Normal Horse Serum, Vector Lab. Inc., Burlingame, CA, USA)

22 (Protease, Type XIV: Bacterial, Sigma-Aldrich Chemie GmbH, Steinheim, Deutschland)

23 (Dako Rabbit Anti-Human von Willebrandt Factor, DAKO Glostrup, Dänemark, Kat.-Nr.: A0082)

24 (Mouse anti-human 9-smooth-muscle actin monoclonal antibody, Dako A/S, Dänemark, Kat.-Nr.: M0851)

25 (Horse anti-mouse IgG secondary antibody, Vector Lab. Inc., Burlingame, CA, USA)

26 (ABC kit; Vector Lab., Burlingame, CA, USA)

27 (Dako ChemMate, Dako A/S, Dänemark)

28 (Diagnostica Merck, Darmstadt, Deutschland)

29 (Vitro-Clud, R. Langenbrinck, Emmendingen, Deutschland)

30 (Leica DMRB Mikroskop, Leica Mikroskopie und Systeme GmbH, 35530 Wetzlar)

31 (Leitz Orthomat E System Wild, Leitz Mikroskope und Systeme GmbH, 6330 Weitzlar)



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19.05.2005