Redaktion: Kristina Hoge / Christiane Kant / Lutz Hengst

Ausgabedatum: 01.11.2009

Nahrungsmittel im Kunstkontext verfügen über eine außerordentliche Tradition. Wildrinder und andere Bestandteile der Ernährungsgrundlage unserer Jäger-und-Sammler-Vorfahren stehen im Zentrum der frühesten Bildüberlieferung. Von dieser Urszene aus ließe sich spielerisch eine Linie über antike, mittelalterliche und dann frühneuzeitliche Bearbeitungen des Themas bis in die Moderne und schließlich die Gegenwart ziehen. Globale, kulturellen Wandel nivellierende Ansätze interessieren höchstens als Folien, durch die sich ein anthropologisches Nachdenken über die elementare Eingebundenheit künstlerischer Annäherungen an Nahrung und Nahrungsaufnahme im zeitgenössischen Diskurs um Essen als Kunstform abbildet. Der Diskurs um eine artifizialisierte Nahrungszubereitungs- und Verzehrpraxis erfasst gegenwärtig verschiedene gesellschaftliche Funktionsbereiche und vernetzt diese verstärkt auch auf medialem Wege: Von den Kochsendungen im TV, die wie eine endosomatische Analogie zu dem 'cocooning' der Krisenzeiten erscheinen, bis hin zu neueren Zeitschriftenprojekten mit kulturwissenschaftlichem Anspruch (wie das dt.sprachige 'journal culinaire' etwa). Auch der Ausstellungsbetrieb will hier nicht hintanstehen. Versuche, Starköche wie Ferran Adrià in kuratorische Konzepte (d12) einzubeziehen, geben dafür ebenso ein Beispiel wie die umfangreiche Liste von renommierten Künstler(inne)n, die 2005 für das Museum Ludwig 'Kunst in Schokolade' beisteuerten. Entsprechend veröffentlichen wir kunst- und kulturwissenschaftliche Beiträge, die ihren Ausgangspunkt in der nachkriegsmodernen Tradition der ‚eat art‘ (bei Spoerri, Roth, Beuys etc.) haben, zeitgenössische Nahrungsrepräsentationen in Bild- und Objektkünsten thematisieren oder anderweitige Praxisformen der aktuellen Artifizialisierung und Inszenierung von Essen und Kochen in einen kulturwissenschaftlichen Blick nehmen.

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