Stielaugen der Wissenschaft. Zur Geschichte eines Tübinger Teleskops
Durch das Okular eines Teleskops wird der Weltraum sichtbar – und noch viel mehr. Anhand der Objektbiografie des Tübinger Zeiss-Teleskops, das hier im Mittelpunkt steht, setzt sich dieser Beitrag mit den vielfältigen Funktionen auseinander, die eine wissenschaftliche Apparatur im Laufe ihrer Existenz übernehmen kann. Es wird erkundet, welche Konzeptionen und Modalitäten von Wissen, Wissenschaft und Wissensvermittlung daran sichtbar werden – beispielsweise Ideen und Vorstellungen darüber, was es heißt, „modern“ zu sein, oder das Zusammenfallen von Wissenserzeugung und -vermittlung in der Praxis. Ausgehend davon können Schlüsse über die gegenseitige Durchdringung von Alltag und Wissen(schaft) und den damit zusammenhängenden Erfahrungs-, Seh- und Wissensweisen gezogen werden. Verbunden wird die Geschichte des Tübinger Teleskops mit Überlegungen zum Projektionsplanetarium, das mit seinen spezifischen Erfahrungs- und Sehweisen im Mittelpunkt des Dissertationsprojektes steht, aus dem der Aufsatz hervorgegangen ist. In der Zusammenschau der beiden Instrumente zeigt sich, dass Wissen nicht – wie dem Gedanken der Moderne oft inne-wohnt – eine kühle, rationale Geistesleistung ist, sondern sich in Verzauberungserfahrungen formiert, zu denen bestimmte räumliche Arrangements, Atmosphären und Gefühle gehören.
Files in this item