Die Kopie als Objekt.
Herausforderungen und Potenziale für die Objekt- und Sammlungsforschung
Das Sammeln von Kopien von Kunstwerken ist mit der Geschichte von Sammlungsinstitutionen auf das Engste verknüpft. Im 19. Jahrhundert stellten dreidimensionale Kopien für Kunstgewerbemuseen einen signifikanten Sammlungsgegenstand dar. Als Institutionen, die sich der Förderung des Kunstgewerbes verschrieben hatten, wollten diese Museen möglichst umfangreiche Objektsammlungen anlegen, anhand derer sich gestalterische Prinzipien und technische Bearbeitungsweisen vermitteln ließen. Galvanoplastische Nachbildungen wurden von den Museen besonders geschätzt, da sie in der Lage waren, historische Edelmetallarbeiten form-, oberflächen- und materialgetreu nachzubilden – Objekte, die einen wichtigen Sammlungsbereich der Museen darstellten, aber kaum verfügbar waren.
Während die Produktion, das Sammeln und die Nutzbarmachung von galvanoplastischen Nachbildungen in Kunstgewerbemuseen des 19. Jahrhunderts und damit die historischen musealen Kontexte und Aktivitäten im Mittelpunkt meines Dissertationsprojektes stehen, richtet der vorliegende Beitrag den Blick auf die Kopie als Objekt und damit auf die spezifischen Eigenschaften (Form, Materialität, Technik) galvanoplastischer Nachbildungen. Nach einführenden Überlegungen zur Bewertung und Rezeption von Kopien im 19. Jahrhundert und in der Gegenwart kommt dem „close reading“ einer galvanoplastischen Nachbildung des sogenannten Maître Alpais Ziborium besondere Aufmerksamkeit zu. Unter Berücksichtigung der hier gemachten Beobachtungen und nach einer Erläuterung des Herstellungsprozederes wird schließlich der Frage nachgegangen, inwieweit Kopien nicht nur als Zeugnisse materieller Kultur zu begreifen sind, sondern in ihnen auch die (historische) Aneignungspraxis materieller Kultur nachwirkt.
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