Scientific Inquiry im Chemieunterricht
eine Videoanalyse zur Umsetzung von Erkenntnisgewinnungsprozessen im internationalen und schulstufenübergreifenden Vergleich
Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät
Im Unterricht laufen routinierte Handlungen oft unbewusst ab. Solche Handlungsmuster sind wichtig für Lehrkräfte sowie für Schüler, da sie dem Unterricht Struktur geben und Sicherheit vermitteln. Sind sie aber hinderlich für die Entwicklung von Schülerleistungen, müssen sie verändert werden. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, kulturspezifische als auch schulstufenspezifische Handlungsmuster in Bezug auf die Umsetzung der Phasen der Erkenntnisgewinnung mit Hilfe einer Videoanalyse zu identifizieren. Dabei werden zusätzliche Qualitätsmerkmale einbezogen. Weiterhin wird überprüft, ob die Umsetzung der Erkenntnisgewinnung mit den Lehrer- und Schülervorstellungen zum Naturwissenschaftsverständnis zusammenhängt. Die Analyse der Unterrichtsvideos ergab, dass mehr Unterschiede hinsichtlich der Umsetzung von Erkenntnisgewinnungsprozessen auf kulturspezifischer Ebene bestehen als auf schulstufenspezifischer Ebene. Dabei fokussieren die schwedischen Lehrkräfte auf die Phase der Untersuchung und die dazugehörende Planungsphase. Die Lehrkräfte der deutschen Sekundarstufe I setzen hingegen auch andere Phasen der Erkenntnisgewinnung wie die Hypothesenbildung und die Auswertung und Interpretation vergleichsweise häufig um. Weiterhin zeigte sich trotz des (vorgegebenen) Fokus auf Erkenntnisgewinnung in der deutschen Sekundarstufe I eine konstant hohe Bedeutung der Vermittlung von Fachwissen. In der deutschen Sekundarstufe II ist auffällig, dass viel Zeit dazu verwendet wird, Versuche in selbstständiger Schülerarbeit aufzubauen. Vermutlich wird diesem Befund eine höhere Komplexität experimentellen Arbeitens zugrunde liegen. Generell werden im Chemieunterricht selten Fragestellungen formuliert und naturwissenschaftliche Untersuchungen reflektiert. Als zentrale Schlussfolgerung aus den Befunden kann abgeleitet werden, dass die Förderung einer ganzheitlichen, expliziten und möglichst offenen Umsetzung der Erkenntnisphasen in Schule und Lehrerausbildung notwendig ist. In the classroom, routine actions are often carried out unconsciously. Such teaching patterns are important for teachers as well as for students as they structure lessons and provide security. However, if they are likely to be detrimental to the development of students, they must be changed. The aim of the current study is to identify culturally specific teaching patterns as well as teaching patterns between lower and upper secondary classes, by a comparison between students in Germany and Sweden followed by comparing teaching practices within several grades in Germany. This was achieved using video analysis to investigate the teaching practices used during the phases of Scientific Inquiry. During the analysis, further characteristics of quality were assessed. Further attention was paid to whether the implementation of Scientific Inquiry was related to the views of the nature of science held by the teachers and students. The analyses showed that the implementation of Scientific Inquiry differs more between Germany and Sweden than between grades. Swedish teachers focus on the investigation and the subordinate planning phase. Teachers of the German lower secondary classes focus more on other phases of Scientific Inquiry, such as formulating hypotheses and evaluation and interpretation. Although the focus of the lessons was given, content knowledge was often a particular focus in the German lower secondary classes. In German upper secondary grades it was apparent that a lot of time was spent enabling students to set up experiments on their own. This is presumably due to the higher complexity of the experimental work. In general, time is seldom spent on formulating scientific questions and reflecting on the scientific investigations. A major conclusion that can be derived from this study is that the support of a holistic, explicit and open implementation of the teaching of Scientific Inquiry remains indispensable in school and in teacher training.
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