„Keine Konstitution, keine Grundgesetze haben wir derzeit …“
Verfassungsdenken und Verfassungsbestrebungen im Finnland der frühen Autonomiezeit
Nach dem Anschluss Finnlands an Russland 1809 strebten die finnischen Staatsmänner nach einer Garantie der eigenen „Grundgesetze“, deren Fortbestand Alexander I. in unspezifischer Form zugesichert hatte. Nach ihren Vorstellungen sollte eine Verfassungsakte das Staatsrecht des Landes bestätigen, wie es sich nach ihren Auffassungen in Geltung befand. Als Alexander 1819 offensichtlich erwog, einen finnischen Landtag einzuberufen, gipfelten diese Bestrebungen in drei großen Verfassungsdenkschriften. In ihnen spiegelten sich die für die zeitgenössische Verfassungsdiskussion prägenden Tendenzen wider. Äußerlich folgten sie dem Vorbild der seinerzeitigen europäischen Repräsentativverfassun-gen, inhaltlich blieben sie überwiegend der vorrevolutionären schwedischen Staatsrechtstradition verhaftet. Die finnischen Verfassungshoffnungen blieben jedoch unerfüllt. After Finland had become a part of the Russian Empire 1809, the political elites strove to achieve a guarantee of Finland’s “fundamental laws”, which Alexander I had promised to preserve only in unspecific terms. They aimed at a constitutional charter explicitly con-firming state law, as it was valid according to their interpretations. When Alexander I apparently thought about convening a Finnish diet in 1819, these efforts culminated in three memoranda on Finland’s constitution. In these memoranda all the tendencies determining the contemporary Finnish debate on the country’s constitution were reflected. Following the outward example of European representative constitutional charters, their contents were yet rooted to a major extent in the Swedish pre-revolutionary state law tradition. However, finnish hopes regarding the country’s constitution did not fulfil. Dr. Frank Nesemann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Finnischen Akademie der Wissenschaften. NORDEUROPAforum 1/2007 45
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