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Zahlreiche epidemiologische Studien belegen eine erhöhte Prävalenz kutaner HPV (beta/gamma-HPV) in Präkanzerosen und SCC der Normalbevölkerung sowie bei immunsupprimierten Organtransplantierten verglichen mit Kontrollen. In vorhergehenden Studien unserer Arbeitsgruppe (Dang et al., 2006b) und von Purdie et al. (2005) wurde gezeigt, dass in AK und SCC zudem eine Expression der Onkogene E6 oder E7 von beta-HPV nachweisbar ist, was für eine aktive Beteiligung der Viren an Zelltransformationsprozessen und der Progression von NMSC sprechen könnte.
Von mukosalen HPV-Typen weiß man, dass eine Infektion mit HR-HPV allein zwar nicht ausreichend ist, aber eine notwendige Voraussetzung für die Entstehung eines malignen Karzinoms der Zervix darstellt. So führt die konstitutive Expression der HPV 16 oder 18 E6/E7-Gene in vitro zu einer Immortalisierung primärer Vorhautkeratinozyten (Münger et al., 1989; Schlegel et al., 1988), während eine tumorigene Transformation weitere genetische Veränderungen erfordert. Insbesondere durch die Bindung der viralen Gene E6 und E7 jeweils an die Tumorsuppressorproteine p53 und pRb kommt es zu einer Deregulation des Zellzyklus und zu einer Anhäufung chromosomaler Veränderungen.
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Molekulare Mechanismen kutaner HPV-Typen sind noch weitgehend unbekannt. Bislang ist ein zelltransformierendes Potential der Onkogene E6 oder E7 kutaner HPV in vitro zumeist in murinen Fibroblasten (Iftner et al., 1988; Schmitt et al., 1994) oder humanen Vorhautkeratinozyten nachgewiesen worden. Es existieren wenige Studien mit humanen primären Keratinozyten (HPK) der Haut, die die Rolle dieser Proteine bei der Hautkarzinogenese untersuchen. In dieser Arbeit wurde gezeigt, dass die Onkogene E6 oder E7 verschiedener kutaner HPV-Typen (beta/gamma) aber auch von HPV 1 (mu-HPV) ein zelltransformierendes Potential in vitro in ihren natürlichen Wirtszellen, den HPK der adulten Haut, besitzen. Es wurde eine große Anzahl kutaner beta- und gamma-HPV-Typen (HPV 4, 5, 8, 20, 38, RTRX7), die mit humanen benignen oder malignen Läsionen assoziiert sind, untersucht. In vorangegangenen in vitro Studien wurde zudem gezeigt, das HPV 1 (warzenassoziierter, mu-HPV Typ) zelltransformierende Eigenschaften aufweist (Schmitt et al., 1994). Aus dem Grund wurde dieser HPV-Typ ebenfalls in die Untersuchungen eingeschlossen.
Es ist bekannt, dass primäre somatische Zellen in vitro nach wenigen Zellteilungen ein Seneszenzstadium erreichen, in welchem die Proliferation stagniert. Es erfolgen keine weiteren Teilungen, die Zellen sterben langsam ab. Die zelluläre Seneszenz von Keratinozyten kann in vitro durch die Expression von E6 und E7 der HR-HPV-Typen umgangen werden, die Zellen werden unbeschränkt teilungsfähig bzw. immortal.
In der vorliegenden Arbeit wurde gezeigt, dass HPK, die mit kutanen E6 allein infiziert wurden, nicht immortalisiert werden. Interessanterweise zeigten die Zellen jedoch teilweise eine stark verlängerte Lebensspanne. Dies korreliert mit der Literatur zu HR-HPV-Typen. Studien zeigen, dass die Expression von HPV 16 E6 allein die Lebensspanne von Zellen verlängert, jedoch erst ein Zusammenspiel von HPV 16 E6 und E7 eine Immortalisierung in kultivierten Keratinozyten induziert (Kiyono et al., 1998; Münger und Howley, 2002). In Kombination mit weiteren Defekten können in diesen bereits veränderten Keratinozyten Mutationen akkumulieren, die die Progression von Tumoren begünstigen (Plug-DeMaggio et al., 2004). Am deutlichsten war die Verlängerung der Lebensspanne mit HPV 8 E6, HPV 5 E6 und HPV 4 E6 (Abbildung 3.3). Diese Zelllinien verdoppelten sich drei bis viermal häufiger als die Zellen der Negativkontrolle, bevor sie ihr Wachstum einstellten. Auch Bedard et al. (2008) zeigten eine Verlängerung der Lebensspanne durch die Expression kutaner HPV E6, allerdings in retroviral infizierten Vorhautkeratinozyten. Mit HPV 38 E6 infizierte Zellen, gefolgt von HPV 8 E6 und HPV 5 E6 proliferierten am stärksten. Es wurden durchschnittlich höhere PD erreicht, was auf die verwendeten Zellen zurückzuführen sein könnte. Keratinozyten der Vorhaut können per se eine höhere Anzahl von PD erreichen, da sie aus juveniler Haut isoliert werden.
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Um zu überprüfen, ob in diesem Zusammenhang unter Umständen eine Aktivierung der Telomerase initiiert wurde, folgten Untersuchungen zur Expression von hTERT. Die Aktivierung der Telomerase durch HPV 16 E6 scheint ein wichtiger Schritt in der zellulären Transformation von Keratinozyten während einer viralen Infektion in vivo zu sein (Klingelhutz et al., 1996). In dieser Arbeit wurde eine schwache Expression von hTERT nach HPV 8 E6-Infektion gezeigt, die jedoch wie erwartet keine Immortalisierung in den infizierten HPK induzieren konnte. Dieses Ergebnis korreliert interessanterweise mit der Beobachtung, dass mit HPV 8 E6 infizierte HPK die höchsten PD in Zellkultur ereichten. Kürzlich wurde gezeigt, dass auch E6 der kutanen HPV 5, 8, 20 und 38 das Potential besitzten, die Telomerase in Keratinozyten unterschiedlich stark zu aktivieren (Bedard et al., 2008). Auch diese Arbeiten wurden jedoch mit Vorhautkeratinozyten durchgeführt, was die abweichenden Ergebnisse erklären könnte. Außerdem wurde hier zusätzlich die Aktivierung der zellulären Telomerase mit einem sogenannten „TRAP (telomeric repeat amplification protocol)-Assay“ nachgewiesen, einer auf PCR-basierender quantitativen Methode zur Bestimmung der Telomeraseaktivität (Kim et al., 1994). Ob auch HPV 8 E6 in HPK eine Aktivierung der Telomerase induziert, sollte weiterführend untersucht werden.
Auch mit kutanen HPV E7 infizierten HPK wurde eine deutliche Verlängerung der Lebensspanne in Kultur beobachtet, am stärksten mit HPV 1, 5 und 8. HPV 1 wird mit einem benignen Warzentyp assoziert. Allerdings konnte mit HPV 1 E7 in der Literatur auch gezeigt werden, dass es den Phänotyp stark transformiert (Schmitt et al., 1994). Eine h-TERT-Expression wurde jedoch in keiner mit E7 infizierten HPK-Zelllinie nachgewiesen. Es ist bekannt, dass durch hohe Mengen des E7-Proteins der HR-alpha-PV eine Immortalisierung in Vorhautkeratinozyten induziert wird (Halbert et al., 1991). Unter Umständen war die E7-Proteinmenge in infizierten HPK zu gering, um eine Immortalisierung zu induzieren. Eine weitere Erklärung könnte in der Methode der Kultivierung der infizierten HPK zu finden sein. Fu et al. (2003) zeigten in ihrer Studie mit HPV 16 E6/E7 exprimierenden Vorhautkeratinozyten, dass die Aktivität der Telomerase in serumhaltigem Medium auf feeder-Zellen im Vergleich zu serumfreiem Medium signifikant erh war. Diese Beobachtung legt nahe, dass eine HPK-Immortalisierung in serumfreiem Medium schwerer zu erreichen ist. Um diese Annahme zu klären, sollten sich Untersuchungen mit kutanen E6 oder E7 exprimierenden HPK in serumhaltigem Medium, auf feeder-Zellen anschließen.
Im Fall von HPV 8 E6 könnte die Expression von h-TERT einen Einfluss auf die Proliferationsfähigkeit der Zellen ausüben. Diese Ergebnisse lassen aber generell nicht den Schluss darauf zu, dass die Aktivierung der Telomerase für eine Verlängerung der Lebensspanne infizierter HPK erforderlich ist. Sie deuten allerdings darauf hin, dass die Expression kutaner HPV E6 oder E7 in HPK weitere Mechanismen induziert, die die zelluläre Seneszenz retardieren. Weitere Untersuchungen sind nötig um zu klären, welche Mechanismen für die Verlängerung der Lebensspanne durch kutane HPV E6 oder E7 in HPK verantwortlich sein könnten.
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Werden durch UV-B-Strahlung entstandene starke DNA-Schäden in Zellen nicht repariert und keine Apoptose eingeleitet, können sich Mutationen anhäufen, die zur Tumorentstehung führen können. Es ist bekannt, dass Viren in der Lage sind, die Apoptose ihrer Wirtszellen durch verschiedene Mechanismen zu blockieren (Lane und Crawford, 1979; Zantema et al., 1985).
HR-HPV E6 können das Bak-Protein degradieren und verhindern so eine p53-unabhängige Apoptose (Thomas und Banks, 1998). In keiner mit E6-infizierten HPK-Zelllinie konnte nach 24 h durch 25 mJ/cm2 UV-B-Strahlung eine Degradation des Bak-Proteins induziert werden. Auch mit HPV 16 E6 wurde keine Veränderung in der Menge von Bak gesehen. Das E6-Protein ist jedoch aktiv, da p53 degradiert ist und auch nach UV-B-Bestrahlung in den HPK nicht nachzuweisen war. In allen anderen E6-infizierten HPK wird p53 nach der UV-B-Bestrahlung induziert. Es kann also davon ausgegangen werden, dass durch die gewählte UV-B-Dosis eine DNA-Schadensantwort in den HPK induziert wird, in denen Bak, als anti-apoptotisches Protein, ebenfalls eine Rolle spielen könnte.
Nicht-infizierte HPK zeigten über einen Zeitraum von 40 h eine deutliche Akkumulierung des Bak-Proteins. Dies wurde nach der Literaturlage auch erwartet (Jackson et al., 2000). In der Studie von Jackson et al. (2000) wurde allerdings gezeigt, dass auch die Expression von HPV 5 E6 die Degradation von Bak nach 15 mJ/cm2 UV-B-Strahlung verursacht. Diese Untersuchungen wurden jedoch mit E6-infizierten HT1080-Zellen durchgeführt. Diese Fibrosarkomzelllinie weist einen Defekt in einem Allel des N-ras-Gens auf (Hall et al., 1983) und stellt überdies nicht die natürlichen Wirtszellen kutaner HPV dar. Es existieren bis jetzt keine Studien, die eine mögliche Degradation von Bak in HPK untersuchen, die mit kutanen E6 infiziert wurden.
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Basierend auf diesen ersten Ergebnissen sollten HPK als Zellsystem die Methode der Wahl sein, um das Bak-Protein nach UV-B-Strahlung zu charakterisieren. So kann sich der Frage angenähert werden, ob auch in HPK durch kutane HPV E6 Mechanismen induziert werden, die die Apotose umgehen können und zur malignen Transformation von Keratinozyten führen könnten.
Die Differenzierung von Keratinozyten ist für den viralen Replikationszyklus der HPV in vivo entscheidend. Aus diesem Grund wurden im zweiten Teil der vorliegenden Arbeit differenzierte, mit HPV E6 oder E7 infizierte HPK in einem organotypischen Hautmodell untersucht. Überdies können in einem solchen Modell, im Gegensatz zu einschichtig wachsenden Zellen, komplexe Effekte in einem Epithelverband von HPK beobachtet werden. Die stabile Genexpression von E6 oder E7 wurde durch den viralen 5´ LTR-Promotor reguliert, dessen Aktivität unabhängig von der Differenzierung in Vorhautkeratinozyten ist (Boxman et al., 2001; Caldeira et al., 2003; Halbert et al., 1992).
Es gelang im Rahmen dieser Arbeit nicht, die Expression von E7 in HPK immunhistochemisch in Gewebeschnitten der Hautkulturen nachzuweisen. Für weitere Studien könnte dieser Nachweis mittels RNA-in situ Hybridisierung erbracht werden. Unter Verwendung organotypischer Hautmodelle, die auf einer Kollagenmatrix basieren, wurden in den letzten Jahren beachtliche Fortschritte in der funktionellen Analyse von HPV gemacht (Chow und Broker, 1997). Boxman et al. (2001) untersuchten beispielsweise das transformierende Potential der E6/E7-Proteine der beta-HPV 5, 12, 15, 17, 20 oder 38 und des mukosalen HR-HPV 16. Sie konnten zeigen, dass die Expression von HPV E6/E7 zusammen, Proliferation und Differenzierung in Vorhautkeratinozyten verändert.
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Im Rahmen dieser Arbeit gelang es nachzuweisen, dass das E7-Protein allein ebenfalls einen sehr deutlichen Einfluss auf die Histologie, die Differenzierung und Proliferation von HPK in organotypischen Hautkulturen besitzt. Interessanterweise wurden außerdem Veränderungen im Zellzyklus, sowie ein mögliches invasives Potential einiger HPV-Typen beobachtet.
Merkmale von Zelltransformation und der Bildung von Tumoren sind Zellveränderungen im Gewebe. Wie in Normalhaut wurde in Hautkulturen, die mit dem Leervektor pLXSN infiziert wurden, ein distinktes und differenziertes Epithel ausgebildet. Diese Ergebnisse zeigen, dass die retrovirale Infektion die epitheliale Differenzierung nicht verändert. Die beobachtete, allgemein starke Hyperproliferation des Epithels ist zum einen auf das Hautkultursystem an sich zurüchzuführen, da Keratinozyten in organotypischen Hautmodellen stark proliferieren. Zum anderen wird durch die Expression des E7-Protein ein starker Proliferationsstimulus ausgelöst (zur Hausen, 2002). Dysplastische Zellveränderungen fanden sich ausschließlich in suprabasalen Strata der Hautkulturen, was auch durch die homogene Expression von CK 14 bestätigt wurde. Dieser Differenzierungsmarker war nicht verändert, demnach scheint die Expression von E7 die basale Differenzierung von HPK in organotypischen Hautmodellen nicht zu verändern. Interessanterweise induzierte HPV 4 E7 die ausgeprägteste Hyperproliferation und weiterhin eine gestörte Differenzierung in terminalen Strata. Dies korreliert mit dem benignen, hyperproliferativen Phänotyp von HPV 4-assoziierten Warzen in vivo. HPV 4 wurde jedoch auch in kutanen SCC (Primärtumore und Rezidive) gefunden (Nindl et al., 2006). Das differenzierte Epithel der HPV 16 E7-Hautkulturen wies Ähnlichkeiten mit invasiven mukosalen Läsionen in vivo auf. Diese sind durch eine Fehlorganisation des Zellverbandes und atypische dyskeratotische Keratinozyten in suprabasalen Zellschichten charakterisiert. In der Studien von Boxman et al. (2001) wurde dieser Effekt mit HPV 16 E6/E7 induziert. Interessanterweise zeigten sich ebenfalls in den HPV 1 E7-Hautkulturen, wenn auch weniger häufig, dyskeratotische HPK in suprabasalen Strata. Diese Fehlorganisation äußerte sich weiterhin in einer reduzierten Involucrin-Expression. In Verruca vulgaris wird Involucrin in allen suprabasalen Strata exprimiert, in SCC ist das Protein dagegen komplett abwesend oder nur lokal in geringen Mengen vorhanden (Murphy et al., 1984). Eine veränderte Involucrin-Expression fand sich in HPV 1 E7 und HPV 4 E7-Hautkulturen. Hier war das Protein nur in terminalen keratinisierten HPK im Stratum corneum vorhanden.
Interessanterweise wurden mit HPV 1 E7 und HPV 4 E7 auch die stärksten Proliferationsraten in den organotypischen Hautkulturen beobachtet. Diese Ergebnisse korrelieren wiederum mit der in vivo durch diese warzenassoziierten HPV-Typen induzierte Hyperproliferation. HPV 5 E7 und HPV 8 E7-Hautkulturen wiesen auch Abberationen im Epithelverband der HPK, wie beispielsweise akantholytische Strukturen, auf. Eine weitere histologische Auswirkung gestörter Differenzierung sind die in HPV 8 E7-Kulturen gefundenen Hornperlen. Diese wurden ebenfalls in der Studie von Akgul et al. (2005) für HPV 8 E7 beschrieben. In den Hautkulturen von HPV 38 E7 wurde Parakeratose festgestellt, was in einer sehr stark reduzierten CK 10-Expression im Stratum granulosum resultierte. Durch die Expression von HPV 38 E7 scheint also eine starke Störung der Differenzierung in suprabasalen Schichten des Epithels induziert zu werden, was auch in der Studie von Boxman et al. (2001) mit HPV 38 E6/E7 gezeigt wurde. Demnach könnte das E7-Protein der kutanen HPV-Typen unter Umständen allein für die beschriebenen Veränderungen in den differenzierten Hautkulturen verantwortlich sein. Weitere Untersuchungen mit kutanen HPV E6 in organotypischen Hautkulturen sollten sich anschließen, um diese Hypothese zu verifizieren.
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Die beschriebenen, teilweise kardinalen Veränderungen der mit E7 infizierten HPK in einem differenzierten Epithel sind charakteristische histologische Merkmale von kutanen Aktinischen Keratosen und SCC.
Ein wichtiger Schritt in der Tumorgenese ist die Deregulation des Zellzyklus. Der cyclin-abhängige Kinase-Inhibitor p16 INK4a ist ein Regulator des G1/S-Phase-Kontrollpunktes im Zellzyklus. In Zervixkarzinomen und zervikalen Präkanzerosen, die mit HR HPV infiziert sind, ist p16 INK4a durch die Aktivität von E7 stark überexprimiert, allerdings nicht funktionell als Kinaseinhibitor. Aus diesem Grund wird p16INK4a in der Klinik als Früherkennungsmarker eingesetzt (Murphy et al., 2003). Auch in Präkanzerosen und SCC der Haut findet sich eine erhöhte p16INK4a –Expression in einzelnen dysplastischen Keratinozyten (Nindl et al., 2004).
In allen hier untersuchten E7-Hautkulturen war p16INK4a exprimiert. Eine schwächere Expression wurde nur in HPV1 E7 oder HPV 4 E7-Hautkulturen gesehen (Daten nicht gezeigt). Generell scheint also die Expression von E7 in organotypischen Hautkulturen die Expression von p16INK4a zu erhöhen.
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Cyclin E ist ein Zellzyklusprotein, das den Übergang von der G1-Phase in die S-Phase des Zellzyklus kennzeichnet. In vielen Tumoren ist Cyclin E überexprimiert (Donnellan und Chetty, 1999). In der normalen humanen Epidermis wird Cyclin E nur in wenigen basalen Keratinozyten exprimiert, die sich in der G1/S-Phase des Zellzyklus befinden. In dieser Arbeit wurde gezeigt, dass in den HPV 5 E7 und HPV 8 E7-Hautkulturen interessanterweise einzelne subrabasale HPK positiv für p16INK4a und für Cyclin E waren. Diese Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass HPK, die mit HPV 5 E7 oder HPV 8 E7 infiziert sind, den p16INK4a induzierten Zellzyklusstop überwinden und die Keratinozyten unkontrolliert proliferieren können. Dies wurde in Studien von Cheng et al. (1995) mit HPV 18 E7 und von Banerjee et al. (2006) auch für die LR-HPV 6 und 11 in einem organotypischen Hautmodell beschrieben. Allerdings kann nicht vollständig belegt werden, dass sich die für p16INK4a und Cyclin E differenzierten, postmitotischen HPK in der S-Phase des Zellzyklus befinden. Aus diesem Grund sollten die vorliegenden Ergebnisse beispielsweise mit einer immunhistochemischen Färbung gegen p16INK4a und BrdU, das in der S-Phase des Zellzyklus in die DNA eingebaut wird, verifiziert werden.
In dieser Arbeit wurden Hinweise darauf erbracht, dass das E7-Protein der beta-HPV 5 und HPV 8 einen Eintritt der HPK in die S-Phase des Zellzyklus fördert. Durch einen unkontrollierten Eintritt von Keratinozyten in die S-Phase des Zellzyklus und daraus resultierende Akkumulation genetischer Veränderungen könnte eine Initiation benigner oder maligner Läsionen im Epithel induziert werden.
Ein entscheidendes Merkmal progredierender Tumorzellen ist ihre Fähigkeit zu invasivem Wachstum. In einer Studie von Akgul et al. (2005) wurde unter Verwendung des gleichen organotypischen Hautmodells wie in der vorliegenden Arbeit, ein invasives Potential von infizierten HPK in HPV 8 E7-Hautkulturen beschrieben. Es wurde eine Veränderung der Differenzierung der HPK beobachtet, die mit der Bildung von sogenannten „Hornperlen“ einherging. In der vorliegenden Arbeit wurde, abgesehen von vereinzelten Hornperlen, keine entsprechende Veränderung der Differenzierung mit HPV 8 E7-Hautkulturen wie in der Studie von Akgul et al. (2005) beobachtet. Dies lässt sich möglicherweise auf die unterschiedliche Kulturdauer der organotypischen Hautkulturen zurückführen. In den Untersuchungen dieser Arbeit wuchsen die infizierten HPK 10 Tage, im Vergleich zu 14 Tagen, auf einer de-epidermalisierten Dermis. Unter Umständen hätte eine längere Differenzierung der HPK zu einem ausgeprägteren invasiven Phänotyp führen können. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Herkunft der HPK. Da diese aus verschiedenen Patienten isoliert worden sind, verhalten sich die Zellen möglicherweise unterschiedlich.
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Weiterhin wurde von Akgul et al. (2005) eine Degradation der Basalmembran sowie invadierendes Wachstum von Keratinozyten gezeigt. Dieses invasive Verhalten von HPV 8 E7-infizierten HPK in einem in vivo Hautmodell kann durch die in dieser Arbeit durchgeführten Experimente bestätigt werden. Invasive SCC bestehen histologisch aus atypischen epithelialen Keratinozytennestern mit Kern- und Zellatypien, die über die Epidermis hinaus in die unterliegende Dermis reichen
Tenascin-C ist ein Protein der ECM, das in Tumoren verstärkt exprimiert wird (Chiquet-Ehrismann und Chiquet, 2003). In melanozytären Hauttumoren korreliert die Expression des Proteins mit der Progression von benignen Läsionen zu invasiven Tumoren (van Duinen et al., 1994). Dies konnte von unserer Arbeitsgruppe für kutane SCC bestätigt werden (Dang et al., 2006a). In der vorliegenden Arbeit wurde Tenascin-C im Stratum papillare der E7-Hautkulturen von HPV 4, 8, 38 und RTRX7 verstärkt exprimiert. Die Expression des Proteins nimmt in potentiellen epithelialen Grenzgeweben mit der Initiation eines malignen Zellwachstums besonders stark zu. Dies spricht für eine invasive Zelltransformation von E7 dieser kutanen HPV-Typen in HPK und bestätigt das invasive Potential von HPV 8 E7. In Versuchen mit einschichtigen E7-infizierten HPK konnte im Rahmen dieser Arbeit keine Invasion der Zellen in sogenanntem „Soft Agar“ oder durch Matrigel gezeigt werden. Es scheint also eine Voraussetzung zu sein, ein differenziertes Epithel, wie organotypische Hautkulturen für Invasionsstudien zu verwenden, da die Polarisation, Differenzierung und Interaktion der basalen Keratinozyten eine intakte Basalmembran erfordert (Manes et al., 2000). Eine obligatorische Auswirkung der Invasion von Zellen ist das „Durchbrechen“ der Basalmembran. In der Studie von Akgul et al. (2005) konnte in HPV 8 E7 Hautkulturen eine lokale Destruktion der Basalmembran gezeigt werden. Auf den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit basierend, muss weiterführend untersucht werden, ob auch durch die E7-Expression von HPV 4, 8, 38 und RTRX7 eine Degradation der Basalmembran induziert wird. Dies könnte mit immunhistochemischen Färbungen gegen Kollagen VII oder weitere Bestandteile der Basalmembran nachgewiesen werden.
Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit sprechen für eine Rolle der E6 und E7-Proteine kutaner HPV bei der in vitro-Zelltransformation von Keratinozyten. Es konnte gezeigt werden, dass die Expression kutaner E6 oder E7 eine Verlängerung der Lebensspanne in HPK induziert, die nicht allein auf die Aktivierung der zellulären Telomerase zurückzuführen zu sein scheint. Mechanismen die, synergistisch oder allein, in den Prozess der Proliferationsfähigkeit von Keratinozyten, nach Infektion mit kutanen HPV, eingreifen sind noch ungeklärt. Eine Schädigung der Haut durch UV-B-Strahlung ist der Hauptrisikofaktor für die Entstehung kutaner Tumore. Weitere Untersuchungen mit E6 oder E7-infizierten HPK und UV-B-Bestrahlung können helfen, auch diesen ätiologischen Faktor in funktionelle Analysen mit einzubeziehen.
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Mit Hilfe organotypischer Hautkulturen wurden interessante Eigenschaften für kutane HPV E7 beschrieben, die bei einer virusinduzierten Karzinogenese in vivo eine Rolle spielen könnten. Die Expression kutaner E7-Proteine in HPK induzierte histologische Abberationen und Veränderungen der Differenzierung im Epithel, die in vivo ebenfalls in kutanen Läsionen zu finden sind. Auch das Umgehen des G1/S-Phase-Stops des Zellzyklus und ein invasives Potential einiger kutaner HPV-Typen sprechen unter Umständen für eine initiale Beteiligung dieser Viren an der Entstehung von Hauttumoren. Allerdings verläuft die Transformation von Keratinozyten i n vivo sehr viel langsamer (Jahre bis Jahrzehnte), als mit in dieser Arbeit verwendeten organotypischen Hautkulturen (10 Tage). Dieser zeitliche Unterschied zwischen den in vitro Bedingungen und der eigentlichen in vivo Situation beruht auf der einen Seite auf der Hyperproliferativität der HPK in dem Kultursystem „Organotypisches Hautmodell“. Andererseits wird das E7-Protein in organotypischen Hautmodellen differenzierungsunabhängig in allen Strata der Epidermis stabil exprimiert. In kutanen Aktinischen Keratosen und SCC von Patienten sind allerdings nur wenige E7-Transkripte nachweisbar.
In Zervixkarzinomzellen werden die viralen Onkogene E6 und E7 konstitutiv exprimiert. Mit Hilfe organotypischer Hautmodelle und HPK die mit E6/E7 kutaner HPV infiziert werden, könnte das Zusammenspiel dieser beiden frühen viralen Gene untersucht werden. Zum Aufbau organotypischer Hautmodelle wurde in verschiedenen Studien überwiegend eine murine Kollagenmatrix mit mukosalen Keratinozyten aus der Vorhaut verwendet. HPV sind assoziiert mit mukosalen oder kutanen Läsionen. Dieser strikte Tropismus legt nahe, dass der virale Replikationszyklus zelluläre Faktoren benötigt, die nur in Keratinozyten des assoziierten Epithels vorhanden sind. Demnach sollten für Untersuchungen kutaner HPV-Typen ebenfalls HPK der adulten Haut verwendet werden. Das organotypische Hautkulturmodell mit einer de-epidermalisierten, humanen Dermis und HPK sollte die Methode der Wahl sein, um die Mechanismen der Onkoproteine E6 und/oder E7 kutaner Papillomviren unter Berücksichtigung der epitelialen Differenzierung zu untersuchen.
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