1. Einleitung

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Verletzungen und Infektionen induzieren in der Regel eine Entzündungsreaktion in deren Verlauf eingedrungene Erreger eleminiert und Wundheilungsprozesse induziert werden. In der Klinik beobachtet man jedoch oft, dass manche Patienten nach langwierigen Operationen, Verbrennungen und/oder Trauma besonders anfällig gegenüber Komplikationen wie Wundheilungsstörungen und sekundären Infektionen sind. Heute weiß man, dass eine ausgeprägte, langanhaltende Immundepression eine wesentliche Ursache dieser Komplikationen ist.

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Charakterisiert ist eine Immundepression durch einen Funktionsverlust von Monozyten. Dabei schützt die verminderte Expression proinflammatorischer Zytokine den Körper zwar vor Zytokin-induzierten Gewebeschädigungen, durch die stark gehemmte Expression von MHC-II-Molekülen ist jedoch die antigenabhängige Aktivierung von T-Zellen stark vermindert. Bei einer lang anhaltenden Hemmung der Immunantwort steigt daher die Gefahr von sekundären Infektionen und Komplikationen. Die molekularen Ursachen, warum sich in manchen Patienten eine Immundepression manifestiert, während andere Patienten, mit gleicher Ausgangslage ohne Komplikationen genesen, ist jedoch bis heute ungeklärt.

Als ein möglicher Mediator einer langanhaltenden Immundepression wird u.a. das Hitzeschockprotein Hämoxygenase-1 (HO-1) diskutiert. Im Rahmen dieser Arbeit wurde die Rolle der Hämoxygenase-1 im Hinblick auf eine Monozytendeaktivierung genauer analysiert.

1.1 Klinische Bedeutung der Immundepression

Eine Einschränkung der Immunreaktion (Immundepression) kann, genau wie ein Überschießen der Immunantwort, weitreichende Folgen für den Genesungsprozess des Patienten haben. Bei einer ausgeprägten Immundepression ist die inflammatorische Abwehrreaktion so stark eingeschränkt, dass der Körper nicht mehr adäquat auf vorhandene oder eindringende Erreger reagierten kann. Unkontrollierte Infektionen mit starken Gewebeschädigungen bis hin zum Multiorganversagen können die Folge sein, wodurch sich die Prognose dieser Patienten verschlechtert und es zu einem Anstieg der Mortalität kommt.

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Ursache für die Entwicklung einer Immundepression können systemische Entzündungsreaktionen (SIRS) auf Grund von Infektionen (Sepsis) oder sterilen Gewebeschädigungen (z.B. nach großen Operationen, Verbrennungen oder Traumata) sein. Ähnlich wie bei einer lokalen Entzündung induzieren bei einer systemischen Entzündungsreaktion proinflammatorische Zytokine wie TNF-(Tumornekrosefaktor)-α, IL-(Interleukin)-1β und IL-6 die systemische Freisetzung entzündungshemmender Mediatoren wie IL-10 und TGF-(Transforming growth factor)-β. Zeitgleich kommt es zu einer Aktivierung der neurohumoralen Stressachsen, wodurch die Freisetzung weiterer antiinflammatorischer Mediatoren wie Katecholamine und Kortisol induziert werden. Die Folge ist einer systemischen Hemmung der zellulären Immunantwort.

Eine Immundepression kann sich jedoch auch ohne vorangehende Entzündungsreaktion entwickeln. Massive Gewebsapoptose (z.B. bei akutem Leberversagen) oder allgemeine Stresssituationen, wie nach Schädel-Hirntrauma und Schlaganfall, können durch Aktivierung der neurohumoralen Stressachsen zu einer systemischen Hemmung der Immunantwort, bis hin zu einer Immundepression, führen [1] .

Für eine adäquate Behandlung ist es essentiell den Immunstatus des Patienten richtig einzuordnen. Ein septischer Patient in der hyperinflammatorischen Phase könnte dann durch eine immunhemmende Therapie und ein Patient in der immundepressiven Phase durch eine immunstimulierende Therapie erfolgreich behandelt werden [2] . Um hier einen klinischen Standard zu etablieren fehlen bisher jedoch größere Studien. Für eine schnelle und verlässliche Erfassung der Immunkompetenz eignet sich die Messung der monozytären HLA-DR-Expression, wobei ein Wert von <5000 HLA-DR-Moleküle / CD14+ Zelle (Monozyten) Ausdruck einer schweren Immundepression (Immunparalyse) ist [3] . Eine aktuelle Studie mit Intensiv-Patienten, welche einen SAPS II (Simplified Acute Physiology Score, [4] 1) >15 aufweisen, zeigt, dass besonders eine langanhaltende Hemmung der HLA-DR-Expression mit einem hohen Risiko sekundärer Infektionen assoziiert ist [5] . Des Weiteren ist die ex-vivo-Fähigkeit von Blutmonozyten aus immundepressiven Patienten nach Stimulation mit Endotoxin TNF-α zu produzieren stark herabgesetzt. Die kritische Grenze für die Diagnose „Immundepression / Immunparalyse“ scheint dabei bei <300pg/ml TNF-α nach 4h Lipopolysaccharid (LPS)-Stimulation zu sein. Gesunde Probanden produzieren im Vergleich 500-2500pg/ml TNF-α [6] .

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Bei der Behandlung von Patienten mit Immundepression zeigen Studien, dass immunstimulierende Mediatoren wie Interferon-γ (IFN-γ) [7,8] und GM-CSF (Granulocyte macrophage colony-stimulating factor) [7,9] durch die Induktion der HLA-DR-Expression eine wichtige Rolle bei der Wiederherstellung der monozytären Immunkompetenz spielen. Um schon frühzeitig der Entwicklung einer langanhaltenden Hemmung des Immunsystems entgegen zu wirken, ist jedoch das Wissen über die genauen molekularen Ursachen einer langanhaltenden Immundepression essentiell.

1.2 Das Prinzip des Immunsystems

Um sich gegen Infektionen zu schützen besitzt der Mensch ein komplex reguliertes, körpereigenes Abwehrsystem. Den Erregern wird zum einen durch mechanische und chemische (z.B. pH-Wert) Barrieren wie Haut und Schleimhaut das Eindringen in den Körper erschwert und zum anderen werden eingedrungene Erreger durch ein effektives zelluläres Abwehrsystem bekämpft. Sollte es den Erregern gelungen sein die mechanische/chemische Barriere zu durchdringen, werden die Pathogene von den Zellen der angeborenen Immunabwehr (Monozyten, Makrophagen und Dendritische Zellen (DC)) mittels spezifischer Rezeptoren erkannt und phagozytiert. Die zu den Mustererkennungsrezeptoren (PRR, pattern recognition receptore) gehörenden Rezeptoren erkennen konservierte Strukturen (z.B. Oberflächenmoleküle, bakterielle DNA) von Pathogenen, sogenannte PAMPs (pathogen associated molecular pattern). Zudem unterscheidet man Fc-Rezeptoren, welche mit Antikörpern markierte Pathogene erkennen. Durch die Interaktion von Pathogen/Pathogenbestandteil und Rezeptor wird die Zelle aktiviert und setzt zellspezifisch u.a. Histamine, Proteasen und TNF-α frei, wodurch eine lokale Entzündungsreaktion induziert wird. Die Rezeptoren des angeborenen Immunsystems sind, im Gegensatz zum adaptiven Immunsystem, unspezifisch, also nicht gegen einen speziellen Erreger gerichtet. Die Rezeptorspezifität der PRRs und Fc-Rezeptoren ist durch die Keimbahn kodiert und somit nicht variabel. Dies hat den Vorteil, dass die Erkennung von Strukturen, welche in der Regel für das Überleben der Erreger essentiell sind, weiter vererbt werden und so ein Schutz gegen eine Vielzahl verbreiteter Erreger gewährleistet wird. Da das angeborene Immunsystem jedoch ausschließlich unspezifische PAMPs erkennt, kann es keinen pathogenspezifischen Schutz gegen eine erneute Infektion liefern (kein immunologisches Gedächtnis). Neben der Initiierung einer Entzündungsreaktion sind die Zellen der angeborenen Immunantwort in der Lage durch Präsentation von Pathogenbestandteilen auf MHC-Molekülen (Haupthistokompatibilitätskomplex) die Zellen der adaptiven Immunantwort zu aktivieren. Somit spielen die Zellen des angeborenen Immunsystems nicht nur bei der schnellen, aber unspezifischen, Kontrolle von Infektionen eine kritische Rolle, sondern auch bei der Aktivierung der spezifischen, adaptiven Immunantwort, die in der Regel vier bis fünf Tage nach Eindringen des Pathogens anläuft [10] .

Die Zellen der adaptiven Immunantwort lassen sich im Wesentlichen in zwei Gruppen unterteilen. Die B-Zellen, welche für eine humorale Immunantwort essentiel sind, erkennen mit ihren B-Zell-Rezeptoren (BCR) lösliche Antigene und Differenzieren nach Aktivierung zu Plasmazellen und sezernieren (pathogen-)spezifische Antikörper. T-Zellen sind als CD8+ T-Zellen für die zellvermittelte Immunität und als CD4+ T-Helfer-Zellen für die Induktion der humoralen Immunantwort (Aktivierung von B-Zellen, Induktion der Antikörperproduktion) verantwortlich. Beide Populationen zirkulieren im Blut und kommen in großer Anzahl in den lymphatischen Organen vor. Daneben unterscheidet man eine weiter kleine T-Zell-Subpopulation, die γδ-T-Zellen. Diese unterscheiden sich durch ihren T-Zell-Rezeptor von den anderen (αβ-)T-Zellen. Allerdings ist die Funktion dieser CD8- und CD4-negativen T-Zell-Subpopulation bis heute nicht genau geklärt. Man nimmt an, dass sie zum einen bei der schnellen Immunantwort und bei der Vernichtung entarteter Zellen ein Rolle spielen, und zum anderen für die Regulation der Immunantwort von Bedeutung sind [11,12,13] .

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Die Antigenrezeptoren von T- und B-Zellen (und die von B-Zellen produzierten Antikörper) weisen eine enorme Varianz auf. Dies gewährleistet eine sehr hohe Diversität in der spezifischen Erkennung von Pathogenen. Diese Diversität wird durch somatische Rekombination2 der Rezeptorgensequenzen erreicht. Die Spezifität der Rezeptoren ist demnach, im Gegensatz zu der Spezifität der angeborenen Immunantwort, nicht in der Keimbahn festgelegt, sondern entwickelt sich in jedem Menschen neu.

Während B-Zellen ungebundene Fremdantigene erkennen, erfassen T-Zellen mit ihrem T-Zell-Rezeptor (TCR) ausschließlich auf MHC-Molekülen präsentierte Antigene. Die Interaktion von T-Zelle und APC führt zu der Aktivierung der T-Zelle. Je nach Zelltyp unterscheidet sich dabei die durch Aktivierung ausgelöste Reaktion. Während CD8-T-Zellen in der Regel die Apoptose der Zielzellen induzieren, entwickeln sich CD4-Zellen nach Aktivierung z.B. in THelfer( H )1- oder in TH2-Zellen. TH1-Zellen induzieren eine zelluläre Immunantwort, indem sie durch die Sekretion von IL-2, IFN-γ und TNF-α CD8-T-Zellen und Makrophagen aktivieren. TH2-Zellen sezernieren dagegen vermehrt u.a. IL-4, IL-5, IL-10 und IL-13 und induzieren somit eine humorale Immunantwort (Aktivierung von B-Zellen, Induktion der Antikörperproduktion) [10] . Naive B-Zellen, welche mit ihrem B-Zell-Rezeptor (BCR) ein Fremdantigen erkannt haben, benötigen zur vollständigen Aktivierung einen costimulatorischen Reiz, welcher von aktivierten CD4-TH-Zellen geliefert wird. Mit ihrem TCR erkennen die CD4-Zellen den Antigen-MHC-Komplex der B-Zellen und beeinflussen so die B-Zelle. Die CD4-T-Zellen lassen sich aufgrund ihrer spezifischen Marker und ihrem sezernierten Zytokinprofil in weitere Subpopulationen unterteilen (TH17, Treg, TR1) [14] . TH17-Zellen produzieren IL-17, TNF-α und GM-CSF (Granulocyte macrophage colony-stimulating factor) und passen somit weder in das TH1- noch in das TH2-Schema [15] . Sie spielen jedoch eine kritische Rolle in der Abwehr extrazellulärer Pathogene wie Bakterien oder Pilze [14] . Daneben unterscheidet man die CD4+CD25+CD127lowFoxp3+  regulatorischen T-Zellen (Treg), welche für die Regulation der Immunantwort gegenüber Fremdantigenen, aber auch für die Suppression von Autoimmunreaktionen und der Erhaltung der Toleranz gegenüber Selbst-Antigenen von besonderer Bedeutung sind [16] . Zudem werden, die in der Peripherie aus naiven Vorläuferzellen entstehenden, TR1-Zellen von den Tregs unterschieden. Diese wirken durch die Sekretion von IL-10 und TGF-β antiinflammatorisch und begrenzen so die Immunantwort [17] .

Die Zellen der adaptiven Immunantwort sind zudem in der Lage durch Generierung langlebiger B-und T-Zellen ein immunologisches Gedächtnis aufzubauen. Diese Memoryzellen behalten die nach Antigenkontakt ausgebildete Spezifität und bei erneutem Kontakt mit dem Antigen erfolgt eine schnelle Reaktivierung der Memoryzellen. Durch die Aktivierung wird ihre Proliferation angeregt und so sehr schnell eine pathogenspezifische Immunantwort induziert.

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Übersicht 1

1.2.1 Funktion von Monozyten

Die im Blut zirkulierenden Monozyten entstehen aus myelomonozytären Stammzellen des Knochenmarks, welche sich erst zu Monoblasten entwickeln und dann in Monozyten differenzieren [18] . Die Halbwertzeit der Monozyten im Blut beträgt 1-3 Tage. Während dieser Zeit können die Monozyten bei Antigenkontakt ins umliegende Gewebe migrieren und sich zu Makrophagen, welche ubiquitär in allen Geweben vorkommen (z.B als Peritonealmakrophagen im Bauchraum, als Alveolarmakrophagen in der Lunge oder als Kupffer-Zellen in der Leber), differenzieren. 

Monozyten exprimieren eine Vielzahl verschiedener PRRs, mit denen sie Pathogene und Pathogenbestandteile erkennen. Dazu zählen u.a. Scavenger Rezeptoren („Fress-Rezeptoren“), welche LDL (low-density-lipoprotein) und anionische Polymere erkennen, Mannose- und Glukanrezeptoren, welche spezifische Kohlenhydrate erkennen, sowie Toll-like-Rezeptoren (TLR-2 und 4), welche LTA (Lipoteichonsäure) und LPS (Lipopolysaccharid) erkennen. Nach Erkennung der Pathogenbestandteile durch die entsprechenden Rezeptoren phagozytieren Monozyten die Erreger. Zugleich produzieren aktivierte Monozyten/Makrophagen verschiedene proinflammatorische Mediatoren (z.B. IL-1, IL-6, IL-8, IL-12, TNF-α). Durch die Freisetzung von TNF-α und IL-6, aber auch durch die Induktion von Prostaglandin, Histamin (typischerweise produziert von Mastzellen und basophile Zellen) und der enzymatischen Freisetzung von Bradykinin wird eine Entzündungsreaktion mit den typischen Kardinalsymptomen (Rötung, Erwärmung des Gewebes, Schwellung, Schmerz, Funktionsstörung) initiiert. Prostaglandin und Histamin führen zu einer kurzzeitigen Verengung der Blutgefäße, während gleichzeitig ihre Permeabilität gesteigert wird, so dass es zu einer Ansammlung von Plasma kommt und Immunzellen leichter in das umliegende Gewebe migrieren können. Durch Ödembildung und Entzündungsprodukte, wie Bradykinin, werden die Schmerzrezeptoren gereizt. Schmerz und Ödem resultieren dann in einer gestörten Funktion des betroffenen Bereiches. Die proinflammatorischen Mediatoren wirken zudem aktivierend auf weitere Immunzellen. IL-8 wirkt z.B. chemotaktisch auf Phagozyten und steigert die Bildung reaktiver Sauerstoffradikale, während das von DCs und Makrophagen produzierte Zytokin IL-12 naive T-Zellen im Lymphknoten beeinflusst. Die proinflammatorischen Zytokine stimulieren außerdem die Synthese antiinflammatorischer Mediatoren, wodurch die Entzündungsreaktion eingedämmt wird und sich normalerweise selbst reguliert. Das entzündungsfördernde TNF-α induziert z.B. über parakrine und autokrine Mechanismen die Synthese des antiinflammatorischen Zytokins IL-10. [19,20]

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Neben der Initiierung einer Entzündungsreaktion sind Monozyten in der Lage die aufgenommenen Erregerbestandteile zu prozessieren und mittels MHC-II Molekülen auf ihrer Oberfläche zu präsentieren. Damit können Monozyten, neben Makrophagen und DC, als antigenpräsentierende Zellen agieren und die Induktion einer adaptiven Immunantwort initiieren. [10]  

1.2.2 Aktivierung von Lymphozyten durch Antigenpräsentation

Als Hauptaktivatoren von T-Lymphozyten gelten DCs. Aber auch Monozyten und Makrophagen sind durch Antigenpräsentation in der Lage die T-Zellen zu aktivieren. Während Monozyten/ Makrophagen nach Aktivierung am Infektionsort bleiben, wandern aktivierte DCs über die Lymphbahn zu den Lymphknoten. Hier treffen sie auf eine Vielzahl naiver T-Lymphozyten. Die T-Zellen scannen mit Hilfe ihres T-Zell-Rezeptors (TCR) den MHC-Antigenkomplex der antigenpräsentierenden Zelle (APC). Wenn TCR und MHC-Antigenkomplex zusammenpassen („Schlüssel-Schloss-Prinzip“) kommt es zur Interaktion. Zur vollständigen Aktivierung benötigen die T-Zellen jedoch die zusätzliche Stimulation durch Corezeptoren wie CD80 (B7.1) und CD86 (B7.2), welche nach Aktivierung verstärkt auf den APCs exprimiert werden. Durch diese antigenspezifische Aktivierung der T-Zellen wird die Proliferation dieser T-Zellen angeregt. Geleitet durch die von Monozyten/Makrophagen ausgeschütteten Zytokine und Chemokine wandern die T-Zellen anschließend über die Blutgefäße zum Infektionsort und bekämpfen dort als Effektorzellen den eingedrungenen Erreger. Monozyten/Makrophagen sind zudem in der Lage im Blut zirkulierende naive oder Gedächtnis-T-Zellen zu aktivieren, so dass die Proliferation von antigenspezifischen T-Zellen auch am Infektionsherd induziert wird. Dies fördert die schnelle Induktion einer pathogenspezifischen Immunantwort.

Bei den von APCs exprimierten MHC-Molekülen unterscheidet man zwei Klassen. Das MHC-I-Molekül präsentiert hauptsächlich intrazellulär produzierte Antigene (z.B. virale Proteine) und wird von CD8-T-Zellen erkannt. Das MHC-II-Molekül, welches mit CD4-T-Zellen interagiert, präsentiert dagegen extrazelluläre, durch Endozytose aufgenommene und prozessierte Antigene. Aktivierte CD8-T-Zellen fungieren als cytotoxische Zellen. Durch Stimulation des Fas-Rezeptors und Freisetzung von Perforin und Granzymen induzieren sie die Apoptose der Zielzelle. Hierdurch wird gewährleistet, dass infizierte Zellen (oder entartete Zellen [Tumorzellen]) vernichtet werden. Die über MHC-II aktivierten CD4-T-Zellen fungieren als T-Helfer-Zellen, indem sie die antigenpräsentierende Zelle aktivieren und so in Makrophagen die Phagozytose bzw. in B-Zellen die Antikörperproduktion induzieren (Kap.1.2, Übersicht 2). Während MHC-I Moleküle auf nahezu allen kernhaltigen Zellen des Organismus exprimiert werden, ist die Synthese von MHC-II Molekülen auf spezielle, antigenpräsentierende Zellen festgelegt. Konstitutiv exprimieren ausschließlich DC, B-Zellen, Monozyten und Makrophagen MHC-II-Moleküle.

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Die Annahme, dass MHC-I-Moleküle ausschließlich intrazelluläre Antigene und MHC-II-Moleküle nur extrazelluläre Antigene präsentieren, ist jedoch veraltet. Insbesondere in DCs, die sowohl MHC-I als auch MHC-II-Moleküle exprimieren, kann es zu einer Kreuzpräsentation kommen. Dabei werden extrazelluläre Antigene nicht nur auf MHC-Klasse-II sondern auch auf MHC-Klasse-I-Molekülen präsentiert. Der genaue Mechanismus der Kreuzpräsentation ist jedoch unklar. Es wird vermutet, dass Fremd-Antigene von apoptotischen oder nekrotischen Zellen durch Phagozytose (oder Mikropinozytose) aufgenommen werden und anschließend auf MHC-I-Molekülen präsentiert werden können [21] .

Übersicht 2 (Abbildungen MHC-I und MHC-II aus [10] )

1.3 Fehlregulation des Immunsystems - die Immundepression

In der Klinik wird oft beobachtet, dass es in Folge von Verletzungen/Trauma und/oder Infektionen zu einer Fehlregulation des Immunsystems kommen kann. Dies hat meist weitreichende Folgen auf den Genesungsprozess des Patienten. 

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Gelingt es dem Körper nicht, eine Infektion lokal zu begrenzen, kann es zu einer systemischen Entzündungsreaktion (Hyperinflammation) kommen. Durch die massive Ausschüttung proinflammatorischer Zytokine wie TNF-α und IL-6 werden systemisch wirksame Konzentrationen erreicht, durch die es zu einer systemischen Aktivierung von Monozyten und Makrophagen kommt (systemische Entzündungsreaktion). Fieber, Tachykardie (erhöhter Herzfrequenz), Hypotension (erniedrigtem Blutdruck) und die Freisetzung unspezifischer Immunzellen wie Monozyten und Granulozyten aus dem Knochenmark sind die Folge [6,22] . Gleichzeitig steigt die Gefahr von TNF-α-induzierten Gewebeschädigungen [23,24] . Bei ausgeprägten systemischen Entzündungsreaktionen, bei denen sich aus einer eigentlich protektiven Immunantwort eine pathophysiologische Situation entwickelt, spricht man in der Klinik von SIRS (systemic inflammatory response syndrom). Insbesondere das infektiös verursachte SIRS (Sepsis) ist durch die Entwicklung eines septischen Schocks bis hin zum Multiorganversagen mit einer hohen Mortalität verbunden.

Ähnlich wie eine lokale Entzündung eine antiinflammatorische Gegenregulation hervorruft, induziert eine systemische Entzündungsreaktion eine systemische kompensatorische antiinflammatorische Antwort (CARS = compensatory antiinflammatory response syndrome) [25] . Diese Hypoinflammation ist gekennzeichnet durch die verstärkte systemische Freisetzung von IL-10, TGF-β und Prostaglandin. Zudem induzieren proinflammatorische Mediatoren wie TNF-α und IL-1β eine systemische Stressreaktion im zentralen Nervensystem (ZNS). Durch Aktivierung der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse und des symphatischen Nervensystems kommt es zur Freisetzung neuronaler Stressmediatoren wie Glukokortikoide und Katecholamine, welche ebenfalls zu einer Hemmung der Entzündungsreaktion beitragen [6] .

Im Patienten beobachtet man, dass Hyper- und Hypoinflammation auch parallel vorkommen können. So kann systemisch eine Hypoinflammation mit hohen IL-10- und niedrigen TNF-α-Werten diagnostiziert werden, gleichzeitig aber auch eine lokale Entzündungsreaktion mit gesteigerter Expression proinflammatorischer Mediatoren auftreten (MARS = mixed antagonist response syndrome). In den meisten Fällen pendeln sich Hyper- und Hypoinflammation mit der Zeit wieder auf ein normales Niveau ein. Allerdings zeigen manche Patienten eine langanhaltend verminderte Immunantwort (Immundepression). Diese ausgeprägteste Form der Immundepression bezeichnet man auch als Immunparalyse. Sie ist durch eine starke Einschränkung der zellulären Immunantwort gekennzeichnet, wobei insbesondere die antigenpräsentierende Funktion der Monozyten stark vermindert ist [26,27,28] . Man konnte zeigen, dass eine langanhaltend verminderte Expression von MHC-II mit einem erhöhten Risiko sekundärer Infektionen assoziiert ist. Darauf deutet eine Studie mit Patienten nach neurochirurgischen Eingriffen. Patienten mit infektiösen Komplikationen zeigten kurz nach der Operation eine stark verminderte MHC-II Expression auf ihren peripheren Blutleukozyten im Vergleich zu Patienten ohne Komplikationen [29] . Auch in Patienten mit Sepsis kann ein Funktionsverlust der Monozyten die Prognose des Patienten drastisch verschlechtern [30] . Der massive Verlust von HLA-DR Molekülen gilt dabei auch als verlässlicher diagnostischer Marker für eine Immundepression (< 15000 HLA-DR Moleküle/CD14+ Zelle) bzw. Immunparalyse (< 5000 HLA-DR Moleküle/CD14+ Zelle) [31] . Zudem sind Monozyten, deren MHC-II Expression stark vermindert ist, nur noch eingeschränkt in der Lage proinflammatorische Zytokine wie TNF-α nach Endotoxinstimulation zu produzieren [28] . Diese systemische Antiinflammation schützt den Körper zwar vor entzündungsbedingten Zellschädigungen, allerdings ist bei einer schweren Immundepression die adäquate Immunabwehr gegen vorhandene oder eindringende Erreger stark eingeschränkt.

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Eine langanhaltende Antiinflammation kann sich auch ohne vorangegangene Entzündungsreaktion manifestieren. Massive Gewebeapoptose (z.B. akutes Leberversagen) oder allgemeine Stressreaktionen (z.B. Herzinfarkt, Schlaganfall, Trauma) induzieren durch die Aktivierung der neuronalen Stressachse eine systemische Hemmung des Immunsystems, was in schweren Fällen in einer langanhaltenden Immundepression resultieren kann.

In Abb. 1 wird der Entstehungsmechanismus einer systemischen Immundepression schematisch dargestellt. Durch parakrine und autokrine Mechanismen der proinflammatorischen Zytokine wie TNF-α und IL-1β kommt es zu einer negativen Rückkopplung, bei der es zu einer starken Induktion antiinflammatorischer Mediatoren kommt. Zudem wird die Synthese entzündungshemmender neurohumoraler Stressmediatoren wie Katecholamine und Kortisol induziert. Beides zusammen bewirkt, dass Monozyten bzw. Makrophagen von einem proinflammatorischen Reaktionsmuster in ein antiinflammatorisches Muster wechseln.

Abb. 1 Schema der Entwicklung einer Immundepression [22]

Durch systemische Entzündungsreaktionen, verursacht z.B. durch Trauma, Verletzungen oder Infektionen kommt es zu einer Induktion von proinflammatorischen Zytokinen wie TNF-α und IL-1β. Durch neuronale Aktivierung und einer negativen Rückkopplung wird dann eine antiinflammatorische Gegenreaktion induziert, bei der u.a. große Mengen an IL-10 und TGF-β freigesetzt werden. Zusammen resultiert dies in einer Hemmung der zellvermittelten Immunantwort (Immundepression).

1.3.1 Immunmodulatorische Mediatoren der Immundepression

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Als mögliche Mediatoren einer langanhaltenden Immundepression werden hauptsächlich antiinflammatorische Zytokine wie IL-10, TGF-β und Prostaglandin diskutiert.

In einer Studie mit Sepsis-Patienten zeigte sich, dass gesteigerte IL-10-mRNA Level in peripheren Blutleukozyten innerhalb der ersten 24h nach Aufnahme auf die Intensivstation mit einer drei Tage später detektierten verminderten MHC-II-Expression auf Monozyten korrelieren [32] . Plasma aus Patienten mit septischem Schock konnte zudem in Monozyten gesunder Probanden in vitro die Endozytose von MHC-II-Molekülen induzieren. Die Folge war eine verminderte monozytäre MHC-II-Expression. Dieser Effekt war abhängig von IL-10 und konnte durch Neutralisation des antiinflammatorischen Zytokins aufgehoben werden [33] . Eine Studie mit Psoriasis-Patienten, denen subkutan IL-10 verabreicht wurde, deutet jedoch darauf hin, dass die durch IL-10 vermittelte Suppression der Antigenpräsentation eher temporär ist. Während der Behandlung kam es zwar zu einer der Immundepression typischen Verminderung der monozytären HLA-DR-Expression, sowie einer reduzierten ex vivo LPS-induzierten TNF-α Sekretion, dieser Effekt war jedoch nach Behandlungsende schnell reversibel [34] . Zudem weist auch ein Vergleich zwischen einem LPS-Desensibilisierungsmodell und einer IL-10-induzierten Hemmung der Monozytenfunktion auf einen nur kurzzeitigen Effekt von IL-10 hin. Eine Vorbehandlung von Monozyten mit LPS resultierte in einer langanhaltenden verminderten LPS-induzierten TNF-α Expression, während die IL-10-vermittelte Hemmung der LPS-induzierten Zytokinproduktion schnell reversibel war. Auch die durch IL-10 verminderte MHC-II-Expression war nur temporär, während die LPS-vermittelte Hemmung auch 48h nach LPS-Vorbehandlung zu detektieren war [35] . Die Desensibilisierung von Monozyten durch LPS scheint daher ein gutes Modell für die eingeschränkte Monozytenfunktion im Rahmen einer Immundepression zu sein.

Das zu den antiinflammatorischen Zytokinen gehörende TGF-β wird als weiterer Mediator einer langanhaltenden Immunsuppression diskutiert. TGF-β hemmt sowohl die Aktivierung von Makrophagen, als auch die Proliferation von B- und T-Zellen [10] . Eine Studie mit humanen Zellen zeigt, dass eine Behandlung von MDDCs (monocyte derived dendritic cell) mit physiologisch relevanten TGF-β Konzentrationen die LPS-induzierte Reifung der Zellen hemmt, wodurch ihre Fähigkeit T-Zellen zu aktivieren vermindert wurde [36] . Auf eine Korrelation zwischen erhöhten TGF-β-Werten und verminderter Antigenpräsentation deutet auch eine Mausstudie hin. Die Tiere wiesen bis zu 72h nach einem experimentell herbeigeführten Blutdruckabfall einen erhöhten TGF-β-Level auf, was mit einer verminderten mitogen-abhängigen T-Zellaktivierung und einer verminderten Antigenpräsentation assoziiert war [37] .

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Als weiterer Mediator einer Immundepression wird Prostaglandin E (PGE) diskutiert. PGE wird von Monozyten und Makrophagen nach Aktivierung über die PRRs produziert. Es hemmt u.a. die Produktion proinflammatorischer Zytokine (z.B. IL-2) von T-Zellen [38] . In Peritonealmakrophagen der Maus konnte die Gabe von PGE die LPS-induzierten TNF-α- Synthese vermindern. Es wurde gezeigt, dass der hemmende Effekt von der durch PGE-induzierten IL-10-Expression abhängig war, da durch Neutralisation von IL-10 mit einem spezifischen Antikörper die PGE-vermittelten Effekte sowohl in vivo als auch in vitro aufgehoben werden konnten [39] . PGE ist jedoch durch Aktivierung der Adenylatcyclase, wodurch es zu einem Anstieg der intrazellulären cAMP-Konzentration kommt [40] , in der Lage, die TNF-α-Expression auch unabhängig von IL-10 zu inhibieren [41,42] .

Die bisher veröffentlichten Daten deuten darauf hin, dass die diskutierten Mediatoren IL-10, TGF-β und PGE zwar die Funktion von APC hemmen können, ihre Effekte aber in der Regel schnell reversibel sind und sie daher wahrscheinlich nicht alleine zur Etablierung einer langanhaltenden Immundepression ausreichen.

So bleibt es trotz vieler neuer Erkenntnisse über die Entwicklungsmechanismus einer temporären Immundepression (Abb. 1) letztlich weiterhin unklar, warum es in manchen Patienten zur Manifestation einer langanhaltenden Hemmung des Immunsystems kommt, während sich andere Patienten mit gleicher Ausgangslage ohne Komplikationen erholen.

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Im Rahmen einer Immunmonitoring-Studie in kardio-chirurgischen Patienten zeigte sich mittels Genexpressionsanalyse ein neuer potentieller Mediator für die Manifestierung einer langanhaltenden Immundepression. Die Studie weist auf eine Korrelation zwischen einem erhöhten Hämoxygenase-1 (HO-1) mRNA-Level und der Entwicklung infektiöser Komplikationen hin. So konnte in den Patienten, in denen sich postoperativ Infektionen manifestierten, im Vergleich zu Patienten mit unkompliziertem Verlauf am ersten Tag nach der Operation eine gesteigerte HO-1-Expression in peripheren Blutleukozyten nachgewiesen werden ([3] , H.D. Volk, unveröffentlichte Daten)

In den letzten Jahren wurden sowohl in vivo als auch in vitro eine Vielzahl protektiver, antiinflammatorischer HO-1-Effekte beschrieben. Zahlreiche Tiermodell-Studien, insbesondere Ischämie/Reperfusion- und Transplantationsmodelle, weisen auf entzündungshemmende Eigenschaften von HO-1 und seinen Produkten hin [43,44,45] . Einen Beweis für die Bedeutung von HO-1 bei der Kontrolle von Entzündungsreaktionen sieht man bei HO-1-defizienten Mäusen. Diese Tiere zeigen Eisenablagerungen in Leber und Milz, schwere chronische Entzündungen, Gewebezerstörung und eine verstärkte Apoptose bei oxidativem und inflammatorischem Stress. Zudem kommt es bei der Vermehrung heterozygoter HO-1+/--Mäuse sehr häufig zu einem entzündungsbedingten Absterben der Föten [46,47] . Eigene Daten zeigen, dass eine induzierte HO-1-Hochregulation die Reifung von humanen MDDC hemmt und somit durch Suppression von HLA-DR und costimulatorischen Molekülen die Funktion der MDDCs einschränkt [48] . Dass HO-1 eine wichtige Rolle bei der Regulation von Entzündungen spielt, zeigt auch eindrucksvoll der erste bekannte Fall einer HO-1-Defizienz im Menschen. Der Junge litt unter Wachstumsstörungen, Anämie, Eisenablagerungen und schweren Entzündungen der Leber und Niere und verstarb im Alter von 6 Jahren [49,50] .

1.4 Die Hämoxygenase

Die zu den Hitzeschockproteinen gehörende Hämoxygenase-1 (HO-1) wurde erstmalig 1968 von Tenhunen et al. beschrieben [51] . HO-1 gilt als limitierendes Enzym des Hämoglobinabbaus [51,52] . Bis heute sind drei Isoformen (HO-1, -2, -3) bekannt, wobei die drei Isoenzyme von unterschiedlichen Genen kodiert und in unterschiedlichen Geweben lokalisiert sind. HO-3 (HSP36) wurde bisher in Milz und Leber, im Thymus, in der Prostata, im Myokard, in den Nieren, im Zentralnervensystem und in den Hoden nachgewiesen [53] . HO-2 (HSP34) wurde vor allem in Neuronen lokalisiert [54] . HO-1 wird sehr stark in Leber und Milz exprimiert und ist in vielen Zelltypen (z.B. Monozyten/Makrophagen) durch ihr Substrat (Hämprotein), aber auch durch synthetische Protoporphyrine und zellulären Stress (z.B. UV-Licht, immunologischen Stress) induzierbar. Das Enzym katalysiert den Abbau von freiem Hämprotein (Ferro-(Fe2+)-protoporphyrin IX) zu Biliverdin, wobei gleichzeitig äquimolare Mengen an Eisen und Kohlenmonoxid freigesetzt werden (Abb. 2). Biliverdin wird anschließend sehr schnell mittels Biliverdinreduktase in das wasserunlösliche Bilirubin reduziert [55] , reversibel an Albumin gebunden und über die Galle ausgeschieden. Freies Eisen ist in der Lage, die Bildung von Sauerstoffradikale in der Zelle zu katalysieren [56] . Somit wirken hohe Konzentrationen von freiem Eisen zytotoxisch. Um dem entgegenzuwirken wird es sofort nach seiner Freisetzung durch die Synthese von Ferritin gebunden und gespeichert [57] .

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Abb. 2 Hämprotein-Abbau durch Hämoxygenase katalysiert

1.4.1 Die immunmodulatorischen Eigenschaften von Hämoxygenase-1

Die immunmodulatorischen Wirkungen von HO-1 werden oft den Abbauprodukten der Reaktion, insbesondere Biliverdin/Bilirubin und Kohlenmonoxid, zugeschrieben. Biliverdin zeichnet sich durch eine inhibierende Wirkung auf das humane Komplementsystems aus [58] . Bilirubin werden antiinflammatorische Eigenschaften, wie die Inhibition des Komplementsystems [58] und der Interleukin (IL)-2-Synthese [59,60]  zugeschrieben. Zudem wurde gezeigt, dass Bilirubin zu einem Schutz neuronaler Zellen vor Apoptose führt [61] . Kohlenmonoxid (CO) inhibiert die Expression proinflammatorischer Zytokine wie TNF-α und IL-1β und regt gleichzeitig die Produktion des antiinflammatorischen IL-10 an [62] . Zudem ist CO an der Inhibition der T-Zell-Proliferation beteiligt, indem es die Expression und Aktivierung von Caspase 3 und 8 supprimiert [63] . Des Weiteren ist CO durch Induktion einer Vasodilation an der Regulation des Blutdrucks beteiligt [64] .

Auch viele Tiermodell-Studien postulieren eine antiinflammatorische Wirkung von HO-1. So zeigt ein Mausmodell eine zytoprotektive Wirkung von HO-1 in der akuten, durch D-Galaktosamin und LPS ausgelösten Leberentzündung. D-Galaktosamin (GaIN) führt zu einer Akkumulation von UDP (Uridine-Diphosphat)-Galaktosamin-Derivaten in der Leber, so wodurch Transkription und Translation gehemmt werden [65] . In Folge dessen kommt es zu einer Sensibilisierung des Lebergewebes für die toxische Wirkung von LPS, so dass die Gabe einer eigentlich subtoxische Menge Endotoxin eine akute Hepatitis auslöst [66] . Die behandelten Mäuse entwickelten schwere, von TNF-α und IFN-γ abhängige Leberschädigungen. Eine HO-1 Hochregulation schützte diese Mäuse auf Grund einer verminderten Produktion proinflammatorischer Zytokine vor einer GaIN/LPS induzierten Leberschädigung. Ein vergleichender Versuch zeigt, dass die protektive Wirkung hauptsächlich von den beiden HO-1 Produkten CO und Biliverdin abhängt, da nur bei gleichzeitiger Gabe beider Produkte eine Entzündungshemmung zu beobachten war [67] . Anti-inflammatorische, zell-protektive Effekte der HO-1 wurden auch in einem Kaninchen-Model gezeigt, in dem koronare Endothelzellen durch Überexpression von HO-1 vor einer Hämoglobin-induzierten Entzündungsreaktion geschützt wurden [68] . Auf eine entzündungshemmende, zytoprotektive Wirkung von HO-1 weisen auch zahlreiche Organtransplantationsmodelle. Eine einmalige Vorbehandlung des Spenderorgans mit Cobalt-Protoporphyrin (CoPP), durch die es zu einer Überexpression von HO-1 kommt, schützt das Transplantat gegen Ischämie/Reperfusionsschäden [43,44,45,69] . Des Weiteren konnte in einem Schlaganfallmodell der Maus eine protektive HO-1-Wirkung gezeigt werden. Transgene Mäuse, welche HO-1 unter Kontrolle des neurospezifischen Promotors Enolase überexpremieren, zeigten nach Hochregulation von HO-1 eine verminderte Ausbreitung des experimentell ausgelösten Infarkts im Vergleich zu den unbehandelten Kontrolltieren. Die Überexpression von HO-1 korrelierte u.a. mit einer Hemmung der p38-MAPK und einem Anstieg der Ferritin-Synthese [70] .

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Ein Zusammenhang zwischen induzierter HO-1 Hochregulation und verminderter MHC-II Expression postuliert ein Mausmodell der experimentellen autoimmunen Encephalomyelitis (EAE), ein Modell für Multiple Sklerose (MS). Dabei wird durch Immunisierung mit Proteolipid-Protein (PLP) eine Autoimmunreaktion ausgelöst, durch die es zu einer entzündungsbedingten Demyelinisierung der Myelinscheide der Axone kommt. Eine CoPP-induzierte Hochregulation von HO-1 kann deutlich den Verlauf der EAE abschwächen, indem durch Suppression der MHC-II-Expression die Reaktivierung autoimmuner T-Zellen gehemmt wird [71] . Auch in murinen Endothelzellen hemmt HO-1 die IFN-γ-induzierte Hochregulation MHC-II Expression. Dieser hemmende Effekt war von dem HO-1 Produkt Bilirubin abhängig, wohingegen weder CO noch freies Eisen die MHC-II Hemmung vermitteln konnten [72] .

Eigene Vorarbeiten während meiner Diplomarbeit zeigten zudem, dass eine Hochregulation der HO-1 Expression in humanen Monozyten, Makrophagen und MDDC (monocyte derived dendritic cell) zu einer Hemmung der LPS-induzierten Expression von HLA-DR und den Co-Molekülen CD86 und CD40 führt [48,73] . Dieser veränderte Phänotyp resultierte in einer verminderten, antigenabhängigen T-Zell-Aktivierung, während die direkte, mitogenabhängige T-Zell-Aktivierung unbeeinflusst blieb.

1.4.2 Die Induktion von Hämoxygenase-1

HO-1 ist die einzige der drei Isoformen, deren Expression induziert werden kann. Wie bei allen Hitzeschockproteinen wird die Synthese von HO-1 durch oxidativen Stress (z.B. Hitzeschock, UV-Strahlungen) angeregt. Auch Entzündungsmediatoren wie IL-6 sind in der Lage die Expression von HO-1 zu induzieren [74] . Zudem wird HO-1 sehr stark durch sein eigenes Substrat, dem Hämprotein, induziert [75] . Weitere Mediatoren, welche eine Aktivierung des HO-1 Gens beeinflussen, sind synthetische Metallprotoporphyrine. Dabei entscheidet das zentrale Metallion über eine inhibitorische oder induzierende Wirkung des Protoporphyrins. Protoporphyrine mit Zinn2+ (SnPP), Zink2+ (ZnPP), Chrom (CrPP) oder Mangan2+ (MnPP) als Zentralion wirken als kompetitive Inhibitoren der Hämoxygenase. Cobalt (CoPP) führt hingegen zu einer quantitativen und qualitativen Hochregulation der HO-1 Expression [76] . Während CoPP reversibel an das Enzym bindet, ist die Bindung von SnPP, ZnPP [77] , CrPP und MnPP irreversibel, so dass trotz erhöhter HO-1 Expression die katalytische Funktion des Enzyms gehemmt wird.

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Durch die reversible Bindung von CoPP an HO-1 wird zunächst die Funktion von HO-1 gehemmt und es kommt zu einer Anregung der Neusynthese von HO-1. Durch Entfernen des Protoporphyrins kann die Hemmwirkung wieder aufgehoben werden und man erhält eine Hochregulation funktionell wirksamer HO-1. Der genaue Mechanismus dieser HO-1 Induktion ist jedoch bis heute ungeklärt [78] , dennoch wird CoPP in zahlreichen Tiermodellen erfolgreich als potenter Induktor von HO-1 eingesetzt.

1.5 CD163 - der Hämoglobin-Scavenger-Rezeptor

Die zur HO-1 Induktion verwendeten Protoporphyrine CoPP und Hämin sind dem körpereigenen HO-1 Substrat (Häm) strukturell sehr ähnlich. Sie bestehen aus vier Porphyrinringen mit einem zentralen Metallion. CoPP besitzt als Zentralion ein Cobaltion. Hämin und Hämprotein besitzen beide ein Eisenion, wobei ausschließlich das zweiwertige Eisenion des Hämproteins in der Lage ist Sauerstoff zu binden (Abb3).

Abb. 3 Strukturformel von CoPP (A), Hämin (B) und Hämproteins (C)

(A) Cobalt-Protoporphyrin, Abb. nach Sigma Aldrich; (B) Hämin, Abb. nach Wikipedia; (C) Hämprotein, Abb. nach Wikipedia.

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Das für den Sauerstofftransport in Erythrozyten und den Gasaustausch (CO2 ↔ O2  ) an den Lungenalveolen essentielle Hämoglobin besteht aus vier Hämproteinen, welche jeweils an ein Polypeptid, das Globin, gebunden sind. Extrazelluläres Hämoglobin (Hb) kann durch Autooxidation in HbFe3+ und O2 -  (Hyperoxid) degradiert werden. Die sehr reaktiven Hyperoxide haben eine cytotoxische Wirkung [79] und werden den reaktiven Sauerstoffspezies (ROS, reactive oxygene species) zugeordnet. Um dem entgegen zu wirken wird Hb nach Freisetzung sofort durch den Hämoglobin-Scavenger Rezeptor (CD163) in die Zelle aufgenommen [80] und mit Hilfe von HO-1 zu Carbonmonoxid (CO), Bilirubin und freiem Eisen degradiert. Bei hohen extrazellulären Hämoglobinkonzentrationen kann das Molekül direkt an den Rezeptor binden, für eine optimale Aufnahme ist jedoch die Komplexbildung (Hb/Hg) mit dem Plasmaprotein Haptoglobin (Hg) notwendig (Abb. 4). Das in der Leber produzierte Dimer bindet mit hoher Affinität irreversibel an Hämoglobin. Es kann somit freies Hämprotein effektiv „einfangen“ und zu den CD163 expremierenden Zellen transportieren. CD163 gehört zur Familie der SRCR (scavenger receptor cystein rich)-Rezeptor, welche wiederum zu den PRRs gehören. Die SRCR-Rezeptoren sind auf Grund der Anzahl ihrer Disulfidbrücken in zwei Gruppen unterteilt, wobei CD163 zur Gruppe B mit drei Disulfidbrücken gehört [81] . Der Komplex aus Hämoglobin und Haptoglobin (HbHg) interagiert mit der SRCR Domäne 3 des Rezeptors, wodurch die Aufnahme in die Zellen mittels Endozytose initiiert wird [82] .

Abb. 4 Aufnahme von freiem Hämoglobin über den Hämoglobin-Scavenger Rezeptor CD163

Modifizierte Abbildung nach C. Dennis [83] .

Der Hämoglobin-Scavenger Rezeptor wird hauptsächlich auf Monozyten sowie Makrophagen in Leber und Milz exprimiert, aber auch von aktivierten, differenzierten Dendritischen Zellen [79] . Zudem ist beschrieben, dass frisch isolierte Monozyten zeitabhängig ihre CD163 Expression ex vivo hochregulieren, wobei nach 3 Tagen in Kultur das Maximum erreicht ist [84] . Die Expression von CD163 kann durch antiinflammatorische Stimuli wie IL-10 oder Glukokortikoide induziert werden [85,86] . Zugleich ist beschrieben, dass die Interaktion von HbHg mit CD163 die Sekretion von IL-10 stimuliert [87] .

1.6 Die Regulation der MHC-II Expression

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Der Genlokus (HLA-Gene, Human Leucocyte Antigen) von MHC-II-Molekülen liegt auf dem Chromosom 6 und umfasst ca. 7x106 Bp. Die MHC-II Gene kodieren die polymorphen HLA-DR, HLA-DP und HLA-DQ Proteine, welche als αβ-Dimer (Übersicht 2) auf der Zelloberfläche von APCs lokalisiert sind. Bis heute sind über 400 verschiedene MHC-Allele bekannt, so dass die meisten Individuen heterozygot in ihrem MHC-Lokus sind. Durch die kodominante Expression beider Allele lassen sich auf den APCs Produkte beider Genvarianten finden. Dies gewährleistet eine sehr große Diversität der MHC-II Moleküle, wodurch eine Vielzahl von Antigenen gebunden und präsentiert werden können [10] .

Da die Präsentation von Pathogenbestandteilen eine zentrale Rolle in der Aktivierung der adaptiven Immunantwort spielt, ist eine genaue Regulation der MHC-II Expression von besonderer Bedeutung. Die Transkription der MHC-II Moleküle steht unter der Kontrolle des Klasse-II-Transaktivators (CIITA) und ist von der Interaktion zahlreicher Cofaktoren, wie CREB (cAMP response element-binding protein) und RFX (regulatory factor X) abhängig. CIITA spielt bei der Regulation der MHC-II Expression eine zentrale Rolle, da sowohl die induzierte als auch die konstitutive HLA-DR Expression durch den Masterregulator reguliert ist. Im Gegensatz zu vielen Transkriptionsfaktoren ist CIITA jedoch kein DNA-bindendes Molekül. Vielmehr koordiniert CIITA die korrekte Anordnung der notwendigen Transkriptionsfaktoren und deren Bindung an den MHC-II-Promotor. Der Komplex aus CIITA und den Transkriptionsfaktoren wird als MHC-Enhanceosome-Komplex bezeichnet und interagiert mit W/S-Box, X-Box und Y-Element im MHC-II Promoter (Abb. 5).

Abb. 5 Interaktion zwischen CIITA, seinen Cofaktoren und der Promotorregion von MHCII

Schematische Abbildung nach Ting et al. [88] . CIITA und die Cofaktoren bilden den MHC-II Enhanceosome Komplex, welcher mit dem Promotorbereich des MHC-II Gens wechselwirkt. Dabei interagiert RFX5 (regulatory factor X) mit der W/S-Box, die RFX-Molekülen und CREB interagieren mit der X-Box und NF-Y, ein Komplex aus NF-YA, NF-YC und NF-YB (NF= nuclear transcription factor) interagiert mit dem Y-Element.

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Die unterschiedlichen Transkriptionsfaktoren werden weitestgehend ubiquitär exprimiert, so dass die Regulation der MHC-II-Expression hauptsächlich von der Regulation der CIITA-Expression abhängt. Auf Grund seiner zentralen Bedeutung für die Koordination der HLA-DR-Expression unterliegt er selbst einer komplexen transkriptionellen Regulation. So wird die CIITA-Expression in den verschiedenen Zelltypen von vier voneinander unabhängigen Promotorregionen gesteuert. Die vier Splicevarianten sind funktionell identisch, unterscheiden sich jedoch in ihrer Größe (pI=121kDa, pIII=124kDa, pIV=132kDa), wobei die Abweichungen ausschließlich im N-Terminus (Exon 1) des Proteins zu finden sind. Die Aktivität der verschiedenen Promotorregionen und somit das Vorkommen der verschiedenen Splicevarianten ist zelltypabhängig. Während die Spezifität von pII bis heute unbekannt ist, ist pI hauptsächlich in myeloiden Zellen (Monozyten, Makrophagen, DC) aktiv. pIII gilt als Hauptpromotor der CIITA Expression in lymphoiden Zellen wie B-Zellen und pIV ist hauptsächlich für die IFN-γ induzierte CITTA-Expression verantwortlich. Die Zellspezifität der verschiedenen Promotoren wird jedoch kontrovers diskutiert. [89,90,91]

Als negative Regulatoren der MHC-II-Expression gelten die antiinflammatorischen Zytokine IL-10 und TGF-β [35,92] , welche bei der Begrenzung der Entzündungsreaktion eine wichtige Rolle spielen. Insbesondere die MHC-II-hemmende Wirkung von IL-10 ist gut beschrieben [93,94] . Das Zytokin beeinflusst die Exozytose und das Recycling der MHC-II-Moleküle [95] , wodurch die HLA-DR-Expression vermindert und die antigen-spezifischen T-Zellantwort suppremiert wird [96] .

1.6.1 MHC-II Genregulation durch Histonacetylierung

Die grundlegende Voraussetzung für eine optimale Gentranskription ist die Zugänglichkeit der Transkriptions-maschinerie an die Promotorregion des zu transkribierenden Gens. Die DNA-Doppelhelix, bestehend aus zwei gegenläufigen Einzelsträngen (komplementäre Basenpaarung), ist um kleine Proteinkomplexe gewickelt. Diese Proteinkomplexe bestehen aus vier paarig angeordneten Histonen und bilden zusammen mit der DNA ein Nukleosom. Daraus ergibt sich eine „Perlenketten“-ähnliche Struktur, die wiederum in sich verdrillt und nach einer weiteren Verdrillung (Supertwist) schleifenartig im Chromosom angeordnet ist [97] . Im ruhenden Zustand ist die DNA in einer sehr festen, eng gepackten Struktur organisiert. Durch Modifikationen der Proteinkomplexe (z.B. Histonacetylierungen) kann es zu einer Auflockerung der Chromatinstruktur kommen, so dass die an der Transkription beteiligten Proteine (Polymerasen, Transkriptionsfaktoren, etc), mit der Promotorregion des entsprechenden Gens interagieren und die Transkription initiieren können.

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Abb. 6 Schema der Histonmodifiaktion durch Acetylierung

Die, zur Transkription benötigte, Acetylierung von Histonen wird durch Histonacetyltransferasen (HAT) induziert, welche Acetylgruppen an die Lysinreste des N-terminalen Endes von Proteinen übertragen können [98] . Rekrutiert werden die HATs oft von Proteinen und Cofaktoren, welche für die Transkription essentiell sind. So auch im Fall des MHC-II Masterregulators CIITA, welcher die HATs CBP (cAMP responsive-element binding protein)/p300 und pCAF (p300/CBP-associated factor) rekrutiert [99] . CIITA interagiert jedoch auch mit Histondeacetylasen (HDAC) [100] , welche für die Umkehrung der Genaktivierung eine wichtige Rolle spielen. HDAC sind für die Deacetylierung der Histone verantwortlich und entfernen die Acetylgruppe von den Proteinkomplexen, so dass die Nukleosomen wieder enger „gepackt“ werden. Durch die Interaktion von CIITA und HDAC wird die Trennung von CIITA und den Cofaktoren NFY und RFX induziert, wodurch diese ihren Einfluss auf die MHC-II Expression verlieren. Es konnte gezeigt werden, dass eine gesteigerte Histondeacetylierung mittels HDAC1 die IFN-γ-induzierte MHC-II-Expression in 5367-Zellene (eine humane Carcinoma-Zelllinie aus der Harnblase) vermindern kann [100] . Ähnliches konnte in HEK293-Zellen (Human Embryonic Kidney cells) und in den monozytären THP-1 Zellen (Human acute monocytic leukemia cell line) gezeigt werden. Durch Interaktion von HDAC2 mit CIITA wurde die Aktivität des Masterregulators herabgesetzt, was in einer verminderten MHC-II Expression resultierte [101] .

1.6.2 MHC-II Genregulation durch PKA-Aktivierung

Proteinkinase A (PKA, cAMP-abhängige Proteinkinase) ist ein Heterodimer, bestehend aus zwei regulatorischen (R) und zwei katalytischen (C) Untereinheiten. Die regulatorischen Untereinheiten blockieren die katalytischen Zentren, so dass der R2C2-Komplex inaktiv ist. Die beiden regulatorischen Untereinheiten binden jedoch mit hoher Affinität jeweils ein cAMP-Molekül (cyclisches Adenosinmonophosphat), wodurch die Dissoziation des R2C2-Komplexes initiiert wird und die katalytisch aktiven Untereinheiten freigesetzt werden. Die Aktivität von PKA wird demnach maßgeblich von der intrazellulären cAMP-Konzentration beeinflusst.

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Abb. 7 Schema der AP-1 Aktivierung durch MAPK Signalwege

In der Literatur wird eine Beteiligung von PKA an der MHC-II Expression beschrieben. In einer Studie mit isolierten Makrophagen aus der Maus wurde gezeigt, dass eine Erhöhung der intrazellulären cAMP-Konzentration durch Gabe von 8-Bromo cAMP (8-Br cAMP, ein cAMP-Analog, welches nicht enzymatisch abgebaut wird) oder Behandlung mit Prostaglandin E2 (PGE2) die IFN-γ-induzierte MHC-II Expression hemmt [102] . PGE steigert die intrazelluläre cAMP-Konzentration durch Aktivierung der Adenylatcyclase, welche die Umwandlung von ATP (Adenosintriphosphat) zu cAMP katalysiert. Auch die Behandlung von murinen und humanen Monozytenzelllinien mit 8-Br cAMP und PGE resultierte in einer Hemmung der CIITA-Aktivität, wodurch es zu einer verminderten MHC-II-Expression kommt. Durch eine Punktmutation im CIITA-Gen zeigte sich, dass für diese Hemmung eine PKA-induzierte Phosphorylierung von zwei Serinresten (Ser 834, Ser 1050) am MHC-II Masterregulator notwendig ist [103] . Gegen eine PKA-abhängige Hemmung der CIITA-Expression spricht jedoch eine Studie mit HEK 293 Zellen (Human Embryonic Kidney cells). Hier wurde postuliert, dass die PKA-induzierte Phosphorylierung von CIITA die Aktivität des MHC-II Masterregulators erhöht [104] . Diese Diskrepanz der Literaturdaten lässt sich möglicherweise mit Spezies- und Zelltyp-spezifischen Unterschieden erklären, deutet aber darauf hin, dass die PKA wahrscheinlich eine Rolle bei der MHC-II Expression spielt.

1.6.3 MHC-II Genregulation durch MAPK

Die intrazelluläre Signalweiterleitung ist von der Phosphorylierung und Dephosphorylierung der an der Signaltransduktion beteiligten Moleküle abhängig. In der Regel sind intrazelluläre Signalwege mehrstufige Prozesse. So auch die Signalweiterleitung durch das Mitogen-Aktivierte-Protein-Kinase (MAPK)-System. Diese Phosphorylierungskaskade umfasst drei hintereinander geschaltete Kinasen (MAP-3K, MAP-2K, MAPK), an deren Ende die Aktivierung der MAPK steht. Diese ca. 36-44 kDa großen Proteinkinasen sind in der Lage Serin- bzw. Threoninreste anderer Proteine zu phosphorylieren und zu aktivieren. Aufgrund der beteiligten Kinasen unterscheidet man drei MAPK-Signalwege. Den ERK1/2 (extracellular signal-related kinase1/2) abhängigen Signalweg, welcher hauptsächlich an der mitogen- und wachstumsfaktorabhängigen Differenzierung und Proliferation beteiligt ist [105] , sowie den p38-mitogenaktivierte Proteinkinase-Weg und den JNK (c-Jun-terminale Kinase) abhängigen Weg [106] , welche eine wichtige Rolle bei stress-aktivierten Signalwegen (z.B durch Änderungen des osmotischen Drucks oder UV-Licht) spielen [107,108] .

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MAPK-abhängige Signaltransduktionswege werden auch im Zusammenhang mit der CIITA- und HLA-DR-Expression diskutiert. In Melanoma-Zellen ist die konstitutive HLA-DR-Expression von der Aktivität der MAPK/ERK Kinase (MEK) 1 und von JNK abhängig, da eine Hemmung der beiden MAPK zu einer verminderten HLA-DR-Expression führte. Es konnte gezeigt werden, dass die konstitutive HLA-DR Expression in den Melanomazellen von einer Aktivator-Protein-1- (AP-1) Bindestelle im Promotor III (pIII) des CIITA abhängt [109] . Der Transkriptionsfaktor AP-1 wird durch MAPK-Signalwege induziert und setzt sich aus den Molekülen Fos und Jun zusammen. Die Aktivität von Fos wird hauptsächlich durch den ERK-Signalweg induziert, kann aber auch durch die p38 und JNK induziert werden. Jun wird dagegen hauptsächlich durch den p38 und JNK Signalweg induziert (Abb. 7) [110] .

MAPK spielen eine wichtige Rolle bei der Reifung von humanen DCs. Es zeigte sich, dass eine Aktivierung von p38 für die LPS-induzierte Reifung von MDDC (monocyte derived dendritic cell) von großer Bedeutung ist. Eine Hemmung von p38 resultierte in einer verminderten LPS-induzierten Expression von HLA-DR- und MHC-II-costimulatorischen Molekülen wie CD80 und CD86 [111] . Jedoch scheinen die verschiedenen MAPK-Wege unterschiedliche Einflüsse auf die MHC-II-Expression zu haben. Eine Hemmung von JNK führt, im Gegensatz zu p38, zu einer leichten Steigerung der LPS-induzierten HLA-DR-Expression, während die Expression der Comoleküle CD80 und CD86 durch eine JNK-Hemmung inhibiert wurde [112] .

1.7 Synthese und Beladung von MHC-II Molekülen

Das neu synthetisierte MHC-II-Molekül ist zunächst im Endoplasmatischen Retikulum (ER) lokalisiert. Flankiert wird das unbeladene Molekül von CD74, der „invariant chain“, welche durch Blockierung der Peptid-Bindetasche des MHC-II Moleküls die Bindung körpereigener Proteine verhindert. Zusätzlich stabilisiert ein flankierendes HLA-DM-Molekül den Komplex aus MHC-II und CD74. Dieser dreiteilige Komplex wird in Vesikeln Richtung Zelloberfläche transportiert, wo er unterwegs mit Lysosomen verschmilzt. Diese enthalten die phagozytierten Fremdproteine, die mittels MHC-II auf der Oberfläche präsentiert werden. Durch die Verschmelzung beider Vesikel kommt es zu einer Ansäuerung des MHC-II-enthaltenden Vesikels und die zu präsentierenden Antigene binden an das MHC-II-Molekül. Die Ansäuerung ist von besonderer Bedeutung für die Beladung des MHC-II-Moleküls, da die invariant chain mit Hilfe von lysosomalen Proteasen (Cathepsine) nach und nach abgebaut wird, so dass nur noch ein kleines Peptid, das sogenannte CLIP-Protein, in der Bindetasche übrig bleibt. Zudem kann nur im sauren Milieu HLA-DM den Austausch von CLIP gegen das prozessierte und zu präsentierende Antigen katalysieren. Durch Verschmelzung der Vesikel mit der Zelloberfläche werden die beladenen MHC-II-Moleküle dann den CD4-T-Zellen präsentiert (Abb. 8). [113,114,115]

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Abb. 8 Antigenbeladung des MHC-II Moleküls im Golgie Apparat

Schematische Darstellung der MHC-II Beladung mit extrazellulärem Antigen [10]


Fußnoten und Endnoten

1  SAPS II ist ein Punktwert, der den medizinischen Status eines Patienten einschätzt. Dabei sind neben Alter und Geschlecht besonders physiologische (u.a. Körpertemperatur, Herzfrequenz) und medizinische (u.a. Verletzungs-, Krankheitsgrad, medizinische Vorgeschichte, Beatmung, Blutwerte) Daten/Werte für die Erstellung des SAPS II-Wertes von hoher Relevanz.

2  Die somatische Rekomabination ist ein Prozess bei dem es zu einer Umlagerung der Gensequenzen (DNA-Rearrangement) kommt. Sie betrifft nicht die Keinzellen und wird somit auch nicht vererbt. Die Diversität der Lymphozyten Antigen-Rezeptoren (T-Zell-Rezeptor und Immunglobuline der B-Zellen) wird durch eine varibale (V) Region im Rezeptorprotein bestimmt, welche an eine konstante (C) Region anschließt, die für die Weiterleitung der Effektorfunktion zuständig ist. Bei der Entwicklung der Lymphozyten werden die Gene der V-Region umgelagert und neu arangiert, wodurch es zu einer enormen Vielfältigkeit der Rezeptorspezifität kommt.



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29.10.2014