Zur Unmöglichkeit eines neutralen Bibliotheksangebots
In der Diskussion um die Bereitstellung von Literatur rechter Verlage in Bibliotheken wird argumentiert, Bibliotheken seien zu weltanschaulicher Neutralität verpflichtet: „Prinzipiell unterliegen Bibliotheken, bei entsprechender Trägerschaft, als öffentliche beziehungsweise staatlich geförderte Einrichtungen, selbstverständlich dem Neutralitätsgebot, welches sich unter anderem von dem im Grundgesetz (Art. 3 I GG) formulierten allgemeinen Gleichheitsgrundrecht ableitet“ (Redaktion LIBREAS 2018; vgl. auch Schiffler 2018). Dies suggeriert jedoch, dass Bibliotheken prinzipiell zu einer solchen Neutralität in der Lage sind – ohne zu benennen, wie diese Neutralität aussehen, realisiert und gewährleistet werden kann. Dieser Beitrag hinterfragt daher, ob ein neutrales Bibliotheksangebot überhaupt möglich ist.
Dazu wird zunächst der aktuelle Forschungsstand zu Auswahlentscheidungen und Verzerrungen in der Erwerbungsarbeit von Bibliotheken zusammengefasst. Daraufhin werden Modelle aus der Selektionsforschung im Internet-Kontext als Ausgangspunkt herangezogen, um zu zeigen, welche Faktoren den Bestandsaufbau in Bibliotheken beeinflussen. Anhand dieser Einflussfaktoren wird diskutiert, inwiefern Neutralität in der Bibliotheksarbeit gewährleistet werden kann.
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