Matthias Hannemann, Sven Radowitz, Daniel B. Roth (Hgg.): Im Spannungsfeld. Affinitäten, Abgrenzungen und Arrangements in den deutsch-schwedischen Beziehungen des Zwanzigsten Jahrhunderts. Greifswald: Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald 2008 (= Publikationen des Lehrstuhls für Nordische Geschichte; 9), 182 S.
Die Anthologie, die 2008 als Band 9 der Publikationen des Lehrstuhls für Nordische Geschichte in Greifswald erschien, ist Ergebnis einer Tagung, die vor drei Jahren unter demselben Titel in Lübeck stattgefunden hat. Dort wurden Forschungsprojekte aus Kultur-, Politik- und Wirtschaftsgeschichte behandelt, die die Jahre der Weimarer Republik, des “Dritten Reiches” und jene der deutsch-deutschen Spaltung nach 1949 zum Thema hatten und zugleich zentrale Aspekte der bis dahin vernachlässigten deutsch-schwedischen Geschichte zur Diskussion stellten. An der Tagung beteiligten sich Forscherinnen und Forscher aus Deutschland und Schweden.
Das Buch besteht aus einer dreiseitigen Einführung, der sieben chronologisch angeordnete Beiträge sowie ergänzend kurze Informationen zu Autorinnen und Autoren folgen.
Der Band beginnt mit Matthias Hannemanns Beitrag über den schwedischen Literaturhistoriker Fredrik Böök und dessen Reise nach Friedrichsruh. Anhand von Bööks Beispiel bringt Hannemann die Deutschland- und Demokratie-Erfahrungen eines einflussreichen und populären deutsch-schwedischen Kulturvermittlers zur Sprache und problematisiert so, wie in Bööks Publizistik vor 1933 Erfahrungen aus dem “Reich Bismarcks“ den Blick auf die Gegenwart verklärten, die Begegnungen konservativer Schweden mit der Weimarer Republik belasteten und den Weg für Bööks unkritischer Auseinandersetzung mit dem “Dritten Reich” ebneten.
Auf Hannemanns Beitrag folgen vier Aufsätze, die jeweils verschiedene Aspekte der Zeit des Nationalsozialismus aufgreifen. Charlotta Brylla untersucht, inwiefern der nationalsozialistische Sprachgebrauch in Schweden reflektiert wurde und in der öffentlichen politischen Debatte eine Rolle spielte. Sven Radowitz unterzieht die Handlungsspielräume in den deutsch-schwedischen Beziehungen des Zweiten Weltkriegs einer kritischen Überprüfung und diskutiert die Bedeutung kollektiver gegenseitiger Wahrnehmungsmuster, die er auf die schwedische Deutschlandpolitik bezieht. Birgit Karlsson trägt mit einem Beitrag über die schwedische Forstindustrie bei, die im Hinblick auf Holz- und Holzwarenexport schrittweise in ein Abhängigkeitsverhältnis zum “Dritten Reich” geriet. Eine kurze deutsche Zusammenfassung des auf Schwedisch verfassten Aufsatzes befindet sich am Ende ihres Artikels. Der vierte Beitrag, der gleichzeitig eine Brücke in die Nachkriegszeit schlägt, stammt von Daniel B. Roth und setzt sich mit der “Abwicklung” der deutschen Gesandtschaft in Stockholm und der “Repatriierung” ihrer Mitarbeiter nach Kriegsende auseinander.
Den Band schließen zwei Beiträge ab, in denen die deutsch-schwedischen Nachkriegsbeziehungen untersucht werden.
Alexander Muschik thematisiert Schweden als Objekt deutsch-deutscher Rivalität in den fünfziger und sechziger Jahren.
Sein Interesse gilt sowohl den Mitteln, mit denen die Bundesrepublik ihre “auswärtige Nichtanerkennungspolitik” der DDR gegenüber Schweden durchzusetzen suchte, als auch den Instrumenten und Strategien, die die DDR ihrerseits nutzte, um die westliche Blockadepolitik ins Leere laufen zu lassen.
Schließlich untersucht Nils Abraham die Tätigkeit des DDR-Kulturzentrums Stockholm in den Jahren 1967–1989 und skizziert, wie sich die Institution bis zum diplomatischen Durchbruch im Dezember 1972 zunächst dem Kampf um die schwedische Anerkennung der DDR und später dann der Imagepflege mittels Public Diplomacy widmete.