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Die Darstellung des Forschungsstands zum umweltfreundlichen Lebensmitteleinkauf erfolgt aufgeteilt in die drei Teilbereiche des Einkaufens Wahl der Einkaufsstätte, Einkaufsmobilität und Produktwahl. Zu jedem der drei Teilbereiche werden zunächst die umweltfreundlichen Alternativen und umweltrelevanten Verhaltensweisen erörtert. Anschließend werden die Möglichkeiten (Infrastruktur) zur Ausübung des Umweltverhaltens, die Motive des Umweltverhaltens, die Barrieren für dessen Umsetzung sowie die Lebenslage der Personen, die sich besonders umweltfreundlich verhalten, betrachtet. Berücksichtigung finden dabei räumliche Differenzen und der Einfluss der Raumstruktur bzw. des Wohnumfelds. Abschließend erfolgt ein Vergleich der drei Teilbereiche sowie eine Präzisierung der Fragestellung. Zunächst werden in Kapitel 2.1 für die vorliegende Arbeit wichtige Begriffe definiert.
Für die Identifikation von besonders umweltfreundlichen Verhaltensweisen wird auf Ergebnisse der naturwissenschaftlichen Umweltforschung zurück gegriffen. Das Hauptproblem bei der vergleichenden Bewertung von Umweltauswirkungen besteht in der mangelnden Vergleichbarkeit verschiedener Wirkbereiche, beispielsweise dem Wasserverbrauch und den CO2-Emissionen. Um dieses Problem zu umgehen reduzieren Studien zu den Umweltauswirkungen ihre Vergleiche entweder auf einzelne Wirkkategorien oder versuchen, eine Vergleichbarkeit der Wirkungen zu erreichen. Dies kann über eine Monetarisierung von Umweltauswirkungen, wie bei der ökonomisch-ökologischen Produktionsmatrix (z. B.Schneider, 1997) und der Umweltkostenrechnung (z. B.Pretty et al., 2005), oder aber mittels der Bewertungsmethode der Ökobilanzierung erfolgen (z. B.Jungbluth, 2000). Diese Verfahren ermöglichen sehr differenzierte Aussagen bezüglich der ökologischen Vorteilhaftigkeit eines ganz konkreten Produktes oder Prozesses unter spezifischen Rahmenbedingungen. Allerdings können die Umweltwirkungen sich bereits bei geringfügigen Änderungen in den Rahmenbedingungen deutlich verändern, so dass allgemeingültige Aussagen nur bedingt getroffen werden können.
Verhalten und Handeln
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Ursprünglich stammen die Begriffe Verhalten und Handeln aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Richtungen: Während der Verhaltensbegriff aus der behavioristischen Psychologie kommt, ist der Begriff des Handelns in der Soziologie verwurzelt. Verhalten wird dabei als erklär- und vorhersehbar angesehen (Lude, 2001). Teilweise wird unter Verhalten sogar nur die passive Reaktion auf Reize, beispielsweise Husten, verstanden. Bei dem Begriff Handeln steht dagegen die Intentionalität im Vordergrund; Handeln wird als zielgerichtet, mit Sinn, Grund, Motiv und Absicht verbunden angesehen (vgl. Scheiner, 2000).
In der sozialwissenschaftlichen Umweltforschung und der Umweltsoziologie werden dennoch „Handeln“ und „Verhalten“ weitgehend synonym verwendet (vgl. Schubert, 2000). Ebenso sind in der Konsumforschung und der geographischen Handelsforschung die Verwendung der Begriffe Konsumverhalten und Einkaufsverhalten gebräuchlich, ohne dass damit die Intentionalität des Handelns negiert wird. Entsprechend dieser Tradition wird in der vorliegenden Arbeit der Begriff des Verhaltens (als Einkaufsverhalten, Konsumverhalten, Umweltverhalten etc.) ebenfalls synonym zum Begriff des Handelns verwendet.
Konsum- und Mobilitätsverhalten
Einkaufsverhalten ist ein Bestandteil des Konsumverhaltens. Konsum umfasst den Erwerb und die Nutzung bzw. den Verbrauch von Gütern. Teilweise wird als weiterer Aspekt auch die Entsorgung der Güter dem Konsum zugeordnet (vgl. Scherhorn et al., 1997). Mobilität kann zwar als Teil des Konsums angesehen werden (z.B. Lorek und Spangenberg, 2001), jedoch wird das Konsumverhalten in der Regel gerade bezüglich des Umweltverhaltens dem Mobilitätsverhalten als Verhaltensbereich gegenübergestellt (z.B. Kuckartz, 2002).
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Mobilität beinhaltet nach Jahn und Wehling (1999) mehrere Dimensionen: die räumliche, die sozial-räumliche und die sozio-kulturelle Mobilität. Während räumliche Mobilität die Beweglichkeit bzw. die Bewegung im physisch-geographischen Raum umfasst, handelt es sich bei der sozial-räumlichen Mobilität um die Beweglichkeit bzw. um die Bewegung zu sozialen Orten (Arbeit, Einkauf, Freizeit, etc.). Die sozio-kulturelle Mobilität ist die Beweglichkeit/Bewegung zu bzw. zwischen sozialen Positionen. Die räumliche Mobilität hat direkte Umweltauswirkungen, die Frage nach der nahräumlichen Infrastruktur hängt ebenfalls eng mit der sozial-räumlichen Mobilität zusammen.
Einkaufsverhalten als Alltagshandeln
Einkaufsverhalten wird als Alltagshandeln angesehen (vgl. Adelt et al., 1990), das sich durch die Prägung durch Routinen und Gewohnheiten auszeichnet, welche eine Entlastungsstrategie darstellen (vgl. Hunecke, 2001; Poferl et al., 1997; Scheiner, 2000; Tanner und Foppa, 1996). Gewohnheiten (habits) sind Verhaltensweisen, die regelmäßig und gleichartig in einer bestimmten Situation auftreten und durch eine Habitualisierung relativ automatisch ausgeführt werden3 (Schäfers, 1995). Die Handlungsabläufe sind beim Einkaufen also häufig automatisiert, so dass nicht alle objektiv möglichen Handlungsoptionen in Betracht gezogen bzw. häufig nicht einmal wahrgenommen werden. Alltagshandeln zeigt aufgrund der Gewohnheiten und Routinen eine hohe Beharrungstendenz (Verron, 1986). Um Veränderungen des Alltagshandelns zu bewirken, ist eine Infragestellung oder Störung des bisherigen Denkens und Handelns notwendig, beispielsweise durch eine Änderung der Rahmenbedingungen und Aktivitätsmuster.
Alltagshandeln unterliegt dem Einfluss einer Reihe von situationalen Faktoren und Motiven. Umweltfreundliche Handlungsalternativen beinhalten entsprechend im Alltag für die VerbraucherInnen immer Wert- und Zielkonflikte bzw. Motivkonflikte, d. h. es geht darum, wofür das vorhandene Geld, die Zeit und die Kraft eingesetzt werden und ob das umweltgerechte Verhalten ohne unzumutbaren Mehraufwand in den Alltag integriert werden kann. Umweltschutz ist für die Alltagsgestaltung immer nur ein Aspekt von vielen, die gegeneinander abgewogen werden (Finanzen, Zeit, Qualität, etc.). Konkurrenz gibt es auch zwischen verschiedenen umweltpolitisch gewünschten Optionen (Adelt et al., 1990; de Haan und Kuckartz, 1996; Lange, 2000; Piorkowsky, 1988; Poferl et al., 1997).
Einkaufsverhalten als Umweltverhalten
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Unter Umwelt wird in der vorliegenden Arbeit im Sinne der naturwissenschaftlichen Umweltforschung die natürliche Umwelt verstanden, nicht die soziale. Umweltverhalten stellt die Wahl von Handlungsalternativen dar, die eine geringe negative oder sogar positive Auswirkung auf die natürliche Umwelt haben und einen geringen Ressourcenverbrauch verursachen. Umweltauswirkungen werden dabei sowohl auf lokaler und regionaler Ebene als auch auf globaler Ebene berücksichtigt. Die Umweltfreundlichkeit von Handlungen wird nicht absolut, sondern im Vergleich zu anderen Handlungsalternativen bewertet. So kann eine bestimmte Verhaltensweise zwar im Vergleich zu einem Teil der Alternativen umweltfreundlich, im Vergleich zu anderen aber weniger umweltfreundlich sein (zum Beispiel die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) im Vergleich zum motorisierten Individualverkehr (MIV) oder im Vergleich zu nicht-motorisierten Verkehrsmitteln) (vgl. Schubert, 2000). Die Angabe, welche Verhaltensweisen als Umweltverhalten betrachtet werden, gilt es also für jeden Verhaltensbereich extra zu definieren.
Da die Umweltauswirkungen des Einkaufsverhaltens Thema der vorliegenden Arbeit sind, wird das Einkaufsverhalten als Umweltverhalten untersucht. Andere AutorInnen verwenden anstelle des Begriffes Umweltverhalten auch umweltfreundliches Handeln, umweltbewusstes Verhalten, Umwelthandeln oder Umwelt-Tun, ohne dass diesen Begriffen erkennbar eine unterschiedliche Bedeutung gegeben wird.
Beim Umweltverhalten werden die tatsächlichen Folgen des Handelns für die Umwelt betrachtet, nicht die antizipierten Folgen. Letztere stellen jedoch eine wichtige Größe für den Entscheidungsprozess dar und können weiter unterteilt werden in intendierte und nicht-intendierte Folgen (vgl. Scheiner, 2000). Um intendiertes umweltfreundliches Verhalten zu berücksichtigen, wird in der vorliegenden Arbeit in Abgrenzung zu dem Begriff des Umweltverhaltens auf den Begriff des umweltorientierten Verhaltens zurückgegriffen. Dem umweltorientierten Verhalten liegt also als Motivation4, der Wunsch, die Umwelt zu schützen, zugrunde. Jedoch kann das Umweltverhalten auch aus anderen Gründen als aus Umweltschutzmotiven ausgeführt werden. Dies kann ein (materieller oder immaterieller) Zusatznutzen sein, zum Beispiel Lebensqualität, oder aber eine Motivallianz zwischen Umweltschutz und weiteren Motiven, wie dem der Gesundheit (vgl. Hunecke, 2001).
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Da die Ausweitung des Umweltverhaltens ein wichtiges gesellschaftspolitisches Ziel darstellt, spielen Restriktionen und Dispositionen bei der Untersuchung des Umweltverhaltens eine wichtige Rolle. So wird davon ausgegangen, dass Menschen aufgrund von Restriktionen an einem umweltfreundlichen Verhalten gehindert werden (Hirsch Hadorn et al., 2002). Restriktionen stellen also ein Hindernis auf dem Weg zur Zielerreichung dar (vgl. Baumgartner, 2005). Andere AutorInnen sprechen von Barrieren des Umweltverhaltens (z.B. Poferl, 2000). Neben den hinderlichen Einflussfaktoren sind auch die förderlichen für das Umweltverhalten relevant. Poferl nennt die förderlichen Handlungsvoraussetzungen und Bereitschaften Dispositionen (Poferl, 2000). Sowohl die Restriktionen als auch die Dispositionen können unterteilt werden in interne bzw. personale und externe oder kontextuelle Faktoren (vgl. Hunecke, 2001; Tanner et al., 2004).
Die Angebotsstrukturen im Lebensmitteleinzelhandel haben sich in den letzten Jahrzehnten gewandelt. Diese Veränderungen innerhalb der Angebotsstrukturen sowie die momentane Angebotssituation werden im Folgenden dargestellt, da es sich dabei um eine wichtige Rahmenbedingung des Einkaufsverhaltens handelt. Anschließend werden die Motive und Kriterien für die Wahl der Einkaufsstätte sowie weitere Rahmenbedingungen beschrieben. Zuerst erfolgt eine Darstellung der bisherigen Erkenntnisse zu den Eigenschaften umweltfreundlicher Einkaufsstätten. Da die Bedeutung von Umweltschutz.B. i der Wahl der Einkaufsstätte noch wenig untersucht ist, können Ergebnisse zum Umweltverhalten nur in geringem Umfang aufgegriffen werden.
Es existieren kaum Studien zum Thema umweltfreundliche Einkaufsstätten. Bezüglich umweltfreundlicher Eigenschaften von Einkaufsstätten können aus der Literatur folgende drei Aspekte abgeleitet werden:
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Der Handel kann sich also zum einen selbst umweltfreundlich verhalten (direkte Wirkung), zum anderen das umweltfreundliche Verhalten seiner KundInnen unterstützen (indirekte Wirkung).
Die Verbände des Einzelhandels sehen als ihre Aufgabengebiete die Mittlerrolle zwischen KonsumentInnen und ProduzentInnen sowie den betrieblichen Umweltschutz5 (vgl. Leitschuh-Fecht, 2001). Ein Leitfaden zur Berufsausbildung im Einzelhandel benennt darüber hinaus auch das Thema Verkehr, wobei lediglich die Arbeitswege der Beschäftigten thematisiert werden (Glaubitz und Bergmann, 1991). Ebenfalls die Themen Sortimentsgestaltung, umweltfreundliche Betriebsführung und Verkehr greift die Studie „Nachhaltigkeit im Einzelhandel“ auf, wobei hier der Beitrag zur Verlagerung des Einkaufsverkehrs auf umweltfreundliche Verkehrsmittel Berücksichtigung findet (Blättel-Mink und Umpfenbach, 2000; TA Akademie et al., o.J.). Während in dieser Studie die Standortwahl unberücksichtigt bleibt, benennt eine andere Studie zum Thema umweltfreundlicher Einzelhandel auch dessen Standortwahl als umweltrelevante Aktivität (Bansal und Kilbourne, 2001).
Der Einzelhandel als Mittler zwischen Herstellung und Konsum
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Der Handel als Mittler zwischen ProduzentInnen und KonsumentInnen (vgl. Belz et al., 1997) kann mittels eines entsprechenden Umweltmarketings den Kauf von umweltfreundlichen Produkten unterstützen. Dafür stehen ihm nach Tromsdorff (1998) prinzipiell vier Marketinginstrumente zur Verfügung: Preispolitik, Kommunikationspolitik, Produktpolitik und Distributionspolitik. Hüser (1996) geht davon aus, dass der Einzelhandel mittels geeigneter Maßnahmen in diesen vier Bereichen die Informations-, Vertrauens- und Anreizproblemen der KonsumentInnen beim Kauf umweltfreundlicher Produkte verringern kann. Als weiteren wichtigen Aspekt benennt sie die Personalpolitik, da auch Beratung und Kommunikation für die Verbreitung von Umweltprodukten wichtig sind. Die Einzelhandelsverbände Bundesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels (BAG) und der Hauptverband des deutschen Einzelhandels (HDE) führen als Möglichkeiten des Einzelhandels, zu einem nachhaltigen Konsum beizutragen, die Aspekte Produkt-, Kommunikations- und Personalpolitik näher aus (vgl. Leitschuh-Fecht, 2001). Bei der Produktpolitik geht es dabei sowohl um die Aufnahme umweltschonender Produkte als auch die Auslistung umweltschädlicher Artikel6. Dabei zeigt eine Studie, dass weniger das Listen umweltfreundlicher Produkte, als viel mehr das Auslisten von besonders umweltbelastenden Produkten für die Händler ein Problem darstellt, da sie fürchten, dadurch KundInnen zu verlieren (Umpfenbach, 2001).
Betrieblicher Umweltschutz
Die beiden Einzelhandelsverbände benennen ein umweltfreundliches Management als Möglichkeit des Einzelhandels, seine Umweltauswirkungen zu überprüfen und ggf. zu reduzieren (Leitschuh-Fecht, 2001). Die Möglichkeiten des Einzelhandels zur Verringerung des Energieverbrauchs untersuchen Geiger et al. (1999). Im Lebensmitteleinzelhandel beruht der Energieverbrauch vor allem auf der Wärmeversorgung (Heizung) und der Kühlung (Kühl- und Gefrieranlagen). Im Bereich Kühlung kann der Energieverbrauch durch die Abdeckung der Anlagen und die Verwendung von Verbundanlagen an Stelle von Einzelanlagen erheblich verringert werden, wobei auch Personalschulungen zum sparsamen Umgang mit Energie einen Beitrag leisten können.
Formalisiert werden kann der betriebliche Umweltschutz in einem Umweltmanagementsystem (nach der EMAS-Verordnung7 oder DIN EN ISO 14001). Diese Systeme können auch Aspekte des Umweltmarketings und der Standortwahl umfassen.
Umweltrelevanz der Standortwahl
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Im Zuge der Debatten zu den Umweltfolgen der Ansiedelung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben in peripheren Lagen („auf der grünen Wiese“) stellen einige AutorInnen Überlegungen zu umweltrelevanten Merkmalen großflächiger Einzelhandelsprojekte an (vgl. z.B. Bergmann und Frehn, 1997; Hinzen und Kranefeld, 1999; Junker und Kruse, 1998). Bergmann und Frehn (1997) benennen als negative Auswirkungen derartiger Standorte folgende Aspekte:
Obgleich an Standorten „auf der grünen Wiese“ die Schutzgüter Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Klima und Landschaft in der Regel deutlich stärker beeinflusst werden (vgl. Hinzen und Kranefeld, 1999), zeigen nicht nur Einzelhandelsprojekte an peripheren Standorten negative Umweltauswirkungen.
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Die verkehrlichen Auswirkungen der Standortwahl der Einzelhandelsbetriebe, die wiederum den individuellen Einkaufsverkehr der KonsumentInnen beeinflussen, werden im Weiteren genauer betrachtet. Diese Auswirkungen untersuchen einige Studien (z.B. Bergmann, 1997; Bleyer, 1999; Franz et al., 1997; Reinhold et al., 1997; Schneider, 1999; Thiemann-Linden und Frehn, 1999). Neben einer direkten verkehrserzeugenden Wirkung von peripheren Einkaufszentren können diese auch die Schließung von Einkaufsstätten in den Wohngebieten zur Folge haben. Dadurch wird eine weitere Zunahme des Verkehrsaufkommens erwartet, da eine gute nahräumliche Versorgung als besonders verkehrsvermeidend gilt (vgl. Bergmann, 1997; Frehn, 1995; Gertz und Holz-Rau, 1994).
Konkret am Beispiel eines neuen Einkaufszentrums nahe Berlin zeigen Reinhold et al. (1997), dass dieses zu einer Zunahme der mit dem MIV zurückgelegten Distanzen führt. Dabei werden insbesondere die Distanzen der KundInnen aus Berlin länger, die vorher in der Regel sehr viel kürzere Einkaufswege hatten. Einen höheren Pkw-spezifischen Verkehrsaufwand stellt Bergmann bei SB-Warenhäusern und Supermärkten für die Stadtrandzentren im Vergleich zu denen an integrierten Standorten fest, wobei auch die Kopplungsmöglichkeiten in integrierter Lage besser sind (Bergmann, 1997). Im Gegensatz zu Reinhold et al. stellt er jedoch nur einen geringen zusätzlichen Verkehrsaufwand fest, bei einer Einkaufsstätte haben die Distanzen im Schnitt sogar abgenommen, da der Weg zum Einkaufszentrum am Stadtrand näher als zu den vorher besuchten Einkaufszentren im weiteren Umland war (Bergmann, 1997). Die Umweltauswirkungen sind also abhängig von den jeweiligen Rahmenbedingungen.
Während die bisher dargestellten Studien lediglich den Pkw-Verkehrsaufwand berücksichtigen, betrachten Frehn und Thiemann-Linden die verkehrsbedingten Umweltauswirkungen ausführlicher mittels des Instruments der vergleichenden Umweltbilanz (Frehn und Thiemann-Lindner, 1998). Sie berücksichtigen Kurzzeit- und Langzeitbelastungen, lokale, regionale und globale Auswirkungen (Frehn, 2002). Beispielhaft wurde eine Umweltbilanz an fünf verschiedenen Standortclustern des Einzelhandels im Raum Leipzig durchgeführt. Die Umweltbilanz gibt die beste Note dem gewachsenen Stadtteilzentrum, das aber aufgrund seines kleineren Einzugsbereiches nicht mit den vier anderen Standorten verglichen werden kann. Gute Noten bekamen das in integrierter Lage gelegene Einkaufszentrum und die Innenstadt, die allerdings aufgrund des großen Pkw-Einzugsgebietes schlechter bewertet werden. Deutlich höher liegen die verkehrsbezogenen Umweltauswirkungen der Standorte in peripherer Lage (Frehn, 2002).
Fazit
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Der Einzelhandel kann den Kauf von Umweltprodukten unterstützen, indem er diese flächendeckend zu möglichst günstigen Preisen in sein Sortiment aufnimmt, gut positioniert und bewirbt, zu diesen Produkten eine kompetente Beratung und Information bietet und gleichzeitig wenig umweltfreundliche Produkte auslistet. Die Einzelhandelsunternehmen können außerdem durch ihre Standortwahl ein umweltfreundliches Mobilitätsverhalten der KonsumentInnen fördern. Direkt können Einkaufsstätten ihre Umweltauswirkungen durch betrieblichen Umweltschutz und die Wahl des Standortes verringern. Für die Auswahl von Kriterien, die in dieser Untersuchung aufgenommen werden ist relevant, welche Aspekte von den KonsumentInnen wahrgenommen werden (können). Gerade Maßnahmen des betrieblichen Umweltschutzes und die Umweltauswirkungen der Standortwahl sind dabei vermutlich für die KonsumentInnen kaum zu bewerten.
Bevor die Struktur im Lebensmitteleinzelhandel dargestellt wird, erfolgt eine Definition unterschiedlicher Arten von Einkaufsstätten (Betriebsformen). Die Zuordnung von Einkaufsstätten zu Betriebsformen erfolgt anhand ihrer Größe (Verkaufsfläche), der Bedienungsform (Selbst- oder Fremdbedienung), dem Preisniveau, der Angebotstiefe und Angebotsbreite. Unter Angebotsbreite wird die Vielfalt an Produkten aus unterschiedlichen Produktgruppen verstanden, ein breites Angebot führt also ein Warenhaus. Die Angebotstiefe ist dagegen ein Maß für die Vielfalt, in der die Produkte einer Produktgruppe angeboten werden. Ein tiefes Angebot führen Spezialgeschäfte. In dieser Arbeit wird auf die Abgrenzung der Betriebsformen nach Kulke (1996; 2001) zurückgegriffen (siehe Tabelle 2.1). Die Mindestgröße von SB-Warenhäusern liegt in der vorliegenden Arbeit entsprechend der amtlichen Statistik bei einer Verkaufsfläche von 3000 m² (vgl. BAG, 1995).
Tabelle 2.1: Betriebsformen des Lebensmitteleinzelhandels mit Selbstbedienung
Betriebsform |
Verkaufsfläche (m²) |
Preisniveau 8 |
Angebotstiefe |
Angebotsbreite |
SB-Laden/-Markt |
bis 400 |
mittel |
flach |
mittel |
Supermarkt |
über 400 |
mittel |
mittel |
mittel |
Verbrauchermarkt |
über 1500 |
niedrig |
mittel |
breit |
SB-Warenhaus |
min. 3000 |
niedrig |
mittel |
sehr breit |
Discounter |
über 400 |
sehr niedrig |
flach |
schmal bis mittel |
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Einkaufsstätten bis zu einer Verkaufsfläche von 400 m² werden in der vorliegende Arbeit auch von der Bedienungsform unabhängig als kleine Einkaufsstätten bezeichnet. Dies schließt auch das Lebensmittel-Handwerk (Bäckerei, Metzgerei, Konditorei) und Lebensmittel-Spezialgeschäfte mit ein (vgl. Popp, 2002). In Abgrenzung zu den Discountern mit ihrem eingeschränkten Angebot werden SB-Läden, Supermärkte, Verbrauchermärkte und SB-Warenhäuser Vollsortimenter genannt. Als größere Vollsortimenter gelten in der vorliegenden Arbeit diejenigen mit mehr als 400 m² Verkaufsfläche.
Die Standortstruktur im Einzelhandel hat sich seit den 1970er Jahren in Westdeutschland deutlich verändert (vgl. Junker und Kruse, 1998):
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Ähnliche Entwicklungen zeigten sich parallel in anderen westeuropäischen Ländern, besonders ausgeprägt in Frankreich und Großbritannien (Clarke, 2000; Guy, 1998).
Zum Standortstrukturwandel des Einzelhandels trugen die Angebotsseite, die Nachfrageseite sowie Planung und Politik bei (vgl. Kulke, 1998). Während dieser Standortstrukturwandel sich in Westdeutschland über mehrere Jahrzehnte entwickelte, vollzog er sich in Ostdeutschland innerhalb weniger Jahre nach der Vereinigung (vgl. Bergmann, 1997; Kulke, 1999). Die DDR verfügte - auch bedingt durch die niedrige Autoverfügbarkeit - bis 1989 über ein enges Netz an kleinen Geschäften, die durch einige Kaufhallen (größere Supermärkte) ergänzt wurden. Seit 1989 hat sich die Ausstattung mit Einkaufsstätten für Lebensmittel in Ostdeutschland drastisch verändert. Kulke (1999) beschreibt diese Veränderung für Ostberlin:
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Aufgrund dieser Entwicklungen ist das Nahversorgungsnetz im Osten Berlins inzwischen stärker ausgedünnt als in Westberlin, wo bis heute ein recht dichtes Netz an Lebensmittelgeschäften (darunter viele SB-Läden und Supermärkte) besteht (vgl. Kulke, 1999). So zeigen sich die BerlinerInnen insgesamt mit den Einkaufsmöglichkeiten zufrieden: In einer Befragung waren 70 % zufrieden mit den Einkaufsmöglichkeiten vor Ort, nur 12 % waren unzufrieden oder wenig zufrieden (konsalt, 2000). Trotz des Rückgangs an Einkaufsstätten in Nebenlagen und Streulagen der Städte (vgl. Kulke, 1998) wird das Problem einer Unterversorgung mit Lebensmitteln in Deutschland bisher vor allem für den ländlichen Raum gesehen (vgl. Becker et al., 1996; Kuhlicke et al., 2005). In Großbritannien und Nordamerika dagegen erlangte das Problem der food deserts, also der bestehenden Unterversorgung mit (frischen) Lebensmitteln in vielen Innenstädten und ärmeren Stadteilen, in den letzten Jahren eine hohe Aufmerksamkeit (Ellaway und Mayintyre, 2000; Pearson et al., 2005; Roberts, 2003; Sherriff, 2004; Toronto Food Policy Council, 1996; Whelan et al., 2002; Wrigley, 2002; Wrigley et al., 2003).
Abbildung 2.1: Bedeutung der Betriebsformen im Lebensmitteleinzelhandel in Deutschland (Stand 2003) | ||
(Eigene Darstellung, Daten aus BVL, 2004) |
Abbildung 2.1 zeigt, dass kleine Einkaufsstätten mit mehr als der Hälfte der Geschäfte zahlenmäßig in Deutschland weiterhin bedeutsam sind. Betrachtet man jedoch die Umsätze, so entfallen diese vorwiegend auf die größeren Vollsortimenter und die Discounter. Die Discounter verfügen dabei mit ihrer großen Anzahl an Läden über eine höhere Distributionsdichte als die größeren Vollsortimenter.
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Im Folgenden wird dargestellt, welche Motive beim Lebensmitteleinkauf für die Wahl der Einkaufsstätte besonders wichtig sind und inwiefern entlang dieser Motive eine Ausdifferenzierung des Einkaufsverhaltens der KonsumentInnen stattfindet. Diese Einkaufsmotive betreffen teilweise nicht nur die Wahl der Einkaufsstätte, sondern auch die Wahl der Produkte.
Die Motive, die für die Wahl der Einkaufsstätte von Belang sind, können aufgeteilt werden in die Erreichbarkeit (Bequemlichkeit, Lage, Zufahrtsmöglichkeiten), das Angebot (Auswahl, Preis, Preis-Leistungs-Verhältnis und Qualität) sowie weitere Eigenschaften der Einkaufsstätte (Atmosphäre, Service, Personal) (vgl. Blättel-Mink und Umpfenbach, 2000; Gerhard, 2004; Heinritz et al., 2003; Hilpert und Steinhübl, 1998; Kagermeier, 1991; Vogels, 1998). Von diesen Motiven haben in Befragungen die Erreichbarkeit und das Angebot (je nach Befragung Auswahl, Preis, und/oder Qualität) die größte Bedeutung. Die Motive für die Wahl der Einkaufsstätte zeigen deutliche Differenzen je nach Betriebsform (Gerhard, 2004): Während bei der Wahl von SB-Läden und Supermärkten der Aspekt Bequemlichkeit im Vordergrund steht, erfolgt die Wahl von Discountern häufiger wegen des Preises. Die SB-Warenhäuser werden vor allem wegen der Auswahl aufgesucht.
Abbildung 2.2: Gründe für die Wahl der Einkaufsstätte | ||
Anteil der Befragten in einer repräsentativen Haushaltsbefragung, denen der jeweilige Aspekt bei der Wahl der Einkaufsstätte sehr wichtig ist. (Eigene Darstellung, Daten aus Blättel-Mink und Umpfenbach, 2000) |
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Kaum untersucht ist, inwiefern die Umweltfreundlichkeit von Einkaufsstätten einen Einfluss auf die Wahl der Einkaufsstätte hat, welche Aspekte die KundInnen dabei berücksichtigen und wie zufrieden sie mit ihren Einkaufsstätten diesbezüglich sind. Diesen Fragen widmet sich eine Studie zu den Möglichkeiten der Einführung nachhaltiger Strategien im Einzelhandel. Die ökologischen Leistungen der Einkaufsstätten sind in einer repräsentativen Haushaltsbefragung lediglich 11 % der KonsumentInnen sehr wichtig (siehe Abbildung 2.2).
Die Zufriedenheit mit den ökologischen Leistungen der Einkaufsstätten erweist sich in der Befragung der KundInnen eines Supermarktes als eher gering, ein Drittel der Befragten benannte konkrete Verbesserungsvorschläge (TA Akademie et al., o.J.). Diese beziehen sich fast ausschließlich auf das Angebot an umweltfreundlichen Produkten: Bioprodukte, regionale Produkte, Pfandsysteme, Produkte ohne Gentechnik, etc.. Daneben werden Möglichkeiten zur Mülltrennung sowie Beratung und Information genannt. Als ökologische Leistungen der Einkaufsstätten wurden dagegen vor allem die Frische der Waren und die Mülltrennung benannt. Fast die Hälfte der Befragten ist jedoch der Meinung, sich kein Urteil über das Umweltengagement ihrer Einkaufsstätte erlauben zu können (TA Akademie et al., o.J.). In einer anderen Befragung von 1999 zeigten sich lediglich 19 % der Befragten mit den ökologischen Leistungen des Lebensmitteleinzelhandels sehr zufrieden oder zufrieden (imug, 2003).
In der Befragung der SupermarktkundInnen zeigt sich, dass auch ein Sortiment an umweltfreundlichen Produkten für die Wahl der Einkaufsstätte Bedeutung hat. So bevorzugen 42 % der Befragten Einkaufsstätten, die Bioprodukte führen, wobei nur 25 % gerne im Naturkostladen einkaufen, und 20 % lehnen allgemein Supermärkte ohne regionale Produkte ab (TA Akademie et al., o.J.). Das Angebot an umweltfreundlichen Lebensmitteln wird in Kapitel 2.4 für die jeweiligen Produkte thematisiert.
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Anhand der unterschiedlichen Bedeutung der Einkaufsmotive lassen sich die KonsumentInnen ausdifferenzieren. Schmitz und Kölzer (1996) nennen folgende wichtige Einstellungsdimensionen: die Orientierung an Qualität, Bequemlichkeit, Preis, Prestige, Neuheiten, Tradition, Erlebnis, Ökologie, Information und Schnäppchen. Güldenberg (1992) untersucht den Anteil der KonsumentInnen, bei denen bestimmte Orientierungen im Vordergrund stehen (zitiert nach Floeting et al., 1994). Er teilt die KäuferInnen in Preiskäufer (23 % Niedrigpreisorientierung, 18 % Sonderangebotsorientierung), traditionelle Käufer (Qualität/Auswahl: 16 %, Bedienung/Qualität: 15 %), Erlebniskäufer (16 %) und umweltbewusste Käufer (12 %). Im Zuge von veränderten Rahmenbedingungen und eines gesellschaftlichen Wertewandels gewinnt nach Heinritz et al. (2003) der Bequemlichkeitskauf an Bedeutung. Bequemlichkeit werde im Zuge einer wahrgenommenen Zeitknappheit – insbesondere bei jüngeren Singles in Städten - für die als lästig angesehen Bedarfseinkäufe wichtiger (vgl. Heinritz et al., 2003). So werden auch die Discounter aufgrund des bequemen Einkaufs (bekanntes Angebot bei niedrigen Preisen und guter Qualität) geschätzt (Hayn und Empacher, 2004). Im Vergleich zu anderen EU-Ländern achten die KonsumentInnen in Deutschland beim Lebensmitteleinkauf besonders auf den Preis der Produkte (Ellaway und Mayintyre, 2000; GfK, 2005).
Neben Einkaufsmotiven sind auch für die Wahl der Einkaufsstätten weitere personale Merkmale wichtige Einflussfaktoren. Feller (2001) kommt anhand von Interviews zu dem Ergebnis, dass für die Wahl der Einkaufsstätte insbesondere Alter, Haushaltsgröße, Budget, Zeit, Mobilität und Wohnort wichtige Restriktionen sein können.
In den letzten Jahrzehnten kam es in West- und Ostdeutschland im Zuge des Standortstrukturwandels zu einer Zunahme der Einkaufsstätten mit großen Verkaufsflächen. Währen die größeren Vollsortimenter, insbesondere die SB-Warenhäuser und Verbrauchermärkte, trotz ihrer geringen Anzahl hohe Anteile am Lebensmittelumsatz erwirtschaften, sind die Discounter wegen ihres Umsatzes und ihrer Anzahl von großer Bedeutung. Am zahlreichsten sind allerdings immer noch kleine Einkaufsstätten. Entsprechend ist bei der Untersuchung der Einkaufsstruktur eine Dominanz der kleinen Einkaufsstätten und Discounter zu erwarten, dagegen beim Einkaufsverhalten eher der größeren Vollsortimenter und Discounter. Insgesamt unterscheiden sich beim Lebensmittelangebot die Strukturen in West- und Ostberlin, wobei in Ostberlin die Ausdünnung in den Streulagen stärker ist. Bei der Untersuchung von Wohngebieten in Ostberlin kann also - im Vergleich zu Westberlin - eine geringere Distributionsdichte erwartet werden.
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Insgesamt wurde die Frage nach den Eigenschaften umweltfreundlicher Einkaufsstätten jedoch bisher in der Literatur kaum thematisiert und fand keinen Eingang in Verbraucherhinweise für umweltfreundliche Verhaltensweisen. Entsprechend werden in der vorliegenden Arbeit Eigenschaften umweltfreundlicher Einkaufsstätten als offene Frage erhoben. Dennoch konnten aus der Literatur drei Aspekte, bezüglich derer Einkaufsstätten mehr oder weniger umweltfreundlich sein können, hergeleitet werden: die Mittlerrolle des Einzelhandels, betrieblicher Umweltschutz und die Standortwahl.
Die Bedeutung von ökologischen Leistungen der Einkaufsstätten wurde bisher kaum untersucht. Die Ergebnisse einer Studie zur Umweltfreundlichkeit von Einkaufsstätten deutet darauf hin, dass die KonsumentInnen den ökologischen Leistungen der Einkaufsstätte wenig Aufmerksamkeit schenken. Dabei liegt der Fokus auf dem Produktsortiment der Einkaufsstätten. Das Angebot an umweltfreundlichen Produkten spielt auch für die Wahl der Einkaufsstätte eine wichtigere Rolle als deren ökologische Leistungen. Welche Einkaufsstätten als besonders umweltfreundlich gelten ist bisher nicht untersucht. Deshalb wird in der vorliegenden Arbeit auch untersucht, welche Einkaufsstätten als besonders umweltfreundlich gelten.
Die wichtigsten Kriterien bei der Wahl der Einkaufsstätte stellen die Erreichbarkeit der Einkaufsstätte und deren Angebot dar. Damit zeigt sich eine Zweiteilung bei der Wahl der Einkaufsstätte in die Aspekte Erreichbarkeit und Angebot, wobei die Bedeutung der jeweiligen Merkmale sich je nach Person aber auch je nach Art der Einkaufsstätte unterscheidet. Umweltschutz zählt insgesamt nicht zu den wichtigsten Einkaufsmotiven bei der Wahl der Einkaufsstätte. Allerdings lassen sich die KonsumentInnen anhand ihrer Einkaufsorientierungen ausdifferenzieren und zumindest für einen Teil der KonsumentInnen stellt Umweltschutz ein wichtiges Einkaufsmotiv dar.
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Die Einkaufsmobilität umfasst als umweltrelevante Größen die Verkehrsmittelwahl, die zurückgelegten Distanzen sowie die Häufigkeit der Einkaufswege. Im Folgenden werden Ergebnisse zur Einkaufsmobilität beim Lebensmitteleinkauf9 und deren Einflussfaktoren dargestellt.
Im Bereich Ernährung kann als Grund für die Entstehung des Verkehrs die räumliche Trennung zwischen Produktion und Konsum, der in arbeitsteiligen Gesellschaften üblich ist, angesehen werden (Zängler und Karg, 2002). Dabei entsteht meist sowohl Personenverkehr als auch Güterverkehr, wobei im Folgenden als Einkaufsmobilität lediglich der Personenverkehr als Einkaufsverkehr berücksichtigt wird10. Von Interesse ist der physische Verkehr, bei dem entsprechende Umweltauswirkungen anfallen, nicht der virtuelle. Obgleich in den letzten Jahrzehnten die Luftbelastung durch den motorisierten Verkehr abnahm, stellen zumindest der Lärm, die Flächeninanspruchnahme und die Emission von CO2-Äquivalenten weiterhin ungelöste Probleme dar (Wehrspaun und Löwe, 2002). Seit einigen Jahren werden außerdem die hohen Feinstaub-Immissionen, die maßgeblich durch den motorisierten Verkehr verursacht werden, als große Herausforderung gesehen (vgl. BMU, 2005). Ziel einer umweltfreundlichen oder nachhaltigen Verkehrsgestaltung ist es, die (sozial-räumliche) Mobilität zu erhalten, da diese einen wichtigen Aspekt der Lebensqualität darstellt, gleichzeitig jedoch die negativen Auswirkungen des Verkehrs zu reduzieren (Wehrspaun und Löwe, 2002).
Für die Verringerung der negativen Umweltbelastung des Mobilitätsverhaltens bzw. des Verkehrsverhaltens existieren grundsätzlich die drei Strategien Verringern, Verlagern und Vermeiden (vgl. z.B. Kagermeier, 1997). Die Verringerung, die vorwiegend durch technische Verbesserungen erzielt werden soll, findet in dieser Arbeit keine Berücksichtigung. Bei der Verlagerung geht es um einen Wechsel von weniger umweltfreundlichen Verkehrsmitteln zu umweltfreundlicheren, worunter in der vorliegenden Arbeit das zu Fuß gehen, das Rad fahren und die Benutzung des ÖPNV verstanden wird. Diese drei Verkehrsmittel, die häufig auch als Umweltverbund bezeichnet werden, sind im Sinne einer umweltfreundlichen Mobilität in der Stadt die gewünschten Alternativen (vgl. Petersen und Wilke, 2000). Beim Vermeiden geht es nicht um eine Verringerung der Anzahl an Wegen (und damit der Mobilität), sondern um eine Verkürzung der Wegelängen; die zurückgelegte Gesamtdistanz – insbesondere mit dem MIV – soll also verringert werden (vgl. Frehn, 1995). Lorek fasst diese beiden Aspekte als Leitbild zusammen: „Kürzere Wege mit weniger Auto.“ (Lorek, 2001). Interessant ist also aus Umweltschutzperspektive die Verkehrsmittelwahl und die zurückgelegte Distanz.
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Die Verkehrsentwicklung bei Einkaufswegen zeigt keine Tendenz in Richtung eines umweltfreundlichen Verhaltens. So hat sich die Verkehrsleistung für Einkaufswege in Westdeutschland zwischen 1982 und 2002 verdoppelt, die Anzahl der Einkaufswege je Tag stieg in diesem Zeitraum um mehr als ein Drittel11 und der Anteil der Einkaufswege, die mit nicht-motorisierten Verkehrsmitteln zurückgelegt werden, nahm von rund der Hälfte der Wege auf nur noch ein Drittel ab (Follmer et al., 2004). Allerdings spielten die nicht-motorisierten Verkehrsmittel bezüglich der Verkehrsleistung bereits 1982 nur eine geringe Rolle. Besonders drastisch zeigt sich die Zunahme des MIV-Anteils in Ostdeutschland nach 1989. So nahm in Dresden die Anzahl der Einkaufswege mit dem Pkw je Person und Tag von 1982 bis 1994 von 0,08 Wegen auf 0,3 Wege zu. Der Anteil des Autos am Modal-Split12 erhöhte sich in diesem Zeitraum von 14 % auf 36 % (Bergmann, 1997).
Wege zum Kauf von Waren des täglichen Bedarfs machten 2002 bundesweit 15 % der zurückgelegten Wege aus, in Berlin 14 % (Follmer et al., 2004; infas und DIW, 2003). Die Distanzen der Einkaufswege sind im Vergleich zu anderen Wegezwecken kurz, wobei der Anteil an Personen mit kurzen Einkaufswegen sinkt (siehe Abbildung 2.3).
Abbildung 2.3: Distanz zur Haupteinkaufsstätte für größere Haushaltseinkäufe | ||
(Eigene Darstellung, Daten aus Kuckartz, 2000) |
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Der Anteil des wohnungsnahen Einkaufs unterscheidet sich je nach Betriebsform: So wurden bei einer Untersuchung 1995 in Landshut 50 % der Einkäufe im Lebensmittelhandwerk und in Supermärkten im eigenen Stadtteil erledigt, bei den Lebensmittel-Discountern waren es nur 18 % (vgl. Heinritz et al., 2003).
Das Hauptverkehrsmittel beim Einkaufen ist – trotz der geringen Distanzen – der MIV (59 % der Wege). Ebenfalls noch eine hohe Bedeutung hat das zu Fuß gehen (26 %), wenige Personen fahren dagegen mit dem Rad (9 %) und mit dem ÖPNV (6 %) (Follmer et al., 2003). Diese Anteile weichen kaum von den Anteilen der Verkehrsmittel an allen Wegen ab. Wird zwischen kleinen und größeren Einkäufen unterschieden, so zeigt sich bei den größeren Einkäufen eine deutliche Dominanz des MIV (Kuckartz, 2000). In Berlin liegen die MIV-Anteile (40 %) an allen Wegen etwas geringer als insgesamt in Deutschland, dagegen liegt der Anteil des ÖPNV (23 %) besonders hoch (infas und DIW, 2003).
Gerade aufgrund der kurzen Wege kann beim Einkaufsverkehr ein hohes Potenzial zur Verringerung der MIV-Wege gesehen werden. So weisen Wehrspaun und Löwe (2002) auf das hohe Potenzial der Verlagerung auf nicht-motorisierte Verkehrsmittel hin: Bei den Wegen bis zu einem Kilometer (ein Viertel der Wege) auf das zu Fuß gehen (ca. 10 Minuten Fußweg), bei einer Entfernung von bis zu drei Kilometern (immerhin die Hälfte der Wege) auf das Rad. Allerdings sind aus Sicht der Haushalte die Möglichkeiten zur Veränderung derAlltagsmobilität gering, da die Verkehrsmittelwahl häufig schon sehr differenziert nach Anlass getroffen wird (Petersen und Wilke, 2000). Preisendörfer sieht darin ein Problem der positiven Selbsteinschätzung, da viele Personen der Meinung sind, dass sie selbst bereits wenig Auto fahren, die anderen aber ihr Verhalten ändern sollten (Preisendörfer et al., 1999).
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Den Zusammenhang zwischen der Raumstruktur und dem Mobilitätsverhalten untersuchen eine Vielzahl an Studien mit dem Ziel, verkehrsvermeidende Strukturen zu identifizieren (z.B. Floeting et al., 1994; Hammer et al., 2003; Handy et al., 2005; Handy und Clifton, 2001; Heydenreich, 2000; Holz-Rau und Kutter, 1995; Holz-Rau et al., 1999; Kagermeier, 1999; Schlaffer et al., 2002; Schüttemeyer und Grotz, 2002). In diesen Untersuchungen werden in der Regel mehrere Wohngebiete untersucht, die sich hinsichtlich ihrer Raumstruktur unterscheiden. Dieser Unterschied kann die Dichte, die Lage, die Art der Nutzung bzw. Funktionen, das Alter des Gebietes etc. betreffen. Mittels eines Vergleichs von Raumstruktur und Verkehrsverhalten der Bevölkerung nach Gebiet wird der Einfluss der Raumstruktur ermittelt. Zu berücksichtigen gilt es hierbei, dass die BewohnerInnen nicht zufällig in einer bestimmten Raumstruktur leben, sondern sich diesen Wohnstandort gewählt haben. Dies kann für das aktuelle Verkehrsverhalten als Langfristentscheidung betrachtet werden (vgl. Gaus und Zanger, 2001). Holz-Rau und Kutter zeigen für unterschiedliche Wohngebietstypen, dass sich der Verkehrsaufwand der BewohnerInnen nicht nur bei gebietsabhängigen Aktivitäten wie Einkaufen, das besonders abhängig von der Raumstruktur ist, unterscheidet, sondern in geringerem Maße auch bei Dienst- und Urlaubsreisen (Holz-Rau und Kutter, 1995). Es findet in Bezug auf das Mobilitätsverhalten eine Segregation zwischen Wohngebieten statt, bei der sich nach Holz-Rau et al. (1999) unterschiedliche Mobilitätsstile in verschiedenen Gebieten konzentrieren, wobei im Zuge einer selektiven Wohnmobilität die autofreien Haushalte in die Innenstadt ziehen und Autohaushalte (bzw. autobereite Haushalte) an den Stadtrand (Scheiner, 2005). Eine Studie in Kalifornien stellt entsprechend einen geringen kausalen Einfluss der räumlichen Struktur für die Nutzung des Pkws fest, wohingegen die Bedeutung der Einstellungen hoch ist (Handy et al., 2005).
Frehn (1995) teilt die Raumstruktur in Siedlungs- und Baustruktur auf der einen und Infrastrukturausstattung auf der anderen Seite ein. Dieser Einteilung folgend wird in den nächsten Abschnitten auf die Fragestellung eingegangen, inwiefern die Siedlungs- und Baustruktur (Lage, Dichte, Art der Bebauung, Nutzung, etc.) und die Infrastruktur (insbesondere die Einkaufsmöglichkeiten) einen Zusammenhang zur Einkaufsmobilität aufweisen. Dabei wird die Bedeutung der Raumstruktur für die Wegelängen, die Verkehrsmittelwahl und die Einkaufshäufigkeit berücksichtigt.
Wegelängen
Die zurückgelegten Distanzen der Einkaufswege unterscheiden sich zwischen den BewohnerInnen in unterschiedlichen Siedlungsstrukturen (vgl. Bergmann, 1997; Hammer et al., 2003; Heydenreich, 2000; Holz-Rau und Kutter, 1995; Kagermeier, 1999; Schlaffer et al., 2002). Dabei haben die BewohnerInnen in innenstadtnahen, nutzungsgemischten und dichten Gebieten besonders kurze Einkaufswege und kaufen vergleichsweise häufig innerhalb ihres Stadtquartiers ein. So beträgt beim Einkaufen der Verkehrsaufwand der BewohnerInnen eines innenstadtnahen, nutzungsgemischten Wohngebiets weniger als ein Zehntel des Verkehrsaufwandes eines entmischten Neubaugebiets am Stadtrand (Kagermeier, 1999). Je nach Stadtquartier unterscheiden sich die Anteile der Versorgungswege, die in der Nähe der Wohnung erledigt werden: Eine Studie in Köln zeigt, dass in einem innenstadtnahen Gründerzeitquartier zwei Drittel der Ziele innerhalb des eigenen Stadtquartiers liegen, in einem Gebiet der 1960er Jahre mit Zeilenbauweise noch fast jeder zweite Weg, in einem Einfamilienhausgebiet am Stadtrand dagegen nur jeder vierte (Hammer et al., 2003).
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Diese Differenzen können jedoch auch anhand der Unterschiede in der Ausstattung begründet werden. So kommt eine Studie in Leipzig zu dem Ergebnis, dass vor allem die BewohnerInnen am Stadtrand wohnungsnah einkaufen, da in ihrem Stadtquartier ein besonders beliebtes Einkaufszentrum liegt (Heydenreich, 2000). Bezüglich der Distanz wird der Infrastrukturausstattung also eine große Bedeutung zugeschrieben, da der Verkehrsaufwand für das Einkaufen bei einer guten nahräumlichen Versorgung vergleichsweise gering ist (vgl. Bergmann, 1997; Heydenreich, 2000; Holz-Rau und Kutter, 1995; Holz-Rau et al., 1994; Holz-Rau et al., 1999; Schlaffer et al., 2002). Bereits geringe Entfernungsunterschiede zu den Einkaufsstätten können dabei für die Wahl der Einkaufsstätte relevant sein (Holz-Rau und Kutter, 1995).
Allerdings hängen die Verkehrsvermeidungseffekte auch von der Attraktivität des Angebots ab, insbesondere vom Preis, der Vielfalt und den Kopplungsmöglichkeiten (Frehn, 1995). Bergmann (1997) zieht aus einer Studie den Schluss, dass Einkaufsstätten mit einem preislich attraktiven Angebot in Wohnungsnähe am geeignetsten sind, um weite Autofahrten zu vermeiden. Die Ansprüche an die Einkaufsstätte sind dabei insbesondere bei Großeinkäufen hoch, wohingegen schon bei einem geringen nahräumlichen Angebot dieses für die kleinen Einkäufe genutzt wird (Holz-Rau et al., 1999). Die KonsumentInnen schätzen ein gutes nahräumliches Angebot durchaus und sehen in guten Einkaufsmöglichkeiten eines der wichtigsten Kriterien für eine hohe Lebensqualität am Wohnort (Kuckartz und Rheingans-Heintze, 2004).
Verkehrsmittelwahl
Je nach Siedlungsstruktur zeigen die BewohnerInnen unterschiedliche Modal-Splits beim Einkaufen. Dies zeigen sowohl Studien in Deutschland (Floeting et al., 1994; Hammer et al., 2003; Heydenreich, 2000; Holz-Rau und Kutter, 1995; Holz-Rau et al., 1999), als auch in Australien (Schüttemeyer und Grotz, 2002) und den USA (Handy et al., 2005; Handy und Clifton, 2001). Besonders niedrig liegt der MIV-Anteil in dichteren Gebieten mit einer hohen Nutzungsmischung nahe der Innenstadt. Für unterschiedliche Stadtquartiere Kölns konnte eine Studie feststellen, dass in einem innenstadtnahen Gründerzeitquartier der Pkw wenig für die Alltagsmobilität genutzt wird, wohingegen in einem Gebiet der 1960er Jahre mit Zeilenbauweise und einem Einfamilienhausgebiet am Stadtrand bei der Alltagsmobilität hohe Pkw-Anteile bestehen (Hammer et al., 2003). Das Forschungsprojekt „Mobilität in Berlin“ zeigt anhand der Untersuchung verschiedener Wohngebietstypen in Berlin ebenfalls deutliche Unterschiede bezüglich der Verkehrsmittelwahl beim Einkaufen je nach Siedlungsstruktur, wobei der Pkw-Anteil am Modal-Split mit rund 20 % in den innerstädtischen Gründerzeitgebieten am geringsten, am höchsten dagegen in den Einfamilienhausgebieten mit um die 70 % ist (Martin, 2005). Dagegen bestehen zwischen den Wohngebieten der verschiedenen Gebietstypen in Ost- und Westberlin kaum Differenzen bei der Verkehrsmittelwahl. Holz-Rau et al. (1999) stellen bezüglich nutzungsgemischter Gebiete fest, dass in diesen wesentlich häufiger zu Fuß eingekauft wird, allerdings auch dort bei großen Einkäufen das Auto dominiert. Eine andere Studie zeigt, dass der Anteil an Fußwegen beim Einkaufen in nutzungsgemischten Gebieten besonders hoch liegt (Heydenreich, 2000).
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Die hohen Anteile an Fußwegen in den innenstadtnahen, dichten und nutzungsgemischten Gebieten können auch mit der besseren Ausstattung mit Einkaufsmöglichkeiten und damit kürzeren Einkaufswegen begründet werden. Während einige Studien einen Zusammenhang zwischen einer guten nahräumlichen Einkaufsausstattung und geringen Anteilen des MIV bzw. hohen Anteilen des zu Fuß Gehens feststellen (Holz-Rau et al., 1994; Holz-Rau et al., 1999; Schüttemeyer und Grotz, 2002), weisen andere Studien auf die geringe Bedeutung der Einkaufsmöglichkeiten für die Wahl des Verkehrsmittels hin (Blöbaum, 2000; Heydenreich, 2000). Die geringere zurückgelegte Distanz aufgrund eines guten nahräumlichen Angebots führt nach Holz-Rau und Kutter (1995) zu einer Verringerung des Pkw-Anteils. Personen, deren Haupteinkaufsstätte für Lebensmittel weniger als 1 km entfernt liegt, kaufen zu 66 % ohne Auto ein, bei den übrigen sind es nur 19 % (Preisendörfer et al., 1999). Hier stellt sich jedoch die Frage, ob die Distanz der Grund für die Autonutzung ist oder ob die Autonutzung die Personen weniger distanzempfindlich macht. Denn nicht nur die Zielwahl beeinflusst die Verkehrsmittelwahl, sondern auch die verkehrlichen Rahmenbedingungen haben Bedeutung für die Wahl des Zieles (vgl. Preisendörfer et al., 1999). Heydenreich (2000) kommt anhand einer Studie in Leipzig zu dem Schluss, dass die Angebotsstruktur zwar Bedeutung für die Distanzen, nicht jedoch für den Anteil des MIV am Einkaufsverkehr hat. So kaufen in einem sehr gut versorgten Stadtrandgebiet zwar besonders viele Personen im Gebiet Lebensmittel ein, dennoch liegen die Anteile des MIV hier deutlich höher als in der Innenstadt und ebenso hoch wie im schlecht versorgten Umland (Heydenreich, 2000).
Entscheidend für die Verkehrsmittelwahl ist auch die sonstige Infrastruktur: So kann ein Zusammenhang zwischen den zur nächsten Straßenbahn-Haltestelle zurückgelegten Wegen und dem Anteil der ÖPNV-Nutzung festgestellt werden (Blöbaum, 2000). Auch für das zu Fuß Gehen zu nahe gelegenen Einkaufsstätten spielt die Bewertung des Weges als sicher und angenehm eine Rolle (Handy und Clifton, 2001). Daneben sollten auch andere Infrastruktureinrichtungen nicht unberücksichtigt bleiben, da sich die Einkaufsmobilität bei Waren des täglichen Bedarfs im Vergleich zu anderen Wegezwecken durch einen hohen Anteil gekoppelter Wege auszeichnet (Zängler, 2000).
Einkaufshäufigkeit
Die Einkaufshäufigkeit der BewohnerInnen unterschiedlicher Gebietstypen zeigt ebenfalls Differenzen. Während überdurchschnittlich viele BewohnerInnen der Leipziger Innenstadt „alle paar Tage“ einkaufen, machen die BewohnerInnen am Stadtrand und im Umland häufig ausschließlich Großeinkäufe (Heydenreich, 2000). In gut ausgestatteten Gebieten wird zwar häufiger eingekauft, die Anzahl größerer Einkäufe unterscheidet sich aber kaum zwischen den Gebieten (Holz-Rau et al., 1999). Eine Studie in Stuttgart kommt sogar zu dem Ergebnis, dass die Unterschiede in der Einkaufshäufigkeit zwischen verschiedenen Gebieten vorwiegend auf die unterschiedlichen Haushaltsstrukturen zurückzuführen sind (Holz-Rau und Kutter, 1995).
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Eine Vielzahl an Faktoren hat Bedeutung für die Verkehrsmittelwahl und den Verkehrsaufwand beim Einkaufen. Preisendörfer et al. (1999) kommen anhand der Auswertung zweier Erhebungen zu dem Schluss, dass insbesondere die Autoverfügbarkeit und die Entfernung zur Einkaufsstätte wichtige Faktoren für die Verkehrsmittelwahl bei Haushaltseinkäufen sind. Daneben stellen sie einen Einfluss von Einstellungen (Umweltbewusstsein und politische Orientierung), Lebenslage (Haushaltsgröße, Haushaltseinkommen, Geschlecht, Erwerbstätigkeit) und Umfeld (Wohnort: Stadt/Land, umweltaktiver Freundeskreis, Fußweg zur ÖPNV-Haltestelle) fest. Für die Wahl des Verkehrsmittels beim Einkauf im Nahbereich erwies sich in einer Untersuchung in Rostock lediglich die Autoverfügbarkeit als relevant, wohingegen das Umweltbewusstsein in dieser Untersuchung vor allem für die Frage Bedeutung zeigte, ob jemand im Nahbereich einkauft (Preisendörfer et al., 1999). Auf den Verkehrsaufwand beim Einkaufen konnten Holz-Rau et al. (1999) in einer Studie in Köln keinen Einfluss der Autoverfügbarkeit und des Einkommens feststellen. Eine Studie in den USA kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass Mobilitätseinstellungen und Lebenslage für die Verkehrsmittelwahl beim Einkaufen relevante Faktoren sind (Handy und Clifton, 2001).
Die Autoverfügbarkeit, die einen wichtigen Faktor für die Autonutzung darstellt, unterscheidet sich ebenfalls je nach Siedlungsstruktur: So leben insbesondere viele Haushalte in Großstädten ohne Auto, gleichzeitig nimmt in den Städten von der Mitte zum Rand die Zahl der Haushalte ohne Auto ab (Holz-Rau und Kutter, 1995; Schlaffer et al., 2002). Als Ursachen können die infrastrukturellen Bedingungen der Kerngebiete, die Knappheit an Stellplätzen, sozio-demographische Faktoren aber auch eine selektive Wohnmobilität angesehen werden. Die Autoverfügbarkeit liegt in Berlin mit durchschnittlich 0,7 Pkw je Haushalt (41 % der Haushalte haben keinen Pkw) deutlich unter dem bundesweiten Durchschnitt von 1,1 Pkw je Haushalt (20 % der Haushalte haben keinen Pkw). Von den BerlinerInnen ab 14 Jahren verfügen nur 51 % jederzeit und 12 % gelegentlich über einen Pkw (infas und DIW, 2003).
Bezüglich der Einkaufsmobilität wird in der vorliegenden Arbeit aufgrund ihrer Umweltauswirkungen die Distanz zu den Einkaufsstätten, die Verkehrsmittelwahl sowie die Einkaufshäufigkeit erhoben.
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Die Literaturauswertung zur Einkaufsmobilität zeigt insgesamt, dass eine Tendenz zu einem wenig umweltfreundlichen Verhalten existiert, da die Distanzen des Einkaufsverkehrs zunehmen und die Anteile des MIV steigen. Lediglich kleine Einkäufe werden nach wie vor häufig mit nicht-motorisierten Verkehrsmitteln durchgeführt. Das Potenzial einer Verlagerung auf andere Verkehrsmittel besteht aufgrund der geringen Distanzen zwar theoretisch, nicht jedoch aus Sicht der KonsumentInnen.
Beim Mobilitätsverhalten bestehen, auch im Einkaufsbereich, erhebliche räumliche Differenzen, denen räumliche Strukturen, aber auch Differenzen zwischen den BewohnerInnen zugrunde liegen. Unterschiede zeigen sich dabei in unterschiedlichen Stadtquartieren (Lage, Baustruktur, Dichte, Nutzungsmischung) und bei Differenzen in der Ausstattung mit Einkaufsmöglichkeiten sowie der Verkehrsinfrastruktur. Während bei der Verkehrsmittelwahl die Siedlungsstruktur eine größere Bedeutung hat, sind es bei der Wegelänge eher die Einkaufsmöglichkeiten. Auch die allgemeine Infrastruktur hat aufgrund der Kopplungsaktivitäten beim Einkaufen Bedeutung. Neben den räumlichen Strukturen zeigen für die Wahl der Verkehrsmittel auch die Autoverfügbarkeit, das Umweltbewusstsein und die Lebenslage Relevanz.
Zunächst stellt dieses Kapitel dar, welche Lebensmittel besonders umweltfreundlich sind. Für diese umweltfreundlichen Lebensmittel werden anschließend die Einkaufsmöglichkeiten, die KonsumentInnen sowie Motive und Barrieren für deren Kauf erörtert sowie der Frage nach räumlichen Differenzen bei Angebot und Nachfrage nachgegangen. Obwohl umweltfreundliche Lebensmittel nicht nur Bioprodukte umfassen, existieren vorwiegend Untersuchungen zum Biokauf. Deshalb nimmt dieser Aspekt bei der folgenden Auswertung des Forschungsstands einen besonders großen Raum ein.
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Die Bewertung der Umweltfreundlichkeit von Lebensmitteln kann entweder mittels einer Bilanzierung einzelner Produkte oder unterschiedlicher Produktionsweisen erfolgen (vgl. Quack und Rüdenauer, 2001). Zur Identifikation von umweltfreundlichen Lebensmitteln wird sowohl auf Bewertungen, die sich auf unterschiedliche Produktionsweisen in der Landwirtschaft beschränken (z.B. Geier et al., 1998), als auch auf solche, die das gesamte Bedürfnisfeld Ernährung bewerten (z.B. Brohmann, 2001; Faist, 2000; Jungbluth, 2000), zurückgegriffen. Für die Konzeption der empirischen Arbeit ist wichtig, welche dieser Aspekte den KonsumentInnen bekannt sind, weshalb auch die Frage nach der Vermittlung der Ergebnisse der naturwissenschaftlichen Studien thematisiert wird.
Umweltauswirkungen entlang der Warenkette
Die umweltfreundlichen Eigenschaften der Lebensmittel können entlang der Warenkette in folgende fünf Bereiche unterteilt werden (vgl. Fritsche, 2001; Jungbluth, 2000; Koerber und Kretschmer, 1999; Lorek, 2001; Quack und Rüdenauer, 2001; van Rüth und Cunningham, 2000): Landwirtschaft, Verarbeitung, Verpackung, Transport und Haushalt. Im Folgenden wird genauer auf die Ergebnisse der Ökobilanzen zu diesen fünf Bereichen eingegangen.
Die ökologische Landwirtschaft beeinträchtigt die Umwelt in geringerem Maße als die konventionelle Landwirtschaft. Dies gilt insbesondere für den Pflanzenanbau, in geringerem Maße bei der Tierhaltung (Jungbluth, 2000). Jedoch bestehen deutliche Unterschiede zwischen verschiedenen ökologisch wirtschaftenden Bauernhöfen (Haas, 2003).
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Der Anbau im Gewächshaus führt zu einem hohen Energieverbrauch. Die negativen Auswirkungen des Anbaus im Treibhaus lassen sich unter anderem am Beispiel von Tomaten darstellen: Die Emissionen an CO2-Äquivalenten bei Freiland-Tomaten liegen bei 85 g je Kilogramm Tomaten, bei Tomaten aus dem Treibhaus dagegen bei 1567 g und aus beheizten Tunneln bei 9305 g (Wehrspaun und Löwe, 2002). Wie dieses Beispiel zeigt, ist der Konsum saisonaler Produkte, die entweder im Feld wachsen oder eingelagert sind, besonders umweltfreundlich. Die Herstellung tierischer Produkte verursacht im Vergleich zu pflanzlichen Produkten hohe spezifische Emissionen an CO2-Äquivalenten und Säurebildnern (vgl. Fritsche, 2001; van Rüth und Cunningham, 2000).
Die Verarbeitung von Lebensmitteln vor dem Verkauf spielt aufgrund des teilweise hohen Ressourcenverbrauchs und weiterer Umweltbelastungen eine Rolle bei der Umweltbewertung (Jungbluth, 2000). Auch wenn die Verarbeitung zu einer Reduktion von Umweltbelastungen bei der z.B. reitung in der Konsumphase führen kann, gleicht dies den hohen Energieverbrauch von vorverarbeiteten Produkten nicht aus (Jungbluth, 2000). Besonders hoch ist der Energieverbrauch von Tiefkühlprodukten, da deren Lagerung besonders energieintensiv ist.
Neben der Verarbeitung kann auch die Verpackung negative Umweltauswirkungen haben. Dabei geht es um die Menge an Verpackung, aber auch um die Art der Verpackung. Bezüglich Getränkeverpackungen gibt es ausführliche Debatten zu der Frage, welche Verpackungsart am umweltfreundlichsten ist. Eine Ökobilanz kommt für Milchverpackungen zu dem Ergebnis, dass die Verbundverpackungen („Tetrapack“) weniger umweltfreundlich sind als Mehrwegflaschen und Schlauchverpackungen (Schmitz, 1995). Jungbluth (2000) kommt dagegen zu dem Ergebnis, dass die Art des Verpackungsmaterials im Vergleich zum Gewicht der Verpackung kaum von Belang ist.
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Regionale Produkte verursachen aufgrund der kurzen Transportwege geringe Umweltbelastungen und einen niedrigen Ressourcenverbrauch. Dabei gilt insbesondere der Transport im Flugzeug, der beim Import einiger Frischwaren von außerhalb Europas üblich ist, als besonders umweltbelastend (vgl. Jungbluth, 2000; van Rüth und Cunningham, 2000). Die CO2-Emissionen beim Transport könnten durch eine Umstellung auf regionales Gemüse um 68 % reduziert werden (van Rüth und Cunningham, 2000). In Nordamerika wird für Städte nicht nur eine regionale Versorgung, sondern auch die urbane Landwirtschaft als Möglichkeit zur Reduktion von Transportwegen diskutiert (vgl. Brown und Carter, 2003; Deelstra und Biggelaar, 2001; Roberts, 2003).
Neben dem Produktionsprozess kann auch die Konsumphase, also die Haushaltsführung, berücksichtigt werden. Als Aspekte dieser Phase nennt Jungbluth den Einkaufsverkehr, die Verwendung von energiesparenden Geräten, die Abfallvermeidung und das Recycling (Jungbluth, 2000).
Relevanz der Umweltauswirkungen
Nach Jungbluth (2000) dienen insbesondere der Verzicht auf mit dem Flugzeug transportierte Produkte, auf Gemüse, das im Gewächshaus angebaut wurde, und auf tiefgekühlte Produkte sowie der Kauf von Produkten aus der Region einer Reduktion der Umweltbelastungen. Nicht ganz so deutlich bewertet er die ökologischen Vorteile von Bioprodukten und von Mehrwegflaschen. Dabei unterscheidet sich je nach Produktgruppe die Bedeutung der unterschiedlichen Schritte der Warenkette: Während bei tierischen Produkten die Umweltauswirkungen der Herstellung vor allem in der Landwirtschaft (70 %) anfallen, hat diese bei pflanzlichen Produkten eine geringere Bedeutung (30-40 %) (Gupfinger, 2000).
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Eine Umweltkostenrechnung, bei der die Umweltauswirkungen als externe Kosten erhoben werden, kommt anhand des Warenkorbes Großbritanniens zu dem Schluss, dass vor allem die Landwirtschaft, insbesondere die konventionelle, der Güterverkehr auf Straßen und der private Einkaufsverkehr externe Kosten verursacht (Pretty et al., 2005). Müll dagegen führt in der Summe nur zu geringen externen Kosten, ebenso der Flug- und Schiffsverkehr. Allerdings wurden nur die Kosten für Großbritannien berücksichtigt und die Bereiche Verarbeitung und Konservierung nicht einbezogen. Eine Umweltkostenrechnung aus Toronto kommt zu dem Ergebnis, dass der ökologische Fußabdruck des Imports von Tomaten aus anderen Regionen Nordamerikas dreimal so groß wie der des lokalen Anbaus in Gewächshäusern ist (Murray und Krause, 1999).
Sowohl die Ökobilanzen als auch die Umweltkostenrechnungen kommen damit zu dem Ergebnis, dass der Transport der Waren aus Umweltsicht besonders relevant ist. Außerdem zeigt die ökologische Landwirtschaft vor allem in der Umweltkostenrechnung eine große Relevanz. Übereinstimmend stellen die verschiedenen Studien fest, dass die große Bedeutung des Themas Verpackung in der gesellschaftlichen Diskussion zum Thema Umweltschutz kaum mit deren Umweltrelevanz zu begründen ist.
„Insgesamt wurde die Bedeutung des Verpackungsmaterials für den umweltgerechten Einkauf in der Vergangenheit eher überbewertet. Dies ist wohl damit zu begründen, dass der Verpackungsabfall für KonsumentInnen die zunächst am besten wahrzunehmende Umweltverschmutzung darstellt. Diese ist aber bei einer Betrachtung des gesamten Lebenszyklus eher wenig relevant.“ (Jungbluth, 2000) |
Wehrspaun und Löwe (2002) weisen darauf hin, dass die große Bedeutung, die private Haushaltsabfälle in der Diskussion um die Reduzierung des Abfallaufkommens haben, auch nicht mit deren eher geringem Anteil am gesamten Müllaufkommen13 übereinstimmt.
Vermittlung an KonsumentInnen
Für die Integration dieser Erkenntnisse in den Alltag von KonsumentInnen stellen deren Differenziertheit für die VerbraucherInnen aufgrund des hohen Informationsaufwandes ein Problem dar.
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„Musste der ökologisch aufgeklärte Konsument bereits in den siebziger und achtziger Jahren eine kaum mehr überschaubare Zahl von möglichen Giftstoffen in Haushalts- und Gebrauchsartikeln bedenken, sowie Strahlenbelastung, Pestizide, Antibiotika- und Hormonrückstände in Lebensmitteln berücksichtigen, so müssen nun auch die globalen „ökologischen Rucksäcke“ sowie komplizierte Öko- und Produktlinienbilanzen von Produkten entlang der gesamten Herstellungs-, Nutzungs- und Entsorgungskette, oft über den ganzen Globus, mit in Betracht gezogen werden.“ (Brand, 2000) |
So führt das Übermaß an Informationen zum Thema Ernährung bei großen Teilen der Bevölkerung zu dem Gefühl der Desinformation (DGE, 1996). Lichtl (2000) geht davon aus, dass sich insbesondere bei den wenig umweltorientierten KonsumentInnen als Reaktion auf die Informationsmenge Abwehr- und Sättigungserscheinungen zeigen. Daneben müssen die Informationen je nach Zielgruppe unterschiedlich gestaltet werden. In einer Befragung türkischer MigrantInnen zeigt sich, dass diese zwar überdurchschnittliche Werte bei den Umwelteinstellungen zeigen, ihr Umweltwissen jedoch häufig sehr gering ist (Kizilocak und Sauer, 2003).
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Um den VerbraucherInnen Umweltrelevanz die von Produkten in alltagstauglicher Form zu präsentieren, werden diese vereinfacht dargestellt. Eine Möglichkeit besteht in der Reduktion auf wenige prägnante Aussagen, zum Beispiel als Leitbild „Weniger Fleisch, mehr Ökoprodukte aus der Region“ (Lorek, 2001). Einen anderen Weg beschreitet das österreichische Ökologie-Institut, das die Umweltrelevanz von Produktalternativen anhand eines „Ökorankings“, das die Ergebnisse von Ökobilanzen in vereinfachter Form zeigt, in einem Einkaufsratgeber darstellt (Gupfinger, 2000; Gupfinger et al., 2000). Eine dritte Möglichkeit sind Kennzeichen, anhand derer die VerbraucherInnen besonders umweltfreundliche Produkte erkennen können. Hier setzt das Projekt „Nachhaltiger Warenkorb“ an, dessen Einkaufsführer Hinweise auf geeignete Kennzeichen, aber auch Handlungsgrundsätze enthält (imug, 2002; imug, 2002).
Fazit
Die Umweltauswirkungen der Lebensmittel können entlang der Warenkette (Landwirtschaft, Verarbeitung und Verpackung, Transport, Konsum) aufgeteilt werden. Welcher dieser Bereiche besonders umweltrelevant ist, unterscheidet sich je nach Produktgruppe und Untersuchungsmethode. Insgesamt sind sich die Studien jedoch einig, dass die Verpackung eine vergleichsweise geringe Bedeutung hat, umstritten ist dagegen die Relevanz der Art der Landwirtschaft. Aus differenzierten Ergebnissen zu den Umweltauswirkungen von einzelnen Lebensmitteln werden für die KonsumentInnen durch Reduktion einfache Hinweise erarbeitet: Kennzeichen, Leitbilder oder Einkaufsratgeber mit vereinfachter Wiedergabe der Ergebnisse von Ökobilanzen. Auf der Grundlage dieser Ergebnisse erfolgt in der vorliegenden Arbeit die Auswahl der zu untersuchenden Produkteigenschaften.
Der Anteil der Bioprodukte am Gesamtlebensmittelumsatz wächst seit Jahren und liegt in Deutschland derzeit zwischen zwei und drei Prozent (BÖLW, 2005; Rippin, 2004). Für das Jahr 2005 schätzen ExpertInnen den Umsatz an Öko-Lebensmitteln auf 4 Milliarden Euro (vgl. BLE, 2006; Ramspeck, 2006) . Insbesondere in Folge einzelner Lebensmittelskandale (beispielsweise des BSE-Skandals), aber auch politischer Kampagnen der letzten Bundesregierung kam es in den letzten Jahre zu kräftigen Umsatzsteigerungen (BioHandel, 3/2004; BÖLW, 2005). Auch die Anzahl der ökologisch landwirtschaftenden Betriebe ist in Deutschland in den letzten Jahren deutlich angestiegen (BioHandel, 2/2004). Insgesamt besteht ein Überangebot auf dem Biomarkt, weshalb die Nachfrage kaum durch den Umfang der produzierten Bioprodukte begrenzt wird (Gronefeld und Hamm, 2002). Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern, in denen der Biomarkt erst im Entstehen ist oder stark wächst, gilt der Markt in Deutschland als etabliert (Padel und Midmore, 2005).
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Ein vergleichsweise geringer Anteil des Umsatzes an Bioprodukten entfällt in Deutschland nach wie vor auf den konventionellen Lebensmitteleinzelhandel (LEH)14. Dagegen spielen alternative Vertriebswege, die in den 1970er und 1980er Jahren entstanden, im Biobereich eine große Rolle. Naturkostfachgeschäfte, also Bioläden und Biosupermärkte, sind noch heute der wichtigste Absatzweg für Bioprodukte (siehe Abbildung 2.4). Aber auch andere Vertriebsformen wie die Direktvermarktung, Reformhäuser, Biofleischereien und Biobäckereien können sich behaupten.
Abbildung 2.4: Anteile der unterschiedlichen Vertriebswege am Biolebensmittelumsatz in Deutschland (Stand 2002) | ||
(Eigene Darstellung, Daten aus Unternehmensberatung synergie, 2003) |
In Ostdeutschland (inklusive Berlin) ist der Anteil des LEH am Umsatz mit Bioprodukten im Vergleich zum Bundesdurchschnitt hoch (Michels et al., 2004). Die Einkaufsstätten des Naturkostfachhandels, Reformhäuser so wie andere vor allem auf Bioprodukte spezialisierte Einkaufsmöglichkeiten werden im Weiteren Bioeinkaufsstätten genannt.
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In den letzten Jahren fand eine Veränderung der Angebotsstrukturen für Bioprodukte in Deutschland statt, und zwar innerhalb der Naturkostbranche und im konventionellen Lebensmitteleinzelhandel (LEH) (vgl. Richter, 2004). In der Biobranche vollzieht sich ein Strukturwandel. Während viele kleinere Bioläden stagnierende oder rückläufige Umsätze haben und es zu Ladenschließungen kommt, verzeichnen die Biosupermärkte, die seit Beginn der 1990er Jahre eröffnet wurden, große Umsatzzuwächse (BioHandel, 10/2004). Im Biobereich wird– abweichend von der Definition im LEH (vgl. Kapitel 2.2.2) – bereits ab einer Verkaufsfläche von 200 m² von einem Supermarkt gesprochen, die durchschnittliche Verkaufsfläche der Biosupermärkte betrug im Jahr 2002 350 m² (Unternehmensberatung synergie, 2003). Auch der Filialisierungsgrad der Biosupermärkte ist gering: Nur ein Viertel der Supermärkte gehört zu einer Kette mit mehr als zwei Geschäften15. Zu finden sind die Biosupermärkte vor allem in Groß- und Mittelstädten (Unternehmensberatung synergie, 2003). Ende 2005 lag die Anzahl der Biosupermärkte bundesweit bei rund 300, von denen alleine 50 im letzten Jahr eröffneten (vgl. Gillies, 2005; Kreuzer und Offeney, 2005). Der Anteil der Biosupermärkte am Gesamtumsatz des Naturkosteinzelhandels lag bereits 2002 - trotz eines Anteils an Einkaufsstätten von lediglich 5 % - bei ca. 20 % (Unternehmensberatung synergie, 2003).
Abbildung 2.5: Anteil unterschiedlicher Formen von Bioeinkaufsstätten in Berlin (Stand 2005; N=260) | ||
(Eigene Darstellung, Daten aus FÖL, 2005) |
Die alternativen Vertriebswege für Bioprodukte beschränken sich nicht auf Bioläden und Biosupermärkte. ↓41Abbildung 2.5 zeigt, dass den BerlinerInnen eine Vielzahl an unterschiedlichen Bioeinkaufsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. So verfügten die Reformhäuser, die durch die Aufnahme klassischer Naturkostmarken ihr Biosortiment ausbauten, mit einem Anteil von 50 - 60 % Biolebensmitteln 2002 über ein gutes Bioangebot (Kreuzer, 2002). Als weitere Vertriebsform haben sich in Berlin Abonnementkisten-Systeme etabliert, durch die den KonsumentInnen regelmäßig saisonale Produkte von Bauernhöfen aus dem Umland direkt nach Hause geliefert werden.
Neben einem Strukturwandel in der Biobranche findet eine Verlagerung in den LEH statt (Hamm und Wild, 2004; Rippin, 2004). Bereits im Jahr 2000 verfügten 43 % der Lebensmitteleinzelhandelsfilialen über ein Angebot an Bioprodukten, wobei es sich allerdings überwiegend um ein Sortiment von sehr geringer Tiefe und meist auch Breite handelt (Bodenstein und Spiller, 2001). Während beispielsweise Biomilch in vielen Filialen des LEH angeboten wird, verfügen diese allenfalls über ein geringes Angebot an Obst und Gemüse aus ökologischem Anbau (Hamm und Rippin, 2005). So konzentriert sich die Angebotspalette auch bei Plus, der als erster Discounter mit einer Bioeigenmarke auf den Markt getreten ist, vor allem auf Molkereiprodukte. Somit ist der Discounter für eine Komplettversorgung mit Bioprodukten wenig geeignet, bietet die Produkte aber zu niedrigen Preisen an und hat eine hohe Distributionsdichte (Reuter, 2002). Damit erreichten die Discounter bereits zwei Jahre nach dem Markteintritt einen Anteil von 12 % am Biomilch-Umsatz (Hamm und Wild, 2004). Viele große Konzerne des LEH verfügen zwar schon seit vielen Jahren über eigene Handelsmarken im Biobereich (siehe Tabelle 2.2), jedoch platzieren sie die Bioprodukte häufig schlecht und bewerben sie wenig (Hempfling, 2004; Ziemann und Thomas, 2004). Mehr Engagement im Biobereich zeigen ein paar kleinere Ketten des LEH (tegut, Feneberg), die sich – durchaus mit Erfolg – auf ein breites Bioangebot spezialisiert haben (Groß, 2001).
Tabelle 2.2: Biohandelsmarken im LEH
Bio-Handelsmarke |
Handelsunternehmen |
Einführungsjahr |
Füllhorn |
Rewe, Minimal, HL, Toom, Globus |
1988 |
Naturkind |
Kaiser’s, Tengelmann |
1986 |
Bio-Wertkost |
Edeka-Gruppe |
1999 |
Pro Natur |
Spar, Eurospar, intermarché |
2001 |
Bio Bio |
Plus |
2002 |
↓42 |
Eine bundesweite Studie (Birzle-Harder et al., 2003) zeigt, dass der konventionelle Lebensmitteleinzelhandel und der Wochenmarkt die Einkaufsmöglichkeiten sind, die besonders viele BiokäuferInnen für den Kauf von Bioprodukten nutzen (siehe Abbildung 2.6). Spezielle Bioeinkaufsstätten werden dagegen nur von einem Teil der BiokäuferInnen regelmäßig aufgesucht. Allerdings kaufen die Bio-IntensivkäuferInnen Bioprodukte häufiger in Bioeinkaufsstätten als im konventionellen LEH (Engelken et al., 2005). Diese KonsumentInnen sind mit den aufgesuchten Bioeinkaufsstätten sehr zufrieden und begründen dies mit dem großen Biosortiment, der Beratung, speziellen Produkten und politischen Kriterien (Engelken et al., 2005; Spiller et al., 2005). Daneben besteht bei vielen KonsumentInnen ein Misstrauen gegenüber dem Bioangebot im LEH17 (Schade et al., 2002; Schäfer, o.J.). Die Bioeinkaufsstätten sind also für die Zielgruppe der IntensivkäuferInnen nach wie vor relevant, Hauptzielgruppe der Angebote im LEH stellen dagegen die GelegenheitskäuferInnen dar (Reuter, 2002).
Abbildung 2.6: Häufigkeit der Nutzung unterschiedlicher Einkaufsstätten für den Kauf von Bioprodukten | ||
Anteil der KäuferInnen von Bioprodukten, der diese Einkaufsstätten nutzt, N = 1575 (Eigene Darstellung, Daten aus Birzle-Harder et al., 2003) |
Je nach Einkaufsstättenart nennen BiokundInnen unterschiedliche Motive für deren Wahl. Nähe bzw. Erreichbarkeit stellt jedoch unabhängig von der Art der Einkaufsstätte für viele KundInnen ein wichtiges Motiv dar (Langerbein, 1988; Schade et al., 2002; Schäfer, o.J.). Auch ist die räumliche Nähe von Bioeinkaufsstätten wichtig für deren Bekanntheit. So gaben in einer Befragung KundInnen unterschiedlicher Berliner Bioeinkaufsstätten am häufigsten an, dass sie die aufgesuchten Bioeinkaufsstätten aufgrund ihrer Lage „in der Nähe“ kennen, nur selten wurden dagegen Mundpropaganda und Werbung genannt (Schade et al., 2002).
Der Anteil von BiokäuferInnen in der Bevölkerung
↓43 |
Bioprodukte haben sich in Deutschland inzwischen einen breiten KäuferInnen-Kreis erschlossen. So zeigen unterschiedliche Studien der letzten Jahre, dass nur zwischen 19 % und 43 % der Bevölkerung keine Bioprodukte kauft (siehe Tabelle 2.3). Die Angaben zu dem Anteil der Personen, die Bioprodukte kaufen, unterscheidet sich dabei erheblich je nach Fragestellung, Erhebungsmethode und Ort der Befragung. Dies gilt ebenfalls für Befragungen in anderen Ländern, so dass der Anteil an BiokäuferInnen kaum verglichen werden kann18.
Tabelle 2.3: Überblick über den Anteil an BiokäuferInnen aus unterschiedlichen Studien
Befragung BRD 2005
|
Befragung BRD 2004
|
Befragung BRD 2003
|
Befragung BRD 2003
|
Befragung BRD 2001
|
Befragung in Berlin 2004
|
Befragung in München und Leipzig 2003
|
|
Biokäu-ferInnen |
1 % ausschließlich 15 % häufig 59 % gelegentlich |
3 % immer 30 % häufig 45 % selten |
16 % intensiv1 23 % gelegentlich1 18 % selten1 |
37 % min. 1x monatlich (davon 21 % min. 5 x monatlich) |
77 % kaufen Bio (22 % intensiv2) |
20 % sehr häufig oder häufig |
19 % regelmäßig 40 % gelegentlich |
Nicht-Biokäu-ferInnen |
24 % nie |
19 % kaufen nie Bioprodukte |
46 % kaufen keine Bioprodukte |
- |
22 % kaufen „so gut wie nie“ Bioprodukte |
21 % kaufen keine Bioprodukte |
41 % kaufen „so gut wie nie“ Bioprodukte |
1) Intensiv: mindestens 1-mal wöchentlich, gelegentlich: 1-3 mal im Monat, selten: weniger als 1-mal im Monat 2) Mehr als 50 % der Lebensmittel sind Bioprodukte. |
Die BiokäuferInnen lassen sich nach der Kaufintensität unterteilen, die entweder anhand der Häufigkeit oder der Bioanteile erhoben wird. Die Zahl der regelmäßigen BiokäuferInnen (kaufe regelmäßig/häufig Bio) liegt in Deutschland dann zwischen 16 % und 33 % (siehe Tabelle 2.3). Bezogen auf die Umsätze sind die IntensivkäuferInnen besonders wichtig: 60 % der Ausgaben entfallen auf das Fünftel der BiokäuferInnen (8 % der Bevölkerung), die mehr als fünf Mal im Monat Bioprodukte kaufen (Michels et al., 2004). Im Vergleich zu diesen IntensivkäuferInnen verfügt die Gruppe der GelegenheitskäuferInnen über ein eher geringes Wissen zu Biokennzeichen und –marken und ist in geringerem Umfang zur Zahlung höherer Preise bereit (Birzle-Harder et al., 2003; Spiller et al., 2004). Von vielen GelegenheitskäuferInnen werden Bioprodukte nicht per se als Premiumwaren angesehen, sondern häufig eher unbewusst gekauft. Die KäuferInnen stehen den Bioprodukten teilweise sogar ambivalent gegenüber (Richter, 2004).
↓44 |
Die Kaufintensität unterscheidet sich auch nach Produktgruppen (vgl. Tabelle 2.4), wobei die BiokundInnen vor allem Frischwaren in Bioqualität einkaufen. Bei den Ausgaben für Bioprodukte liegen Obst und Gemüse vorne, es folgen Molkereiwaren, Backwaren, Fleisch/Wurst und Eier (Michels et al., 2004).
Tabelle 2.4: Unterschiedliche Kaufintensität je nach Produktgruppe
Kauf der Produkte in Bioqualität (Anteil der Befragten, die das Produkt kaufen) |
|||||||
Produktgruppe |
n |
immer |
häufig |
gelegentlich |
selten |
nie |
|
1 |
Eier |
1.480 |
50 % |
31 % |
10 % |
5 % |
4 % |
2 |
Kartoffeln |
1.442 |
32 % |
35 % |
16 % |
10 % |
7 % |
3 |
Gemüse |
1.483 |
19 % |
47 % |
21 % |
10 % |
3 % |
4 |
Obst |
1.496 |
18 % |
47 % |
22 % |
10 % |
3 % |
5 |
Brot |
1.464 |
18 % |
33 % |
22 % |
19 % |
9 % |
6 |
Geflügel |
1.416 |
18 % |
32 % |
22 % |
19 % |
9 % |
7 |
Fleischwaren/Wurst |
1.434 |
14 % |
30 % |
26 % |
22 % |
8 % |
8 |
Schweinefleisch |
1.350 |
17 % |
28 % |
22 % |
22 % |
11 % |
9 |
Rindfleisch |
1.219 |
21 % |
24 % |
19 % |
21 % |
15 % |
10 |
Joghurt |
1.424 |
14 % |
30 % |
24 % |
21 % |
12 % |
11 |
Käse |
1.464 |
9 % |
28 % |
26 % |
25 % |
12 % |
12 |
Milch |
1.448 |
17 % |
23 % |
21 % |
22 % |
17 % |
13 |
Frühstückskost/Cerealien |
1.270 |
11 % |
26 % |
21 % |
24 % |
18 % |
14 |
Fertiggerichte/Tiefkühlkost |
1.128 |
2 % |
8 % |
16 % |
35 % |
38 % |
Räumliche Unterschiede beim Biokauf belegt eine vergleichende Studie in Leipzig und München: Während 44 % der Befragten in München gelegentlich Bioprodukte kaufen und 21 % regelmäßig, kaufen in Leipzig nur 33 % gelegentlich und 16 % regelmäßig Bioprodukte (Kropp und Sehrer, 2004). Gleichzeitig konsumieren die Münchner BiokäuferInnen zu einem höheren Anteil Bioprodukte. Da sich räumliche Unterschiede beim Biokauf zeigen, sind für die vorliegende Arbeit insbesondere Ergebnisse aus Berlin von Interesse: In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa in Berlin aus dem Jahr 2004 (N=1000) gaben 20 % der befragten Personen an, dass sie regelmäßig (sehr häufig oder häufig) Bioprodukte kaufen und nur 21 %, dass sie keine kaufen (Berliner Zeitung, 19.1.2004).
↓45 |
Der Anteil an Personen, die Bioprodukte kaufen, stieg in den letzten 20 Jahren deutlich, wie eine Langfriststudie in Westdeutschland zeigt (siehe Abbildung 2.7). Insbesondere bis 1994 stieg der Anteil der BiokäuferInnen, in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre trat eine Stagnation ein. Eine andere Studie kommt hingegen zu dem Ergebnis, dass gerade in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre viele KundInnen zum ersten Mal Bioprodukte gekauft haben (Kuhnert et al., 2002). Der Anteil an BiokäuferInnen steigt weiterhin: So nahm von 2004 bis 2005 der Anteil von NichtkäuferInnen von einem Drittel auf ein Viertel ab (BLE, 2004; BLE, 2005).
Abbildung 2.7: Entwicklung des Anteils an BiokäuferInnen in einer Langfriststudie in Westdeutschland | ||
(Eigene Darstellung, Daten aus Bruhn und Alvensleben, 2000) |
Bezüglich des Anteils an Bioprodukten geben in einer bundesweiten Befragung 22 % der KonsumentInnen an, dass mindestens die Hälfte ihrer verwendeten Lebensmittel Bioprodukte seien, weitere 28 % kaufen mehr als ein Viertel Bioprodukte (Kuhnert et al., 2002). Damit gaben 50 % der Befragten an, mindestens ein Viertel ihrer Lebensmittel in Bioqualität zu kaufen. Diese Anteile müssen, im Vergleich zu den geringen Umsatzanteile der Bioprodukte am Lebensmittelmarkt, als zu hoch angesehen werden. Daran wird deutlich, dass die Erhebung des selbstberichteten Konsums die Aussagekraft der Ergebnisse einschränkt. Gründe für die überhöhten Werte können Antwortverzerrungen infolge des Problems der sozialen Erwünschtheit, aber auch Fehleinschätzungen der KonsumentInnen sein (Bruhn, 2001):
↓46 |
„Generell ist von einer erheblichen Konsumüberschätzung auszugehen, die sich nicht zuletzt daraus ergibt, dass viele VerbraucherInnen bereits Eier aus Bodenhaltung oder Vollkornprodukte als Bio-Lebensmittel wahrnehmen“ (Kropp und Sehrer, 2004). |
Lebenslage der BiokäuferInnen
Für die vorliegende Arbeit ist es von besonderem Interesse, ob bestimmte Bevölkerungsgruppen überdurchschnittlich häufig Bioprodukte kaufen. Inwiefern soziodemographische Faktoren einen Einfluss auf den Kauf von Bioprodukten haben, ist jedoch sowohl für Deutschland als auch für andere Länder umstritten19. Weitgehend einig sind sich die AutorInnen in Deutschland lediglich bezüglich der Bedeutung des Schulabschlusses. Im Folgenden werden die Ergebnisse zur Bedeutung der Lebenslage anhand neuerer Studien dargestellt.
↓47 |
Personen mit höherer Bildung (Abitur oder Hochschulabschluss) kaufen sehr viel häufiger Bioprodukte als Personen mit niedrigem Schulabschluss (Kropp und Sehrer, 2004; Schade et al., 2002) und geben mehr für diese Produkte aus (Michels et al., 2004). Entgegen diesem auch in vielen anderen Studien gefundenen Ergebnis, kommen Birzle-Harder et al. (2003) anhand einer repräsentativen bundesweiten Erhebung zu dem Schluss, dass Personen mit Hochschulabschluss nicht besonders häufig zu den BiokäuferInnen gehören. Dagegen sind Personen mit mittleren Abschlüssen (zu denen hier auch diejenigen mit Abitur, aber ohne Hochschulabschluss zählen) unter den BiokäuferInnen überdurchschnittlich vertreten.
Einige Studien stellen fest, dass insbesondere Personen mit höherem Einkommen BiokäuferInnen sind (Kropp und Sehrer, 2004; Kuckartz und Rheingans-Heintze, 2004). Auch in einer Erhebung in Berlin waren besonders viele Besserverdienende (Haushaltsnettoeinkommen über 3000 €) unter den regelmäßigen BiokäuferInnen (Berliner Zeitung, 19.1.2004). Kropp (2004) konnte dagegen keinen Zusammenhang zwischen der Kaufintensität und dem Einkommen feststellen. Schade et al. (2002) weisen darauf hin, dass auch unter den Bio-IntensivkäuferInnen alle Einkommensgruppen gut vertreten sind und sich die Einkommensstrukturen kaum zwischen KundInnen, die nur bis zu einem Drittel ihrer Lebensmittel in Bioqualität kaufen, und IntensivkäuferInnen, bei denen mehr als zwei Drittel der Lebensmittel Bioprodukte sind, unterscheiden.
Abbildung 2.8: Biokauf unterschiedlicher Altersgruppen (N = 2000) | ||
Der Verzehrindex ist nach Bruhn (2001) ein Maß für den prozentualen Biokonsum am Gesamtverzehr der abgefragten Produkte. (Eigene Darstellung, Daten aus Bruhn und Alvensleben, 2000) |
↓48 |
Während in einer Studie von Michels et al. (2004) insbesondere Personen mittleren Alters unter den BiokäuferInnen zu finden sind und in der von Birzle-Harder et al. (2003) insbesondere ältere Personen, konnte Kropp (2004) keinen Zusammenhang zwischen Biokauf und Alter feststellen. Allerdings kommt eine Langfriststudie zu dem Schluss, dass sich die Altersstruktur der KundInnen von Bioprodukten seit Mitte der 1980er Jahre deutlich verändert hat (siehe Abbildung 2.8). Dies lässt sich nicht nur auf das Altern der bisherigen BiokäuferInnen zurückführen.
Ferner ist umstritten inwiefern Kinder im Haushalt eine Rolle spielen: Kropp (2004) kommt zu dem Ergebnis, dass Haushalte mit Kindern besonders häufig unter den BiokäuferInnen sind, während bei Michels et al. (2004) der Anteil der BiokäuferInnen gerade bei Paaren ohne Kinder hoch ist. Besonders selten sind jedoch Einpersonenhaushalte unter den BiokäuferInnen zu finden (Birzle-Harder et al., 2003; Kropp und Sehrer, 2004). Einige Studien stellen fest, dass mehr Frauen Bioprodukte kaufen als Männer (Birzle-Harder et al., 2003; Kropp und Sehrer, 2004).
Bioprodukte werden heute von einem Großteil der Bevölkerung positiv bewertet (Alvensleben und Bruhn, 2001; Kuhnert et al., 2002). Sie werden auf Grund der Anbauweise als weniger belastet und gesünder angesehen (Alvensleben und Bruhn, 2001; BLE, 2002) sowie im Vergleich zu herkömmlichen Produkten vor allem bezogen auf die artgerechte Tierhaltung (85 %), den Gesundheitsaspekt (82 %) und die Naturbelassenheit (81 %) besser bewertet (Kuhnert et al., 2002). Ein großer Teil der VerbraucherInnen sind außerdem der Meinung, dass Bioprodukte im Trend liegen (79 %) und gut schmecken (72 %) (BLE, 2002). Bioprodukte verfügen aus Sicht vieler KonsumentInnen über eine umweltfreundlichere Verpackung (64 %) und kommen eher aus der Region (61 %) (Kuhnert et al., 2002). Allerdings werden auch negative Eigenschaften angegeben, und zwar vor allem der hohe Preis (59 %), aber auch die geringe Haltbarkeit (37 %) und das Aussehen (22 %) (Kuhnert et al., 2002).
↓49 |
Untersuchungen der letzten Jahre kommen zu dem Schluss, dass gesundheitliche Aspekte in Deutschland die wichtigsten Motive für den Kauf von Bioprodukten sind - und wichtiger als das Motiv Umwelt- und Naturschutz (z.B. Alvensleben und Bruhn, 2001; Niedermann et al., 2000; Schade et al., 2002). So stimmten bei einer Befragung von KundInnen Berliner Bioeinkaufsstätten 60 % der Aussage zu, dass eher geschmackliche oder gesundheitliche Aspekte als altruistische Motive für den Kauf von Bioprodukten entscheidend seien, nur 14 % verneinten dies (Schade et al., 2002). Jedoch gibt es eine Vielzahl an Motiven für den Kauf von Bioprodukten. Birzle-Harder et al. (2003) reduzieren die anhand einer bundesweiten Studie erhobenen Motive mittels Faktorenanalyse auf sechs Dimensionen:
Der Kauf von Bioprodukten ist eng mit der Auseinandersetzung um Ernährungsthemen verknüpft (Kropp und Sehrer, 2004). So halten BiokäuferInnen Ernährungsfragen für wesentlich wichtiger als Nicht-KäuferInnen, außerdem informieren sie sich umfassender zu diesem Thema (Michels et al., 2004). Sie achten auch mehr auf regionale und saisonale Produkte und sind zur Mehrzahlung für gute Qualität bereit (Michels et al., 2004). KonsumentInnen in anderen EU-Ländern und den USA kaufen Bioprodukte ebenfalls vor allem wegen der Aspekte Gesundheit und Ernährung, aber auch Geschmack und Umweltschutz haben dort eine vergleichbare Bedeutung (Dimitri und Greene, 2002; Krystallis und Chryssohoidis, 2005). Allerdings ist den KonsumentInnen in Deutschland die Unterstützung der Biobauern besonders wichtig (vgl. Krystallis und Chryssohoidis, 2005).
↓50 |
Die Anlässe bzw. Auslöser, die zum Biokauf führen, stimmen nicht unbedingt mit den späteren Kaufmotiven überein. Sie lassen sich in personenbezogene Auslöser (Krankheiten, Geburt eines Kindes, Ernährungsumstellung), gesellschaftliche Ereignisse (Lebensmittelskandale, Berichte in den Medien) und das soziale Umfeld (Freunde/Verwandte) aufteilen (siehe Abbildung 2.9). Allerdings geben nur 41 % der BiokäuferInnen an, dass bei ihnen ein konkreten Anlass oder ein besonderes Erlebnis zum Kauf von Bioprodukten führte (BLE, 2003).
Abbildung 2.9: Auslöser für den Biokauf | ||
Anteil Befragter, Mehrfachangaben möglich (Eigene Darstellung, Daten aus Birzle-Harder et al., 2003) |
Als wichtigste Barriere für den Kauf von Bioprodukten wird in den meisten Erhebungen in Deutschland deren Preis genannt (Birzle-Harder et al., 2003; BLE, 2004; Meier-Ploeger et al., 1997). Neben dem Preis gelten der Zweifel an der Echtheit bzw. den Vorteilen von Bioprodukten und die mangelnde Verfügbarkeit als größte Barrieren (Birzle-Harder et al., 2003; BLE, 2004; CMA, 1996; Poferl et al., 1997). Studien aus den USA und anderen EU-Ländern zeigen, dass dort ebenfalls der Preis und die Verfügbarkeit als wichtigste Barrieren für den Biokauf gelten (Dimitri und Greene, 2002; Krystallis und Chryssohoidis, 2005; Padel und Foster, 2005; Padel und Midmore, 2005). Weitere Barrieren für den Biokauf in Deutschland sind die Produkteigenschaften (Aussehen, Image, Geschmack), das „Öko-Publikum“, Routinen und Gewohnheiten sowie das soziale Umfeld (Birzle-Harder et al., 2003; CMA, 1996; Kuhnert et al., 2002; Poferl et al., 1997). Nicht zuletzt stellt auch das mangelnde Interesse an Bioprodukten für einige VerbraucherInnen einen Grund für den Nichtkauf dar. Allerdings sinkt der Anteil an Personen, die sich nicht für Bioprodukte interessieren: Nannten dies 1996 in einer Befragung noch 30 % als Grund für den Nichtkauf, so waren es 2004 nur noch 17 % (BLE, 2004; CMA, 1996). Im Folgenden wird auf die drei zentralen Barrieren genauer eingegangen.
Preis
↓51 |
Die Preise von Bioprodukten liegen deutlich über denen von konventionellen, wobei der Preisaufschlag je nach Produktgruppe variiert. So waren Bioeier im LEH Ende 2002 um 71 % teurer als konventionelle, Biomilch in der Flasche um 13 %, sonst um 58 %, Gemüse um 48 % bis 156 % (Spiller, 2004) Insgesamt liegen die durchschnittlichen Preisunterschiede zwischen 20 % und 150 %, wobei vor allem die höher verarbeiteten Produkte im Vergleich teuer sind (Stumm, 2004). Die vergleichsweise höheren Preise von Bioprodukten werden nicht nur durch höhere Erzeugungskosten und die Differenzierung der Angebotsstrukturen, sondern auch durch die kleinbetriebliche Distribution verursacht (vgl. Bodenstein und Spiller, 2001). Daher können Supermärkte und Discounter durch Kosteneinsparungen bei der Distribution Bioprodukte zu niedrigeren Preisen anbieten, insbesondere durch ihr Angebot an Bio-Eigenmarken. Entsprechend sind Bioprodukte im LEH, insbesondere in den Discountern, günstiger als in Bioläden und Reformhäusern (Hamm und Wild, 2004). So kosten die Bioprodukte im Discounter im Schnitt ein Viertel weniger als in den Naturkostfachgeschäften (Spiller, 2004). Das Preisniveau der Biosupermärkte liegt dagegen nur geringfügig unter dem der Bioläden (Reuter et al., 2005; Scheftelowitz, 2005).
Im Vergleich zu den durchschnittlichen monatlichen Kosten eines Warenkorbs für Nahrungsmittel20 beim Kauf konventioneller Waren (154 €) liegen die durchschnittlichen Kosten beim Kauf von Bioprodukten (303 €) fast doppelt so hoch. Die Kosten der Produkte variieren jedoch erheblich und liegen für Produkte in Bioqualität zwischen 240 und 428 €, für konventionelle Lebensmittel zwischen 82 und 320 €. Werden jeweils nur die preisgünstigsten Produkte gekauft, so ist der Kauf von Bioprodukten demnach dreimal so teuer wie der von konventionellen Produkten. Andererseits sind die Bioprodukte im Durchschnitt so teuer wie konventionelle Premiumprodukte (Stumm, 2004). Deshalb zeigen sich in den Discountern, die insgesamt ein niedriges Preisniveau haben, die höchsten Preisdifferenzen zwischen Bioprodukten und dem sonstigen Sortiment, wohingegen die Preise der Bioprodukte in Vollsortimentern weniger vom dortigen Preisniveau abweichen (Ziemann und Thomas, 2004). Die Preise von Bioprodukten sind also in Discountern besonders gering, die Preisdifferenzen dagegen besonders hoch.
Verfügbarkeit
In einer bundesweiten Befragung im Jahr 2001 bemängelte fast die Hälfte der Befragten die schlechte Verfügbarkeit von Bioprodukten (Kuhnert et al., 2002). Der Aussage, dass sie mehr Bioprodukte kaufen würden, wenn diese besser verfügbar wären bzw. es sie in den aufgesuchten Geschäften gäbe, stimmen in Befragungen sogar zwei Drittel der KonsumentInnen zu (BLE, 2005; Kuhnert et al., 2002).
↓52 |
Die Frage nach dem Mehraufwand für den Kauf von Bioprodukten aufgrund einer geringen Distributionsdichte wurde bisher kaum empirisch untersucht. Bezüglich des Zeitaufwandes für den Einkauf von Bioprodukten ermittelte eine Studie in Sachsen 1995 bis 1998 durchschnittliche Wegezeiten von einer viertel bis einer halben Stunde. Bei 7 % betrugen die Wegezeiten über eine Stunde (Brunner und Rikabi, 1999). Die durchschnittlichen Wegezeiten zu konventionellen Einkaufsstätten lagen 1982 bundesweit bei 15 Minuten (Brombacher, 1992). Diese beiden Zahlen lassen sich aufgrund der Zunahme der Wegestrecken in den letzen Jahrzehnten und dem unterschiedlichen räumlichen Bezugsraum jedoch nicht direkt vergleichen. In einer anderen Studie wurden die zurücklegten Wegestrecken der BiokundInnen eines Supermarktes mit breitem Bioangebot (durchschnittlich 4,0 km) mit denen aller KundInnen (durchschnittlich 2,9 km) verglichen. Die BiokundInnen legten also vergleichsweise weite Wege zurück (Kesseler, 1994).
Der wahrgenommene Angebotsmangel kann auch auf einem Informationsdefizit zu den Einkaufsstätten mit Bioprodukten beruhen, denn zwei Drittel der Befragten einer Studie gaben an, dass sie gerne mehr Informationen darüber hätten, wo man Bioprodukte kaufen kann (Kuhnert et al., 2002).
Echtheitszweifel
In Deutschland gab es bis 2001 kein einheitliches Kennzeichen für Bioprodukte, was als eine Ursache des mangelnden Vertrauens von KonsumentInnen in Bioprodukte angesehen wurde. Traditionell überwachte eine Vielzahl an Bioanbauverbänden die Einhaltung der jeweiligen Verbandsrichtlinien. Seitdem die EG-Öko-Verordnung im Jahr 1991 allgemeine Regelungen für Bioprodukte festlegte, müssen alle Lebensmittel, die mit den Hinweisen “Bio“ oder „Öko“ versehen waren, deren Anforderungen erfüllen. Um das Erkennen von Bioprodukten zu vereinfachen und das Vertrauen der KonsumentInnen in Bioprodukte zu erhöhen, wurde im Jahr 2001 das Bio-Siegel (s. Abbildung 2.10) eingeführt und seitdem in mehreren Kampagnen beworben.
↓53 |
Abbildung 2.10: Das staatliche Bio-Siegel | ||
(Quelle: www.bio-siegel.de) |
Das Zeichen kennen inzwischen drei Viertel der Bevölkerung (gestützte Frage21), von denen wiederum die Hälfte beim Einkauf darauf achtet (Kuckartz und Rheingans-Heintze, 2004). Das Siegel wird von VerbraucherInnen insgesamt positiv bewertet (Birzle-Harder et al., 2003; Wirthgen, 2005) und ermöglicht aus Sicht der meisten Befragten in Berliner Einkaufsstätten eine eindeutige Identifikation von Bioprodukten (Miething, 2003).
Produkte aus der Region haben aufgrund der kurzen Transportwege ökologische Vorteile. Der Begriff „regional“ hat dabei keinen einheitliche Bedeutung. Er kann sich auf einen Landkreis, auf eine naturräumliche Einheit oder auch auf ein Bundesland beziehen. Die Präferenz der Produkte aus einem Gebiet steigt dabei tendenziell, wenn der Bezugsraum enger gefasst wird (Balling, 2000). So werden Produkte aus der Region Brandenburg von Berliner VerbraucherInnen besser bewertet als Produkte, die allgemein „aus Deutschland“ kommen (Leitow und Jader, 2004). In dieser Arbeit werden Produkte aus Berlin und Brandenburg als regionale Produkte für den Berliner Markt bezeichnet.
↓54 |
Die wichtigsten Bezugsquellen für regionale Produkte sind in Deutschland der LEH (insbesondere in Ostdeutschland), das Lebensmittelhandwerk (Backwaren und Fleisch/Wurst) und der Wochenmarkt. Eier, Kartoffeln, Wein und Milch werden auch häufig direkt vom Bauern/Erzeuger gekauft (Wirthgen et al., 1999). Die Bedeutung der Direktvermarktung sank jedoch in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre: Zum einen nahm ihr Umsatzanteil an den verkauften Frischwaren ab, zum anderen ging insgesamt der Kauf von Frischwaren zugunsten von Fertigwaren zurück (Balling, 2000).
Regionale Produkte erfreuen sich großer Beliebtheit: In einer Befragung 1998 gaben 74 % der Befragten an, dass sie regionale Produkte bevorzugen (Alvensleben, 2000). Insbesondere in den 1990er Jahren stieg die Bedeutung von Regionalität für die VerbraucherInnen (vgl. Alvensleben, 2000; Balling, 2000), wobei Leitow und Jader (2004) von einer weiterhin wachsenden Bedeutung regionaler Produkte ausgehen. Als Grund für den Anstieg der Bedeutung regionaler Produkte können die zunehmende Verbraucherverunsicherung aufgrund von Lebensmittelskandalen und die Internationalisierung des Warenangebotes angesehen werden (Balling, 2000). So spielt die Bekanntheit der Herkunft der Rohstoffe eine wichtige Rolle für das Vertrauen in ein Produkt. Diese ist wichtiger als Qualitätsprüfungen, Gütezeichen (darunter auch Biokennzeichen) und Marken (Schade und Liedtke, 2000). Die regionalen Produkte werden aufgrund der ihnen zugeschriebenen Produkteigenschaften (Frische, Qualität, besserer Geschmack) und Produktionsbedingungen (natürliche Produktion, kürzere Transportwege, mehr Vertrauen, genetisch nicht verändert, umweltfreundlich) geschätzt, aber auch zur Unterstützung der regionalen Landwirtschaft gekauft (Alvensleben, 2000; Dorandt und Leonhäuser, 2001; Leitow und Jader, 2004; Wirthgen et al., 1999).
Insbesondere ältere Personen legen Wert auf regionale Produkte und kaufen diese häufiger (Balling, 2000; Dorandt und Leonhäuser, 2001). Einer Erhebung in Bayern zufolge achten Personen mit niedrigen Bildungsabschlüssen mehr auf die regionale Herkunft als solche mit hohen (Balling, 2000). Ein deutlicher Zusammenhang besteht zwischen dem Kauf regionaler Produkte und der Verbundenheit mit der Region (Alvensleben, 2000). In Berlin unterscheiden sich die VerbraucherInnen in Ost- und Westberlin: Die OstberlinerInnen achten mehr auf regionale Produkte und bewerten das vorhandene Angebot entsprechend besser (Ulbricht, 2002). Eine Untersuchung, die Regionen in Hessen, Thüringen und Sachsen-Anhalt vergleicht, kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die Regionalität in den neuen Bundesländern mehr Bedeutung hat (Wirthgen et al., 1999). Die BewohnerInnen der neuen Bundesländer erkennen häufiger die regionalen Produkte, und zwar an deren Marken und Produktnamen.
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Bei Personen aus den neuen Bundesländern sind neben Produkten aus der eigenen Region allgemein Ostprodukte, also Produkte, die weiterhin mit den Markennamen aus der DDR-Zeit in den neuen Bundesländern produziert werden, beliebt (Kutsch und Werner, 2002). So gibt ein Viertel der bei einer Untersuchung in Brandenburg und Ostberlin Befragten an, dass sie immer gezielt Ostprodukte kaufen, 95 % kaufen diese immer oder manchmal gezielt (Kutsch und Werner, 2002). Beim Kauf von Ostprodukten dominieren die Motive Geschmack (70 %), Bekanntheit der Produkte von früher (60 %), Solidarität mit der ostdeutschen Wirtschaft (50 %) und die Verbundenheit mit der Region (39 %) (Kutsch und Werner, 2002). Die Akzeptanz von DDR-Produkten war noch 1989/90 eher gering. Erst seit 1991 erfreuen sich diese wieder einer größeren Beliebtheit – nun als Ostprodukte, die zwar an die alten DDR-Produkte erinnern, aber nicht deren negative Eigenschaften haben. Zwischen Ende 1990 und Ende 1991 stieg der Anteil der ostdeutschen Bevölkerung, der Ostprodukte bevorzugte, entsprechend von 50 % auf fast 75 % (Kutsch und Werner, 2002). In den neuen Bundesländern hat also der Aspekt „Unterstützung der heimischen Wirtschaft“ eine große Bedeutung22 (Balling, 2000).
Die Bedeutung der regionalen Herkunft unterscheidet sich zwischen Produktgruppen, wobei die Herkunft bei Frischwaren für besonders wichtig gehalten wird (Alvensleben, 2000). Dies gilt insbesondere für tierische Produkte, da bei diesen eine große produktspezifische Verunsicherung herrscht (Balling, 2000). Der vergleichsweise geringe regionale Anteil an Gemüse lässt sich außerdem damit erklären, dass nicht alle Gemüsesorten in der Region angebaut werden können, bzw. nicht zu jeder Zeit – außerdem stellt die Erkennbarkeit der Herkunft ein größeres Problem dar (Wirthgen et al., 1999)
Potenzielle Barrieren für den Kauf regionaler Produkte sind der höhere Preis, die ungenügende Verarbeitung und eine mangelnde Kennzeichnung (Leitow und Jader, 2004). Während in einer Befragung bei gleichem Preis und gleicher Qualität fast alle Berliner VerbraucherInnen (95 %) bevorzugt Äpfel aus Brandenburg kaufen, sind es bei einem Mehrpreis von 25 % nur noch ein Drittel der Befragten (Leitow und Jader, 2004). Allerdings sind regionale Lebensmittel häufig nicht teurer als Produkte anderer Herkunft, teilweise sind sie sogar billiger (Wirthgen et al., 1999). Entsprechend konnten Wirthgen et al. keinen Zusammenhang zwischen einer Mehrzahlungsbereitschaft und dem Kauf von regionalen Produkten feststellen. Ein großes Problem stellt für den Kauf von regionalen Produkten dagegen die mangelnde Erkennbarkeit der Produktherkunft dar: So konnten in einer Befragung in Berlin 1993 fast zwei Drittel der Befragten die Herkunft von Produkten in Einkaufsstätten nicht auf Anhieb oder gar nicht finden (Schade und Liedtke, 2000). Der Wunsch nach einem bequemen und schnellen Einkauf steht aus Sicht der KonsumentInnen dem Kauf regionaler Produkte nicht entgegen (Wirthgen et al., 1999). Deren Kauf scheint also nicht mit einem Mehraufwand verbunden zu sein.
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Verpackung stellt aus Sicht der Bevölkerung ein sehr wichtiges Umweltthema dar, das jedoch tatsächlich nicht besonders umweltrelevant ist (s. Kapitel 2.4.1). Das Trennen von Abfällen stellt einen Bereich dar, in dem es besonders vielen Personen leicht fällt, sich umweltfreundlich zu verhalten. So gaben bei einer Befragung des Allensbacher Institutes für Demoskopie 95 % der Befragten an, dass sie in diesem Bereich etwas zum Umweltschutz.B. itragen können. In anderen Bereichen lag dieser Anteil sehr viel niedriger (Institut für Demoskopie Allensbach, 2004). Entsprechend liegt auch der Anteil der Bevölkerung, der Abfälle trennt, mit 91 % sehr hoch.
Obwohl seitens der Politik im Bereich Abfall und Verpackung seit Jahren die Maßgabe „Vermeidung vor Verwertung und sonstiger Entsorgung“ besteht23, ist die Vermeidung von Abfall weit weniger populär als deren getrennte Entsorgung (vgl. Wehrspaun und Löwe, 2002). Beispielsweise nimmt der Anteil von Getränken, die in umweltfreundlichen Verpackungen verkauft werden ab: Zwischen 1991 und 2002 sank der Anteil von Mehrwegflaschen von 72 % auf 56 % (Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung mbH, 2004).
Maßnahmen des Einzelhandels können einen positiven Einfluss auf den Kauf von abfallarmen Produkten haben. Dies zeigt eine Studie in den Filialen einer Supermarktkette in Berlin 1994/1995: In den Filialen, in denen zusätzliche abfallarme Produkte ins Sortiment aufgenommen wurden (flankiert durch eine Werbe- und Informationskampagne), lag deren Anteil an den verkauften Waren im Vergleich zu anderen Filialen deutlich höher (Burkard und Ridder, 1996). Insbesondere der Anteil der Getränke-Mehrwegflaschen stieg, bei anderen Produktgruppen stellten teilweise die ungewohnten Produktalternativen ein Hemmnis dar. Burkard und Ridder weisen darauf hin, dass in den Filialen der Supermarktkette in Ostberlin insgesamt mehr abfallarme Produkte als in den Westfilialen gekauft werden. Es zeigt sich also bezüglich der Vermeidung von Verpackungsmüll ein Ost-West-Unterschied.
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Der Anteil von verarbeiteten Produkten nahm in den letzten Jahren zu Lasten der Frischwaren zu (Balling, 2000). So stieg durch den Trend zu Convenience-Produkten der Kauf von hochverarbeiteten Produkten und Tiefkühlprodukten an (Hayn et al., 2005). Insbesondere die Tiefkühlprodukte sind aufgrund des hohen Energieverbrauchs bei der Lagerung besonders wenig umweltfreundlich (Eberle et al., 2004; Hayn et al., 2005). Der Pro-Kopf-Verbrauch an Tiefkühlprodukten stieg in den letzten zehn Jahren in Deutschland um über 50 % (Deutsches Tiefkühlinstitut, 2005).
Im Folgenden werden zum einen räumliche Differenzen bei Angebot und Nachfrage umweltfreundlicher Lebensmittel, zum anderen Ergebnisse zur Bedeutung des Wohnorts für den Kauf von umweltfreundlichen Lebensmitteln präsentiert. Dafür wird teilweise auf bereits weiter oben in diesem Kapitel vorgestellte Forschungsergebnisse zurückgegriffen.
Zur räumlichen Verteilung des Angebots an umweltfreundlichen Produkten liegen keine Erkenntnisse vor. Auf eine mangelnde Distributionsdichte umweltfreundlicher Produkte weisen jedoch die Ergebnisse von zwei Studien hin. Die TeilnehmerInnen einer Testphase zur Einführung eines Einkaufsführers „Nachhaltiger Warenkorb“ gaben an, dass sie für den Kauf der nachhaltigen Produktalternativen häufig weitere Wege zurücklegen müssen (imug, 2002). Kesseler (1994) kommt zu dem Ergebnis, dass BiokäuferInnen weitere Wege als NichtkäuferInnen zum Einkaufen zurück legen, er untersuchte dies allerdings im ländlichen Raum Anfang der 1990er Jahre.
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Räumliche Differenzen bestehen bezüglich der Nachfrage nach umweltfreundlichen Lebensmitteln. So weisen zwei Studien darauf hin, dass Bioprodukte in Westdeutschland mehr als in Ostdeutschland gekauft werden (siehe Kapitel 2.4.2). Regionale Produkte kaufen dagegen die KonsumentInnen in Ostdeutschland mehr (siehe Kapitel 2.4.3). Auch bei der Verpackung weisen die Ergebnisse einer Studie auf Differenzen zwischen Ost- und Westberlin hin, wobei die Personen im Osten mehr abfallarme Produkte kaufen (siehe Kapitel 2.4.4). Untersucht wurden hinsichtlich der räumlichen Differenzen beim Kauf von Umweltprodukten bisher vor allem Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland.
Der Frage nach der Bedeutung des Wohnortes für den Kauf von umweltfreundlichen Lebensmitteln gehen zwei Untersuchungen nach. Eine Studie in Berlin zeigt die Bedeutung von Nachbarschaften zur Verringerung von Transaktions- und Informationskosten des Umweltverhaltens im Bedarfsfeld Ernährung auf24 (vgl. Graf et al., 2000; Gruner, 2000; Harloff et al., 2000). Der Barriere der mangelnden Verfügbarkeit von umweltfreundlichen Produkten kann ein funktionierendes soziales Netzwerk zum einen über die Kommunikation in der Nachbarschaft, durch die Wissen zur vorhandenen Infrastruktur weitergegeben wird, begegnen (Graf et al., 2000). Zum anderen kann die Verfügbarkeit von Umweltprodukten durch gemeinschaftliche Aktionen, beispielsweise die Einrichtung einer Food-Coop für Bioprodukte, verbessert und somit das nachhaltige Verhalten erleichtert werden (Gruner, 2000). Insgesamt kommt die Studie zu dem Schluss, dass sich Personen aus Nachbarschaften mit sozialen Netzen – auch bei geringer ökologischer Orientierung - im Bedarfsfeld Ernährung umweltfreundlicher verhalten als andere (Gruner, 2000). Das soziale Netzwerk in der Nachbarschaft wird durch die räumliche Struktur, aber auch durch Gemeinschaftsräume und Übereinstimmungen in der Sozialstruktur beeinflusst.
Differenzen zwischen dem Kaufverhalten von Personen an unterschiedlichen Wohnorten führen Tanner et al. (2004) auf Angebotsunterschiede zurück, die sie jedoch nicht direkt erheben. In ihrer Studie in der Schweiz weist die Art des Wohnorts (ländlich vs. städtisch) einen engen Zusammenhang mit der Art der aufgesuchten Einkaufsstätte (größere Einkaufsstätten vs. kleine Geschäfte/Markt) auf, wobei städtische Haushalte häufiger in größeren Einkaufsstätten einkaufen. Der Wohnort und die Art der aufgesuchten Einkaufsstätte beeinflussen jeweils den Kauf von umweltfreundlichen Produkten, wobei beide Faktoren je nach Verhaltensweise Restriktion oder Disposition sein können (Tanner et al., 2004). So kaufen die KundInnen der großen Einkaufsstätten häufiger frisches Gemüse und Fleisch aus artgerechter Tierhaltung, jedoch weniger unverpackte Produkte. Allerdings haben in dieser Untersuchung individuumsinterne Faktoren (Einstellungen, Normen und Wissen) mehr Bedeutung als der Wohnort. Lediglich die Art der aufgesuchten Einkaufsstätte zeigt eine hohe Bedeutung (Wölfing Kast und Tanner, 2002).
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Zwischen dem Wohnort und dem Kauf umweltfreundlicher Produkte besteht also zum einen aufgrund der Kohäsion in der Nachbarschaft, zum anderen je nach Ortsgröße und Art der vorhandenen Einkaufsstätten ein Zusammenhang.
Im Folgenden wird zum einen die Bedeutung, die die jeweiligen umweltfreundlichen Produkte für die KonsumentInnen haben, verglichen. Zum anderen werden empirische Ergebnisse zum Zusammen hang zwischen dem Kauf der verschiedene Produkt alternativen dargestellt bzw. anhand der Motive und Restriktionen abgeleitet.
Die Bedeutung der unterschiedlichen umweltfreundlichen Produkte
Umweltfreundliche Produkteigenschaften spielen in allgemeinen Befragungen zu Kriterien des Lebensmitteleinkaufs keine Rolle. An erster Stelle stehen in diesen Befragungen Qualität und Frische, gefolgt vom Preis (Friebe et al., 1997; Friebe et al., 1997; Lange, 1993; Noelle-Neumann und Köcher, 1997). Werden allerdings in Befragungen zum Umwelteinkauf Umweltschutzaspekte in die Kriterienkataloge mit aufgenommen, so haben sie durchaus Bedeutung: So ist die artgerechte Tierhaltung in drei Befragungen das wichtigste bzw. das zweitwichtigste Einkaufskriterium und liegt vor den Kriterien Frische und Preis (BLE, 2003; BLE, 2004; Kuhnert et al., 2002). Tabelle 2.5 zeigt, dass die regionale Herkunft und der ökologische Anbau relativ wenigen VerbraucherInnen sehr wichtig sind. Allerdings haben einzelne Aspekte des ökologischen Landbaus, wie die Freiheit von Gentechnik und chemisch-synthetischen Unkrautbekämpfungsmitteln, eine größere Bedeutung.
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Tabelle 2.5: Kriterien für den Einkauf von Lebensmitteln: Anteil der Befragten, der das jeweilige Kriterium als sehr wichtig erachtet
1 |
Artgerechte Tierhaltung |
53 % |
2 |
Der Gesundheitsaspekt |
53 % |
3 |
Ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis |
51 % |
4 |
Frische und Reife |
50 % |
5 |
Guter Geschmack |
50 % |
6 |
Dass Tiere nicht vorbeugend mit Antibiotika behandelt werden |
50 % |
7 |
Dass Pflanzen nicht mit chemisch-synthetischen Unkrautsbekämpfungsmitteln behandelt werden |
45 % |
8 |
Ausschluss von Gentechnik |
40 % |
9 |
Schonende Verarbeitung mit wenig Zusatzstoffen |
39 % |
10 |
Naturbelassenheit |
35 % |
11 |
Niedriger Preis |
23 % |
12 |
Regionale Herkunft |
23 % |
13 |
Beratung |
19 % |
14 |
Herkunft aus ökologischem Landbau |
15 % |
15 |
Einkaufserlebnis/ Atmosphäre beim Einkaufen |
12 % |
Der Bevölkerungsanteil, der die jeweiligen umweltfreundlichen Lebensmittel kauft, kann anhand von Ergebnissen der alle zwei Jahre stattfindenden repräsentativen Bevölkerungsbefragung „Umweltbewusstsein in Deutschland“ gezeigt werden. Im Jahr 2004 gaben zwei Drittel an, dass sie immer oder häufig regionales Obst und Gemüse kaufen, 59 % kaufen keine Getränke aus Dosen und 15 % kaufen direkt beim Biobauern (Kuckartz und Rheingans-Heintze, 2004). Allgemeiner wurde der Biokauf in der Erhebung 2002 abgefragt, in der 33 % der Befragten angaben, immer oder häufig Bioprodukte zu kaufen (Kuckartz, 2002). Im Jahr 2000 wurde außerdem nach der Verarbeitung gefragt: Fertiggerichte kauften 35 % nie und 45 % selten (Kuckartz, 2000). Im Jahr 1996 gaben 63 % der Befragten an, Getränken immer oder überwiegend in Mehrwegflaschen zu kaufen; ebenfalls 63 % ließen immer oder überwiegend Verpackungsmaterial zurück (Preisendörfer et al., 1999). Damit scheint insgesamt der regelmäßige Kauf regionaler Produkte, die Vermeidung und Trennung von Verpackungsmaterial sowie die Ablehnung von Fertiggerichten wesentlich verbreiteter als der regelmäßige Kauf von Bioprodukten zu sein. Allerdings sind die Ergebnisse aus unterschiedlichen Jahren und mittels unterschiedlicher Antwortmöglichkeiten erhoben worden, da Umfang und Inhalt der Fragen zum Lebensmittelkauf sich in der Erhebung „Umweltbewusstsein in Deutschland“ je nach Jahr unterscheiden.
Zusammenhänge zwischen dem Kauf unterschiedlicher Umweltprodukte
Der Zusammenhang zwischen dem Kauf verschiedener umweltfreundlicher Lebensmittel wurde bisher vor allem für den Kauf von regionalen Produkten und Bioprodukten untersucht. In einer Studie in Bayern unterschieden sich BiokäuferInnen und Nicht-BiokäuferInnen nicht bezüglich der Bevorzugung von regionalen Produkten. Dennoch stimmten 80 % der Befragten der Aussage „Bei Öko-Lebensmitteln ist es besonders wichtig, dass sie aus der eigenen Region kommen.“ zu (Sirieix und Schaer, 2000). Der Hälfte der BiokundInnen in unterschiedlichen Berliner Bioeinkaufsstätten fallen dort Produkte aus der Region auf, allerdings achtet ein Viertel nicht auf regionale Produkte (Schade et al., 2002). Dabei stellt auch in den Bioeinkaufsstätten die Ausschilderung der Produkte ein Problem dar (Schade, 1995). Auch bezieht der Naturkostgroßhandel in Berlin-Brandenburg nur 15 % der Frischwaren aus der Region (Boeckmann und Nölting, 2005). Für den Ausbau der regionalen Vermarktung Brandenburger Bioprodukte stellt die Verarbeitung den entscheidenden Engpass dar.
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In zwei Studien, in denen unterschiedliche Verhaltensweisen im Bereich Einkauf und Ernährung mittels Faktoranalyse ausgewertet wurden, gehörten der Kauf von Bioprodukten und der Kauf von regionalen Produkten unterschiedlichen Faktoren an. (Spiller et al., 2004; Tanner et al., 2004). Obgleich einige der Motive für den Kauf von Bioprodukten und regionalen Produkten übereinstimmen, bestehen also deutliche Unterschiede zwischen beiden Verhaltensweisen. Auch werden regionale Produkte eher in Ostdeutschland eingekauft, Bioprodukte dagegen in Westdeutschland. Ein möglicher Grund für die Unterschiede in den Verhaltensweisen können die unterschiedlichen Barrieren für den Kauf der jeweiligen Produkte sein. Der Preis wird häufig als Hindernis für den Kauf von Umweltprodukten diskutiert. Tatsächlich sind Bioprodukte deutlich teurer als konventionelle Produkte. Regionale und saisonale Produkte sowie unverarbeitete und wenig verpackte Produkte dagegen kosten oft nicht mehr als die weniger umweltfreundlichen Alternativen. Höhere Preise gelten also nicht prinzipiell für umweltfreundliche Lebensmittel, wohl aber für Bioprodukte und auch Produkte aus artgerechter Tierhaltung. Die Bereitschaft zur Mehrzahlung unterscheidet sich ebenfalls je nach der Produkteigenschaft: Während bei Produkten aus artgerechter Tierhaltung 89 % der Befragten bereit sind, für diese höhere Preise zu zahlen, sind es bei Produkten aus ökologischem Anbau und aus der Region noch jeweils 80 % (Kuhnert et al., 2002). Auch hier drückt sich also wieder die hohe Relevanz artgerechter Tierhaltung aus.
Das Problem eines Mehraufwandes besteht nicht nur für die Bioprodukte, denn auch bei anderen umweltfreundlichen Produkten existiert das Problem eines fehlenden Angebots. So kritisierten die TeilnehmerInnen der Studie „Nachhaltiger Warenkorb“, dass sie häufig weitere Wege zurücklegen mussten, um die in dem Ratgeber empfohlenen Produkte zu kaufen (imug, 2002). Entsprechend zeigten sie sich sehr unzufrieden mit der Verfügbarkeit dieser Produkte im Handel (imug, 2003). Bei umweltfreundlichen Verpackungen besteht teilweise zusätzlich wegen der Rückgabe der Verpackung (Mehrweg) und bei den gering verarbeiteten Lebensmittel aufgrund der aufwendigeren z.B. reitung der Frischwaren ein Mehraufwand. In einer Studie in der Schweiz war entsprechend die Zeitknappheit beim Einkaufen und Kochen eine der wichtigsten Restriktionen für den Kauf von umweltfreundlichen Lebensmitteln (Wölfing Kast und Tanner, 2002). Allerdings sehen die KonsumentInnen im Kauf regionaler Produkte keinen Mehraufwand (siehe Kapitel 2.4.3).
Die Auswahl der zu untersuchenden Verhaltensalternativen bei der Produktwahl erfolgt in der vorliegenden Arbeit anhand des Kriteriums ihrer Umweltrelevanz. Da das Einkaufsverhalten im Vordergrund steht, sollen die zu untersuchenden Verhaltensweisen keine grundsätzlichen Ernährungsveränderungen erfordern und für die KonsumentInnen beim Einkauf prinzipiell erkennbar sein. Untersucht werden die Art der Herstellung in der Landwirtschaft (ökologische vs. konventionelle Landwirtschaft), die Herkunft und die Saisonalität. Das Thema Verarbeitung wird anhand von Tiefkühlprodukten, die auch aufgrund ihrer Lagerung besonders wenig umweltfreundlich sind, erhoben. Die Verpackung findet aufgrund ihrer vergleichsweise hohen Bedeutung bei den KonsumentInnen Berücksichtigung, auch wenn ihre Umweltrelevanz eher gering ist. Daneben wird die Art der Tierhaltung und damit das Thema Tierschutz integriert, das vielen KonsumentInnen besonders wichtig ist. Da eine Reduktion von tierischen Lebensmitteln eine Ernährungsveränderung erfordert, wird sie bei der Produktwahl nicht weiter untersucht. Der Transport von Produkten mit dem Flugzeug und der Anbau im Gewächshaus finden hingegen aufgrund der mangelnden Transparenz für die KonsumentInnen keine Berücksichtigung.
↓62 |
Von den umweltfreundlichen Lebensmittelalternativen sind bei Bioprodukten Angebot und Nachfrage am besten untersucht. Hier haben Bioeinkaufsstätten zumindest für IntensivkäuferInnen eine große Bedeutung, auch wenn der konventionelle LEH an Bedeutung gewinnt. Räumliche Angebotsdifferenzen wurden bisher für umweltfreundliche Produkte nicht untersucht.
Räumliche Differenzen bei der Nachfrage nach umweltfreundlichen Produkten bestehen beim Kauf von Bioprodukten, regionalen Produkten und verpackungsarmen Produkten zwischen Ost- und Westdeutschland. Die Bedeutung des Angebots für das Nachfrageverhalten wurde bisher ebenfalls kaum untersucht, jedoch bestehen Hinweise auf die Notwendigkeit, vergleichsweise weite Wege für den Kauf von Umweltprodukten zurückzulegen.
Neben dem Biokauf beschäftigen sich einige Studien mit dem Kauf regionaler Produkte. Das Thema Verpackung ist zwar den KonsumentInnen besonders wichtig, wurde aber hinsichtlich des Einkaufsverhaltens bisher kaum untersucht. Die Nachfrage nach den unterschiedlichen Produkten unterscheidet sich deutlich, ebenso deren Bedeutung für die Produktwahl. Differenzen zwischen den Produkten bestehen auch bezüglich der Entwicklung des Umweltverhaltens: Während bei regionalen Produkten und Bioprodukten eine Tendenz in Richtung umweltfreundlichen Verhaltensweisen zu beobachten ist, gilt dies nicht für die Verarbeitung und Verpackung. Zum Zusammenhang zwischen dem Kauf unterschiedlicher umweltfreundlicher Lebensmittel liegen vor allem bezüglich des Kaufs von Bioprodukten und regionalen Produkten Ergebnisse vor, die nicht auf einen engen Zusammenhang hinweisen.
↓63 |
Den Differenzen zwischen dem Kauf verschiedener Produkte können die Unterschiede bezüglich der Bedeutung unterschiedlicher Motive und Barrieren für deren Kauf zugrunde liegen. Dem Umweltschutzmotiv kommt jeweils nur eine geringe Bedeutung zu. Eine wichtige Barriere für den Kauf von Bioprodukten stellen deren höhere Preise dar. Diese unterscheiden sich je nach Einkaufsstätte und sind im LEH, vor allem den Discountern vergleichsweise niedrig. Daneben wird für den Kauf von Bioprodukten die Angebotsbarriere benannt, wobei häufig ein gutes Bioangebot im LEH gewünscht wird. Eine Preisbarriere existiert meist nicht für regionale Produkte, die häufig nicht teurer als die Alternativen sind. Auch der Mehraufwand wird für Produkte aus der Region seitens der KonsumentInnen weniger als Problem angesehen. Allerdings stellt die schlechte Erkennbarkeit von Produkten aus der Region in den Einkaufsstätten ein Problem für deren Kauf dar.
Die Einbettung des Kaufs von umweltfreundlichen Produkten in den Einkaufsakt stellt eine zentrale Frage der vorliegenden Arbeit dar. Im Folgenden werden die wenigen vorliegenden empirischen Ergebnisse zum Zusammenhang zwischen den drei Teilbereichen des Einkaufens dargestellt, die in der Literatur zu finden waren.
Ein enger Zusammenhang zwischen der Wahl der Einkaufsstätte und der Einkaufsmobilität zeigt sich sowohl an der großen Bedeutung, die die KonsumentInnen dem Kriterium Erreichbarkeit bei der Wahl der Einkaufsstätte geben, als auch an der Bedeutung der nahräumlichen Einkaufsmöglichkeiten für die Länge der Einkaufswege.
↓64 |
Der Zusammenhang zwischen dem Mobilitätsverhalten und dem Kauf von Bioprodukten, wird in drei Studien empirisch erfasst. Die erste kommt anhand einer Befragung von BiokäuferInnen und Nicht-BiokäuferInnen zu dem Ergebnis, dass Nicht-BiokäuferInnen sehr viel seltener Mobilität als Bereich, in dem sie sich besonders umweltfreundlich verhalten, nennen, als BiokäuferInnen. So geben die NichtkäuferInnen fast ausschließlich die Bereiche Abfall, Einkaufen und Energie- und Wassersparen an (91 % der Angaben), wohingegen die BiokäuferInnen häufig den Bereich Mobilität (24 % der Angaben) und insgesamt mehr Aspekte nannten (Schade et al., 2002). Während diese Ergebnisse also einen positiven Zusammenhang zwischen dem Umweltverhalten im Verkehrsbereich und dem Biokonsum nahe legen, zeigt die Studie von Kesseler (1994), dass BiokäuferInnen weitere Wege zu ihrer Einkaufsstätte zurücklegen als NichtkäuferInnen (siehe auch Kapitel 2.4.5). Bei den befragten BiokäuferInnen handelt es sich dabei zu fast der Hälfte um sehr überzeugte BiokäuferInnen, die angaben, dass die auf den Kauf eines gewünschten Produktes verzichten, wenn dieses nicht in Bioqualität vorhanden ist (Kesseler, 1994). Jedoch kommt auch eine Studie in Sachsen zu dem Ergebnis, dass die BiokäuferInnen die Einkaufsstätten für Bioprodukte meist mit dem Auto (40 %) erreichen (Brunner und Rikabi, 1999). Zum Zusammenhang zwischen dem Kauf umweltfreundlicher Produkte und dem Mobilitätsverhalten kann also gezeigt werden, dass BiokäuferInnen ein umweltfreundliches Mobilitätsverhalten wichtiger ist als anderen Personen während gleichzeitig Hinweise darauf bestehen, dass für den Kauf von Bioprodukten besonders weite Wege zurück gelegt werden. Führt zwar der Kauf von Bioprodukten zu weiten Einkaufswegen, die BiokäuferInnen verhalten sich aber sonst im Bereich Mobilität besonders umweltfreundlich?
Neugebauer weist auf die unterschiedlichen Restriktionen der Verhaltensweisen im Bereich Mobilität und Konsum hin: So würden sich gerade Besserverdienende beim Konsum umweltfreundlich verhalten, beim Verkehr hingegen seien es eher die Personen mit geringen Einkommen (Neugebauer, 2004). Allerdings unterstützen die Ergebnisse empirischer Studien diese Schlussfolgerung für den Einkauf umweltfreundlicher Lebensmittel eher nicht. Zum einen kosten nicht alle umweltfreundlichen Produkte mehr als die weniger umweltfreundlichen Alternativen (siehe Kapitel 2.4.6) und die Bedeutung des Einkommens ist selbst beim Kauf der teuren Bioprodukte umstritten (siehe Kapitel 2.4.2). Zum anderen stellt Holz-Rau (1991) in einer Studie keinen Einfluss des Einkommens auf den Verkehrsaufwand beim Einkaufen fest.
Die Ergebnisse einer Studie von 1995 aus Austin (USA), zeigen, dass dort KonsumentInnen weite Wege zum Kauf in einem natural food supermarket („Whole Foods“) zurücklegen (Handy und Clifton, 2001). So fahren selbst Haushalte, die in einer Entfernung von 9 bzw. 15 Meilen von einem Whole Foods Geschäft in Wohngebieten am Stadtrand wohnen, dort im Schnitt immerhin alle sechs Wochen einmal hin. Diese Wege trugen damit nicht unerheblich zum gesamten Wegeaufwand des Lebensmitteleinkaufs, der in den Stadtrandgebieten durchschnittlich bei 38 Meilen im Monat lag, beii25. Selbst das seltene Aufsuchen einer weit entfernt gelegenen speziellen Einkaufsstätte für umweltfreundliche Produkte kann also für den MIV-Verkehrsaufwand relevant sein. Interessant an den Ergebnissen der Studie zur Einkaufsmobilität ist außerdem, dass die KonsumentInnen, die in unmittelbarer Nähe zu der Einkaufsstätte von Whole Foods wohnen, dort im Schnitt mit 3,5 Besuchen im Monat sehr viel häufiger einkaufen als die KonsumentInnen am Stadtrand.
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Zwischen der Art der Einkaufsstätte und dem Kauf von umweltfreundlichen Produkten stellt eine Studie aus der Schweiz einen Zusammenhang fest (Wölfing Kast und Tanner, 2002). Dabei stellt der Kauf in größeren Einkaufsstätten (im Vergleich zu der Nutzung von Märkten und kleinen Läden) je nach Produkt eine Disposition oder Restriktion für den Kauf von umweltfreundlichen Lebensmitteln dar.
Im Folgenden werden anhand der vorgestellten Literatur Schlussfolgerungen zur Vorgehensweise gezogen sowie die zentralen Fragen der Arbeit präzisiert und erweitert. Die Darstellung erfolgt entlang der vier zentralen Fragen aus Kapitel 1, zu denen auch jeweils die Forschungslücken benannt werden.
1. Welche Differenzen existieren zwischen dem Angebot an umweltfreundlichen Lebens mitteln in unterschiedlichen Wohngebieten?
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In der Literatur finden sich keine Angaben zu räumlichen Angebotsdifferenzen umweltfreundlicher Lebensmittel. Räumliche Unterschiede bestehen allerdings zwischen der Einzelhandelsstruktur in Ost- und Westdeutschland, die sich in den letzten Jahrzehnten unterschiedlich entwickelt hat. Im Lebensmitteleinzelhandel ist das Angebot in Ostberlin im Vergleich zu Westberlin in Streulagen geringer.
Während für Bioprodukte spezielle Vertriebswege existieren, gilt dies nicht unbedingt für Lebensmittel mit anderen umweltfreundlichen Produkteigenschaften.
Die Frage nach den Angebotsdifferenzen kann erweitert werden:
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Für die Vorgehensweise kann folgende Schlussfolgerung gezogen werden:
↓68 |
2. Bestehen räumliche Differenzen bezüglich der Nachfrage nach umweltfreundlichen Lebensmitteln? Besteht ein Zusammenhang zwischen Angebot und Nachfrage?
Ebenfalls kaum untersucht sind räumliche Differenzen bei der Nachfrage nach umweltfreundlichen Lebensmitteln. Einzelne Studien weisen lediglich auf Unterschiede im Kaufverhalten der BewohnerInnen Ost- und Westdeutschlands hin. Einige umweltfreundliche Produkte werden eher in Ostdeutschland, andere eher in Westdeutschland gekauft. Die räumlichen Nachfragedifferenzen unterscheiden sich also je nach Produkt. Inwiefern das Angebot die Nachfrage beeinflusst ist für den Kauf von umweltfreundlichen Lebensmitteln bisher nicht untersucht. Auch die Frage, wie die KonsumentInnen mit Angebotslücken umgehen, konnte aus der Literatur nicht beantwortet werden. Entsprechend stellen sich folgende Fragen:
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3. W ie ist der Kauf von umweltfreundlichen Lebensmitteln mit der Wahl der Einkaufs stätte bzw. der Einkaufsmobilität verknüpft?
Sowohl der Zusammenhang zwischen dem Kauf umweltfreundlicher Produkte und der Wahl der Einkaufsstätte als auch der zwischen dem Kauf umweltfreundlicher Produkte und der Einkaufsmobilität wurde empirisch bisher kaum untersucht. Für die vorliegende Arbeit erscheint vor allem der Zusammenhang zwischen dem Kauf umweltfreundlicher Produkte und der Einkaufsmobilität von Interesse, aufgrund der Umweltauswirkungen dieser beiden Bereiche.
Zu den Umweltauswirkungen der Einkaufsstätten liegen dagegen kaum Erkenntnisse vor. Bezüglich des Kaufs umweltfreundlicher Produkte stellt sich also die Frage, inwiefern ein fehlendes nahräumliches Angebot an umweltfreundlichen Produkten zu weiteren Wegen und zur Verwendung des MIV beim Einkaufen führen kann. Es gilt auch zu berücksichtigen, dass bei der Einkaufsmobilität aufgrund unterschiedlicher Siedlungsstrukturen und der dort vorhandenen Einkaufsmöglichkeiten räumliche Differenzen auch unabhängig vom Angebot und Kauf umweltfreundlicher Produkte zu erwarten sind.
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Auch hier kann die Fragestellung erweitert werden:
Außerdem wird für die Vorgehensweise folgender Aspekt berücksichtigt:
↓71 |
4. Welche Einflussgrößen prägen ein umweltfreundliches Einkaufsverhalten?
Die Einflussfaktoren des Umweltverhaltens unterscheiden sich je nach Verhaltensweise, wobei für einige Verhaltensweisen keine Daten existieren, bei anderen die Ergebnisse widersprüchlich sind. Verhaltensübergreifend konnten in der Literatur Hinweise auf den Einfluss unterschiedlicher Lebenslagemerkmale und von unterschiedlichen Einstellungen gefunden werden. Für die Einkaufsmobilität gibt es auch Hinweise auf die Bedeutung des Wohnumfelds (siehe Frage 3).
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=> Als potenzielle Einflussfaktoren sollen Einstellungen und Lebenslagemerkmale Berücksichtigung finden.
3 Die häufige Ausübung eines Verhaltens in der Vergangenheit bedeutet nicht unbedingt, dass es sich dabei um eine Gewohnheit handelt, denn der Grund für dessen Ausübung kann auch in den gleich bleibenden Rahmenbedingungen liegen Verplanken, Bas, Aarts, Henk, und Knippenberg, Ad van (1994): Attitude Versus General Habit: Antecedent of Travel Mode Choice, Journal of Applied Social Psychology, (Band 24), Nr. 4, Seite 285-300. .
4 Unter Motivation (lateinisch: das Bewegende) wird die Summe der Beweggründe des individuellen Handelns verstanden, sie stellt also eine kurzfristige Handlungsorientierung dar Hillmann, Karl-Heinz (1994): Wörterbuch der Soziologie (Band 4. überarbeitete Auflage), Alfred Kröner Verlag, Stuttgart. , Reinhold, Gerd (1992): Soziologie-Lexikon, Recker, unter Mitarbeit von Siegfried Lamnek und Helga, Oldenbourg, München. . Motive dagegen sind über einen längeren Zeitraum stabile Dispositionen zu einem Verhalten. Für die Motivation, ein Verhalten auszuführen, ist neben den Motiven die Vorstellung über die Gestaltbarkeit der Situation und der externe Stimulus entscheidend Beckenbach, Frank (2002): Begrenztheit und Subjektivität. Kognitionspsychologische Grundlagen ökonomischen Handelns, Ökologisches Wirtschaften, Nr. 6, Seite 17-19. .
5 Aus den Positionspapieren zu den Möglichkeiten des Einzelhandels zur Unterstützung des nachhaltigen Konsums der Bundesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels (BAG) und des Hauptverbandes des deutschen Einzelhandels (HDE).
6 Welche Lebensmittel besonders umweltrelevant und umweltfreundlich sind, wird in Kapitel 3.3.1 dargestellt.
7 Verordnung (EG) Nr. 761/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. März 2001 über die freiwillige Beteiligung von Organisationen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung (EMAS)
8 Lebensmittel können teilweise in größeren Vollsortimentern ebenso günstig wie in den Discountern eingekauft werden, wie ein Vergleich der günstigsten Produktpreise einiger größerer Handelsunternehmen (Wal-Mart, Rewe, Kaiser’s, Real und Extra) mit Waren der Lebensmitteldiscounter zeigt Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen (2005): Verbraucherzentrale checkte Discounter und Billigmarken der Supermärkte: Tendenz zum Einheitspreis. www.vz-nrw.de [Zugriff am 21.03.2005] .
9 Dies schließt im Folgenden Ergebnisse aus Studien, die „Haushaltseinkäufe“ oder „alltäglichen Einkäufe“ erheben, mit ein.
10 Der Güterverkehr wird als Umweltauswirkung der Produkte unter dem Aspekt Transport berücksichtigt.
11 Die Bevölkerung wuchs im selben Zeitraum nur um 8 %.
12 Der Modal-Split ist die Aufteilung der Wege nach Verkehrsmitteln.
13 So haben die Siedlungsabfälle, von denen die Haushaltsabfälle wiederum nur einen Teil ausmachen, lediglich einen Anteil von 12 % am gesamten Abfallaufkommen in Deutschland Wehrspaun, Michael und Löwe, Christian (2002): Nachhaltige Konsummuster. Ein neues umweltpolitisches Handlungsfeld als Herausforderung für die Umweltkommunikation. Mit einer Zielgruppenanalyse des Frankfurter Institut für sozial-ökologische Forschung. Umweltbundesamt-Berichte 6/2002, Erich Schmidt, Berlin. .
14 In einigen anderen europäischen Ländern (z. B. Dänemark, Niederlande, Großbritannien) werden Bioprodukte fast ausschließlich im LEH gekauft. In den USA haben alternative Vertriebswege (natural food stores, health food store) allerdings eine ähnliche Bedeutung für den Bioumsatz wie in Deutschland Allen, Patrizia und Kovach, Martin (1999): Organic Agriculture and the Promise of Green Consumerism, The Cultivar, (Band 17), Nr. 2, Seite 1-15. http://socialsciences.ucsc.edu/casfs/about/Cultivar172.pdf [Zugriff am 10.8.2003] , Dimitri, Carolyn und Greene, Catherine (2002): Recent growth patterns in the U.S. organic foods market. ERS Agriculture Information Bulletin No. 777, Washington D.C. www.ers.usda.gov/publications/aib777/aib777.pdf [Zugriff am 10.8.2003] , Dimitri, Carolyn und Richman, Nessa J. (2000): Organic Food Markets in Transition, Henry A. Wallace Center for Agriculture & Environmental Policiy Greenbelt, USA. http://www.winrock.org/wallacecenter/documents/pspr14.pdf [Zugriff am 10.8.2003] , Hamm, Ulrich und Michelsen, Johannes (2000): Die Vermarktung von Ökolebensmitteln in Europa, Ökologie & Landbau 113, (Band 28), Nr. 1/2000, Seite 31-38. , Siderer, Yona; Maquet, Alain und Anklam, Elke (2005): Need for research to support consumer confidence in the growing organic food market, Trends in Food Science & Technology, (Band 16), Seite 332-343. .
15 Im Jahr 2005 eröffnete unter dem Namen Vierlinden-Naturmarkt der erste Biosupermarkt, der von einem Handelskonzern des konventionellen Lebensmitteleinzelhandels (Rewe) betrieben wird BLE, Geschäftsstelle Bundesprogramm Ökologischer Landbau in der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (2005): Neue Bio-Supermarktkette "Vierlinden" eröffnet erste Filiale. Nachricht vom 28.04.2005. http://www.oekolandbau.de [Zugriff am 14.05.2006] . Dieser plant bis 2008 die Eröffnung von 20 Biosupermärkten.
17 Das Misstrauen gegenüber dem Bioangebot im LEH besteht auch bei KonsumentInnen in Großbritannien, obwohl dort Bioprodukte meist im LEH eingekauft werden, dessen Angebot als praktisch bewertet wird Padel, Susanne und Foster, Carolyn (2005): Exploring the gap between attitudes and behaviour. Understanding why consumers buy or do not buy organic food, British Food Journal, (Band 107), Nr. 8, Seite 606-625. .
18 In einer Befragung in den USA im Jahr 2000 gaben 63 % an, schon mal Bioprodukte gekauft zu haben, in einer anderen Befragung 1998 gaben aber nur 10 % an, im letzten Jahr Bioprodukte eingekauft zu haben (Allen, Patrizia und Kovach, Martin (1999); Dimitri, Carolyn und Greene, Catherine (2002)). In Großbritannien kaufen nach Padel und Foster (Padel, Susanne und Foster, Carolyn (2005)). 77 % der Bevölkerung zumindest manchmal Bioprodukte.
19 Krystallis und Chryssohoidis Krystallis, Athanasios und Chryssohoidis, George (2005): Consumers' willingness to pay for organic food. Factors that affect it and variation per organic product type, British Food Journal, (Band 107), Nr. 5, Seite 320-343. kommen anhand einer Auswertung von Studien aus der EU und den USA zu dem Ergebnis, dass vor allem Frauen Bioprodukte kaufen, teilweise zeigen auch Bildung und Einkommen einen Zusammenhang zum Kauf von Bioprodukten, die Bedeutung von Alter und Kindern im Haushalt sei dagegen umstritten (vgl. auch Padel und Foster Padel, Susanne und Foster, Carolyn (2005): Exploring the gap between attitudes and behaviour. Understanding why consumers buy or do not buy organic food, British Food Journal, (Band 107), Nr. 8, Seite 606-625. für Großbritannien und Thompson Thompson, Gary D. (1998): Consumer demand for organic foods: what we know and what we need to know, American Journal of Agricultural Economics, (Band 80), Seite 1113-1118. für die USA).
20 Erhoben wurden die Kosten des Warenkorbs eines Durchschnitt-Haushalts auf der Grundlage von Daten des statistischen Bundesamtes von 1998.
21 Die Befragten wurden also direkt danach gefragt, ob sie das Biosiegel kennen. Bei ungestützter Frage müssten dagegen die Befragten den Namen des Biosiegels auf eine offene Frage hin benennen.
22 Ebenso wie viele Personen aus der ehemaligen DDR Ostprodukte bevorzugen, kaufen türkische MigrantInnen häufig „türkische Lebensmittel“ – insbesondere bei Fleisch/Wurst (91 % der Befragten) und Obst und Gemüse (58 %) Kizilocak, Gülay und Sauer, Martina (2003): Umweltbewußtsein und Umweltverhalten der türkischen Migranten in Deutschland, Umweltbundesamt, Berlin. . Türkische Lebensmittel sind hier jedoch nicht unbedingt Lebensmittel, die in der Türkei hergestellt oder angebaut wurden. Diese Bezeichnung kann sich auch auf den Verkaufsort (türkischer Laden), die Art der Verarbeitung oder die Gemüsesorte beziehen.
23 Dieses Prinzip ist beispielsweise in der Verpackungsverordnung von 1991 und dem Kreislaufwirtschaft- und Abfallgesetz von 1993 festgeschrieben.
24 Erfasst wurden in der Untersuchung im Bedarfsfeld Ernährung die Art und die Häufigkeit der Beschaffungsmobilität, die Nutzung verschiedener Einkaufsstätten, die Herkunft der Produkte (regional, saisonal), der Kauf von fair gehandelten Lebensmitteln, Getränken in Dosen sowie verpackungssparende Einkaufsgewohnheiten Wendorf, Gabriele und Kiesel, Kristin (2000): Zur Relevanz des Wohnumfeldes in Bezug auf nachhaltigen Konsum, Harloff, Hans Joachim; Christiaanse, Kees; Wendorf, Gabriele; Zillich, Klaus und Dienel, Hans-Liudger, Wohnen und Nachhaltigkeit. Interdisziplinäre Forschung vor der Haustür. Werkbericht des Forschungsprojektes "Die Bedeutung der Wohngruppen für die Bildung nachhaltiger Konsummuster", Seite 59-63, TU Berlin. .
25 In der Studie wurde nicht erhoben, inwiefern die Wege extra für den Einkauf bei Whole Foods zurückgelegt wurden.
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