↓54 |
In der vorliegenden Arbeit wurden molekulare Transformationsmechanismen der Gene E6 oder E7 kutaner HPV in vitro identifiziert, um ihre potentielle Rolle in der Hautkarzinogenese besser zu verstehen. Möglicherweise kann so auch eine Einteilung hinsichtlich des Risikopotentials kutaner HPV für die Entstehung von NMSC vorgenommen werden, wie sie bereits für mukosale HPV existiert.
↓55 |
Dazu wurden HPK der adulten Haut mit den E6 oder E7 ORF verschiedener kutaner HPV-Typen infiziert (Tabelle 3.1). Die Infektion erfolgte mit einem retroviralen Vektorsystem, da Fremdgene so stabil, unter der Kontrolle des viralen 5´-LTR Promotors, in primären Zellen exprimiert werden. Folgende HPV-Typen, welche mit verschiedenen kutanen Läsionen assoziiert sind, wurden untersucht:
Tabelle 3.1: Untersuchte kutane HPV-Typen verschiedener Taxa
Als Positivkontrolle (Pk) wurde das mukosale HPV 16 (HR alpha-HPV) eingesetzt. Der retrovirale Leervektor pLXSN wurden als Negativkontrolle (Nk) verwendet. Die mit HPV E6 oder E7 infizierten HPK wurden in verschiedenen funktionellen Analysen als einschichtige Zellen, sowie in sogenannten „Organotypischen Hautkulturen“ untersucht.
↓56 |
Für alle in den nachfolgenden Abschnitten beschriebenen Untersuchungen wurden HPK infiziert und selektioniert. Vor den jeweiligen Experimenten wurde die Anwesenheit von HPV E6- oder E7-mRNA analysiert, um sicher zu stellen, dass mögliche beobachtete Effekte auf die Expression der viralen Gene zurückzuführen sind.
Hierfür wurde RNA aus den undifferenzierten infizierten HPK extrahiert, in cDNA umgeschrieben und eine HPV E6 oder E7 typenspezifische PCR-Analyse durchgeführt (Abschnitt 2.2.10). In allen infizierten HPK-Zelllinien wurde E6 oder E7 spezifisch transkribiert (Abbildung 3.1, exemplarisch gezeigt).
Abbildung 3.1: Expression von HPV E6- oder E7-mRNA in infizierten HPK. | ||
Mittels RT-PCR wurden RNA Expressionsuntersuchungen mit ( A ) HPV E6 (RTRX7 E6 wurde nicht verwendet) oder (B ) HPV E7 spezifischen Primern durchgeführt. Als Negativkontrolle wurden jeweils pLXSN-cDNA als DNA-Template (1), und RNA ohne reverse Transkriptse (2) verwendet. Zur Normalisierung wurde das ribosomale Protein RPS9 (U14971; 86 bp) eingesetzt. Die PCR-Produkte wurden in einem 3% Agarosegel separiert. In allen infizierten HPK-Zelllinien wurde HPV E6- oder E7-mRNA spezifisch exprimiert. |
↓57 |
Basierend auf dem Nachweis der RNA-Expression wurde untersucht, ob HPV E6 oder E7 auch auf Proteinebene nachweisbar sind. Diese Analysen wurden exemplarisch mit HPV 16 durchgeführt, da für kutane HPV-Typen keine Antikörper zur Verfügung standen. Mit immunzyto- und histochemischen Methoden (Cytospins oder in Paraffin eingebettete, infizierte HPK, organotypische Hautmodelle) wurde keine spezifische Proteinexpression von HPV 16 E6 oder HPV 16 E7 nachgewiesen (Daten nicht gezeigt). Da davon ausgegangen wurde, das die Quantität der HPV 16 E6 oder HPV 16 E7 Proteinexpression in retroviral infizierten HPK zu gering ist, um mit diesen Methoden nachgewiesen zu werden, wurden zusätzlich Western Blot-Analysen durchgeführt.
Aus pLXSN-, HPV 16 E6- oder HPV 16 E7-infizierten HPK wurden direkt nach dem Abschluß der Selektion Gesamtzellextrakte hergestellt. Für HPV 16 E6 war mit 50 µg oder 100 µg eingesetzter Proteinmenge eine starke Bande in der erwarteten Größe zu sehen (Abbildung 3.2 A) für HPV 16 E7 sah man mit 100 µg Protein eine schwächere Bande in der angenommenen Höhe (Abbildung 3.2 B). Obwohl monoklonale Antikörper verwendet wurden, traten in beiden Fällen zusätzlich unspezifische Banden auf. Die exemplarisch mit HPV 16 durchgeführte Western Blot-Analyse zeigte, das E6 oder E7 in retroviral infizierten HPK auf Proteinebene spezifisch nachweisbar sind.
Abbildung 3.2: Proteinnachweis von E6 oder E7 in retroviral infizierten HPK mittels Western Blot Analyse. | ||
(A) HPK-HPV16 E6 und (B) HPK-HPV16 E7 wurden mit 1% SDS Puffer lysiert. 50 bzw. 100 µg Gesamtzellextrakte (Rekombinantes Protein, 30 pg) wurden durch SDS-PAGE getrennt, auf eine PVDF-Membran transferiert und anschließend mit den entsprechenden Antikörpern gegen HPV 16 E6, HPV 16 E7 oder Aktin (Ladekontrolle) inkubiert. CaSki Zellen, iHK-HPV 16 E7 oder rekombinantes HPV 16 E7-Protein dienten als Positivkontrolle, HPK-pLXSN als Negativkontrolle. iHK, immortalisierte humane Vorhautkeratinozyten; kDa, Kilodalton. |
↓58 |
Es ist bekannt, dass die gemeinsame Expression von E6 und E7 mukosaler HR HPV-Typen oder von E7 allein eine Immortalisierung in humanen Vorhautkeratinozyten induzieren kann. In nachfolgenden Untersuchungen sollte analysiert werden, ob HPK unter dem Einfluß der E6 oder E7-Proteine kutaner HPV ebenfalls durch Langzeitkultivierung in vitro immortalisiert werden können. Infizierte HPK wurden in einem Dreieransatz kultiviert, bei Subkonfluenz gezählt und definiert erneut ausgesät. Um das Stadium der Zelllinien zu beschreiben wurden Populationsverdopplungen (PD, Population Doublings) bestimmt und graphisch dargestellt Der Tag 0 bezeichnet dabei den Zeitpunkt der Aussaat der HPK. In allen mit E6 infizierten HPK wurde eine erhöhte Poliferation festgestellt (Abbildung 3.3). Außerdem verlängerte sich die Lebensspanne der Zellen, mit Ausnahme von HPV 38 E6 infizierten HPK. Die Zellen der Negativkontrolle stellten ihr Wachstum nach 24 Tagen ein. Sie hatten sich in diesem Zeitraum zweimal verdoppelt. Nach 27 Tagen wurden beispielsweise folgende PD der infizierten HPK erreicht:
HPV 16 E6 und HPV 5 E6 |
jeweils 6 PD |
HPV 4 E6 und HPV 8 E6 |
jeweils 5 PD |
HPV 20 E6 und HPV 38 E6 |
jeweils 4 PD |
HPV 1 E6 |
3 PD. |
Nach diesem Zeitpunkt proliferierten ausschließlich mit HPV 5 E6 (final 6 PD nach 28 Tagen), HPV 8 E6 (final 7 PD nach 30 Tagen) oder HPV 16 E6 (Positivkontrolle, final 7 PD nach 32 Tagen) infizierte HPK weiter, bevor sie ebenfalls ihr Wachstum einstellten. Sie erreichten das Stadium der Seneszenz, in welchem keine weiteren Zellteilungen mehr erfolgen. Das Zellstadium der „Krise“ konnte von E6 infizierten HPK nicht überwunden werden und es wurde keine Immortalisierung erreicht. Nach 27 Tagen hatten sich die infizierten HPK bis zu 6 mal verdoppelt und stellten dann die Proliferation ein.
↓59 |
In mit E7 infizierten HPK wurde mit HPV 1, HPV 5 und HPV 8 eine Verlängerung der Lebensspanne festgestellt (Abbildung 3.4). Hier wurden nach 28 Tagen folgende PD errmittelt:
HPV 1 E7 |
7 PD |
HPV 5 E7 |
3 PD |
HPV 8 E7 |
1 PD. |
↓60 |
HPK, die mit RTRX7 E7 infiziert waren, stellten nach 12 Tagen und 2 PD ihr Wachstum ein. Mit HPV 5 E7 infizierte HPK und die Positivkontrolle erreichten final 5 PD (nach 55 Tagen) oder 9 PD (nach 34 Tagen). Von HPV 4 E7, HPV 20 E7 oder HPV 38 E7 infizierten HPK war keine Berechnung der PD möglich, da diese Zellen kaum proliferierten und dementsprechend nicht passagiert werden konnten. Auch mit HPV E7 infizierten HPK konnte die Zellkrise nicht überwunden werden. Alle E7-Zelllinien starben ab, eine Immortalisierung der HPK wurde nicht erreicht.
Abbildung 3.4: E7 verlängert die Lebensspanne in HPK. | ||
Dargestellt sind Populationsverdopplungen (PD) von HPV E7 infizierten HPK in einem Zeitraum von 55 Tagen. Mit allen HPV E7 infizierten HPK wurden erhöhte PD ermittelt. Nach der jeweils letzen Passage stellten die Zellen das Wachstum ein und starben ab. PD sind als Mittelwert ± Standardabweichung angegeben. |
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Expression kutaner E6 oder E7 eine stark erhöhte Proliferation in HPK in unterschiedlichem Ausmaß induzierte. So teilten sich mit HPV 8 E6 infizierte HPK 3,5 Mal häufiger als die Zellen der Negativkontrolle, mit HPV 1 E7 infizierte HPK dagegen 22,5 Mal häufiger. Die Lebensspanne von HPK verlängerte sich in allen hier dargestellten mit HPV E6 oder HPV E7 infizierten Zellinien. Mit HPV 8 E6 infizierte HPK proliferierten 6 Tage länger, mit HPV 5 E7 infizierte HPK sogar 35 Tage länger als die Negativkontrolle.
↓61 |
In Abschnitt 3.2.1 wurde eine Verlängerung der Lebensspanne jedoch keine Immortalisierung in HPV E6 oder E7 infizierten HPK gezeigt. Es ist bekannt, dass HPV 16 E6 die Expression der katalytischen Untereinheit der Telomerase, hTERT, in humanen Vorhautkeratinozyten induziert und damit eine Immortalisierung initiieren kann. Um zu ermitteln, ob in den hier verwendeten Zelllinien eine Telomerasaktivierung erfolgte, wurde in dem folgenden Versuch die hTERT-Expression mittels RT-PCR untersucht. RNA wurde aus infizierten HPK extrahiert, in cDNA umgeschrieben und eine sequenzspezifische PCR-Analyse durchgeführt (Abschnitt 2.2.11). Die Ergebnisse sind in Abbildung 3.5 dargestellt. hTERT wird, wie erwartet, in HPV 16 E6 infizierten HPK exprimiert. Es war eine starke Bande für das 146 bp Fragment von hTERT zu erkennen. Interessanterweise wurde hTERT ebenfalls in HPV 8 E6 infizierten HPK exprimiert, allerdings in einem schwächeren Ausmaß. In mit HPV E7 infizierten HPK wurde allerdings keine hTERT-Expression nachgewiesen.
Abbildung 3.5: Expression von hTERT (human telomerase reverse transcriptase) in HPV 8 E6 infizierten HPK. | ||
hTERT-Expressionsuntersuchungen in (A) HPV E6 (RTRX7 E6 wurde nicht verwendet) oder (B) HPV E7 infizierten HPK wurde mittels RT-PCR durchgeführt. RPS9 wurde als Normalisierungskontrolle eingesetzt. Die PCR-Produkte wurden in einem 1,5% Agarosegel separiert. Positivkontrolle: HeLa, Nk., Negativkontrolle (ddH2O). Mit HPV 8 E6 und HPV 16 E6 ist eine spezifische 146 bp Bande für hTERT zu erkennen. |
Ein entscheidendes Merkmal transformierter maligner Zellen ist ihre Fähigkeit zu invasivem Wachstum. In dem folgenden Versuch wurde analysiert, ob die Expression kutaner HPV E6 oder E7 in HPK einen invasiven Phänotyp induzieren kann. Es wurde ein in vitro Invasionssystem mit Matrigel verwendet, in dem SCL-II-Zellen als Positivkontrolle und NIH/3T3-Zellen als Negativkontrolle dienten (Abschnitt 2.3.8). Nach 24 Stunden wurde keine erhöhte Fluoreszenz im Vergleich zu NIH/3T3-Zellen gemessen (Abbildung 3.6).
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Abbildung 3.6: Keine Invasion mit HPV E6 oder E7 infizierten HPKim Matrigel-Invasionstest. | ||
Mit (A) HPV E6 (RTRX7 E6 wurde nicht verwendet) oder (B) HPV E7 infizierte HPK wurden auf Matrigel ausgesät und bei 37°C im Brutschrank inkubiert. Nach 24 h erfolgten die Färbung mit Calcein-AM und die anschließende photometrische Messung gewanderter Zellen. SCL-II, Positivkontrolle und NIH/3T3, Negativkontrolle. Die rote Linie zeigt jeweils die Werte der Negativkontrolle an. Es wurde keine Invasion festgestellt. |
Mit E6 infizierten HPK wurde keine Zellinvasion gemessen, die Werte für HPV 8 E6 waren jedoch im Vergleich zu NIH/3T3 minimal erhöht. Auch mit E7 infizierte HPK wuchsen in vitro nicht invasiv. Letztere Ergebnisse bestätigen zusätzlich, dass mit denselben HPV E7 infizierte HPK auch in einem sogenannten „Soft Agar Assay“ kein Invasionsverhalten zeigten (Daten nicht gezeigt). Es wurde also keine Invasion in HPV E6 oder E7 infizierten HPK festgestellt.
HR HPV E6 binden nach UV-B Bestrahlung an das Bak-Protein und induzieren dessen Degradation in Keratinozyten. Im folgenden Versuchen wurde analysiert, ob verschiedene kutane HPV E6 nach UV-B Bestrahlung ebenfalls eine Bak-Degradation in HPK bewirken. Infizierte HPK wurden in subkonfluentem Zustand mit einer Einzeldosis von 25 mJ/cm2 UV-B Strahlung exponiert. Die Zellen wurden nach 24 h, bzw. alle 8 h über einen Gesamtzeitraum von 40 h geerntet und Western Blot -Analysen durchgeführt.
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Abbildung 3.7: Bak Expression in E6 infizierten HPK nach 25 mJ/cm2 UV-B Bestrahlung. | ||
(A) 24 Stunden nach der Bestrahlung (ohne UV,-; mit UV,+) oder (B) über 40 h alle 8 h (hier sind exemplarisch HPK und HPV 16 E6 gezeigt), wurden die Zellen in 1 % SDS-Puffer lysiert. 30 µg Gesamtzellextrakt wurde mittels SDS-PAGE getrennt, auf eine PVDF-Membran übertragen und mit den entsprechenden Antikörpern, Bak, p53 oder Aktin inkubiert. Es wurden 30 µg Gesamtproteinlysat eingesetzt. Die Bak-Expression war 24 h nach 25 mJ/cm2 UV-B-Exposition in E6-infizierten HPK nicht verändert. |
Die Expression von Bak war nach UV-B-Bestrahlung in den mit E6 infizierten HPK nicht verändert (Abbildung 3.7 A). In nicht-infizierten HPK ist ein leichter Anstieg der Bak-Menge nach 24 h zu sehen. Dieser Effekt wird über 40 h durch eine Zunahme der Bak-Expression deutlicher (Abbildung 3.7 B). Mit HPV 16 E6 war keine Degradation des Bak-Proteins zu sehen. In HPK und allen E6-infizierten HPK-Zelllinien, mit Ausnahme von HPV 16, wurde nach UV-B-Bestrahlung eine verstärkte Expression des Tumorsuppressorproteins p53 induziert. Dies ist die natürliche Antwort der Zelle auf intensive UV-B-Strahlung. In HPV 16 E6 infizierten HPK ist p53 durch die Bindung von E6 vollständig degradiert und wird auch nach UV-B-Bestrahlung nicht induziert.
Der Replikationszyklus von HPV ist eng an den Differenzierungsgrad von Keratinozyten gekoppelt. In organotypischen Hautmodellen wird im Gegensatz zu einschichtig wachsenden Zellkulturen eine komplette Differenzierung der Keratinozyten erreicht. Ziel der folgenden Experimente war es, mit E6 oder E7 infizierte HPK in organotypischen Hautkulturen einzusetzen, um den Einfluss der viralen Proteine auf Histologie, Differenzierung, Proliferation, den Zellzyklus und das Invasionspotential der HPK in einem in vivo-System zu studieren. Für die Etablierung der organotypischen Hautkulturen wurden mit E6 oder E7 infizierte HPK auf einer Dermis ausgesät und an der Luft-Medium-Grenze kultiviert, um eine Differenzierung der HPK zu induzieren (Abbildung 3.8).
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Abbildung 3.8: Darstellung des organotypischen Hautmodells. | ||
(A) Schematischer Aufbau. HPF werden auf die retikuläre (untere) Dermisseite aufgebracht, 24 h später werden (infizierte) HPK auf die papilläre (obere) Dermis ausgesät. Durch Kultur der HPK an der Luft-Medium-Grenze wird ihre Differenzierung induziert. (B) Organotypische Hautmodelle in einer 6-Well-Platte an Kulturtag 8. |
Als Positivkontrolle wurde HPV 16, als Negativkontrolle der Leervektor pLXSN verwendet. Da mit HPV E6-Hautkulturen in zwei unabhängigen Experimenten keine Differenzierung der HPK erreicht wurde, wird im Folgenden ausschließlich auf die Ergebnisse der HPV E7-Hautkulturen eingegangen.
Präkanzerosen und SCC sind histologisch durch atypische Keratinozyten und verschiedene Zell- und Gewebeatypien gekennzeichnet. Im Folgenden wurde untersucht, ob die Expression kutaner HPV E7 in differenzierten HPK Zellveränderungen induziert. Für eine histologische Analyse wurden Paraffinschnitte verschiedener HPV E7-Hautkulturen mit HE gefärbt und mit Normalhaut (NH, Lokalisation: Handrücken eines 75 jährigen Patienten) verglichen. Die histologische Beurteilung erfolgte durch einen Pathologen (Oberarzt Dr. H.J. Röwert-Hubert, Charité Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie).
↓65 |
In NH und in allen Hautkulturen war ein typisches differenziertes Epithel beginnend von Stratum basale über Stratum spinosum, Stratum granulosum bis zum Stratum corneum zu erkennen (Abbildung 3.9). Die Histologie der Negativkontrolle (ähnlich zu NH) war weitestgehend unauffällig. Die Expression der kutanen HPV E7 induzierte hingegen verschiedene histologische Veränderungen im Epithel, wie eine allgemeine Hyperkeratose, die am stärksten mit HPV 4 E7 ausgeprägt war. Hautkulturen, welche mit HPV 16 E7 oder HPV 1 E7 infiziert waren, wiesen eine deutliche Fehlorganisation des Keratinozytenverbandes auf, was sich durch dyskaratotische Keratinozyten im Stratum granulosum zeigte (Pfeile). In der HPV 5-Hautkultur war ebenfalls eine Differenzierungsstörung der HPK zu beobachten. Hier waren suprabasal größere Zellkerne als im Stratum basale zu erkennen. Außerdem fanden sich in diesen Hautkulturen die am stärksten ausgeprägten Reteleisten. In HPV 8 Hautkulturen zeigte sich Akantholyse, die dadurch gekennzeichnet ist, dass sich Keratinozyten aus dem Zellverband des Stratum spinosum ablösen und abkugeln. In der HPV 38 Hautkultur war eine Parakeratose zu erkennen, bei dieser Atypie finden sich Zellkerne im Stratum corneum (Pfeile).
Abbildung 3.9: Die Histologie ist in HPV E7 Hautkulturen verändert. | ||
Infizierte HPK wurden in organotypischer Hautkultur kultiviert. Paraffinschnitte wurden mit HE gefärbt. (A) Eine typische Differenzierung der Epidermis zu erkennen. Dysplastische Veränderungen der HPK sind u.a. in der Positivkontrolle HPV 16, HPV 1 und HPV 38 zu sehen (Pfeile). (B) Vergrößerte Darstellung von Hautkulturen, in denen histologische Veränderungen gefunden wurden. Vergrößerung x200. Maßstabsbalken 100 µm; normal skin, Normalhaut. |
Differenzierte Epithelien können anhand ihres spezifischen Zytokeratinmusters charakterisiert werden. Veränderungen in diesem Muster weisen auf eine gestörte Differenzierung und damit auf Zellatypien hin. Um den Einfluss des kutanen E7 Proteins auf die Differenzierung infizierter HPK in Hautkulturen zu untersuchen, wurde die Expression verschiedener Zytokeratine (CK) analysiert. In den folgenden Untersuchungen wurde der Nachweis von CK14 als Marker für basale HPK und CK10 für den frühen Differenzierungsgrad suprabasaler Zellschichten verwendet. Das Protein Involucrin, Bestandteil des sogenannten „cornified envelope “, gilt als Marker für die terminale Differenzierung. Die Ergebnisse der Differenzierungsuntersuchungen sind in Abbildung 3.10 zu sehen. Exemplarisch sind Positiv- und Negativkontrolle sowie Hautkulturen dargestellt, in denen Veränderungen im Differenzierungsmuster dokumentiert wurden.
↓66 |
Das Expressionsmuster von CK14 war in keiner E7-Hautkultur verändert. Basale sowie suprabasale HPK des Stratum spinosum und Stratum granul osum wiesen eine homogene zytoplasmatische Färbung mit CK14 auf. Im Gegensatz dazu war die frühe sowie die terminale Differenzierung in HPV 38 E7 bzw. HPV 1 E7 und 4 E7 Hautkulturen verändert. In allen anderen Hautkulturen zeigten sich ähnliche Expressionmuster wie in der Negativkontrolle. Mit HPV 38 war eine deutlich reduzierte zytoplasmatische CK10-Expression im Stratum granulosum und –corneum zu erkennen. Das Zytokeratin war hier in geringeren Mengen vorhanden und außerdem verstärkt in einzelnen subrabasalen HPK konzentriert (Pfeil). Involucrin hingegen war mit HPV 1 und HPV 4 deutlich reduziert exprimiert, im Stratum corneum bis auf terminale Bereiche zudem vollständig abwesend (Pfeile).
Abbildung 3.10: Veränderte Differenzierung in HPV E7 Hautkulturen. | ||
Mit E7 infizierte HPK wurden in organotypischer Hautkultur kultiviert. Paraffinschnitte wurden mit Antikörpern gegen Zytokeratin 14 (CK14), Zytokeratin 10 (CK10) oder Involucrin gefärbt. Es ist exemplarisch Positivkontrolle und Negativkontrolle sowie veränderte E7-Hautkulturen dargestellt. Die Basalmembran ist markiert. Die basale Expression von CK14 war in keiner E7-Hautkulturen verändert. Im Gegensatz dazu war die frühe (CK10) sowie die terminale Differenzierung (Involucrin) in HPV 38 bzw. HPV 1 und 4 E7-Hautkulturen gestört. Vergrößerung x200. Maßstabsbalken 100 µm. |
Das E7 Protein induziert durch seine Interaktion mit verschiedenen Zellzyklusproteinen einen starken Wachstumsstimulus. Um den Einfluss kutaner E7 Proteine auf die Proliferation von HPK im Epithel zu analysieren wurden verschiedene Proliferationsmarker untersucht. Die E7 Hautkulturen wurden vor ihrer Fixierung mit BrdU kultiviert. Proliferierende Zellen bauen das Thymidinanalogon in der S-Phase des Zellzyklus in ihre DNA ein. Ki67, ein weiterer Proliferationsmarker, wird während des Zellzyklus in proliferierenden Zellen exprimiert. Die Gewebeschnitte der Hautkulturen wurden mit den Antikörpern gegen Ki67 und anti-BrdU gefärbt und dokumentiert. Zusätzlich wurden positive HPK, über eine Gewebefläche von 1 cm, mikroskopisch ausgezählt. Der Mittelwert aus jeweils vier unabhängigen Untersuchungen wurde graphisch dargestellt.
↓67 |
In den Hautkulturen sind BrdU-positive Keratinozyten (nukleäre Färbung) in basalen und suprabasalen Strata zu sehen (Abbildung 3.11 A). Ki67 wurde in den verschiedenen E7- Hautkulturen unterschiedlich stark in basalen HPK exprimiert (nukleäre Färbung). Zusätzlich fanden sich mit HPV 1 E7, 4 E7 und 38 E7 - sowie in der Positivkontrolle, Ki67-positive HPK im suprabasalen Epithel. Die E7-Hautkulturen zeichneten sich allgemein durch eine erhöhte Proliferationsrate aus. Färbungen mit BrdU oder Ki67 zeigten vergleichbare Veränderungen. Die höchsten Proliferationsraten wurden in der Positivkontrolle sowie in E7-Hautkulturen mit HPV 1, 4 und 38 dokumentiert, gefolgt von HPV 5, 8 und 20 (Abbildung 3.11 B). Die Negativkontrollen (HPK und pLXSN) und RTRX7 zeigten keine erhöhte Proliferation.
Der Zellzyklus ist von fundamentaler Bedeutung in der Karzinogenese, da Störungen in einem ungebremsten Zellwachstum resultieren können. Um den Einfluss des kutanen E7 Proteins auf den Zellzyklus von HPK zu analysieren, wurden Schnitte der Hautkulturen immunhistochemisch mit Fluoreszenzantikörpern gegen p16INK4a und Cyclin E gefärbt und mikroskopisch dokumentiert (Abbildung 3.12, dargestellt sind exemplarisch Hautkulturen in denen Effekte beobachtet wurden).
↓68 |
Keratinozyten, welche positiv für p16INK4a oder Cyclin E sind, fanden sich sowohl im basalen als auch im subrabasalen Epithel der Hautkulturen. In HPV 5 E7, HPV 8 E7- Hautkulturen und in der Positivkontrolle sah man eine allgemein verstärkte nukleäre Cylin E-Expression. Cyclin E wird in Zellen beim Eintritt in die S-Phase des Zellzyklus vermehrt exprimiert. p16INK4a wird nukleär und auch zytoplasmatisch exprimiert. Auch hier war eine höhere Expression in HPV 5 E7, HPV 8 E7- Hautkulturen als auch in der Positivkontrolle zu erkennen. Einzelne HPK, welche positiv für sowohl p16 INK4a als auch für Cyclin E waren, wurden in subrabasalen Strata von HPV 5-, 8- und 16 E7-Hautkulturen gefunden (Pfeile, Abbildung 3.12). Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Expression von HPV 5 E7 oder HPV 8 E7 in suprabasalen HPK durch die bereits gezeigte erhöhte Proliferation (Abschnitt 3.3.4) einen Eintritt der Zellen in die S-Phase des Zellzyklus fördert.
Abbildung 3.12: Suprabasale Ko-Lokalisation von Cyclin E und p16INK4a in HPV 5 E7, 8 E7 und 16 E7 Hautkulturen. | ||
HPK infiziert mit HPV E7 wurden in organotypischer Hautkultur kultiviert. Paraffinschnitte wurden mit Fluoreszenzantikörpern gegen Cyclin E (grün) und p16INK4a (rot) gefärbt. Gegenfärbung der DNA mit Dapi (blau). Es sind exemplarisch Positivkontrolle und Negativkontrolle sowie ausgewählte E7-Hautkulturen dargestellt. Einzelne doppelt angefärbte HPK im suprabasalen Epithel von HPV 5, 8 und 16 E7-Hautkulturen sind mit Pfeilen markiert. Vergrößerung x400. Maßstabsbalken 100 µm. |
Die Fähigkeit zu invasivem Wachstum wurde bereits mit E6 oder E7 infizierten HPK untersucht. Hier konnte mit dem Matrigel-Invasionstest kein invasives Potential der verschiedenen E7 HPK-Zelllinien festgestellt werden (Abschnitt 3.2.3). Ziel der folgenden Experimente war es, Veränderungen in der Expression von Tenascin-C (TN-C) und somit des Invasionspotentials E7 infizierter HPK in differenzierten, organotypischen Hautkulturen zu untersuchen. TN-C ist ein Glykoprotein der extrazellulären Matrix (ECM), welches als schmaler Streifen im Stratum papillare (Oberseite der Dermis) exprimiert wird. Im Prozess der Tumorgenese wird TN-C in verschiedenen Geweben verstärkt exprimiert. Von unserer Arbeitsgruppe konnte kürzlich gezeigt werden, dass TN-C in der Hautkarzinogenese, von NH über AK bis zu SCC sequenziell verstärkt exprimiert wird. Die TN-C-Expression war in den hier untersuchten E7-Hautmodellen unterschiedlich stark. TN-C war in E7-Hautkulturen von HPV 4, 8, 38 und RTRX7 in der ECM, nahezu über das gesamte Stratum papillare, deutlich stärker exprimiert (Abbildung 3.13).
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Abbildung 3.13: Tenascin-C-Expression in E7-Hautkulturen. | ||
HPK infiziert mit HPV E7 wurden in organotypischer Hautkultur kultiviert. Paraffinschnitte wurden mit einem Antikörper gegen Tenascin-C (TN-C) gefärbt. Vergrößerung x200. Maßstabsbalken 100 µm. Die Expression von TN-C im Stratum papillare (Oberseite der Dermis) ist mit HPV 4, 8, 38 und RTRX7 E7-Hautkulturen deutlich erhöht. |
Bei HPV 8 E7-Hautkulturen war außerdem ein Vordringen von HPK in die Dermis zu erkennen. Hier wurden sogenannte „Hornperlen“ (Pfeil) gefunden, die von konzentrisch und zwiebelschalenförmig gelagerten, verhornenden Zellen geformt werden. Hornperlen sind diagnostische Merkmale einer gestörten Zelldifferenzierung und wurden bereits für HPV 8 E7- Hautkulturen beschrieben. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass in einem organotypischen Hautmodell eine erhöhte TN-C-Expression für HPV 4 E7, 8 E7, 38 E7 und RTRX7 E7 gezeigt wurde, was auf ein invasives Potential dieser HPV-Typen deutet.
In folgender Tabelle sind die bereits beschriebenen Ergebnisse der Untersuchungen zu Histologie, Differenzierung, Proliferation, Zellzyklus sowie der Expression von Tenascin-C dargestellt. Dabei wurde eine Skalierung für die Stärke des beobachteten Effekts von + (schwach) bis +++ (stark) verwendet.
↓70 |
HPV E7 |
Veränderte Histologie |
Veränderte Differenzierung |
Erhöhte Proliferation |
Veränderter Zellzyklus |
Expression von TN-C |
1 E7 |
++ |
++ |
+++ |
- |
- |
4 E7 |
+ |
++ |
+++ |
- |
++ |
5 E7 |
++ |
- |
++ |
++ |
- |
8 E7 |
++ |
- |
+ |
++ |
++ |
20 E7 |
+ |
- |
+ |
- |
- |
38 E7 |
++ |
++ |
++ |
- |
++ |
RTRX7 |
+ |
- |
- |
- |
++ |
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