Der Mythos der Revolution nach dem Sieg des nationalen Mythos
zur Geschichtspolitik mit der 48er-Revolution in der Ersten Republik Österreich und der Weimarer Republik 1918 – 1933/34
Philosophische Fakultät I
Am Ende des Ersten Weltkriegs lebte in Deutschösterreich und im Deutschen Reich mit dem Zerfall der Habsburgermonarchie und den Revolutionen im November 1918 die Erinnerung an die 48er-Revolution wieder auf. Die Revolutionserinnerung wurde insbesondere von den deutsch-österreichischen Sozialdemokraten zur Legitimierung der Forderung nach dem Anschluss an das Deutsche Reich herangezogen. Da die Vollziehung des Anschlusses jedoch am Einspruch der westlichen Siegermächte scheiterte, konnte im Deutschen Reich eine mit der Anschlussforderung eng verknüpfte Geschichtspolitik mit der 48er-Revolution von Sozialdemokraten und Demokraten wenig zur Legitimierung der Weimarer Republik beitragen (während die Anschlussforderung in Deutschösterreich gerade darauf zielte, die Eigenstaatlichkeit aufzuheben). Vielmehr wurde die Kritik am reichsdeutschen Rat der Volksbeauftragten, in Reaktion auf die deutschösterreichische Anschlusserklärung vom 12. November 1918 den Anschluss nicht vollzogen zu haben, zu einem politischen Allgemeinplatz. Träger der Geschichtspolitik mit der 48er-Revolution blieben in beiden Republiken ganz überwiegend die Arbeiterparteien, wobei im Reich Sozialdemokraten und Kommunisten dabei völlig entgegengesetzte Ziele verfolgten. Auch einen geschichtspolitischen Konsens zwischen reichsdeutschen Sozialdemokraten und Demokraten gab es nicht, wie sich schon in der Abstimmung über die Flaggenfrage am 3. Juli 1919 zeigte. At the end of World War I, as the Habsburg Monarchy fell apart, the memory of the revolution of 1848 was revived in German-Austria and the German Empire by the new revolutions of November 1918. The revolution of 1848 was drawn on particularly by the German-Austrian social democrats to legitimize their demand to unite German-Austria with the German Empire (the so-called “Anschluss”). When the victorious Western powers prevented the realization of the Anschluss, the attempts by social democrats and democrats in the German Empire to use the memory of the revolution of 1848 to legitimize the new Weimar Republic had only little success because they were closely related to the demand for the Anschluss of Austria (whereas in Austria of course the demand for the “Anschluss” aimed at ending the existence of German-Austria as an independent state). Rather, it became common place in the Weimar Republic to criticize the “Rat der Volksbeauftragten” (the revolutionary government of 1918-1919) for not having realized the Anschluss in response to its declaration by the German-Austrian provisional national assembly on November 12, 1918. The workers’ parties were first and foremost those who continued to keep the memory of the revolution of 1848 in both republics alive. However, in doing so, social democrats and communists in the German Empire persued opposing political objectives. Moreover, there was neither a consensus between social democrats and democrats in the Weimar Republic in regards to the memory of the revolution of 1848. This lack of agreement was already apparent in the decision of the national assembly concerning the flag of the new republic on July 3, 1919.
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