6. Schlussfolgerung 

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Im Rahmen dieser Arbeit wurde gezeigt, dass Protoporphyrin wie CoPP, Hämin und Hämoglobin unabhängig von der gleichzeitig induzierten HO-1-Expression die Expression von HLA-DR, HLA-DM und CD74 in humanen Monozyten hemmen. Dies lässt sich sowohl in einer verminderten Proteinexpression als auch in einer verminderten mRNA-Expression nachweisen, welche durch Hemmung der HO-1 mittels spezifischer siRNA nicht aufgehoben werden konnte. Dieser Effekt ist MHC-II- und Zell-spezifisch, da weder die MHC-I-Expression der Monozyten noch die MHC-II-Expression der B-Zellen beeinflusst wurde. Die verminderte Expression von HLA-DR, HLA-DM und CD74 korreliert mit einer verminderten Expression des MHC-II Masterregulators CIITA. Dieser steuert die Expression der MHC-II Gene, so dass die verminderte CIITA-Expression vermutlich Ursache für die gehemmte Expression von HLA-DR, HLA-DM und CD74 ist. Die hemmenden Effekte sind auch 24h nach Entfernen der Protoporphyrine signifikant gegenüber unbehandelten Kontrollzellen, so dass von einem langanhaltenden Effekt ausgegangen werden kann.

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Eine durch Porphyrine vermittelte Hemmung der MHC-II-Expression kann in der Klinik eine wichtige Rolle spielen. Die Daten dieser Arbeit deuten darauf hin, dass durch Porphyrine die antigenpräsentierende Funktion von Monozyten so weit herabgesetzt wird, dass die Zellen nicht mehr adäquat auf Infektionen reagieren können. Die antigenabhängige Aktivierung von T-Zellen wird durch die verminderte MHC-II Expression stark eingeschränkt, was sich in einer verminderten CMV-induzierten Expression von IFN-γ und IL-2 zeigte, während die mitogenabhängige T-Zell-Aktivierung unbeeinflusst blieb [73] .

Eine Porphyrin-Behandlung von Monozyten in vitro  resultiert in einem ähnlichen Phänotyp, wie er in Monozyten von immundepressiven Patienten beobachtet wird. Porphyrine und porphyrinverwandte Verbindungen kommen im Menschen insbesondere als sauerstoffbindendes Hämoglobin (Häm) und Myoglobin vor. Aber auch Cytochrome (wichtig für die Zellatmung in den Mitochondrien) und verschiedene Enzyme (z.B. Aminolevulinic Acid (ALS-) Synthase, wichtig für Häm-Biosynthese) enthalten Porphyrine. Kommt es zu einer pathologischen Freisetzung von Porphyrinen z.B. durch Verletzungen (schwere Operationen, innere Blutungen, Trauma, Verbrennungen, etc) oder Krankheiten (z.B. Stoffwechselkrankheiten wie Porphyrie) können diese eine Hemmung der antigenabhängigen Immunantwort induzieren, so dass die Patienten eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber Infektionen aufweisen, wie es insbesondere nach schweren Operationen und Trauma beobachtet wird [6,22,29,160] . Ein genaues Verständnis über die durch Porphyrine induzierten intrazellulären Mechanismen kann daher bei der Behandlung der Immundepression neue Therapieansätze liefern.

Die strukturelle Ähnlichkeit der verwendeten Protoporphyrine führte zu der Hypothese, dass CoPP und Hämin über den gleichen Mechanismus wie Hämoglobin wirken. Ein Blockieren der HbHg-Bindedomäne SRCR3 von CD163 konnte jedoch den Hb-Effekt nicht aufheben, so dass die Daten hier eher auf einen CD163-unabängigen Mechanismus hinweisen. Für eine eindeutige Aussage, wären jedoch weitere Versuche notwendig, wie der Einsatz weitere CD163-blockierender Antikörper.  Die verwendeten Protoporphyrine hemmen sowohl die konstitutive als auch die IFN-γ-induzierte MHC-II Expression. Während über die Regulation der konstitutiven HLA-DR Expression relativ wenig bekannt ist, hängt die IFN-γ-induzierte HLA-DR-Expression von der rezeptorvermittelten STAT-1-Phosphorylierung und der dadurch induzierten CIITA-Expression ab. Die hier präsentierten Daten zeigen, dass die Protoporphyrin-induzierte Hemmung der IFN-γ-abhängigen CIITA-Expression durch eine Hemmung der IFN-γ-induzierten intrazellulären STAT-1-Signalweiterleitung verursacht wird. Da jedoch konstitutiv kein Phospho-STAT-1 zu detektieren war, lässt sich die Hemmung der konstitutiven CIITA- und MHC-II-Expression damit nicht erklären. Zudem ist die konstitutive HLA-DR-Expression in humanen Monozyten unabhängig von STAT-3, da weder eine STAT-3-Phosphorylierung detektiert wurde noch eine Hemmung des JAK/STAT-3 Signalweges die Porphyrin-vermittelten Effekte aufheben konnte. Des Weiteren ist die Porphyrin-vermittelte MHC-II-Suppression unabhängig von einer Induktion der Histondeacetylierung und auch eine Beteiligung von PKA kann auf Grund der Daten ausgeschlossen werden.

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In der vorliegenden Arbeit wird eindeutig gezeigt, dass Porphyrine die konstitutive und IFN-γ-induzierte MHC-II Expression hemmen und damit die antigenpräsentierende Funktion von humanen Monozyten stark einschränken. Diese MHC-II und Zelltyp-spezifische Hemmung ist unabhängig von HO-1, aber auch von unspezifischen Faktoren wie Zelladhäsion und Serumfaktoren im Medium (Daten nicht gezeigt). Keiner der hier getesteten Signalwege ist eindeutig an der Porphyrin-vermittelten Suppression der konstitutiven MHC-II-Expression beteiligt, so dass für neue Erkenntnisse eine grundlegende Analyse der durch Porphyrine beeinflussten Signalwege und Gene sinnvoll ist. Ein verbessertes Wissen über die durch Porphyrine beeinflussten Signalwege könnte zukünftig neue Ansätze zur frühzeitigen Behandlung bzw. Verhinderung immundepressiver Zustände in intensivpflichtigen Patienten liefern und über die Verhinderung sekundärer Komplikationen die Prognose dieser Patienten verbessern.


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29.10.2014