↓98 |
Infektionen, Verletzungen und Trauma führen normalerweise zu einer Entzündungsreaktion, in deren Verlauf es zu effektiven Bekämpfung der Erreger, Regeneration geschädigten Gewebes und Wiederherstellung der Homöostase kommt. Durch Aktivierung gewebeständiger Immunzellen, der Komplementkaskade sowie des Gefäßendothels dringen verstärkt zelluläre und humorale Komponenten des Immunsystems in das betroffene Gewebe ein und beseitigen geschädigte Zellen sowie gegebenenfalls eingedrungene Erreger. Gleichzeitig werden Wundheilung und Geweberegeneration angeregt [130] . Bei einer lokalen Entzündungsreaktion überwiegen in der Regel die positiven Effekte der Infektionsabwehr und der Regeneration des Gewebes. Bei einer systemischen Entzündungsreaktion kann sich jedoch schnell eine pathologische Situation entwickeln, bei der es zu Zytokin-induzierten Gewebeschädigungen und Organversagen bis hin zum Tod kommen kann. Eine systemische Entzündung induziert, ähnlich einer lokalen Entzündung, eine systemische antiinflammatorische Gegenreaktion (CARS= Compensatory Antiinflammatory-Response Syndrome). In Folge von sterilen Traumata (z.B. nach Schlaganfall) wird die neurohumorale Stressachse aktiviert und die vermehrte Freisetzung antiinflammatorischer Mediatoren induziert [131,132] . Kommt es dabei zu einer Fehlregulation, kann sich eine ausgeprägte, langanhaltende Depression des Immunsystems (Immunparalyse) manifestieren. Die klinischen Zeichen der Immunparalyse sind ein erhöhtes Risiko für sekundäre Infektionen sowie Wundheilungsstörungen, wodurch sich die Prognose der Patienten stark verschlechtert. Obwohl verschiedene antiinflammatorische Mediatoren (z.B. IL-10, TGF-β) als Vermittler einer Immundepression diskutiert werden, ist die genaue molekulare Ursache für eine langanhaltende Hemmung des Immunsystems bis heute nicht bekannt. Ein besseres Verständnis der molekularen Mechanismen bei der Entwicklung einer Immundepression kann jedoch neue Therapiemöglichkeiten aufdecken, um schon frühzeitig der Manifestation einer Immundepression entgegen zu wirken. Die vorliegende Arbeit befasst sich daher mit der Rolle des Hitzeschockproteins Hämoxygenase-1 (HO-1) als möglichen molekularen Mediator einer Monozytendeaktivierung, welche charakteristisch für eine Immundepression ist.
Eine Deaktivierung bzw. eine Umprogrammierung von Monozyten mit stark verminderter HLA-DR-Expression und gehemmter LPS-induzierter TNF-α-Produktion ist kennzeichnend für eine Immundepression.
Ein Zusammenhang zwischen HO-1-Induktion und verminderter MHC-II-Expression wurde in einer Studie mit DCs aus der Ratte gezeigt, in der eine Induktion der HO-1-Expression mittels CoPP in naiven DCs zu einer Hemmung der LPS-induzierten MHC-II- und CD86-Expression führte [133] . Diese Studie zeigte zudem, dass auch in humanen DCs die LPS-induzierte CD86-Expression nach HO-1-Induktion gehemmt ist. Um eindeutig einen Zusammenhang zwischen HO-1-Induktion und verminderter HLA-DR-Expression in humanen Zellen herzustellen, fehlte allerdings die Analyse der MHC-II-Expression. In Vorarbeiten mit humanen Primärzellen konnte eine Korrelation zwischen HO-1-Überexpression und verminderter MHC-II-Expression in myeloiden APC gezeigt werden. Eine 15-stündige Vorbehandlung von humanen Monozyten, MDDC (monocyte derived dendritic cell) und Makrophagen mit CoPP resultierte in einer gesteigerten Expression von HO-1 und inhibierte zudem sowohl die IFN-γ- als auch die LPS-induzierte HLA-DR-Expression [48] . Diese Hemmung war bis zu 24h nach Entfernen des Induktors signifikant gegenüber unbehandelten Zellen. Eine Suppression von MHC-II und costimulatorischen Molekülen wie CD40 und CD86 resultiert zudem in einer verminderten antigen-abhängigen Aktivierung von T-Zellen, während die mitogen-abhängige Aktivierung unbeeinflusst bleibt [73] . Die in der vorliegenden Arbeit präsentierten Daten zeigen, dass die CoPP-vermittelte Induktion der HO-1-Expression in Monozyten mit einer Hemmung der konstitutiven Expression von HLA-DR, sowohl auf Proteinebene (Abb. 15) als auch auf mRNA-Ebene (Abb. 16) korreliert. Dieser Effekt ist spezifisch für die MHC-II-Expression auf Monozyten, da weder ihre MHC-I Expression (Abb. 17A) noch die HLA-DR-Expression auf B-Zellen (Abb. 17B) durch eine CoPP-Behandlung beeinflusst wurden.
↓99 |
Ähnliche Ergebnisse zeigten sich für das natürliche vorkommende Porphyrin Hämin. Hämin besteht wie CoPP aus vier Porphyrinringen, hat jedoch als Zentralion ein dreiwertiges Eisen und nicht wie CoPP ein Cobaltion. Hämin gilt als physiologischer HO-1 Induktor und findet in der Klinik bei der Behandlung von akuten Porphyrieschüben Einsatz [134] . Eine Präinkubation von Monozyten mit Hämin induziert, ähnlich wie CoPP, die Expression von HO-1 (Abb. 22) und resultiert zudem in einer verminderten Expression von HLA-DR (Abb. 24).
Sowohl die konstitutive als auch die IFN-γ induzierte HLA-DR-Expression wird maßgeblich durch die Expression des MHC-II Masterregulators (CIITA) reguliert [91] . Eine CoPP-Präinkubation vermindert die konstitutive (Abb. 19) und IFN-γ-induzierte (Abb.20) CIITA-Expression in Monozyten, was mit einer gleichzeitig verminderten HLA-DR-Expression einhergeht. Zudem ist auch die Expression der CD74- und HLA-DM-mRNA nach Präinkubation mit dem HO-1-Induktor im Vergleich zu den unbehandelten Kontrollzellen bis zu 24h signifikant vermindert (Abb. 18 C und B). CIITA koordiniert neben der HLA-DR-Expression auch die Transkription von CD74 und HLA-DM [89] . Damit spiegeln die hier gezeigten Porphyrin-Effekte die Ergebnisse einer Genexpressionstudie in Patienten mit septischen Schock wieder. In den peripheren Blutleukozyten dieser Patienten wurde im Vergleich zu gesunden Probanden eine verminderte Expression von HLA-DR, CD74 und CIITA sowohl an Tag 1-3 als auch an Tag 4-10 nach der Diagnose detektiert [135] . Eine CoPP-induzierte HO-1-Hochregulation hatte dagegen keine Auswirkungen auf die von CIITA-unabhängige mRNA-Expression von CD86 (Abb. 18A). Auch die Expression von Cathepsin S (Cath.S), einer für die Degradierung von CD74 essentiellen Cystein-Protease, wird nicht von CIITA reguliert. Dennoch ist direkt nach Porphyrin-Behandlung ein verminderter Cath. S mRNA-Level zu detektieren, der allerdings nach Entfernen des HO-1 Induktors innerhalb von 24h wieder auf Kontrollniveau ansteigt (Abb. 18B). Die Hemmung der Protease kann daher eventuell ein direkter (CIITA-unabhängiger) Effekt von CoPP sein, wofür auch die schnelle Reversibilität der Hemmung nach Entfernen von CoPP spricht. Die beobachtete Hemmung der MHC-II-Expression ist also vermutlich auf die durch Porphyrine gehemmte CIITA Expression zurückzuführen. Zusammengefasst zeigen die Daten, dass eine Präinkubation von Monozyten mit den Porphyrinen CoPP und Hämin in einer Hochregulation der HO-1-Expression resultiert, gleichzeitig wird eine Hemmung der CIITA-Expression und der CIITA-regulierten Moleküle HLA-DR, CD74 und HLA-DM beobachtet. Um einen direkten Zusammenhang beider Effekte zu zeigen, ist der Nachweis der HO-1-Spezifität von besonderer Bedeutung. In der Literatur wird die Spezifität hauptsächlich durch Hemmung der HO-1 mittels SnPP (Zinn-Protoporphyrin) und ZnPP (Zink-Protoporphyrin) gezeigt. Beide Porphyrine hemmen auf Grund ihres Metallions irreversibel die Funktion von HO-1. So wurde die HO-1-Spezifität in einer Studie mit humanen DC dadurch belegt, dass SnPP als Inhibitor von HO-1 keinen Einfluss auf die LPS-induzierte Reifung der DCs hat, während der HO-1-Induktor CoPP die LPS-induzierte Reifung der DCs hemmt [133] . Allerdings wurden die Zellen nie gleichzeitig mit CoPP und SnPP inkubiert, um zu zeigen, dass die CoPP-Effekte tatsächlich HO-1 abhängig sind und damit durch SnPP aufgehoben werden können.
In der hier vorliegenden Arbeit wurde die HO-1-Spezifität der CoPP-Effekte mittels spezifischer siRNA geprüft. Das Einbringen von siRNA mittels physikalischer Verfahren bedeutet jedoch in den meisten Fällen sehr viel Stress für die Zellen. Eigene Beobachtungen zeigen, dass besonders Monozyten nach der Transfektion sehr empfindlich gegenüber weiteren Reizungen (z.B mechanische Reizungen durch Pipettieren) sind. Für die Vitalität der Zellen war es daher unabdingbar, diese nach der Transfektion sehr zügig, aber vorsichtig in vorgewärmtes Medium aufzunehmen, und eine Zeit lang ruhen zu lassen (siehe Kapitel 3.9.9). Die transfizierten Monozyten zeigten grundsätzlich eine niedrigere HLA-DR-Expression als nicht-transfizierte Monozyten. Dies lässt sich vermutlich durch die physikalische Zerstörung der Membranintegrität durch die Transfektion erklären, durch die auf der Oberfläche befindliche Moleküle verloren gehen. Dennoch gehen wir von einem vergleichbaren Verhalten der transfizierten und nicht-transfizierten Zellen aus, da die Viabilität der überlebenden Zellen keine Auffälligkeiten zeigte (Viabilität getestet mittels Trypanblaufärbung). Zudem ließ sich in den mit Kontroll-siRNA und ohne siRNA transfizierten Zellen durch eine CoPP-Behandlung die HO-1-Expression induzieren (vgl. Abb. 25), während konstitutiv keine HO-1-Expression zu detektieren war.
↓100 |
Unter der Annahme, dass die beobachteten Effekte direkt von HO-1 und nicht von den HO-1-Induktoren abhängen, sollte eine Hemmung der HO-1-Expression die nach Porphyrin-Behandlung beobachteten Effekte aufheben. Wider Erwarten konnten jedoch trotz optimaler Hemmung der HO-1-Expression (Abb. 25) die Protoporphyrin-vermittelte MHC-II-Hemmung nicht aufgehoben werden (Abb. 26). Die CoPP- und Hämin-vermittelte Suppression der MHC-II-Expression wird demnach nicht durch die gleichzeitig induzierte HO-1 Expression sondern über einen HO-1-unabhängigen Signalweg vermittelt. Somit wurde die eingangs aufgestellte Hypothese, dass eine Induktion von HO-1 die antigenpräsentierende Eigenschaft von APCs vermindert, widerlegt. Die Daten zeigen, dass Porphyrine selbst weitreichende immunmodulatorische Eigenschaften haben und eine wichtige Rolle bei der Regulation und Begrenzung von Immunantworten spielen können.
Die verwendeten Protoporphyrine CoPP und Hämin weisen sehr große strukturelle Ähnlichkeiten zu dem physiologisch vorkommenden Hämprotein auf, welches zusammen mit drei weiteren Hämproteinen ein Hämoglobinmolekül bildet. Freies Hämoglobin wird mit Hilfe von Scavengerproteinen (Hemopexin, Haptoglobin) rezeptorabhängig in die Zelle aufgenommen und dort mittels Hämoxygenase abgebaut. Die strukturelle Ähnlichkeit der Protoporphyrine führt zu der Überlegung, dass die drei Moleküle über denselben Mechanismus in die Zelle gelangen und daher die gleichen Effekte auf die Zellen haben. So zeigte sich, dass eine Behandlung von humanen Monozyten sowohl mit freiem Hämoglobin (Hb) (Abb. 29) als auch mit Hämoglobin-Haptoglobin-Komplexen (Abb. 27B) zu einem ähnlichen Phänotyp (Hemmung der MHC-II Expression) führt, wie nach einer Behandlung mit CoPP und Hämin (Abb. 29) zu beobachten ist. Dies kann in der Klinik z.B. bei der verstärkten Freisetzung von Hämoglobin in Folge von großflächigen Verletzungen, bei der es zu starken Blutungen und Hämolyse kommen kann, eine wichtige Rolle spielen. Freiem Hämprotein werden immunmodulatorische Eigenschaften zugeschrieben. Bis heute sind jedoch hauptsächlich proinflammatorische Effekte, wie die Induktion von proinflammatorischen Adhäsionsmolekülen, beschrieben [75] . Zudem wirkt Häm in hohen Konzentrationen durch die Generierung von reaktivem Sauerstoff (ROS = reaktive Sauerstoffspezies) cytotoxisch. Eine Studie aus dem Jahr 1996 weist jedoch auf eine immunhemmende Wirkung von Porphyrinen hin. Die Arbeitsgruppe konnte zeigen, dass in Hämatoporphyrin- (ein Porphyrinmetabolit), Hämin- und Hämoglobin-behandelten Peritonealmakrophagen der Maus die MHC-II-abhängige T-Zellaktivierung im Vergleich zu unbehandelten Kontrollzellen gehemmt ist [136] . Dies lässt sich durch eine Porphyrin-induzierte Hemmung der MHC-II-Expression erklären, welche in der vorliegenden Arbeit gezeigt werden konnte.
Freies Hämoglobin kann sowohl an Hemopexin als auch an Haptoglobin binden. Hemopexin zählt zu den Hämoglobin-Binde-Proteinen und ist für die Aufnahme von Hämoglobin via LPR (low density lipoprotein receptor-related protein) / CD91 zuständig. In humanen Hepatoma-Zellen zeigte sich, dass sowohl Hämprotein als auch CoPP an Hemopexin bindet. Allerdings führte der CoPP-Hemopexin-Komplex weder zu einer HO-1-Induktion noch zu einem Anstieg der intrazellulären CoPP-Konzentration in den Hepatoma-Zellen. Im Gegensatz dazu war nach der Inkubation mit freiem CoPP sowohl ein Anstieg der HO-1-mRNA als auch ein Anstieg der intrazellulären CoPP-Konzentration zu detektieren [137] . Hemopexin ist demnach nicht für die Aufnahme von CoPP in die Zelle verantwortlich. Das Bindeprotein spielt auch bei der Hämoglobin-Aufnahme nur eine untergeordnete Rolle. Als eigentliches Hämoglobin-Binde-Protein gilt das Plasmaprotein Haptoglobin, welches die Aufnahme von Hämoglobin über CD163, dem Hämoglobin-Scavenger Rezeptor, induziert. Der Hämoglobin-Haptoglobin-Komplex (HbHg) interagiert mit CD163, wodurch die Aufnahme des Komplexes durch Endozytose in die Zellen initiiert wird [80] . Allerdings wurde gezeigt, dass auch freies Hämoglobin an CD163 binden und in die Zelle aufgenommen werden kann. Dies scheint insbesondere bei hohen Plasmakonzentrationen von Hb von Bedeutung zu sein [79] . Nach der Aufnahme wird das Häm mit Hilfe der Hämoxygenase in CO, Bilirubin/Biliverdin und Ferritin degradiert. Dies bestätigt eine Studie mit humanen, aus Monozyten gereiften, Makrophagen, in der sowohl HbHg als auch freies Hb durch Interaktion mit CD163 endozytiert wurden und es zu einer Induktion der HO-1-Expression kommt [138] . CD163 wird hauptsächlich von Monozyten (und Makrophagen) exprimiert [86,122] , was durch die hier präsentierten Ergebnissen bestätigt wird (Abb. 27A). Über die weiteren intrazellulären Mechanismen, die durch eine Interaktion von HbHg mit CD163 induziert werden, ist bis heute jedoch nur wenig bekannt. Ritter et al. postulieren, dass die CD163-vermittelte Sekretion proinflammatorischer Zytokine von der Interaktion der intrazellulären Rezeptordomäne mit Casein-Kinase-II und PKC abhängt [139] . Zudem ist bekannt, dass die Interaktion von HbHg mit CD163 zu einer starken IL-10 Synthese führt [87] . Die hier präsentierten Daten zeigen, dass neben HbHg auch Hämin, jedoch nicht CoPP, die IL-10 Expression in human PBMC induziert (Abb. 28A). Das antiinflammatorische Zytokin IL-10 ist in der Lage die Expression von HLA-DR zu inhibieren [35,95,96] , so dass eine erhöhte IL-10-Expression besonders im Hinblick auf die verminderte monozytäre MHC-II-Expression in Folge einer Porphyrin-Behandlung von Bedeutung sein kann. Allerdings zeigen die Ergebnisse, dass eine Neutralisation von IL-10 die Porphyrin-vermittelte Hemmung der HLA-DR-Expression nicht aufhebt (Abb. 28B), so dass von einem IL-10-unabhängigen Mechanismus ausgegangen werden kann.
↓101 |
CD163 ist ein 130kDa großer transmembraner Rezeptor, welcher aus neun SRCR (Scavenger Receptor Cysteine Rich) Domänen, einem Transmembranelement und einem kurzen cytoplasmatischen Schwanz besteht [81] . Für die Interaktion mit dem HbHg-Komplex scheint insbesondere die SRCR Domäne 3 essentiell zu sein. Eine proteolytische Spaltung dieser Domäne kann die Bindung von HbHg an den Rezeptor verhindern. Zudem kann durch Blockieren der SRCR Domäne 3 mittels eines spezifischen Antikörpers (Klon EDHu-1) die Bindung ebenfalls verhindert werden [124] . Unter der Annahme, dass die Porphyrin-vermittelten Effekte von einer Interaktion mit CD163 abhängen, sollte ein Blockieren des Rezeptors durch den Antikörper EDHu-1 die Porphyrin-induzierte Hemmung der HLA-DR-Expression aufheben. Der in dieser Arbeit zur Blockierung von CD163 verwendete Antikörperklon EDHu-1 war allerdings stark mit Endotoxin kontaminiert, wodurch es zu einer Verfälschung der Ergebnisse kommen kann. Endotoxine (Lipopolysaccharid=LPS, das Toxin gram-negativer Bakterien) sind sehr potente Immunmodulatoren und induzieren z.B. die Reifung von DC. Hohe Dosen von LPS können aber auch zu einer Desensibilisierung von Monozyten und DC führen, so dass diese auf weitere Stimuli nicht mehr reagieren [140,141] . Nach der Aufreinigung des Antikörpers hatte dieser selbst keinen Effekt mehr auf die HLA-DR-Expression (Abb. 29), was darauf hin deutet, dass die anfänglich beobachteten inhibitorischen EDHu-1-Effekte (Daten nicht gezeigt) durch die Endotoxin-Kontamination vermittelt wurden. Jedoch konnte mit dem Blockieren der CD163 SRCR Domäne 3 auch nicht die Hb-vermittelte Hemmung der HLA-DR-Expression aufgehoben werden (Abb. 29). Die Porphyrin-vermittelte Hemmung der HLA-DR-Expression scheint also unabhängig von einer Interaktion mit CD163 zu sein. Die durch Hb-induzierte IL-10-Expression konnte jedoch ebenfalls nicht durch EDHu-1 aufgehoben werden (Daten nicht gezeigt). Entweder war die eingesetzte Antikörperkonzentration zu niedrig oder die Hb-induzierte IL-10-Synthese ist unabhängig von einer Interaktion mit der SRCR Domäne 3 des Rezeptors. Zur genauen Klärung dieser Frage wären daher weitere Versuche notwendig. So sollte z.B. untersucht werden, ob durch das Blockieren anderer CD163-Domänen die Hb-induzierte IL-10-Expression gehemmt werden kann. Denkbar wäre hier die Verwendung des Antikörperklons RM3/1, welcher die SRCR Domäne 9 des Rezeptors blockiert. RM3/1 hemmt nur sehr schwach die Interaktion von HbHg mit CD163 [124] , blockiert jedoch nahezu vollständig die HbHg-induzierte IL-10-Synthese in humanen Makrophagen [87] . In dieser Arbeit konnte der Antikörper-Klon RM3/1 nicht verwendet werden, da der kommerziell erhältliche Antikörper zu stark mit Endotoxin [20ng/ml] kontaminiert war (z.Vgl. EDHu-1: 0,0236ng/ml). Zudem sollte überprüft werden, ob die inhibitorischen Effekte weiterer Porphyrine wie CoPP und Hämin auf die MHC-II-Expression ebenfalls nicht durch CD163-Blockade beeinflusst werden. Auch eine mögliche Kreuzvernetzung und Aktivierung des Rezeptors durch den CD163 Antikörper muss in Betracht gezogen werden. So zeigte eine Studie, dass eine Behandlung von humanen Makrophagen mit EDHu-1 zu einer gesteigerten IL-6- und IL-1β-Sekretion führt, welche mit einer EDHu-1-vermittelten Kreuzvernetzung von CD163 erklärt wurde [142] . Allerdings scheint ein solcher Effekt zumindest in den vorliegenden Untersuchungen keine Rolle bei der Inhibition MHC-II-Expression gespielt zu haben, da die in Abb. 29 dargestellten Ergebnisse zeigen, dass der Antikörper in der verwendeten Konzentration alleine keinen Einfluss auf die konstitutive HLA-DR hat.
Das heutige Wissen über die Regulation der MHC-II-Expression beruht zum Großteil auf Studien mit Zelllinien, welche einen genetischen Defekt in ihrer MHC-II Regulation aufweisen, oder mit B-Zellen und/oder DC, in denen z.B die LPS- oder IFN-γ induzierte MHC-II Expression analysiert wurde [88,89,90,117,143,144] . Bis heute ist jedoch wenig über die Regulation der konstitutiven MHC-II Expression bekannt.
Zudem sind die durch Porphyrine wie Hämoglobin und Hämin induzierten intrazellulären Signalwege weitestgehend unbekannt, auch wenn Häm an der Regulation vieler biologischer Prozesse wie der Erythropoese, dem Zellwachstum und der Zelldifferenzierung beteiligt ist [145,146,147] . Über Interaktion von Hämoglobin mit seinem Rezeptor CD163 wird die Freisetzung des antiinflammatorischen IL-10 induziert [87] . Freies Hämprotein wird jedoch auch im Zusammenhang mit der Induktion einer Entzündungsreaktion beobachtet [75,148] , wobei insbesondere die proinflammatorische Wirkung durch die Generierung freier Sauerstoffradikale (ROS) gut beschrieben ist [149,150] . Die in dieser Arbeit gezeigte Hemmung der MHC-II-Expression in Folge einer Porphyrin-Behandlung wird in der Literatur meist der gleichzeitigen HO-1-Induktion und den Produkten der durch HO-1 katalysierten Reaktion zugeschrieben [48,133] . Zahlreiche Studien wurden in Tiermodellen und Zelllinien durchgeführt, jedoch fehlt in der Regel ein eindeutiger Nachweis der HO-1 Spezifität. Dieser Nachweis wird in der hier vorliegenden Arbeit durch die Hemmung der HO-1-Expression mittels siRNA erbracht (Abb. 25) und zeigt eindeutig, dass die Porphyrin-induzierte Hemmung der MHC-II-Expression in humanen Monozyten unabhängig von HO-1 ist (Abb. 26).
↓102 |
Da weder über die Regulation der konstitutiven MHC-II-Expression noch über die Porphyrin-induzierten intrazellulären Signalwege ausreichende Kenntnisse vorliegen, sollten durch die Analyse verschiedener intrazellulärer Mechanismen (STAT-Signalwege, Histonmodifikation, Proteinkinasen, MAPK-abhängige Signalwege) erste Anhaltspunkte auf eine mögliche Beeinflussung durch Protoporphyrine gefunden werden.
Dass die Porphyrin-vermittelte Hemmung der MHC-II Expression unabhängig von der gleichzeitig beobachteten Induktion der HO-1 ist, postulieren auch Ergebnisse aus der eigenen Arbeitsgruppe. In einem Mausmodell konnte gezeigt werden, dass die CoPP-induzierte Hemmung der LPS-vermittelten DC-Reifung unabhängig von der HO-1-Hochregulation ist. Stattdessen konnte eine CoPP-vermittelte Aktivierung von STAT-3 nachgewiesen werden, deren Hemmung die CoPP-vermittelte Hemmung der DC-Reifung aufgehoben hat [125] . Im Menschen ist die Porphyrin-vermittelte Hemmung der monozytären MHC-II Expression jedoch unabhängig von STAT3, da eine Suppression des JAK/STAT-3 Signalweges die Porphyrin-Wirkung nicht aufheben konnte (Abb. 31). Zudem wurde weder im Western Blot (Abb. 32) noch durch eine intrazelluläre Färbung (Abb. 33) eine Porphyrin-induzierte (Tyrosin-) Phosphorylierung von STAT-3 in humanen Monozyten nachgewiesen. Neben der für die Aktivierung von STAT-3 wichtigen Tyrosin-Phosphorylierung ist auch eine Serin-Phosphorylierung von STAT-3 beschrieben [151] . Diese scheint besonders für die Translokation von STAT-3 in den Zellkern wichtig zu sein [152] . Allerdings konnte in der vorliegende Arbeit keine Serin-Phosphorylierung von STAT-3 nach Porphyrin-Behandlung detektiert werden (Daten nicht gezeigt). Diese Ergebnisse widersprechen der im Mausmodell gezeigten STAT-3 Abhängigkeit der inhibitorischen CoPP-Effekte, lassen sich aber eventuell mit spezies-spezifischen Unterschieden erklären. Dessen ungeachtet resultiert eine Behandlung von humanen Monozyten mit dem JAK/STAT-3-Inhibitor in einer verminderten HLA-DR Expression. Eine mögliche konstitutive Aktivierung von JAK wurde jedoch durch eine Western Blot Analyse ausgeschlossen (Daten nicht gezeigt). Auch die fehlende Phosphorylierung (und damit Aktivierung) von STAT-3 in unbehandelten und behandelten Zellen spricht gegen eine JAK/STAT-3 Beteiligung und deutet eher auf eine unspezifische Inhibitor-Wirkung hin.
In der Literatur wird eine Beteiligung des JAK/STAT-Signalweges an der MHC-II-Protein Expression hauptsächlich im Zusammenhang mit einer IFN-γ-induzierten HLA-DR-Expression diskutiert. Durch Interaktion von IFN-γ mit seinem Rezeptor kommt es zur Aktivierung einer intrazellulären Phosphorylierungskaskade, bei der es über Autophosphorylierung von JAK1/2 zu einer Aktivierung von STAT-1 kommt. Das sich bildende STAT-1-Homodimer fungiert als Transkriptionsaktivator von CIITA, welcher dann die MHC-II Expression induziert.
↓103 |
In dieser Arbeit wird gezeigt, dass eine CoPP-Behandlung die IFN-γ-induzierte Expression von HLA-DR inhibiert (Abb. 20A). Sowohl die konstitutive, als auch die induzierte HLA-DR-Expression hängt maßgeblich von der Regulation des MHC-II Masterregulators CIITA ab. In beiden Fällen hemmt eine Porphyrin-Behandlung die Expression von CIITA (Abb. 20C). Gleichzeitig wurde eine verminderten IFN-γ-induzierte Phosphorylierung von STAT-1 (Abb. 30) in den CoPP-behandelten Zellen gemessen, so dass die Ursache der suppremierten IFN-γ-induzierten HLA-DR-Expression in einer Hemmung der STAT-1-abhängigen Signalweiterleitung liegt. Konstitutiv ist jedoch weder in unbehandelten Kontrollzellen noch in den Porphyrin-behandelten Zellen Phospho-STAT1 nachweisbar, so dass die Porphyrin-vermittelte Hemmung der konstitutiven MHC-II-Expression nicht von STAT-1 abhängen kann.
Die Histonmodifikation spielt bei der Regulation der Genaktivität eine große Rolle. So wird durch eine reversible Acetylierung der Lysinreste der Histone mittels Histon-Acetyltransferasen (HAT) gewährleistet, dass die Transkriptionsmaschinerie (Transkriptionsfaktoren, Polymerase etc) mit der Promotorregion des Zielgenes interagieren kann und die Transkription initiiert wird [153] . Auf der anderen Seite spielt die Deacetylierung mittels Histon-Deacetylasen (HDAC) [98] eine wichtige Rolle bei der „Stilllegung“ eines Gens. Viele Transkriptionsfaktoren können selbst die zur Acetylierung notwenigen HATs rekrutieren. So auch im Fall von CIITA, welcher u.a. mit den HATs CBP (CREB-binding protein) und p300 interagieren kann [88,90] . Eine Chip-Analyse mit Antikörpern spezifisch gegen CIITA und acetylierten Lysinresten an Histonen (H3, H4) zeigte, dass die Acetylierung des HLA-DR Promotors in Raji-Zellen (einer Wildtyp-B-Zell-Lymphoma Linie) von der Interaktion mit CIITA abhängt [154] . Die Genexpression kann jedoch auch durch eine Hemmung der Deacetylierung verstärkt werden. In der humanen Neuroblastoma-Tumorzelllinie SK-N-MC beobachtet man, dass die Inhibition der Deacetylierung die konstitutive MHC-II Expression steigern kann [129] . Ähnliches zeigte sich in HeLa-Zellen (human epithelial cell line). In diesen Zellen konnte IFN-γ-induzierte CIITA-Expression durch Hemmung der Histon-Deacetylasen mittels Trichostatin A (TSA) gesteigert werden [99] .
Auf einen direkten Zusammenhang zwischen Histondeacetylierungen und MHC-II-Expression weisen jedoch ausschließlich Studien mit Zelllinien. In humanen, primären Monozyten hat eine Hemmung der Histondeacetylierung mittels TSA keine Auswirkung auf die konstitutive HLA-DR-Expression (Abb. 34). Auch die CoPP-vermittelte Hemmung der MHC-II-Expression war unabhängig von einer Hemmung der Histonacetylierung, so dass eine verstärkte Induktion der Histondeacetylierung nicht als Ursache für die MHC-II-hemmende Wirkung von Porphyrine in Frage kommt.
↓104 |
In verschiedenen Studien wurde postuliert, dass die Aktivität des MHC-II Masterregulators CIITA u.a von seinem Phosphorylierungsstatus abhängt. So kann ein erhöhter intrazellulärer cAMP-Level die antigenpräsentierende Funktion von DCs hemmen, indem die MHC-II-Expression vermindert wird [155] . In einer humanen Monozytenzelllinie (U937) ist das cAMP-induzierende Prostaglandin in der Lage, durch die Aktivierung von Proteinkinase A (PKA), die IFN-γ-induzierte HLA-DR-Expression zu inhibieren. Die Studie identifizierte eine PKA-abhängige Phosphorylierungsstelle am CIITA-Molekül, dessen Mutation den hemmenden PKA-Effekt aufhob [103] . Dagegen spricht eine Studie mit einer Maus-Makrophagenzelllinie (RAW264.7). Hier beobachtete man, dass die PKA-induzierte Phosphorylierung von CIITA für eine maximale Aktivierung des Masterregulators essentiell ist [104] . Die Abhängigkeit der MHC-II-Expression von cAMP/PKA wird in der Literatur kontrovers diskutiert. Eine Erhöhung des cAMP-Levels supprimiert die MHC-II-Expression in Makrophagen und in B-Zellen aus der Maus [102,156] . Dagegen postuliert Chakrabarti et al., dass die MHC-II-Expression in Makrophagen aus der Maus unabhängig von cAMP/PKA ist [157] . In HeLa-Zellen und Glioblastomazellen konnte eine Aktivierung von PKA indessen die Expression von MHC-II erhöhen [103,158] . Dieser Gegensatz lässt sich evtl. mit Spezies- und zelltypspezifischen Unterschieden in der Regulation der MHC-II-Expression erklären. Auf die konstitutive HLA-DR-Expression hat PKA jedoch keine Auswirkung. Weder die Hemmung von PKA noch die Aktivierung durch cAMP-erhöhende Stimulantien hatte einen Einfluss auf die monozytäre MHC-II-Expression. Verwendet wurde der PKA-Inhibitor Rp-8-Br-cAMP, welcher kompetitiv an PKA bindet und so die cAMP-induzierte Aktivierung der Proteinkinase hemmt. Zur Erhöhung des intrazellulären cAMP-Levels wurde Forskolin verwendet, ein aus dem Harfenkraut [Coleus Forskohlii] gewonnener Wirkstoff [Diterpen], der durch Aktivierung der Adenylatcyclase zu einem Anstieg des intrazellulären cAMP-Levels und damit zu einer Aktivierung von PKA führt. Auch die Protoporphyrin-vermittelte Hemmung der HLA-DR-Expression in humanen Monozyten war von einer Beeinflussung der PKA-Aktivität unabhängig (Abb. 35). Ähnliches zeigen Versuche mit dem kompetitiven Proteinkinase G (PKG) Inhibitor Rp-8-Br-cGMP oder dem Proteinkinase C (PKC) Inhibitor Gö6850. Weder eine Hemmung der PKG- noch der PKC-Aktivität hatte einen Einfluss auf die konstitutive MHC-II-Expression (Daten nicht gezeigt).
Durch die Aktivierung oder Hemmung der MAPK-vermittelten Signalweiterleitung wird die Expression zahlreicher Moleküle reguliert. Für die Regulation der MHC-II-Expression scheint insbesondere die Aktivierung des Aktivator-Proteins-1 (AP-1) von Bedeutung zu sein. AP-1 wird über Aktivierung der drei MAPK-abhängigen Signaltransduktionswege ERK, p38 und JNK beeinflusst [110] . Eine auf dem pIII-Promotor von CIITA identifizierte AP-1 Bindestelle wird als essentiell für die MAPK-induzierte Hochregulation der HLA-DR-Expression beschrieben [109] . Zudem scheint sowohl die konstitutive als auch die IFN-γ-induzierte CIITA-Expression in BMDC (aus Knochenmarkzellen gereifte DCs) der Maus durch MAPK reguliert zu sein. Hier zeigte sich, dass die LPS-vermittelte Hemmung der IFN-γ-induzierten CIITA-Expression (LPS-Desensibilisierungsmodell) in den Zellen durch Inhibition von ERK und p38 aufgehoben werden kann [159] . Auch in humanen MDDC wird ein Zusammenhang zwischen MAPK und induzierter MHC-II Expression beobachtet. Eine Hemmung des JNK-Signalweges resultierte in einer Verstärkung der LPS-induzierten HLA-DR-Expression. Allerdings war die LPS-induzierte Expression der MHC-II costimulatorischen Moleküle CD80 und CD86, im Gegensatz zur HLA-DR-Expression, inhibiert [112] . Arrighi et al. postulieren jedoch, dass eine Hemmung des ERK-Signalweges zu einer Hemmung der LPS-induzierten HLA-DR Expression, mit gleichzeitig verminderter Expression von CD80 und CD86, führt [111] . In humanen Monozyten hatte eine Hemmung des p38-Signalweges keine Auswirkung auf die konstitutive HLA-DR-Expression, so dass die hier gezeigten Daten darauf hindeuten, dass die konstitutive Expression von HLA-DR in humanen Monozyten unabhängig von einer p38-Aktivierung ist. Eine Hemmung von JNK resultierte dagegen in einer verminderten, jedoch nicht signifikanten Hemmung der HLA-DR-Expression (Abb. 36). Dies kann auf eine konstitutive Aktivierung des JNK-abhängigen Signalweges hindeuten, durch den es zu einer gesteigerten MHC-II-Expression kommt. Dagegen spricht jedoch, dass weder nach 15min bzw. 30min Inkubation noch zu einem späteren Zeitpunkt (1h, 4h, 8h) eine JNK-Phosphorylierung mittels Western Blot Analyse nachgewiesen werden konnte. Daher sind unspezifische Inhibitoreffekte die wahrscheinliche Ursache der beobachteten Inhibition. Eine genauere Analyse des Signalweges, unter Verwendung eines anderen JNK-Inhibitors, kann hier weitere Informationen liefern.
© Die inhaltliche Zusammenstellung und Aufmachung dieser Publikation sowie die elektronische Verarbeitung sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung. Das gilt insbesondere für die Vervielfältigung, die Bearbeitung und Einspeicherung und Verarbeitung in elektronische Systeme. | ||
DiML DTD Version 4.0 | Zertifizierter Dokumentenserver der Humboldt-Universität zu Berlin | HTML-Version erstellt am: 29.10.2014 |