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Den mehrstufigen Übergang von normalen, in ihrer Proliferation kontrollierten Zellen, zu unkontrolliert wachsenden Tumorzellen bezeichnet man als Transformation. Dabei akkumulieren genetische Veränderungen (Mutationen) nach und nach in normalen Körperzellen und können zur Entwicklung von Tumoren (Karzinogenese, Krebsentstehung) führen. Transformierte Zellen zeigen in vitro Merkmale wie das Umgehen des programmierten Zelltods (Apoptose), unbeschränkte Teilungsfähigkeit oder invasives Wachstum (Hanahan und Weinberg, 2000). Viren können über unterschiedliche Mechanismen zu Transformation und Karzinogenese beitragen, etwa durch Immunsuppression, durch die Integration des viralen Genoms oder durch die Expression ihrer Gene. Sind virale Gene an zellulären Transformationsprozessen beteiligt, werden diese als Onkogene bezeichnet.
Abbildung 1.1: Mehrstufiges Karzinogenesemodell nach Hanahan und Weinberg (2000). | ||
Normale Körperzellen akkumulieren genetische Veränderungen, die durch externe oder interne Stimuli ausgelöst werden (rote Pfeile). In einem mehrstufigen Prozess können so maligne Tumorzellen entstehen, die beispielsweise die Apoptose umgehen oder metastasieren. |
Nach Angaben der World Health Organization (WHO) resultieren 15%-20% aller Tumorerkrankungen des Menschen aus chronischen Virusinfektionen (Parkin et al., 2005). Beispielsweise sind DNA-Viren wie das Epstein Barr Virus (EBV), das Hepatitis B Virus (HBV) oder das Humane Herpes Virus 8 (HHV-8) mit Lymphomen, dem Leberzellkarzinom sowie dem Kaposi Sarkom assoziiert (Elgui de, 2007). Humane Papillomviren (HPV) Typ 16 und 18 sind ursächlich an der Entstehung von Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom) beteiligt (IARC 1995, zur Hausen, 1987). In den letzten Jahren wird überdies zunehmend eine Beteiligung von HPV an der Karzinogenese der Haut diskutiert, worauf im Weiteren ausführlich eingegangen wird.
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Die menschliche Haut besteht aus mehreren Schichten. Makroskopisch lassen sich Epidermis, Dermis und subkutanes Fettgewebe unterscheiden. Epidermis und Dermis bilden zusammen die Kutis. Die Epidermis ist ein klassisches Proliferationsgewebe, welches stetiger Erneuerung und Differenzierung unterliegt (Junqueira et al., 1996). Sie ist etwa 100 µm dick und wird von der Dermis durch die Basalmembran abgegrenzt. In die Dermis ragende epidermale Fortsätze werden als Reteleisten bezeichnet. Die kutane Epidermis ist aus vier Schichten (Strata) aufgebaut, dem Stratum basale (Basalzellschicht), Stratum spinosum (Stachelzellschicht), Stratum granulosum (Körnerzellschicht) und Stratum corneum (Hornschicht; Abbildung 1.2).
Abbildung 1.2: Aufbau der menschlichen Haut. | ||
(A) Schematische Darstellung der Epidermis, die sich aus Stratum basale (1), Stratum spinosum (2), Stratum granulosum (3) und Stratum corneum (4) zusammensetzt (entnommen aus www.eucerin.de). (B) Histologie der Haut (Lokalisation: Handrücken eines 75 jährigen Patienten; HE-Färbung, Vergrößerung x200). Die verschiedenen Strata der Epidermis sind ebenfalls mit 1-4 bezeichnet. Eine typische Differenzierung der Keratinozyten und die Reteleisten sind zu erkennen. |
Die Hauptzellpopulation in der Epidermis bilden mit etwa 90% die Keratinozyten. Diese Bezeichnung basiert auf der Fähigkeit der Zellen, Zytokeratin (engl. cytokeratin, CK) zu synthetisieren. CK stellen eine Gruppe wasserunlöslicher Filamentproteine (Intermediärfilamente) dar, die Hauptbestandteil des Zytoskeletts von Keratinozyten sind (Moll et al., 1982). Bisher sind 54 verschiedene humane CK charakterisiert, die abhängig vom Differenzierungsgrad des jeweiligen Epithels spezifisch, zumeist paarweise exprimiert werden (Moll et al., 2008; Tabelle 1.1).
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Zytokeratine |
CK 5 & CK 14 |
CK 15 |
CK 1 & CK 10 |
Expression |
Vorrangig |
Basale |
Suprabasale |
basale |
Zellschichten |
Zellschichten |
|
Zellschichten |
Die Differenzierung der Keratinozyten ist mit morphologischen sowie histochemischen Zellveränderungen verbunden. Ausgehend vom proliferativ aktiven Stratum basale durchlaufen die Keratinozyten, innerhalb von etwa 28 Tagen, die einzelnen Schichten der Epidermis. Im Zuge der Differenzierung erfolgen die Deformierung der Keratinozyten, eine Abplattung der Zellen sowie die Auflösung von Zellkernen und Zellorganellen. Durch Dehydrierung und die Ausbildung des sogenannten „cornified envelope“ (einem zellulären, stabilisierenden Komplex verschiedener Proteine, wie beispielsweise Involucrin) kommt es schließlich zur Verhornung der oberen Hautschicht (Steinert und Marekov, 1995). Abschließend werden die Keratinozyten als zellkernlose und zytokeratinreiche sogenannte Korneozyten in der äußersten Schicht, dem Stratum corneum, abgeschilfert.
Um Zellen in vitro in einem differenzierten Epithel zu untersuchen und sich damit der in vivo Situation der humanen Haut möglichst anzunähern, werden organotypische Hautmodelle („raft-culture “) etabliert. Die Grundlage dieser Modelle sind Untersuchungen von Prunieras et al. (1983) zur Kultivierung epidermaler Zellen auf einer Kollagenmatrix und zur Differenzierungsinduktion. So erhaltene Hautäquivalente weisen große histologische Ähnlichkeit mit dem Originalgewebe auf (Regnier et al., 1992; Zieske et al., 1994; Poumay et al., 2004). Das in dieser Arbeit verwendete organotypische Hautmodell besteht aus dermalen Komponenten sowie humanen primären Keratinozyten (HPK). Durch eine Induktion der Keratinozytendifferenzierung an der Luft-Medium-Grenze wird eine mehrschichtige Epidermis, ähnlich der natürlichen humanen Haut gebildet (Bell et al., 1983). So wird im Vergleich zu einschichtig wachsenden Zellen eine komplette Differenzierung der Keratinozyten erreicht. Aufgrund der Ausprägung gewebespezifischer Marker, wie verschiedener Zytokeratine und histologisch typischer Strukturen wie einem Stratum corneum werden organotypische Hautkulturen als in vitro Modelle eingesetzt (Asbill et al., 2000; Specht et al., 1998). So kann beispielsweise der Einfluß ausgewählter viraler Onkogene auf die Transformation von Keratinozyten und, daraus schlussfolgernd, auf die Progression von Hauttumoren untersucht werden.
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Nicht-melanozytäre Hauttumore (engl. non-melanoma skin cancer, NMSC) sind in der Bevölkerung kaukasischen Ursprungs die häufigsten Hautkrebsformen (Pfister, 2003). NMSC umfassen Basalzellkarzinome (engl. basal cell carcinoma, BCC) und Plattenepithelkarzinome (engl. squamous cell carcinoma, SCC, Stachelzellkarzinom). Die Inzidenz (Anzahl der Neuerkrankungen) hat sich während der letzten Dekade fortwährend erhöht und macht derzeit ungefähr 30% aller Krebserkrankungen aus (Miller und Weinstock, 1994; DePinho, 2000; Diepgen und Mahler, 2002). In Mitteleuropa wurde für SCC eine Inzidenz von etwa 20-30 und für BCC von etwa 100 pro 100.000 Einwohnern in den 90er Jahren ermittelt (Hausschild et al., Breuninger et al. JDDG 2008). Sonnenlichtexposition gilt als wichtigster ätiologischer (ursächlicher) Risikofaktor für die Entstehung von NMSC. In den folgenden Betrachtungen wird ausschließlich auf SCC eingegangen.
Kutane SCC entstehen häufig aus Präkanzerosen und präinvasiven malignen Vorstufen (Marks et al., 1988). Wichtig ist hier vor allem die Aktinische (solare) Keratose (AK), ein durch chronische kumulative Sonnenlichtexposition induziertes, intraepidermales Karzinom (Carcinoma in situ, „Krebs in Entstehung“; Breuninger et al. JDDG 2008). Es ist histologisch durch starke Zell- und Kernatypien gekennzeichnet. Die Prävalenz (Häufigkeit einer Erkrankung) von AK wird ab einem Alter von über 50 Jahren auf bis zu 40% geschätzt (Salasche, 2000). AK können nach langer Bestandsdauer in SCC übergehen, histologisch beginnend mit der Aufhebung der normalen Differenzierung der Epidermis und der verstärkten Entwicklung zellulärer Dysplasien (Breuninger et al. JDDG 2008). Unter einem SCC versteht man einen malignen Tumor der Haut, der von Keratinozyten des Stratum spinosum ausgeht. Die Tumore treten vorwiegend an sonnenlichtexponierten Arealen auf. Etwa 90% aller SCC sind im Gesichtsbereich lokalisiert. Histologisch zeigen sich SCC als Bereiche squamös differenzierter, atypischer Keratinozyten mit einer ausgeprägten heterogenen Zellmorphologie und Hyperchromasie. Durch invasives Wachstum wird die Basalmembran zerstört und zunächst die Dermis infiltriert, etwa 5% der SCC metastasieren (Breuninger et al. JDDG 2008).
Aufgrund ihrer großen Kontaktfläche ist die Haut verschiedenen schädigenden Umwelteinflüssen besonders intensiv ausgesetzt. Unter den vielfältigen Arten von Strahlung spielt das Sonnenlicht eine herausragende Rolle, da wir den Strahlen der Sonne ständig ausgesetzt sind. Ultraviolette (UV)-Strahlung umfasst drei Bereiche, die physikalisch und biologisch verschiedene Wirkungen induzieren: UV-A (380-315 nm), UV-B (315-280 nm) und UV-C (280-100 nm). Die nicht-ionisierende UV-Strahlung ist in der Lage, Schädigungen an der DNA herbeizuführen (Shea und Parrish, 1993). Epidemiologische und experimentelle Studien konnten belegen, dass UV-B-Strahlung ein Hauptrisikofaktor für die Entstehung von NMSC ist (Brash et al., 1991; de Gruijl und Forbes, 1995; Nataraj et al., 1995).
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UV-Strahlung wird besonders von Proteinen, Lipiden und der DNA absorbiert. UV-B-Absorption findet primär in den Pyrimidinbasen der DNA statt und löst hier spezifische Defekte aus. In der Regel handelt es sich dabei um die Bildung von Zyklobutan-(Pyrimidin)-Dimeren (Berg et al., 1995; Rünger et al., 1995). Nach UV-B-Exposition können sich zwei auf demselben Strang liegende Pyrimidinbasen kovalent zu Doppelmolekülen verbinden (C→ T und CC→ TT). Betroffene DNA-Abschnitte werden ohne eine Korrektur bei der Replikation der DNA nicht mehr korrekt vervielfältigt, Mutationen können entstehen und sich anhäufen. Liegen mutierte DNA-Sequenzen in aktiv transkribierten Abschnitten, insbesondere in Proto-Onkogenen (kodieren für Proteine, die Zellproliferation und -Differenzierung kontrollieren) oder Tumorsuppressorgenen (kodieren für Proteine, die den Zellzyklus hemmen), kann eine maligne Transformation der betroffenen Zelle die Folge sein (Ananthaswamy und Pierceall, 1990). So konnte beispielsweise gezeigt werden, dass das p53-Tumorsuppressorgen in 7% der frühen AK und in mehr als 90% der kutanen SCC mutiert ist (Ziegler et al., 1993; Nindl et al., 2007). Klinisch manifestieren sich chronische UV-Schäden in der Haut schließlich u.a. in der möglichen Entstehung kutaner Präkanzerosen, wie beispielsweise AK, mit der potentiellen Progression zu epithelialen NMSC (Darr und Fridovich, 1994).
Papillomviren (PV) sind unbehüllte, doppelsträngige DNA-Viren mit einem Virionendurchmesser von etwa 55 nm. Ihr Genom liegt in einem ikosaedrischen Kapsid verpackt vor (Pfister und Fuchs, 1987). PV bilden die Familie der Papillomaviridae (van Regenmortel et al., 2000) und sind wirtsspezifisch. Beim Menschen sind ca. 100 vollständig sequenzierte humane PV (HPV-) Typen bekannt (de Villiers et al., 2004; Bernard, 2005). HPV sind epitheliotrop und infizieren primär basale Keratinozyten der Haut oder der Schleimhaut (Mukosa). Dort können sie eine Hyperproliferation des Epithels induzieren.
Man unterscheidet taxonomisch alpha-PV (mukosale), mu und nu–PV (warzenassoziierte, einschließlich Spezies 2 und 4 der alpha-PV sowie einige gamma-PV) und beta/gamma-PV (kutane). Diese Einordnung basiert u.a. auf Sequenzunterschieden innerhalb der PV. Mukosale HPV-Typen werden nach ihrem klinischen Erscheinungsbild, der Assoziation mit benignen oder malignen Läsionen, in:
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Niedrig-Risiko (LR, Low Risk) |
z.B. HPV 6, -11 und |
Hoch- Risiko (HR, High Risk) |
z.B. HPV 16, -18, -31, -33, -35, -45 |
HPV-Typen unterteilt (Munoz et al., 2003; Narechania et al., 2005; zur Hausen, 2002). Seit 1995 werden die alpha-HR mukosalen Typen HPV 16 und HPV 18 von der WHO als kausale Faktoren für die Entstehung von Zervixkarzinomen anerkannt. Das Zervixkarzinom ist die zweithäufigste Krebserkrankung bei Frauen weltweit (Parkin et al., 2001). Weiterhin infizieren mehr als 40 Typen der alpha-HPV den Anogenitaltrakt und lösen benigne oder maligne Tumore wie Feigwarzen (zur Hausen, 1987; Walboomers et al., 1999; Fehrmann und Laimins, 2003), Penis- und Vulvakarzinome sowie oropharyngeale (Mund/Rachen) Karzinome aus.
Warzen assoziierte HPV-Typen verursachen benigne, kutane Warzen vorwiegend an Händen ( Verrucae vulgares, Vulgärwarzen) und Füßen (Verruca plantares, Dornwarzen). Die beta-HPV-Typen sind primär mit weitestgehend unauffälligen kutanen Läsionen assoziiert. Sie wurden historisch bedingt als Epidermodysplasia verruciformis (EV) Typen bezeichnet, da sie zunächst aus Hautläsionen von Patienen mit diesem Krankheitsbild kloniert wurden (Jablonska et al., 1972). Bei EV-Patienten, wie auch in immunsupprimierten Organtransplantierten und HIV-Patienten, wurde erstmals eine Beteiligung von beta-HPV-Typen an der Entstehung von epithelialen Präkanzerosen sowie SCC diskutiert (Harwood et al., 1999; Pfister, 2003; Palefsky, 1991; Berger et al., 1991; Waterboer et al., 2008). Bei der Progression von BCC scheinen HPV dagegen keine entscheidende Rolle zu spielen (Karagas et al., 2006).
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Das Genom der HPV besteht aus einer zirkulären, doppelsträngigen DNA von etwa 8000 bp. Die prinzipielle Struktur des Genoms ist, trotz großer Sequenzunterschiede, innerhalb der verschiedenen HPV-Typen hoch konserviert. Die Genomorganisation von HPV 8 ist in Abbildung 1.3 vereinfacht dargestellt. Das HPV-Genom wird in drei funktionelle Bereiche eingeteilt,
Die NCR ist in der Regel etwa 600 bp lang. Dieser DNA-Abschnitt enthält neben dem Ursprungspunkt der viralen DNA-Replikation und den Promotoren zahlreiche weitere Kontrollelemente, welche der Modulation der Transkription und der viralen Replikation dienen (Pfister und Fuchs, 1994; Howley, 1996). Die L-Region besteht aus zwei ORF für das große Kapsidprotein L1 und das kleine Kapsidprotein L2. Diese bilden zusammen ein ikosaedrisches Hüllkapsid, welches aus 72 einzelnen Kapsomeren aufgebaut ist (Zheng und Baker, 2006).
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Die E-Region umfasst mindestens fünf ORF, die von einem DNA-Strang als polyzistronische mRNA abgelesen werden (Fehrmann und Laimins, 2003). Diese kodiert für regulatorische Proteine der viralen Transkription, Replikation und Transformation. Die als virale Onkogene eingestuften Proteine E6 und E7 spielen bei der mukosalen Karzinogenese die zentrale Rolle. Auf Funktionsmechanismen von E6 und E7 wird im Abschnitt 1.9 näher eingegangen.
Abbildung 1.3: Genomorganisation von HPV 8 (beta-HPV). | ||
Das zirkuläre Genom (hier linear dargestellt) besteht aus 7 offenen Leserahmen (ORF) der früh (early, E), beziehungsweise spät (late, L) transkribierten Gene. Die Onkogene E6 und E7 sind rot unterlegt. Zwischen L1 und E6 liegen Regulationssequenzen im nicht-kodierenden Bereich (NCR, non coding region). |
Der Replikationszyklus von HPV ist eng mit der Differenzierung der Keratinozyten in der Kutis und der Mukosa verbunden (Laimins, 1993). Über Mikroläsionen im Gewebe dringen die Viren bis zu den undifferenzierten, basalen Keratinozyten vor und werden über die Bindung an Zelloberflächenrezeptoren in die Zellen eingeschleust (Shafti-Keramat et al., 2003; Joyce et al., 1999). Die anschließende Aufnahme der Viruspartikel erfolgt vermutlich über Endozytose. Die viralen frühen Gene E1 und E2 werden zunächst nur in geringem Maße synchron mit der zellulären DNA-Synthese repliziert (Stubenrauch und Laimins, 1999). Keratinozyten des Stratum basale teilen sich während des Erneuerungsprozesses der Haut, was zu einer kontinuierlichen Differenzierung des Epithels führt. Nach der Zellteilung verbleibt eine infizierte Tochterzelle in der Basalschicht und bildet somit ein Reservoir für das Virus, das bis zu mehreren Jahren dort persistieren kann (Stubenrauch und Laimins, 1999). Die andere Tochterzelle wandert zu den oberen Strata des Epithels. In differenzierten Keratinozyten erfolgt die verstärkte Replikation des Virusgenoms. So sind im Stratum spinosum E6 und E7 Transkripte nachweisbar. Beginnend im Stratum granulosum ist die DNA-Replikation von der Expression der viralen Kapsidproteine L1 und L2 begleitet, was zum Zusammenbau von infektiösen Viruspartikeln führt (Doorbar, 2005). Die Freisetzung dieser infektiösen Viren erfolgt durch die Abschilferung infizierter Keratinozyten in den oberen Hautschichten.
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Das E6-Onkoprotein von HPV besteht aus etwa 160 Aminosäuren und besitzt vier Cys-X-X-Cys-Motive, die sich zu zwei Zinkfingern zusammenlagern können (Grossman und Laimins, 1989). Für das transformierende Potential von E6 ist das Zusammenspiel mit verschiedenen zellulären Proteinen maßgeblich. Die wichtigste Funktion des E6-Proteins der HR-HPV ist die Interaktion mit dem Tumorsuppressorprotein p53 (Werness et al., 1990; Scheffner et al., 1990). Über die Bindung und Degradation von p53 wird dessen Transport in den Zellkern verhindert (Scheffner et al., 1990). Dies ist entscheidend im Rahmen der Transformation und Karzinogenese (Fehrmann und Laimins, 2003), da p53 eine wichtige Rolle in der Zellzyklus-Kontrolle sowie der Apoptoseinduktion nach DNA-Schädigung spielt. Das E6 Protein der kutanen HPV-Typen, HPV 8 (beta-HPV) sowie HPV 1 (mu-HPV) induziert jedoch keine Bindung, respektive Degradation von p53 (Steger und Pfister, 1992; Elbel et al., 1997).
Darüber hinaus kann E6 die Degradation des pro-apoptotischen Bak-Proteins induzieren (Thomas und Banks, 1998). Bak ist in der äußeren Mitochondrienmembran lokalisiert und wird auch in Keratinozyten exprimiert (Tomkova et al., 1997). In epithelialen Zellen wurde gezeigt, dass E6 der HR-HPV nach UV-B Exposition an Bak bindet und dessen Degradation verursacht (Thomas und Banks, 1998). Der Eintritt der Keratinozyten in p53 unabhängige Apoptosemechanismen wird so verhindert.
Einen weiteren Beitrag zur Transformation von Keratinozyten kann E6 der HR-HPV durch die Aktivierung der zellulären Telomerase leisten (Gewin und Galloway, 2001). Primäre, somatische Zellen durchlaufen eine begrenzte Anzahl von Zellteilungen, bevor sie ihr Wachstum einstellen. Chromosomenenden (Telomere) primärer Zellen verlieren bei jeder Zellteilung 50 bis 200 bp. Bei Erreichen einer kritischen Telomerlänge wird über die zellzykluskontrollierenden Tumorsuppressorproteine p53 und pRb (Retinoblastomprotein) das „Mortalitätsstadium 1“ (M1; Abbildung 1.4) ausgelöst. Primäre Zellen stellen ihr Wachstum ein, dieser Vorgang wird als Seneszenz bezeichnet. HR-E6 kann jedoch den Promotor der humanen Telomerase Reverse-Transkriptase (hTERT) aktivieren, die für die katalytische Untereinheit der Telomerase kodiert (Veldman et al., 2001). Dadurch können die Zellen das folgende „Mortalitätsstadium 2“ (M2), auch Krise genannt, durch Reaktivierung des Enzyms Telomerase überwinden und in Kombination mit weiteren Defekten unbegrenzt teilungsfähig oder immortal werden (Shay et al., 2001). E6 der HR-HPV-Typen trägt in vitro zur Immortalisierung mukosaler Keratinozyten bei, kann diesen Prozess jedoch nicht eigenständig induzieren (Hawley-Nelson et al., 1989; Hudson et al., 1990). Im Gegensatz dazu führt eine Infektion mit LR-HPV-Typen nicht zu einer Immortalisierung (Thomas et al., 2001).
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Abbildung 1.4: Telomer-Hypothese der Zellalterung und Immortalisierung (modifiziert nach Rohde et al. 1998). | ||
In somatischen Zellen verkürzen sich die Telomere (y-Achse) mit der Anzahl der Zellteilungen (x-Achse). Telomerase ist in den meisten primären Zellen inaktiv, was in einer progressiven Telomerverkürzung resultiert. Bei einer individuell kritischen Telomerlänge kommt es zum irreversiblen Zellzyklusarrest (M1; Seneszenz), die Zellen sterben ab. Transformationsereignisse (wie die Expression von Onkogenen) ermöglichen Seneszenz und zelluläre Krise (M2) zu umgehen. Telomerase wird aktiviert und einzelne Zellen können immortal werden. M, Mortalitätsstadium. |
Der HPV E7 ORF kodiert für ein Zinkfinger-Protein, welches aus ungefähr 100 Aminosäuren besteht. Das E7 Protein von HR-HPV ist hauptsächlich im Zellkern lokalisiert, in geringer Mengen allerdings auch im Zytoplasma (Sato et al., 1989).
Eine wichtige Funktion von E7 der HR-HPV ist die Interaktion mit pRb (Abbildung 1.5). Dessen Proteolyse setzt den Transkriptionsfaktor E2F frei, welcher in ruhenden Zellen mit hypophosphoryliertem pRb assoziiert ist (Münger et al., 1989; Dyson et al., 1989). E2F aktiviert daraufhin eine Reihe von Genen, die für Zellzyklus-regulierende Proteine kodieren. Dadurch erfolgt der Eintritt der Zelle in die S-Phase des Zellzyklus. Die Folge ist eine unregulierte Zellteilung, die eine Akkumulation somatischer Mutationen nach sich zieht, da DNA-Schäden in dieser Phase des Zellzyklus von DNA-Reparatursystemen nicht ausreichend repariert werden können (Dyson et al., 1989).
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Abbildung 1.5: Regulation des Zellzyklus durch pRb und p16 INK4a. | ||
Der Zellzyklus wird z.B. am G1/S-Übergang kontrolliert, verschiedene Cycline werden zellzyklusabhängig reguliert. Durch Bindung von HR-HPV E7 wird pRb degradiert und somit E2F freigesetzt. E2F stimuliert als Transkriptionsfaktor die Expression von Zellzyklusproteinen, die den G1/S-Kontrollpunkt der Zelle steuern. Die Zelle geht in die S-Phase über. Durch die Freisetzung von E2F wird weiterhin p16INK4a aktiviert und eine Überexpression von p16INK4a in der Zelle induziert. |
Die verstärkte Freisetzung von E2F hat außerdem zur Folge, dass das E2F regulierte Tumorsuppressorprotein p16INK4a vermehrt exprimiert wird. Bei p16INK4a handelt es sich um einen übergeordneten Inhibitor der Zellzyklus-fördernden Cyclin/cdk-Komplexe. Eine vermehrte p16-Expression hätte demnach einen Zellzyklusarrest am G1/S Kontrollpunkt zur Folge. Dies wird allerdings umgangen, indem E7 der HR-HPV die Cycline E und A direkt aktiviert. Im Gegensatz zu mit LR-HPV infizierten genitalen Läsionen wurde in invasiven zervikalen Neoplasien eine stark erhöhte Expression von p16INK4a gezeigt. Ferner wurde eine Überexpression von p16INK4a in pRb-defizienten Zelllinien beschrieben (Parry et al., 1995).
E7 von HR-HPV-Typen ist in der Lage, humane Vorhautkeratinozyten in vitro zu immortalisieren, allein oder in Kooperation mit E6. Wenig ist allerdings bekannt über das Potential kutaner HPV-Typen, Zellen zu transformieren oder zu immortalisieren. Mit den kutanen HPV 8 E7 und HPV 47 E7 (beide beta-HPV) konnte beispielsweise keine Immortalisierung von Nagerzellen erreicht werden (Iftner et al., 1988). Jedoch war das E7 Protein von HPV 1 (warzen-assoziierten-HPV) in der Lage Mausfibroblasten-Zellen, nicht aber HPK zu transformieren (Schmitt et al., 1994). Caldeira et al. (2003) zeigten weiterhin in ihrer Studie, dass E6 und E7 von HPV 38, nicht aber von HPV 10 (alpha-HPV) oder HPV 20 (beta-HPV) die Lebensspanne von HPK in vitro verlängern können. In organotypischen Hautmodellen induzierte die Expression von E6/E7 der beta-HPV 5, 12, 15, 17, 20 und 38 eine Veränderung der Proliferation und Differenzierung in Vorhautkeratinozyten (Boxman et al., 2001). Akgul et al. (2005) demonstrierten außerdem, das die E7-Expression von HPV 8 in HPK eine Hyperproliferation sowie Invasion in einem organotypischen Hautmodell bewirkt.
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Zusammenfassend lässt sich sagen, daß die viralen Onkogene E6 und E7 mit einer Vielzahl zellulärer Proteine interagieren, die Funktionen innerhalb des Zellzykluses, der Apoptose und der Proliferation der Zelle ausüben. Die genauen Funktionsmechanismen von E6 und E7 der kutanen HPV-Typen sind allerdings noch weitgehend unbekannt.
UV-Strahlung ist, wie schon erwähnt, der Hauptrisikofaktor für die Entstehung von NMSC. Ferner gibt es zunehmend mehr Anhaltspunkte, die für einen Einfluss kutaner HPV-Typen an der Hauttumorgenese sprechen. Bei Patienten mit der seltenen, familiär vererbten Krankheit EV besteht ein ursächlicher Zusammenhang zwischen HPV und Hautkrebs. EV ist ein rezessiver Immundefekt, der sich im Kindesalter mit makulösen oder flach erhabenen warzenähnlichen Hautläsionen äußert. Im späteren Verlauf können daraus, bei 30% bis 60% der Patienten, Präkanzerosen sowie SCC entstehen. Diese Läsionen entwickeln sich an sonnenlichtexponierten Arealen und sind bis zu 90 % mit HPV 5 oder 8, seltener mit HPV 12, 14, 15, HPV 20-25 und HPV 36-38 assoziiert (Elbel et al., 1997; Pfister, 2003; Steger und Pfister, 1992). Diese Erkenntnisse waren das erste Indiz für einen Zusammenhang zwischen kutanen HPV-Infektionen und der Entwicklung von SCC. Weitere Anhaltspunkte wurden bei organtransplantierten immunsupprimierten Patienten gefunden (Boyle et al., 1984; Euvrard et al., 2003). Nierentransplantierte sind beispielsweise stark anfällig für die Entwicklung von Warzen und weiteren kutanen malignen Läsionen, bevorzugt an dem Sonnenlicht ausgesetzten Körperarealen (Bavinck et al., 1993; Noel et al., 1994). Sie weisen eine etwa 200fach erhöhte Inzidenz für SCC auf (Stockfleth et al., 2001). Beta- sowie gamma-HPV-Typen wurden in zahlreichen epidemiologischen Studien in bis zu 90% der SCC von Organtransplatierten gefunden (Berkhout et al., 2000; Harwood et al., 2000; Meyer et al., 2003; Shamanin et al., 1996). Weiterhin wurde E6- oder E7-Expression in diesen Läsionen nachgewiesen (Dang et al., 2006b; Purdie et al., 2005). In den letzten Jahren konnte außerdem in zahlreichen, unabhängigen Studien gezeigt werden, dass beta- sowie gamma-HPV-Typen ebenfalls in normaler Haut, Haarfollikeln sowie in kutanen SCC von nicht EV-Patienten nachweisbar sind (Boxman et al., 1997; Boxman et al., 1999; Köhler et al., 2007; Harwood et al., 2004; Nindl et al., 2006). In Aktinischen Keratosen von Immunkompetenten findet sich zudem eine hohe Prävalenz (85%) von beta-HPV DNA (Pfister et al., 2003).
Diese Erkenntnisse weisen darauf hin, dass eine Kombination aller hier aufgeführten ätiologischen Risikofaktoren, wie UV-Strahlung, Immunsuppression sowie HPV-Infektionen entscheidend für die Hauttumorgenese sind. Kutane HPV-Typen könnten demnach, vermutlich als Ko-Faktoren, Präkanzerosen sowie kutane SCC in einem frühen Stadium der Karzinogenese induzieren (Akgul et al., 2006).
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Bislang ist es weitgehend unklar, wie kutane HPV-Typen zur Induktion sowie Progression von NMSC beitragen. Ziel dieser Arbeit ist es, verschiedene, mit benignen oder malignen Läsionen assoziierte, kutane HPV-Typen hinsichtlich ihres viralen onkogenen Potentials zu charakterisieren. Als Zellkultursystem dienen die natürlichen Wirtszellen kutaner HPV-Typen, humane primäre Keratinozyten (HPK) der adulten Haut. Diese werden unter Verwendung eines retroviralen Vektorsystems mit den E6- oder E7-ORF folgender kutaner HPV-Typen infiziert: HPV 1 (mu-PV), HPV 4 (gamma-PV), HPV 5, HPV 8, HPV 20, HPV 38 und HPV RTRX7 (beta-PV). Mittels verschiedener Untersuchungen der infizierten Zelllinien, die einschichtig wachsen (Monolayer), sowie unter Verwendung eines differenzierten organotypischen Hautmodells wird konkret folgenden Fragestellungen nachgegangen (Abbildung 1.6):
Monolayer:
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Organotypische s Hautmodell :
Abbildung 1.6: Darstellung der Fragestellungen der vorliegenden Arbeit unter Anlehnung an das mehrstufige Karzinogenesemodell nach Hanahan und Weinberg (2000). | ||
Mit kutanen E6 oder E7 infizierte humane primäre Keratinozyten (HPK) werden als Monolayer und in organotypischen Hautmodellen beispielsweise auf invasivesVerhalten untersucht |
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